Freitag, 29. Januar 2016

Der überforderte Schüler



Max ist am Anschlag. Max ist überfordert. Max geht in die 9. Klasse und weiss nicht mehr, wo ihm der Kopf steht.

Lernen. Lernen. Lernen.
Durch den Tag. Durch die Nacht. Durch den Tag.
Lernen. Lernen. Lernen.

Nehmen wir mal den letzten Sonntag. Der Sonntag sollte ja eigentlich ein Tag der Musse, der Erholung und Entspannung sein, aber nix da.
Frühmorgens, um 14.00 (man stelle sich das mal vor) riss ihn die Mutter aus dem Schlaf und aus dem Bett und stellte die Frage, die den ganzen Tag schon wieder versaute: „Habt ihr nicht Tests morgen?“ Und da Max jetzt nicht lügen konnte, immerhin WAREN da drei Tests, musste er notgedrungen mitten in der Nacht aufstehen. Nach Duschen, Anziehen, Frühstücken war es 15.00 und er musste sich notgedrungen an den Schreibtisch setzen. Er gamte ein wenig zur Entspannung, zum Warmwerden, nur ein paar Minütchen, bis die schon etwas gereizte Mutter um 16.30 die Türe aufriss und „Lernen!“ hineinrief.

Lernen. Lernen. Lernen.
Durch den Tag. Durch die Nacht. Durch den Tag.
Lernen. Lernen. Lernen.

Also ging Max jetzt wirklich an die Arbeit und besah sich seine Agenda:
Montag, 25.1.
Erste Stunde Mathetest
Dritte Stunde Musiktest
Sechste Stunde Englischtest

So weit, so gut. Wo aber waren die Lernziele? Der Musiklehrer war up to date und hatte sie per E-Mail geschickt: Du kannst Töne mit Vorzeichen im Violin- und Bassschlüssel schreiben und bestimmen.
OK. Aber Mathe und Englisch? Max dämmerte, dass sie irgendwie an der Tafel gestanden hatten, dass die Lehrer sogar erlaubt hatten, sie einfach abzufotografieren, nur hatte sein Handy keinen Akku mehr gehabt. Also muss er jetzt seine Kollegen kontaktieren, das geht schnell über WhatsApp, nur das man da noch ein wenig anderes austauscht, aber um 17.15 hat er die Lernziele:
Mathe: Binomische Formeln
Englisch: Present Perfect

Also alles fast easy, das Mathezeug kann er, a plus b im Quadrat gibt a im Quadrat plus 2AB, plus B im Quadrat, mit hoch drei wird das ein wenig länger, aber easy, ganz easy. Musik ist blöd, da muss er sich zum 500. Mal einprägen, wo die Töne liegen, dass ein F mit Häschtägg ein Fis ist logisch, aber wo liegt denn nun dieses verdammte F, und wo das f‘‘? Der Musiklehrer sagt ihm nach jedem Test, dass genau dies nun nicht mehr vergessen sollte, aber er vergisst es stets und lernt es für jeden Test neu.
Englisch wiederum ist chillig: I have choosed, Have I choosed, I haven’t choosed.

Beim Abendessen um 19.00 verkündet Max seinen Plan: Eine Stunde Musik, Tonnamen pauken, noch drei Gleichung mit den Binomischen und dann gamen. Denn Englisch ist ja locker, I have writed, Have I writed…
Written, Written, unterbricht ihn die Mutter, genauso wie es auch chosen heist.
Und nun kippt die Sache ins Katastrophale.
Denn:
ES GIBT UNREGELMÄSSIGE!!!!!!!
Man hätte noch 30 Stammformen lernen sollen, und zwar kontinuierlich.

Um 0.30 geht ein vor Erschöpfung zitternder, bleicher Max ins Bett, ein Max, den die Mutter noch sechs Mal abgefragt hat, die Töne, CDEFGHAcdefgahc’d’e’f’g’a’h’c‘‘d‘‘e‘‘f‘‘g‘‘a‘‘h‘‘c‘‘‘ gleich dazu. Am nächsten Morgen steht ein übermüdeter und überforderter Max auf.

