Montag, 30. Januar 2017

Von der Unmöglichkeit, ein Passwort zu setzen



Um bei www.ticketani.com eine Eintrittskarte zu bestellen, muss man einen Account einrichten und ein Passwort generieren. Gut, denke ich, dann generieren wir halt ein Passwort und ich nehme eines meiner üblichen:
haifischderhatzähne
Sie wollen es nochmals, also tippe ich die Liedzeile noch einmal ein.
So weit, so gut.

Allerdings erscheint jetzt wie ein Menetekel:
Die Eingaben stimmen nicht überein.
Also noch einmal getippt, und dieses Mal ganz höllisch aufgepasst, dass die Wörter deckungsgleich sind. Sind sie auch, dies scheint nicht das Problem zu sein, aber Ticketani sagt mir:
Ihre Eingabe muss mindestens 8 Zeichen lang sein, einen Grossbuchstaben sowie eine Zahl und/oder ein Sonderzeichen enthalten.

Schön. Hätten die Deppen mir auch gleich sagen können.
Ändern wir also in
Haifischderh&tzähne
Und geben auch das zweimal ein. Ticketani antwortet:
Ihre Eingabe muss mindestens 8 Zeichen lang sein, einen Grossbuchstaben sowie eine Zahl und/oder ein Sonderzeichen enthalten.

Habe ich doch gemacht, zum Henker! Ich bin lang genug, habe ein «H» und ein «&». Aber vielleicht haben die das mit dem und/oder nicht recht geschrieben, machen wir also beides:
Haifischderh&tzähn3
Und wiederholen sorgfältig.
Die Eingaben stimmen nicht überein.

Also noch einmal von vorne, alles sauber eingegeben, darauf geachtet, dass es 2x identisch ist (copy geht nicht..)
Ihre Eingabe muss mindestens 8 Zeichen lang sein, einen Grossbuchstaben sowie eine Zahl und/oder ein Sonderzeichen enthalten.
So der Kommentar. Ich kapituliere und rufe Bider&Tanner an, die Verkaufsstelle in Basel.

Da steckt Bosheit dahinter.
Pure, reine und unverfälschte Bosheit. Denn entweder erscheinen die Mahnungen des Programmes einfach durch Zufallsgenerator oder man muss eine bestimmte Konstellation erreichen, die dem User aber völlig unbekannt ist. So könnte man z.B. nur Passwords akzeptieren, die an vierter Stelle eine Zahl enthalten oder in denen der Buchstabe G auftaucht oder die 12 Zeichen lang sind oder an letzter Stelle ein Sonderzeichen haben. Weiss der User diese Regel nicht, tappt er völlig im Dunkeln, während er die Stecknadel im Heuhaufen sucht.

Programmierer sind böse. Unverfälscht, pur, rein böse. Ich habe dies ja neulich schon in dem Post über das Vertauschen von Speichern / Nicht speichern beim neuesten MAC geschildert, wie sie in ihren Büros hocken und sich überlegen, wie sie die Nutzer ärgern können.
Programmierer und Informatiker sind Welthasser, Menschenhasser, sind Menschenfeinde und Misanthropen.
In der Antike war der Menschenhasser ein Feldherr oder Sklavenhändler, wenn er nicht gerade auf einer Galeere den Takt schlug oder im Zirkus die Löwen rausliess, die sich dann auf ein paar arme Christen stürzten.
Im Mittelalter war der Weltfeind auf einem Kreuzzug oder verbrannte Hexen und Ketzer.
War im 19. Jahrhundert der Misanthropismus auf Ärzte und Lehrer übergegangen, wurde seit dem Fin de Siecle der Menschenfeind Dichter, Maler oder Philosoph.
Seit der Digitalen Revolution tummeln sich die Welthasser und Misanthropen im Silicon Valley. Und das ist vielleicht gut so, denn mir ist lieber, ein Menschenfeind nervt mich mit unmöglichen Programmbefehlen, als dass er mich beim Wochenmarktbesuch in die Luft sprengt oder mir Steine ins Fenster wirft.

Eine Stunde nach meinem vergeblichen Ticketani-Versuch bekam ich eine Mail von info@ticketani.com: 
Willkommen bei Ticketani. Bitte geben Sie bei jedem Besuch Ihr Passwort an.

Nun kam mir eine geniale Idee. Ich ging auf die Seite und klickte «Passwort vergessen» an. Sofort wurde mir mein Passwort gesandt.

Es lautete
haifischderhatzähne


Freitag, 27. Januar 2017

Trump und die Geographie: Ein wenig Mitleid



«The capital of France, Mr. President?»
«That’s easy, Paris.»
«The capital of the Nederland’s, Mr. President?»
«Also easy, Amsterdam.»
«The capital of Switzerland, Mr. President?»
«You’re asking nothing difficult, Zürich.»
«No, Mr. President, it’s Bern.»
«The capital is not always the biggest town?»
«No, Mr. President. Like in the US. Capital of Belgium?»
«Don’t try to trick me, Belgium is the Capital of Brussels.”
“No, Mr. President, it’s vice versa. Capital of San Marino?”
“There’s no country with that name.”
“Sure, it is. It’s an enclave in Italy.”
“????????????????????”

