Freitag, 29. September 2017

Jamaica-Koalition: Wird Merkel Reggae singen und kiffen? / Blogpause



Ja, ja, ja, liebe Freunde und Freundinnen, ich weiss schon, dass der dämliche Name Jamaica-Koalition nicht vom Gebaren und Verhalten, nicht vom Aussehen und vom Outfit einer zukünftigen Regierung kommt, sondern schlicht weg von den Farben, die den Flaggenfarben von Jamaica entsprechen
Schwarz – Grün – Gelb
Aber wäre es nicht reizvoll sich vorzustellen, dass es wirklich eine jamaicaeske, eine jamaicaoide Regierung würde? Wäre es nicht nett sich auszumalen, wie die Politiker und Politikerinnen im Innenhof des Regierungsgebäudes sitzen – natürlich völlig bekifft – und ihre spiessigen, bünzlihaften Beamten beobachten und dann die Fackeln angezündet werden und Mutti Porridge kocht, oder wahrscheinlich keinen Porridge, sondern einen Uckermärkischen Fleischtopf, schmeckt aber auch gut, und dann kämen ihr die Tränen ob all der Schieflage in der Welt und der Schwierigkeiten und Probleme in Deutschland; und dann sängen alle:
«Keine / Frau / Keine / Tränen – Keine / Frau / Keine / Tränen»
Wäre doch als Bild sehr anheimelnd.

Was brächte aber die Jamaicabande wirklich, wenn sie Golden Times of Reggae and Rasta nachspielt? Lassen Sie uns mal sehen:

Natürlich muss in einer JK Haschisch komplett legalisiert werden, es müsste sogar noch mehr geschehen, Politikerinnen und Politiker wären angehalten, so oft als möglich in öffentlichen Räumen zu kiffen. (Bedeutet natürlich auch Aufhebung des Rauchverbots.) Wäre das nicht schön, wenn die Abgeordneten, eingehüllt von Dopeschwaden, völlig relaxed und entspannt im Plenarsaal hingen und ebenso relaxed und entspannt ihre Vorlagen diskutieren würden?
Umgekehrt – und das wäre eine bittere Pille – würde selbstverständlich der Alkohol verboten. Denn Rastas trinken keinen.

Die schreckliche deutsche Nationalhymne bekäme endlich eine brauchbare Fassung, mit einem wunderbar smoothenden Rhythmus unterlegt und ins Englische übertragen, klänge sie fast wie ein spät entdecktes Marley-Lied:
Dumdada Dum Da – Dumdada Dum Da
Unity! Right! Freedom!
Dumdada Dum Da – Dumdada Dum Da
For our land – for our land
Dumdada Dum Da – Dumdada Dum Da

Schwieriger wird es jetzt mit der richtigen Rastaeinstellung zur Flüchtlingsfrage, der Exodus spielt ja hier eine ganz grosse Rolle.
Vielleicht muss man hier ein wenig ausholen. Als verkündet wurde, dass, wenn der erste farbige Kaiser in Afrika gekrönt würde, die Rückkehr der Einstafrikaner in den schwarzen Kontinent beginnen könnte, wurde dies eine heilige Prophezeiung. Und dieser Kaiser erschien dann endlich auf der Bildfläche: Haile Selassi von Äthiopien, mit anderem Namen Ras Täfäri Er wurde zum Jesus, zum Mohammed, er wurde zum Buddha, zum Konfuzius des Rasta-Kultes. Dass Haile im Gegensatz zu den anderen Heiligen kein guter Mensch war, dass er Gefängnisse und Folterkammern füllte, dass er auf der Top-Ten-Liste von Amnesty International ziemlich weit oben rangierte, tat der Verehrung keinen Abbruch. Ebenfalls keinen Abbruch tat der Verehrung die Tatsache, dass er, als die ersten Dreadlocks in Äthiopien erschienen, sie grad wieder heim nach Jamaica schicken wollte. Was er brauchte, waren Techniker, Ingenieure, er brauchte Wirtschaftler und Handwerker, er brauchte Ärzte und Juristen, was er nicht brauchte, waren Spinner, die den ganzen Tag kifften und Reggaemusik spielten. Nichts desto trotz, Rasta Fari blieb der Angelpunkt des nach ihm benannten Kultes.