Lernen. Lernen. Lernen.

„Wir laufen Gefahr, dass Kinder unter dem Leistungsdruck und den Erwartungen zusammenbrechen“, warnt Schulrechtsexperte Peter Hofmann. Er spricht die Anzahl Lektionen und die vielen Tests an, er fordert weniger Hausaufgaben und prüfungsfreie Montage. (20min vom 25.1.2016)

Hofmann hat sicher einen Zustimmer: Max.

Der aber, wenn er ehrlich wäre, zugäbe, dass gewisse Massnahmen seinerseits – wie im Unterricht aufpassen, nur bis 12.00 schlafen, Lernziele wissen, seinem Lehrer glauben, wenn der SAGT, das und das kommt wieder dran – auch nicht schlecht wären.

Dabei lassen wir nicht ausser Acht, dass auch die Schulen etwas machen könnten. (Muss man in Zeiten des schnellen Internets wirklich noch ALLE Hauptstädte der Welt und die Lebensdaten SÄMTLICHER Komponisten auswendig können?)

Lernen. Lernen. Lernen.
Durch den Tag. Durch die Nacht. Durch den Tag.
Lernen. Lernen. Lernen.
Und der Mut ist so müde geworden und der Stress so gross


Dienstag, 26. Januar 2016

Winterwegignorierer



Es war ein superprächtiger Sommer. Es war ein heisser, tropischer Herbst. Und dann kam der Winter doch, wenn auch nur kurz und schneereich, jetzt ist es ja wieder schon viel zu warm. Ja, und in dieser kurzen Zeit des winterlichen, arktischen Klimas bemerkte man sie. Die, die dachten, die vierte Jahreszeit kommt gar nicht mehr und man könne sie so einfach ignorieren.
Die Winter-weg-Ignorierer.
(Wir nennen sie jetzt der Einfachheit halber Wiweig)

Kennen Sie den Unterschied zwischen einem Ignoranten und einem Weg-Ignorierer?
Der Ignorant ist immun gegen jeden Einfluss, der ihm von aussen daher kommt. Er hat Augen und Ohren verschlossen, er läuft mit Scheuklappen durch die Welt und bekommt ausser dem, was BILD und RTL ihm aufbereiten, nichts mit. Er kann ein *****-Menu in sich hineinmampfen, ohne dass irgendwelche Geschmacksknospen angesprochen werden, er kann Mahler VIII hören und es mit einem „nett“ kommentieren, er sieht nichts, er hört nichts, er riecht und schmeckt nichts, er ist fünf Affen in einer Person.
Der Weg-Ignorierer/die Weg-Ignoriererin ignoriert speziell und ausgesucht. Und er ignoriert fest und unbeirrt mit dem Ziel, das von ihm oder ihr werde nach dem Ignorationsprozess auch nicht mehr da sein. Die BRD ignorierte die Existenz eines zweiten Staates, die DDR tat es genauso, sehr konservative Katholiken (und Protestanten!) ignorieren noch immer das Vorhandensein einer anderen Konfession. Es gibt Leute, die auch die heftigsten körperlichen Schmerzen wegignorieren wollen, da wird auch, wenn man das Gefühl  hat, man werde mit scharfen Messern in den Bauch gestossen, erst einmal gewartet, gewartet, das vergeht schon, man will ja schliesslich kein Hypochonder sein.

