Obergrenzen.
Wir lieben Obergrenzen.
Sie machen die Sache so eindeutig, klar geregelt, klar
reglementiert, sie zeigen Struktur und Besonnenheit, sie zeigen Wissen und
Recht.
Obergrenzen.
Wir haben Obergrenzen für die Menge von Sydolalkoholoid in
Fruchtsaft, für die Menge von Hydrokalkulat in Pudding, wir haben Grenzwerte
für Feinstaub und Ozon, wir haben Limits für Ausgaben und Kosten (man nennt das
Budget), wir haben Obergrenzen für die Krümmung von Bananen und für die
Verschrumpelung von Rüben.
Obergrenzen.
Das einzige Problem bei Obergrenzen ist das folgende:
Sie werden manchmal erreicht.
Sie alle kennen das:
Da haben Sie sich vorgenommen, im Urlaub nur 50.- am Tag
auszugeben, also nehmen Sie für 14 Tage auch nur 700.- in Bar mit. Damit kommen
Sie gut durch, denn in Südmaledochien ist der Kaffee günstig, der Schnaps nicht
teuer, und ein schmackhaftes Fischgericht schon für 13.- zu haben. Nun sind am
letzten Tag genau 40.- übrig, das heisst, Sie können sich noch Kaffee und
Schnaps leisten und zum Abendessen eine herrliche gegrillte Dorade verspeisen.
Und dann… Dann sehen Sie in der Boutique in der Fussgängerzone die T-Shirts,
die Sie schon immer wollten, X&U®, hauteng und körperbetont, der Schnitt,
der Ihren Fitnesskörper so gut zur Geltung bringt, auch noch in allen Ihren
Lieblingsfarben wie Mintrosa, Zuckergrün und Affenblau, dummerweise kostet
eines 30.-. Und dann gehen Sie zum Automaten und heben von Ihrer
weitüberzogenen Kreditkarte nochmal 200.- ab.
Sie alle kennen das:
Man hat eine Veranstaltung (ein Konzert, ein Theaterspiel,
eine Lesung oder einen Vortrag) geplant und ist vom Hausmeister belehrt worden,
dass die Feuerpolizei nur 150 Leute in den Saal lässt. Er selber, so er, sei
tolerant und würde bis 170 gehen, dann aber sei Endegelände, dann stünde schon
alles voller Stühle und weitere Stehplätze gingen nicht. Ja, und dann kommt zur
Lesung, zum Vortrag oder zum Konzert als 171ste bis 184ste Person eine Gruppe,
die extra aus XY zu Lesung oder Theater angereist ist, und die kann man ja
nicht vor den Kopf stossen, und Sie flehen den Abwart an, und er drückt
sämtliche Augen zu, und man betet, dass nichts passiert…
Ein schönes Beispiel gab einmal die Schulleitung der
Sekundarschule A.:
Sehr geehrte Familie
F.
Wir bestätigen, dass
Ihre Tochter V. vom 15.-23.4. Urlaub bekommt. Wir müssen Sie aber darauf
hinweisen, dass das für 4 Jahre zulässige Kontingent von FÜNF Jokertagen damit
verbraucht, respektive überschritten ist.
Das schreit zum Himmel. 5 Tage zur freien Verfügung gibt es
in vier Jahren, nicht mehr und nicht weniger, eigentlich, und jetzt weist man
darauf hin, dass die abgezirkelte Summe eigentlich schon überschritten ist.
(Das Beispiel ist echt!)
Obergrenzen.
Wir setzen also eine Obergrenze für Flüchtlinge fest und
überlegen uns dann, wie wir mit ihr umgehen.
So.
Und jetzt hatte ich hier einen wunderschönen Passus mit vier
Szenarien, einen herrlichen kleinen Text und jetzt macht mir der Ösi alles
kaputt.
Denn seit vorgestern existiert eine Obergrenze. Eine schöne
klare, exakte Zahl:
37 500
In Worten:
Siebenunddreissigtausendfünfhundert.
So viele dürfen noch rein ins Donauland, zu Walzer und
Kaiserschmarrn, so viele dürfen noch an Inn und Drau, so viele dürfen noch nach
Graz, Linz oder Kufstein.
37 500
Was für eine krumme Zahl. Fünfzigtausend wäre doch schöner
gewesen, eine runde Zahl, da kann doch der Bundeskanzler an der Grenze stehen
und mit einem Blumenstrauss und einem kleinen Geschenk (die
A-Staatsbürgerschaft) den 50 000. Besucher begrüssen, das wäre doch fein.
Niemand sagt doch: „Gratuliere, sie sind der 37 500. Gast.“
Was das jetzt alles für Probleme gibt, mit dem
Österreichischen Alleingang, das wird sich zeigen. Gesund für Europa ist es
sicher nicht, schliesslich gibt es eine Menge Routen durch diesen Kontinent,
und was auch passieren könnte, wäre das, was wir immer haben, wenn es heisst:
„NUR NOCH 10 STÜCK“, alle rennen los, denn vielleicht schafft man es ja noch.
Vielleicht wird die Donaurepublik schliesslich auch
gezwungen, mit der Obergrenze so umzugehen wie Sie mit Ihrem Urlaubsbudget beim
mintrosa T-Shirt-Kauf, oder wie der Abwart mit den Besuchern aus XY. Oder die
Schulleitung mit den Jokertagen.
Man wird sehen.
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