Was könnte die JK nun daraus lernen?
Vieles.
Der Exodus der Afrikaner ist eine gute Sache. Aber rastamässig geht der Exodus von anderen Kontinenten weg und NACH Afrika.
Man kann die Leute, die erscheinen, auch sehr unfein behandeln, das tut der Verehrung keinen Abbruch. Mutti wird St. Mutti bleiben, auch wenn sie nicht mehr alle reinlässt.
Man braucht ein Verehrungsobjekt, und das kann durchaus oben auf der Amnesty-Liste stehen.
Wird also Putin der neue Rastafari?
Oder Erdogan?

Ja, ich weiss schon, dass der Name Jamaica-Koalition nur von den Farben herrührt. Aber dennoch wäre diese Vision eine schöne: Alle Regierungsmitglieder im Innenhof des Kanzleramtes, Mutti kocht Porridge (oder Uckermärkischen Eintopf), alle kiffen und dann wird das Feuer angemacht und alle singen.
Keine
Frau
Kein
Weinen

Wäre das nicht schön?

Wir machen mal wieder eine Pause. Bis zum 17.10., da kommt der nächste Post.


 

Dienstag, 26. September 2017

Beibrot: Vom Tisch in den Mülleimer



«Ich bringe Ihnen noch etwas Brot», sagt die Bedienung im Entre Nous, einem der wirklich guten Bistrots in unserer Stadt, «Brot kommt sofort.» «Vielen Dank», meine ich und lächle sie an, «ich möchte gar keins, vielen Dank.» (Die mich kennen, werden sich wundern, da ich der absolute Ein-bis-zwei-Scheiben-zu-Suppe-und-Salat-Esser bin, es gibt aber Speisen, da mache ich eine Ausnahme. Überbackene Zwiebelsuppe zum Beispiel, da liegt das Brot quasi schon drin, und genau so eine Zwiebelsuppe habe ich bestellt.) «Brot gehört dazu», grinst die Bedienung, «und kostet auch nicht extra.» Gute Güte! Hält sie mich für einen Geizhals? Und vor allem für einen Dummkopf? Es ist mir völlig klar, dass wir in unseren Breiten nicht gesondert für Pane e Coperto blechen. «Es geht mir nicht ums Geld, ich möchte einfach kein Brot.» «Kein Problem», sagt die Bedienung, «ich bringe jetzt welches, sie können es ja stehen lassen.» Nach einer Minute steht ein Brotkorb mit vier Scheiben Baguette und zwei Pizzabrötchen vor mir. Ich esse sie natürlich – wie angekündigt – nicht und sie werden nach der Vorspeise wieder in die Küche wandern. Brot gehört, so scheint es, im Entre Nous einfach zur Tischdekoration, zum Ambiente, es gehört zum Flair und zum Ablauf.

Das Furchtbare ist, dass ich weiss, was mit Brot, das ich nicht esse, geschieht.
Es wird weggeworfen.
Was soll man auch sonst damit tun?

Natürlich könnte man Tiere füttern, man könnte das Brot den Schweinen geben oder den Enten oder den Gänsen, die man hinter dem Haus hält; so würde dann aus dem Brot quasi via Biorecycling ein Schweinekotelett oder eine Entenleberpastete oder Gänseschmalz, also Sachen, die man den Gästen wieder geben kann. Allerdings ergibt sich hier eine kleine Schwierigkeit, Bistrots in der Innenstadt haben im Hinterhof zwar Ablageflächen, Müllcontainer, sie haben eventuell ein paar Gartentische und ein paar Pflanzen, was sie sicher nicht haben, ist ein Schweinestall – ich rede nicht von einem unaufgeräumten Areal – sie haben ebensowenig Hühnerställe und Ententeiche. Das einfache Verfüttern an Tiere ist also keine Option.