Der Wiweig ignoriert also den Winter. Er lebt nach dem Motto: „Wenn ich so tue, also ob Sommer ist, IST auch Sommer." Der Wiweig geht nur mit T-Shirt und leichtem Sakko aus dem Haus, schon ein Halstuch um den von Shirt und Jackett unbedeckten Hals empfände er oder sie als übertrieben. Nun kann man sagen, das sei ja das ureigenste Problem des Wiweig selber, ist es auch, solange er sich nicht erkältet, was ihm oder ihr aber wahrscheinlich passieren wird. Da sitzt der oder die Wiweig dann neben einem im Tram oder im Bus und hustet und schnieft, poltert und spritzt mit Bazillen nur so um sich und steckt jeden an, der sich in die Nähe wagt.

Ist das schon schlimm genug, geht es erst richtig los, wenn der Wiweig ein Auto besitzt.
Da es ja nicht Winter ist, da die kalte Jahreszeit ja nicht gekommen ist, KANN der Belag auf dem Fahrzeug ja kein Eis oder Schnee sein, es muss sich um Blütenstaub, Hautschuppen eines Alien oder Industrieabgase handeln. Und weil es ja Pollen, Alienhaut oder anderes Zeug ist, wird das ja beim Losfahren irgendwie abrutschen. Eiskratzen muss man nicht, denn dann wäre ja Winter, was ja nicht sein kann – siehe oben.
Der Wiweig fährt also los, wartet auf das Wegrutschen des Blütenstaubs, der Hautreste des Beteigeuzianers, der Abgasreste und fährt und fährt…
Hunderte solcher „Iglufahrer“ hat die CH-Polizei in den letzten Wochen angehalten, alle mit einem Guckloch in der Windschutzscheibe, das die Grösse eines Brillenglases hatte. Und sämtliche mussten ausser einer saftigen Busse den Führerschein abgeben, und das ist gut so, mir wird ganz anders, wenn ich mir vorstelle, wie wenig der Mercedesfahrer, dem ich mich gerade nähere, eigentlich sieht.

Der Wiweig fährt natürlich – natürlich! – stets zu schnell. Da ja nicht Winter ist, die kalte Jahreszeit nicht gekommen, KANN es sich bei der weissen Farbe auf den Strassen ja nicht um Reif oder Schnee oder sogar Glatteis handeln, es handelt sich – ebenso wie bei dem komischen Zeug auf dem Auto um Alienschuppen, Pollen, Kandiszucker oder Crack, also Substanzen die die Haftung seiner Pneus eher verbessern. Er oder sie (wahrscheinlich doch eher er) fährt also los, wie er immer fährt: 160 km/h auf der Autobahn, 80 km/h Innerorts und 50 km/h in Dreissigerzonen. Und wundert sich dann ganz schnell, dass er doch eher rutscht und gleitet als fährt. Wenn wir Glück haben, rutscht oder gleitet er mit 160 km/h einfach auf einen Baum oder eine Mauer, wenn wir Pech haben, kommt er uns entgegen, gleitend, rutschend und saust mit grosser Treffsicherheit in uns rein.

Der oder die Nicht-Wiweig, der oder die Winteranerkenner(in), wir nennen ihn oder sie Wianek, ist da klüger. Der/die Wianek zieht sich warm genug an, kratzt das Auto frei und fährt langsam – oder gleich Bahn. Hier stösst allerdings in Deutschland der/die Wianek auf die allergrösste Wiweig, die DB. Das Bahnmanagement hat noch nie in Betracht gezogen, dass man sich im Oktober vielleicht überlegen sollte, ob nicht bald die kalte Jahreszeit kommt, und wenn die Frage auftauchte, hat man sie auf den Frühling vertagt. Fällt dann im Dezember die erste Schneeflocke, muss es sich ja um Alienhaut, Blütenstaub oder Puderzucker handeln, also Substanzen, die den Bahnbetrieb nicht beeinträchtigen werden. So ist regelmässig beim ersten Wintereinbruch das gesamte Schienennetz lahmgelegt, Weichen frieren ein, Schienen werden unbrauchbar, und wenn der Zug doch fährt, hat er keine Heizung…

Es war ein superprächtiger Sommer. Es war ein heisser, tropischer Herbst. Und dann kam der Winter doch, wenn auch nur kurz und schneereich, jetzt ist es ja wieder schon viel zu warm.

