Derart
euphorisiert rufe ich meinen alten Kumpel Uwe Häberinger an, der in einer
schwäbischen Mittelgrossstadt eine professionelle Kleinkunstbühne betreibt.
Merkwürdigerweise ist die Stimmung in der schwäbischen Mittelgrossstadt
gedrückt. «Freust du dich gar nicht?», frage ich ihn. «Nein» ist die Antwort,
«ich freue mich überhaupt nicht. Und bevor du fragst: Ich habe natürlich Wolf
gewählt.» «Du hast Wolf gewählt? Du, der du seit Jahren im Bioladen einkaufst
und deinen Müll trennst und mit dem Fahrrad ins Büro fährst? Du, der Tomaten
auf dem Balkon ziehst und in deiner Freizeit immer noch Wollpullover strickst?
Wie krieg ich das zusammen?»
Und dann
fängt Uwe an darzulegen: Er sei ja nicht nur selber Kabarettist, er sei eben
auch Intendant und Inhaber und Geschäftsführer einer Bühne, und die sei,
schliesslich habe er auch Gastro, ein Unternehmen, er sei also nicht nur
Künstler-Spinner, sondern auch ein KMU. Und aus unternehmerischer Sicht sei
völlig klar: Kretschie ist der Tod des Kabaretts. Der Mann sei ja so beliebt,
an den dürfe man ja niemals ran, überdies gebe es auch keine Stelle, an der
dieser Mensch irgendwo angreifbar sei. Das sei ja fast ein Heiliger, irgendwo
zwischen Augustinus und Gandhi, zwischen St. Nikolaus und Luther King
angesiedelt, bodenständig, volksnah, integer, wenn es nur solche Politiker
gäbe, wäre es der Tod der Satire!
Einmal, ein
einziges Mal habe ein Kabarettist bei ihm auf der Bühne es gewagt, er habe eine
Nummer begonnen – und er betone: begonnen – die gelautet habe: Kretschmann im
Puff. Der gute Mann, er nenne jetzt keinen Namen, habe abbrechen müssen, und er
selber habe am nächsten Tag 20 Abonnementskündigungen gehabt, das sei ein
herber Verlust, das könne er sagen. Nein, nein, Winnie treibe die
BaWü-Kleinkunst in den Ruin, da seien sich auch alle einig, von Deutschmann bis
Richling, Bubi Wolfie wäre da sicher das Bessere gewesen.
Er habe auch
einen guten Draht zu den Amis, und er wisse aus zuverlässiger Quelle, dass die
AAC (American Association of Comedians) Donald Trump mit 30 Millionen Dollar
unterstütze. Nicht, weil sie seine Politik gut fänden, sondern weil sie endlich
wieder Arbeit wollten. Die Amerikanische Satire leide ja – wie die
Baden-Württembergische – seit Jahren unter einem Präsidenten, der dem Kabarett,
der Glosse, den Comedians und Sketschschreibern nichts biete. Obama sei so etwas
von anständig und sauber, dass man an ihm abgleite wie an einem rutschigen
Fisch. «In Trump investieren heisst in die Zukunft investieren» sei der Slogan
der AAC, an diesem Kerl sei nun alles unmöglich, der sei nun wirklich eine
Goldgrube, ein Eldorado, ein Garten Eden der Kleinkunst. Wo man hingreife, sei
dieser Mensch peinlich: Peinliche Frisur, peinliche Ansichten, peinliche
Äusserungen, wo man hinlange, sei Trump geschmacklos, geschmacklos sei seine
Wohnung, seine Bilder an den Wänden, seine Tischdekoration, geschmacklos seine
Einstellung zu jeder und jedem, der nicht ins Raster W-M-W (working, married,
white) passe.
Das
besonders Ärgerliche sei ja auch, dass man in den USA und in BaWü in Ländern
lebe, in denen man Kabarett machen DÜRFE, er kenne auch einen Kleinkünstler aus
Moskau, der habe natürlich eine Quelle vor der Nase, aus der zu trinken ihm
aber nicht erlaubt sei. Er habe eine in Putin herrliche Vorlage für die
bösesten Satiren, riskiere aber, ins Straflager zu kommen. Wir hätten die
Erlaubnis, aber wir hätten keine so schönen Vorlagen…»
Ich musste
lange über Uwes Worte nachdenken. Und schliesslich musste ich ihm Recht geben.
Leute wie Winnie sind nicht gut für die Satire, die Glosse, für das Kabarett
und die Comedy. Die Satire braucht etwas zum Angreifen, zum Veräppeln, zum
Verarschen (s.v.v.). Zu glatte Politiker sind der Tod für jede Attacke.
Zum Glück
haben wir Trump.
Zum Glück haben wir Putin.
Zum Glück haben wir die AFD.
Dazu mehr am
Freitag.Zum Glück haben wir Putin.
Zum Glück haben wir die AFD.
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