Das Logischste wäre sicher, den Brotkorb einfach dem nächsten Gast hinzustellen. Hier greift aber ein hyperstrenges Hygienegesetz, dass solche Kapriolen schlichtweg untersagt. Alles, was auf deinem Tisch steht, kann später auf keinem anderen Tisch stehen. Die Hygienegesetzgebung muss davon ausgehen, dass der und die Esser(in) mit Brot und anderen Beigaben die scheusslichsten Dinge anstellen. Selbstverständlich hat man sich die Pfoten NICHT gewaschen, da kleben nicht nur Viren und Bazillen dran, sondern auch noch Fäkalien und Nasenpopel, da hat man die Angewohnheit, Brötchen, Baguette und Toast abzuschlecken, sich das Zeug durch die Haare zu reiben und ähnliche Abstrusitäten. In meiner Jugend stand auf dem kariert betischtuchten Tisch ausser einer Menage mit Salz. Pfeffer und Maggi (oh, das eklige Maggi! Das wäre schon wieder einen Post wert…) ein Brotkorb mit abgepackten Scheiben. Hier galt die praktische Devise: Ausgepackt heisst Essen! Aber natürlich passt so ein Abpackbrotkorb nicht in das frankophile Ambiente eines Entres Nous.

Was also tun? Kommen Sie mir jetzt bitte nicht mit den Tafeln. Die Gratisküchen für Obdachlose könnten jeden Tag die Menge an Brot verteilen, die in Luxemburg verfrühstückt wird, Schätzungen gehen von 2 Tonnen pro Kopf aus. Was die Tafeln brauchen, sind Dinge wie Obst, Gemüse und Fleisch, schliesslich geht es um warme Mahlzeiten, und ein halber Teller Gemüsesuppe mit 17 Scheiben Baguette macht eben weniger Sinn wie zwei Teller Gemüsesuppe mit zwei Scheiben Brot. Viele Tafeln müssen daher Brotspenden schlicht und einfach zurückweisen.

So fliegt das Restaurantbrot auf den Müll und trifft sich dort mit dem Bäckereibrot wieder, da gibt es auf der Deponie ein Wiedersehen von dem Baguette, das im Entre Nous nicht gefuttert und dem Baguette, das in der Bäckerei Zobel nicht gekauft, ein Wiedersehen von den Brötchen, die in der Bäckerei Schmidt liegen blieben und denen, die im Jacques Bleu nicht verspeist wurden. Angesichts des Matschigkeitsstatus könnte man fast von feuchtfröhlichen Wiedersehen sprechen. In den Bäckereien bleibt nämlich abends eine noch viel grössere Menge liegen. Und auch die Citybäckereien haben keine Schweine, keine Hühner und Gänse und auch dort stellt sich das gleiche Brot-haben-die-Tafeln-genug-Problem. Warum wird um 19.00 tonnenweise entsorgt? Weil wir als Kunden um 18.25 das gesamte Sortiment erwarten. Eine perverse Einstellung. Wenn ich als Dessert unbedingt, diskussionslos und alternativlos Mohnschnecken will, warum kümmere ich mich nicht schon mittags darum? Wenn ich meinen Gästen zu den Antipasti ein Olivenbrot versprochen habe, warum bestelle ich es nicht? Wenn fünf vor halb Sieben noch das gesamte Sortiment in den Regalen sein muss, wird logischerweise 300 Sekunden später fast das ganze Sortiment entsorgt. Gut, es gibt das schöne Schild WARE VOM VORTAG. Aber wenn zu viel von der gekauft wird, geht die Rechnung auch nicht auf.
Würden sie eine Bäckerei, über der
HEUTE NUR WARE VON GESTERN UND VORGESTERN
prangt, betreten?
Sehen Sie.

Am Ende des Abends im Entre Nous mache ich etwas, was die Freundin meines Vaters immer macht, was ich bis jetzt für unendlich spiessig und bünzlihaft gehalten habe, was sich aber im Endeffekt als relativ saubere Lösung herausstellt:

Ich packe Baguette und Brötchen ein.

Und nehme sie nach Hause. 








Freitag, 22. September 2017

Ich bin stolz auf die deutschen Soldaten



Kann man auf die deutschen Soldaten der beiden Weltkriege stolz sein?
Diese Frage hat ja neulich der AfD-Mensch Gauland in den Raum gestellt und für sich klar mit «ja» beantwortet. Ich möchte diese Frage mir nun auch stellen und Ihnen meine Antwort mitteilen:

Ja, man kann.