Ein wenig bedauern wir ihn schon, den armen Donny, er hat viel zu lernen und viel nachzuholen. Aber vielleicht sollten wir mal allen Zynismus fahren lassen und unseren Blick umdrehen. Es ist ja so simpel, uns über die Unkenntnis gewisser Amis lustig zu machen, wir nennen sie borniert, dumm, wir nennen sie egozentrisch und schmalhorizontig, und das mag aus unserer Sicht ja auch stimmen, aber eben nur aus unserer Sicht.

Machen wir ein Gedankenexperiment: Es gäbe seit 2005 die VSE, die Vereinigten Staaten von Europa, ja, und die Schweiz wäre auch mit dabei. (SVPler müssen nicht weiterlesen.) Nun wären wir in einem riesengrossen, weitumfassenden, einem breitgespannten und aufgefächerten Land, und unsere Sicht wäre eine andere. Alles Wissen über das Ausland wäre von heute auf morgen Wissen über das Inland geworden. Was wüssten wir nun über das «Ausland»? Natürlich wüssten wir den Namen des höchsten Berges Deutschlands, das wäre aber ein Berg innert der Grenzen, wüssten wir auch den des höchsten Berges des Atlas? Natürlich würden wir die Regionen Frankreichs kennen, aber auch die Weissrusslands? Alle Länder, die bisher so weit und weggelegen waren, wären jetzt Nachbarstaaten. Und als solche nicht mehr so interessant. Warum in die Türkei fahren? Man kennt ja nicht einmal Skandinavien, und das ist immerhin das eigene Staatsgebiet. Warum nach Moskau reisen? Man war ja noch nicht einmal in Lissabon, also im eigenen Land.
Für mich selber müsste ich sagen, dass die Anzahl meiner Auslandsreisen auf 4 (in Worten: vier!!) zusammenschrumpeln würde.

De Facto muss man also sagen: Je kleiner das Land, umso grösser ist das Interesse am Ausland, das sehen wir schon am Verhältnis Deutschland-Schweiz, fragen Sie mal in München oder Berlin nach dem Namen einer eidgenössischen Politikerin oder eines eidgenössischen Politikers. Insofern hat – ganz böse gesagt – die Haltung «Man muss sich doch für die Aussenpolitik interessieren» auch etwas Egozentrisches, wenn ein kleines Land, und weltkartenmässig rechne ich auch die Teutonen da dazu, diese Meinung äussert.

Machen wir uns noch einmal die Grössenverhältnisse klar: Das Fürstentum Liechtenstein ist so gross wie irgendeine US-Grossstadt, die Schweiz ist so gross wie z.B. Cochise County, das südlichste Distrikt Arizona, die BRD ist so gross wie Arizona itself.
Ich nehme an, dass Donny alle Staaten der USA auf einer Karte einzeichnen kann und ihre Hauptstädte benennen. Das ist doch auch schon ganz viel, ich könnte es nicht (mehr!). Genau das gleiche Wissen hätten wir, wenn es die VSE gäbe.

Über den Tellerrand zu blicken, ist gar nicht so einfach, wenn der Teller so riesengross ist.    

Das Problem bei Trumpie ist doch nicht, dass er gewisse Dinge über die Welt nicht weiss. Das wussten viele US-Präsidenten bei ihrem Amtsantritt nicht. Das Problem ist, dass er auf eine geradezu aufreizende Weise mit seinem Nichtwissen und seiner Dummheit kokettiert. Und das Schreckliche ist, dass er bei so vielen Amis damit ankommt. Es wäre richtig zu sagen: «Die meisten Bürger der USA kennen sich wenig in Europa aus, aber ich schon, denn als Präsident muss ich das alles wissen.» Es ist blöd zu sagen «Ihr wisst nicht, wo Dänemark liegt? Ich weiss es auch nicht. I am one of you!» Es wäre richtig zu sagen: «Es ist toll, wenn ihr Country&Western hört, aber als Präsident gehe ich halt auch mal gerne in die Met.» Es ist blöde zu sagen: «Fuck Opera! All gay! I love Country Music! I am one of you!» Es wäre richtig zu sagen: «Als Staatsoberhaupt bin 

Und so wird sein Geographielehrer sich weiter abmühen, ihm die Grundzüge der Weltkarte nahezubringen:
«An enclave is a country or a part of a country IN another one, like Guantanamo.”
“No! That’s an exclave!”
“For us, yes, for Cuba it’s an enclave.”
“????????????????”