Aber vielleicht kommt der Winter nun doch noch einmal zurück.
Und da wären Winterreifen und ein Eisschaber keine schlechte Anschaffung.
Und wenn der Winter nicht kommt: Mit dem Schaber kann man sich auch den Rücken kratzen.

Freitag, 22. Januar 2016

Köln 4 (and last): Obergrenzen



Obergrenzen.
Wir lieben Obergrenzen.
Sie machen die Sache so eindeutig, klar geregelt, klar reglementiert, sie zeigen Struktur und Besonnenheit, sie zeigen Wissen und Recht.
Obergrenzen.
Wir haben Obergrenzen für die Menge von Sydolalkoholoid in Fruchtsaft, für die Menge von Hydrokalkulat in Pudding, wir haben Grenzwerte für Feinstaub und Ozon, wir haben Limits für Ausgaben und Kosten (man nennt das Budget), wir haben Obergrenzen für die Krümmung von Bananen und für die Verschrumpelung  von Rüben.
Obergrenzen.

Das einzige Problem bei Obergrenzen ist das folgende:
Sie werden manchmal erreicht.

Sie alle kennen das:
Da haben Sie sich vorgenommen, im Urlaub nur 50.- am Tag auszugeben, also nehmen Sie für 14 Tage auch nur 700.- in Bar mit. Damit kommen Sie gut durch, denn in Südmaledochien ist der Kaffee günstig, der Schnaps nicht teuer, und ein schmackhaftes Fischgericht schon für 13.- zu haben. Nun sind am letzten Tag genau 40.- übrig, das heisst, Sie können sich noch Kaffee und Schnaps leisten und zum Abendessen eine herrliche gegrillte Dorade verspeisen. Und dann… Dann sehen Sie in der Boutique in der Fussgängerzone die T-Shirts, die Sie schon immer wollten, X&U®, hauteng und körperbetont, der Schnitt, der Ihren Fitnesskörper so gut zur Geltung bringt, auch noch in allen Ihren Lieblingsfarben wie Mintrosa, Zuckergrün und Affenblau, dummerweise kostet eines 30.-. Und dann gehen Sie zum Automaten und heben von Ihrer weitüberzogenen Kreditkarte nochmal 200.- ab.

Sie alle kennen das:
Man hat eine Veranstaltung (ein Konzert, ein Theaterspiel, eine Lesung oder einen Vortrag) geplant und ist vom Hausmeister belehrt worden, dass die Feuerpolizei nur 150 Leute in den Saal lässt. Er selber, so er, sei tolerant und würde bis 170 gehen, dann aber sei Endegelände, dann stünde schon alles voller Stühle und weitere Stehplätze gingen nicht. Ja, und dann kommt zur Lesung, zum Vortrag oder zum Konzert als 171ste bis 184ste Person eine Gruppe, die extra aus XY zu Lesung oder Theater angereist ist, und die kann man ja nicht vor den Kopf stossen, und Sie flehen den Abwart an, und er drückt sämtliche Augen zu, und man betet, dass nichts passiert…

Ein schönes Beispiel gab einmal die Schulleitung der Sekundarschule A.:
Sehr geehrte Familie F.
Wir bestätigen, dass Ihre Tochter V. vom 15.-23.4. Urlaub bekommt. Wir müssen Sie aber darauf hinweisen, dass das für 4 Jahre zulässige Kontingent von FÜNF Jokertagen damit verbraucht, respektive überschritten ist.
Das schreit zum Himmel. 5 Tage zur freien Verfügung gibt es in vier Jahren, nicht mehr und nicht weniger, eigentlich, und jetzt weist man darauf hin, dass die abgezirkelte Summe eigentlich schon überschritten ist. (Das Beispiel ist echt!)

Obergrenzen.