Sie werden sicher jetzt sicher wundern, dass ich eine solche Aussage hier zu Papier bringe – ist das bei einem Blog eigentlich die richtige Formulierung, oder wie müsste man bei einem Blog dann sagen, vielleicht «zu Bites bringen» – habe ich mich doch bislang nicht gerade als Anhänger der AfD hingestellt. Sehen Sie, ich komme zwar auf die gleiche Antwort wie Gauleit.., sorry Gauland, aber vielleicht sind die Soldaten, auf die ich so stolz bin, andere als die, die unser Politiker in den Himmel hebt.

Ich bin stolz auf einen meiner Vorfahren – es gab ihn wirklich, Ehrenwort – der keinen Namen und keine Jahreszahlen für mich hat, da über ihn nur bei vorgehaltener Hand und nur im Flüsterton geredet wurde, er war der Aussenseiter, das Schwarze Schaf, er war der Schandfleck und der Ausrutscher, er war der die peinliche Ausnahme und der Skandal der Sippe. Während die meisten Urgrossonkel, Urgrossväter und Urvetter sich 1914-1918 an diversen Fronten täpferst geschlagen hatten, war dieser Mensch im WK I desertiert; er war vor der Fahne geflohen, er hatte die Sache Krieg auf sich beruhen lassen und war gegangen. Dieser eine Vorfahr hat mich als Pazifist und KDV immer am meisten interessiert, aber es war ja über ihn nichts zu erfahren.
Ihm möchte ich heute ein Denkmal setzen.
Ihm dem Untapferen, Unheldenhaften, ihm, dem Verfemten und Verachteten.

Urahn, wie immer du auch hiessest:
Ich bin stolz auf dich!

«Keine Gefangenen machen» heisst in der Militärsprache eigentlich «alle umbringen». Dass man diese Phrase auch einfach wörtlich nehmen kann, sprich Feinde schlicht und simpel NICHT gefangen nehmen, sie laufen, springen, sie ihres Weges und ihres Pfades ziehen lassen, dass man einfach kurz weggucken kann (nach dem Motto: War da was?) hat uns Böll vorgemacht, er berichtet in seinem Werk ein paar Male davon. Das war im Krieg – wir sind jetzt natürlich im WK II – gar nicht so ungefährlich, wenn es herauskam, dann war der Ärger vorprogrammiert.
Auf diesen jungen Rheinländer Heinrich bin ich auch stolz.

Stolz bin ich auch auf alle die, die sich unsinnigen und lebensbedrohlichen Einsätzen verweigert haben, die drakonische Strafen in Kauf nahmen, weil sie Kamikaze-Befehle und Selbstmordeinsätze, weil sie Himmelfahrtskommandos nicht machten. Wenn ein Oberst, Major oder Hauptmann eine kleine Avantgarde losschickte, um ein von Partisanen besetztes Dorf auszukundschaften, wenn ein Oberst, Major oder Hauptmann von der Idee befallen wurde, eine Artillerie mit ein paar Mann zu überrennen, dann gehörte ihm der Vogel gezeigt, aber es gab wenige Soldaten, die das auch machten.
Auch auf sie bin ich stolz.

Ich bin stolz auf die deutschen Soldaten, die im «Feind» den Menschen sahen.
Ich bin stolz auf die deutschen Soldaten, die lustlos fochten.
Ich bin stolz auf die deutschen Soldaten, die sich für einen Orden geschämt hätten.
Ich bin stolz auf die deutschen Soldaten, die feige waren.

Wann kommt endlich das Denkmal, das wir uns alle wünschen:

IN ERINNERUNG AN DIE DEUTSCHEN
DESERTEURE
FEIGLINGE
BEFEHLSVERWEIGERER
1914-1918    1939-1945

Im Übrigen bin ich natürlich auf alle englischen, amerikanischen, auf alle russischen und französischen, auf alle anderen Soldaten stolz, die unsoldatisch gehandelt haben.

Kann man auf die deutschen Soldaten der beiden Weltkriege stolz sein?
Diese Frage hat ja neulich der AfDler Gauleit…, sorry, Gauland in den Raum gestellt und für sich klar mit «ja» beantwortet.

Ich bin mit ihm völlig einig. Aber ich glaube, er hat nicht die Soldaten gemeint, die ich beschrieb. Ich glaube, er meinte wirklich die Tapferen, die bis zum letzten Blutstropfen fochten.

Deshalb: Hoffen wir, dass übermorgen eine solche Partei eins auf den Latz bekommt.