     
    





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Dienstag, 24. Januar 2017

Vom neuen Umgang mit Journalisten



Die Freie Bibeltreue Gemeinde Schöggingen (FBGS) plante letztes Jahr eine Zeltmission, drei Wochen davor lud sie die örtlichen, regionalen und überregionalen Zeitungen zu einer Pressekonferenz. Man hatte sich gut vorbereitet, man hatte die möglichen Fragen der Journalisten aufgelistet und sich ordentliche Antworten überlegt: Was würden sie wissen wollen? Wo würden sie bohren? Wo würden sie nachhaken? Sicher bei der Frage nach der wörtlichen oder historisch-kritischen Sicht der Bibel, in Kombination mit der Kreationismusfrage, sicher bei der Einstellung der FBGS zu Familie und Sexualität, und sicher würde man auch das gute alte liebe Theodizee (Wie kann Gott das Böse zulassen?) in den Raum werfen.
Eine spannende Stunde also, voll von interessanten theologischen und philosophischen Fragen, eine Stunde der sachlichen Diskussion und Fairness in der Rede, denn die FBGS war sich voll bewusst, dass sie nicht mit dem Zeitgeist geht und ziemlich viel Gegenwind mit ihrer Sache hervorruft

So sollten Pressekonferenzen (wir kürzen das jetzt mal mit PK ab) nämlich ablaufen. Der oder die vorne überlegt sich, was gefragt werden könnte und bereitet sich darauf vor. Leider ist das in vielen Fällen auf der Welt nicht so.

Ein echter Diktator macht gar keine PKs. Wozu auch? Die gleichgeschaltete Presse druckt sowieso, was man ihr sagt, also kommt von der Propaganda-Abteilung gleich der Text, und der Redakteur muss nur noch die Fehler ausmerzen. Die allerdings sehr, sehr, sehr, sehr gründlich; man will ja nicht den Kopf riskieren, weil da ein Orthographiefehler schwarz auf weiss steht oder ein falscher Kasus. Da wird schnell mal ein Journalist an die Wand gestellt, weil die Satzstellung nicht stimmt und kein Mitarbeiter aus dem Propaganda-Ministerium würde zugeben, dass ER die Landessprache nicht fehlerfrei beherrscht…

In Schein-Demokratien wird es mit der Presse, dem Rundfunk, dem Fernsehen schon schwieriger. Aber auch hier findet man einen guten Weg: Die Fragen werden einfach vorher eingereicht. So kann sich der Staatschef, der Minister, kann sich die Staatschefin oder Ministerin auf die Antwort gründlich vorbereiten. So wurde das z.B. in der DDR gehandhabt. «Wird das Plansoll dieses Jahr erreicht?» Leichte Frage, wenn man sich für eine Replik eine Woche Zeit lassen kann und vor allem noch bei Lenin nachgucken, was der so sagte, als 1920 und 1921 und 1922 die Pläne schiefgingen.
Einmal dann allerdings traf dann eine vorher nicht eingereichte Frage den armen Mann da vorne wie ein Tennisball. Wir alle kennen sie, es war die Frage, ob die Reisefreiheit ab sofort gelte. Die gestammelte, gestotterte, die hervorgepresste und genuschelte Antwort löste einen Run auf die Mauer aus – mit bis heute schrecklichen Folgen, die Wiedervereinigung und Angela Merkel.

Leider häufen sich in der letzten Zeit die Anzeichen, dass wir wieder in eine Phase rutschen, in der Journalismus als ekliges Übel und als schlimme Krankheit gesehen wird.
Trumpie zum Beispiel hat einen ganz eigenen Weg im Umgang mit Presse, Funk und Fernsehen entwickelt. Grundsätzlich sind erst alle einmal eingeladen, gut so. Aber dann wird vor versammelter Mannschaft selektiert.
«Mr. President…»
«You are from the CENTRAL MAGAZINE?»
«Yes. Mr. President…»
«I don’t answer your question. I don’t like your paper. You are fucking socialists.»
«MR PRESIDENT…»
«Shut up!!!!!!!»
Wäre es hier nicht besser, die Pressetext-liefern-wir-selber-Methode oder Fragen-vorher-einreichen-Strategie anzuwenden? Oder wenigstens ehrlicher?

Die versammelten europäischen Rechten hatten am Samstag in Konstanz auch eine nette Konzeption. Es gab zwar eine PK, auf der man allerlei behaupten konnte, überprüfbar war das aber nicht, weil die unabhängigen und kritischen Medien nicht in den Saal durften. Immerhin, so hiess es, gebe es einen Livestream…
Auch hier wäre eine radikale Methode geschickter; keine PK, kein Livestream, man schickt der Presse einfach die zentralen Botschaften von Petri, Wilders und Le Pen, dem Funk gesprochene Fassungen
und dem Fernsehen Videos, dann muss sich niemand ärgern, und die Botschaften kommen voll an.

Wir rennen düsteren Zeiten entgegen. Zeiten, in denen Staatsoberhäupter den Medien das Maul verbieten und Parteien dem Journalismus die Türe weisen.

Wie lief nun die PK der FBGS ab?
So fair und diskutierend wie geplant?
Ja, sie wäre so gewesen, wenn jemand gekommen wäre.  Die örtlichen, regionalen und überregionalen Zeitungen hielten faktisch die Mission der FBGS nicht für wichtig genug.