Wir setzen also eine Obergrenze für Flüchtlinge fest und überlegen uns dann, wie wir mit ihr umgehen.

So.
Und jetzt hatte ich hier einen wunderschönen Passus mit vier Szenarien, einen herrlichen kleinen Text und jetzt macht mir der Ösi alles kaputt.
Denn seit vorgestern existiert eine Obergrenze. Eine schöne klare, exakte Zahl:

37 500
In Worten:
Siebenunddreissigtausendfünfhundert.

So viele dürfen noch rein ins Donauland, zu Walzer und Kaiserschmarrn, so viele dürfen noch an Inn und Drau, so viele dürfen noch nach Graz, Linz oder Kufstein.
37 500
Was für eine krumme Zahl. Fünfzigtausend wäre doch schöner gewesen, eine runde Zahl, da kann doch der Bundeskanzler an der Grenze stehen und mit einem Blumenstrauss und einem kleinen Geschenk (die A-Staatsbürgerschaft) den 50 000. Besucher begrüssen, das wäre doch fein. Niemand sagt doch: „Gratuliere, sie sind der 37 500. Gast.“

Was das jetzt alles für Probleme gibt, mit dem Österreichischen Alleingang, das wird sich zeigen. Gesund für Europa ist es sicher nicht, schliesslich gibt es eine Menge Routen durch diesen Kontinent, und was auch passieren könnte, wäre das, was wir immer haben, wenn es heisst: „NUR NOCH 10 STÜCK“, alle rennen los, denn vielleicht schafft man es ja noch.

Vielleicht wird die Donaurepublik schliesslich auch gezwungen, mit der Obergrenze so umzugehen wie Sie mit Ihrem Urlaubsbudget beim mintrosa T-Shirt-Kauf, oder wie der Abwart mit den Besuchern aus XY. Oder die Schulleitung mit den Jokertagen.

Man wird sehen.

Dienstag, 19. Januar 2016

Köln 3: Schärfere Gesetze! (?)



Die Südseeinsel Pika-Puka hat ein Problem. Das Problem heisst Wuwu und ist ein Vogel. Der 50 Zentimeter grosse, silbergraue Kleinadler ist ein widerliches Biest. Sein Schrei klingt wie ein auf Luftballon gespieltes Wagnermotiv, sein Schnabel ist spitz und scharf und dringt auch durch Glas und Blech, sein Kot besteht vor allem aus Säure und hat schon manchen Mantel weggeätzt. Das Gute ist, dass der Wuwu in der Hauptstadt nicht genügend Nahrung findet, sollte er sich also wirklich einmal nach Pika-Puka-Stadt verirren, verhungert er dort. Deshalb hat Pombo XX, König von Pika-Puka 2010 das Wuwufüttern unter Strafe gestellt. 1 Monat bis 1 Jahr Haft sollten dem drohen, der die Vögel mit Nahrung versorgt. Es gab nämlich doch immer wieder Leute, die die darbenden Wuwus bemitleideten und ihnen Früchte und Brot zuwarfen.

Nun ist die Population von Pika-Puka klein und alle sind irgendwie verwandt. Deshalb drückten die (wenigen) Polizisten alle Augen zu. Wer verhaftet schon gerne seine Tante, seine Nichte oder Schwiegermutter?
Pombo XX reagierte und VERSCHÄRFTE 2012 DIE GESETZTE. Nun drohten 2 Monate bis 2 Jahre Gefängnis. Immerhin wurde auch tatsächlich ein Mann verhaftet. Weil er allerdings behauptete, er habe diesen Wuwu vergiften wollen, wahrscheinlich sei die Dosis zu niedrig gewesen, weil die Polizei ihm das glaubte, und weil er der Neffe des Oberpolizisten war, liess man ihn laufen.

Pombo rotze, Pombo tobte, Pombo kotze und VERSCHÄRFTE 2014 die Gesetze. Nun gab es 3 Monate bis 3 Jahre Knast für den Fütterer oder die Fütterin. Im Sommer 2014 wurden auch sofort zwei Touristen verhaftet UND verurteilt: Urs Blaggi und Beat Schämpli aus Uerikon (ZH) hatten am Tag vor ihrem Abflug Wuwus gefüttert. Sie wurden zu einer bedingten Gefängnisstrafe (für Deutsche: Bewährung) von 3 Monaten verurteilt. Nun ist es nicht schwierig, sich an die Bewährung zu halten, wenn man eh nie mehr an den Ort zurückkommt, und eine bedingte Vorstrafe in Pika-Puka ist jetzt nichts wirklich Bedrohliches, eher etwas, was man schmunzelnd auf Facebook postet oder twittert.

Das Füttern wurde nicht weniger.
Pombo erhöhte 2015 das Strafmass auf 4 Monate bis 4 Jahre.

Das Füttern hielt an.
Und an.
Und an.
Und an.

Warum reden wir ständig davon, dass wir Gesetze verschärfen sollten?

Weil es sich so gut anhört. Es klingt nach Durchgreifen, nach Macht und Stärke, es klingt nach „der Staat tut was“ und „wir lassen uns nicht alles bieten“. Verschärfte Gesetze haben den Geruch von Effektivität und Härte, den Duft von Justiz und Handschellen.
Dabei HAT man schon so viele Gesetze.
Aber wenn man sagt: „Wir müssen unsere Gesetze anwenden“, gibt man ja zu, dass man das bisher NICHT getan hat, man gesteht ein, dass Paragraphen rumliegen, die kein Mensch kennt, kein Mensch benutzt und kein Mensch durchsetzt.
Pombo XX hätte ja kleinmütig sagen müssen: „Liebes Volk, wir haben ein Antifütterungsgesetz, aber wir kriegen das irgendwie nicht gebacken, dass sich die Leute daran halten.“

Wir brauchen, um Ereignisse wie in Köln zu vermeiden, keine neuen Gesetze. Wir könnten aber mal die, die wir haben, einfach mal anwenden.
Ich meine: Wozu hat man sonst Paragraphen?
Könnte mal nicht mal sagen und schreiben:
BEI UNS WIRD ES SO HEISS GEGESSEN, WIE ES GEKOCHT WIRD?
oder
ES WERDEN KEINE AUGEN ZUGEDRÜCKT?

2015 wurden auf Piku-Paku übrigens nun wirklich drei Deutsche in den Knast gesteckt. Sie kamen ausdrücklich, um sich eine Bewährungsstrafe (für den Facebook-Eintrag) zu sichern, nachdem sie den Post von Beat und Urs gelesen hatten. Allerdings war ihre Strafe 4 Monate unbedingt, und weil ihr Ansinnen dermassen frech war, war auch die Botschaft der BRD machtlos.

Sofort hörte das Wuwufüttern auf. Denn es waren ja Touristen, aber man wusste nicht so genau, ob der Richter nicht auch Einheimische verurteilen würde, selbst wenn er mit ihnen verwandtschwägert wäre…


Freitag, 15. Januar 2016

Köln 2: Langeweile



Es gibt auf YouTube ein wunderbares Video von Call me maybe zu sehen: GIs playbacken und tanzen hier eine verrückte Fassung, knackige Kerle in Unterwäsche auf einer Base in Afghanistan. Das Ganze ist prickelnd schwul (die GIs sind es nicht!), sehr schräg und völlig abgedreht. Die Frage ist natürlich, warum die Armeeleitung erlaubt, dass hier US-Soldaten sich so zum Affen machen und der Gay-Community einen so schönen Film liefern. Die Antwort ist klar: Langeweile. Den Typen ist zum Teil so langweilig, dass man sie lieber eine solche Playback-Slip-Fassung drehen lässt, als dass sie auf blödere Gedanken kommen: Leute foltern, Frauen belästigen, Rumknallen oder Häuser sprengen. (Man schauen dazu auch den Film JARHEAD an…)

Langeweile.

Der Kabarettist Wolfgang Neuss formulierte so:
Schon als Mädchen sass ich allein zuhaus
Und riss den Fliegen die Beine aus
Aus Langeweile
Und in der Schule, man glaubt es nicht
Da spuckte ich meinem Lehrer ins Gesicht
Aus Langeweile
Der Vater tobte, die Mutter schrie,
Ich zuckte die Achseln und dachte nur, wie
Seid ihr alle langweilig

Ich muss zugeben, dass ich mich in das Gefühl der Langeweile nur schwer hineindenken kann, ich habe seit Jahren keine gehabt, aber als Lehrer weiss ich, dass man bei der Planung von Schullandheimen immer ein gewisses Programm anbieten muss, Volleyball- und Fussballturniere, Wanderungen, Schwimmbad, Film und Quiz. Die Jugendlichen maulen zwar erst, wenn sie nicht fünf Stunden chillen können, aber Fussball und Schwimmen, Video und Quiz halten sie eben von der Langeweile ab, und jeder Lehrer und jede Lehrerin weiss, dass Jugendliche, wenn die Langeweile sich erst einmal ballt und zur Wolke wird, schlimme Folgen hat. Die Kids müssen dann testen, ob man via Dach ins Mädchenzimmer kann (oder umgekehrt ins Jungszimmer), sie verzieren die Wände mit tollen Zeichnungen oder ritzen heitere Texte in das Bettgestellholz, sie probieren auch schon mal aus, wie lange man den Mitschüler kneifen kann, bevor er schreit…

Die gelangweilten Soldaten übrigens haben eine lange Tradition. In hunderten Garnisonstädten sassen gelangweilte Offiziere, tranken zu viel, spielten, duellierten sich, rüpelten und rülpsten und…
stiegen Frauen nach.
Tausende von ehrbaren Bürgerstöchtern verloren so ihre (damals noch wichtige!) Unschuld. In der Kindermörderin ist davon die Rede, genauso in Soldaten von Lenz.
Und der gute Jakob Michael Reinhold hat am Ende seines Dramas eine Idee: Die Bürgerstöchter sollten sich märtyrerhaft  für ein Haus zur Verfügung stellen, in dem die Offiziere ihre Leidenschaften abreagieren könnten, quasi ein Puff unter staatlicher Aufsicht, natürlich auch zur Zeugung von Soldatennachwuchs, eine Pflanzschule.

Wäre das eventuell eine Lösung für unsere Flüchtlinge?
Sollen die Grossstädte spezielle Bordelle für die Migranten einrichten, dass sie unsere Frauen in Ruhe lassen? Nach dem Motto: Einmal pro Monat einen 15minütigen Beischlaf als Teil des sozialen Leistungskorbes?

Wahrscheinlich nicht. Schon Lenz greift hier tief, metertief in den Schlamm und ich schäme mich jedes Mal, dass der von mir so geschätzte Dichter so einen bodenlosen Quatsch verzapft.

Nein, aber die Bekämpfung der Langeweile wäre doch vielleicht ein Thema. Lasst die Leute doch etwas tun. Zu machen gibt es genug, auf 1000000 Brachflächen sammelt sich Müll, die Gewässer sind voll Plastik, die Wände voll Graffiti und es gibt sicher auch Senioren, denen es egal ist, dass ihr Rollstuhl von muslimischen Händen geschoben wird.
Kostet natürlich etwas.
Aber kosten tun die Migranten eh und es wäre doch auch schön, wenn sie nicht für Almosen, sondern für Lohn übers Mittelmeer oder die Balkanroute kämen.

Und vielleicht kommen sie auch auf die Idee, ein Video zu drehen.
Ich freue mich schon darauf, knackige Syrer in Badehosen zu sehen, die vor der Kulisse ihres Asylheimes Born To Be Wild playbacken.
Oder Born This Way.