Donnerstag, 28. Februar 2013

Fernsehen im Fokus Klinischer Studien


Ich habe neulich meine Idee zur Traumscheidung erwähnt. Nun ist mir ein Sendeformat eingefallen, dass sich gut damit kombinieren lässt: Bachelor ugly – keine will ihn, eine kriegt ihn. Hier versuchen zehn junge Damen die Ehe mit einem Quasimodo zu vermeiden, die Siegerin (?) bekommt 1 Million, muss aber ein Jahr mit dem Glöckner verheiratet sein. Dann ist sie gesetzte Teilnehmerin an der Scheidungs-Show.  Dass ich mit solchen Spinnereien nicht allein bin, zeigen mir immer wieder Romane, in denen Gleiches gedacht wird:
Milena Moser lässt in Möchtegern einen SchreibStar-Wettbewerb stattfinden. Die Kandidaten werden von einer Kritikerin, einem Verleger und von Mosers Alter Ego Mimosa Mein zur Sau gemacht, so wie die Sänger von Herrn Bohlen.
Amelie Nothomb setzt dem Ganzen noch eins drauf, wenn in ihrem absolut zynischen Roman Reality Show Insassen eines TV-KZ jeden Abend von den Zuschauern in den Tod geschickt werden.
Also: Ständig neue, aufregende, grenzüberschreitende Formate und Ideen. Was ich aber jetzt erst erfahren habe, als ich anfing meine TV-Ideen aufzuschreiben, ist, dass ab 1.1.2014 jedes Sendekonzept einer klinischen Prüfung unterzogen wird. Und das wird so ablaufen:
LABOR
Bakterienkulturen werden den Sendungen ausgesetzt, wenn die Schnitte zu heftig, die Musik zu dröhnend, das Geflacker zu gross ist, sterben die Einzeller. Das Format kommt auf den Müll.
TIERVERSUCH
Was es bis dahin geschafft hat, wird Tieren vorgespielt. Nun stellt sich Frage: Wie viel Gute Zeiten – Schlechte Zeiten halten zehn Pferde aus? Wird bei NAVY CIS nicht der Hund in der Pfanne verrückt? Haben Elefanten ein genug dickes Fell für Wetten dass? Was die Tiere nicht erdulden wollen, wandert ebenfalls in die Abfalltonne.
PHASE 1
Nun werden gesunde, wirklich klinisch topfitte Leute mit den Sendungen konfrontiert, und zwar jeden Tag ein bisschen mehr: Montag 20x5 Minuten Kochshow, Dienstag 20x10Minuten, usw. Hier stellt sich heraus, dass viele Sendungen, wenn man sie wirklich jeden Tag über 20 Minuten guckt, schlicht und einfach gesundheitsgefährdend sind: Leberschäden, Herzrasen, depressive Schübe und vegegative Störungen sowohl bei Soaps als auch bei Sportmagazinen und Quizshows.
PHASE 2
Nun werden Sendungen mit einem Kamerabild verglichen, das an einem langweiligen Ort aufgenommen wird. Ist das Heute Journal informativer als die Videoaufzeichnung aus dem Tramdepot Morgartenring? Wahrscheinlich nicht. Ist Schlag den Raab lustiger als das Affengehege im Basler Zoo? Keineswegs.
PHASE 3
Grossversuch mit mehreren Millionen Menschen. Auch hier werden noch etliche Formate wegen Risiken gekippt werden.
Ich bin gespannt, wie Bachelor ugly und Traumscheidung in diesen Studien abschneiden werden. Sagen kann ich bis her nur: Meiner Katze gefallen die Ideen, ob sie die Sendungen vertragen wird, wird sich zeigen. Sie selber hat nur einen Wunsch ans Fernsehen: Mehr Garfield und weniger Lassie, es ist eben alles auch subjektiv.

Montag, 25. Februar 2013

Jubiläumscrasher und Wellenschwimmen

Fritz und Paul gehen in die gleiche Klasse. Fritz ist ein bisschen unscheinbar, klein, schüchtern, aber nicht unbeliebt. Paul ist gross, blond, muskulös, charmant und der absolute Sonnyboy. Fritz hat nun ein Problem: Paul hat am gleichen Tag Geburtstag wie er. Und während sicher alle Kinder zu ihm kommen würden, wenn es an einem anderen Tag wäre, gehen nun alle zu Paul. Und das absolut Schreckliche ist, dass sich diese Katastrophe jedes Jahr wiederholt, wie eine Endlosschleife, aus der es kein Entrinnen gibt.
Paul ist ein Jubiläumscrasher.
So nenne ich die Leute, die anderen die Feiern kaputtmachen. Mozart zerstört regelmässig seinem besten Freund Michael Haydn das Jubiläum. Und Verdi und Wagner rasieren nun eine ganze Batterie von Kollegen hinweg:
Britten
Hindemith
Poulenc ...
Gut, über Hindemith kann man streiten. Man kann schon streiten, ob ein Bratscher komponieren sollte (oder überhaupt darf). Knappertsbusch hat sich ja angeblich eine Hindemithpartitur mit den Worten Hindemith? - Her demit geben lassen und mit Weg demit! wieder zurückgereicht. Aber ein paar gute Sachen hat das pausbäckige Engelein ja doch hinterlassen. Vor allem die, die er nicht umgeschrieben hat, damit sie in seine Tonsatzlehre passen.
Aber die anderen beiden: Allererste Sahne.
Und nehmen Joseph und Riccardo den anderen einfach die Jubiläumsjahre weg, das geht doch nun wirklich so nicht!
Jubiläumscrasher.
Allerdings ist die Aufregung ein wenig verlogen. Wer wird eigentlich daran gehindert, 2013 statt Wagner und Verdi eben die anderen zu berücksichtigen? Niemand. Aber es ist eben so einfach, auf einer Welle mitzuschwimmen. Alle machen Nabucco, wir dann eben auch. Wenn Norddorf seinen Ring hat, muss Süddorf auch einen haben.
Ich habe früher viel gefastet. Regelmässig musste ich mir anhören, ich sei doch nicht katholisch und für einen guten Protestanten gehöre sich das nicht. Ich könne dann auch gleich noch zur Beichte und am besten konvertieren. Das ging so lange, bis einige Theologen auf das Lutherwort von der nützlichen und löblichen Zucht stiessen und 7 Wochen ohne propagierten. Jetzt fasteten auf einmal alle. Ich hörte sofort auf damit. Wenn es alle machen, und vor allem die, die vorher gelästert haben, macht es keinen Spass mehr.
Auf welcher Welle schwimmen Sie gerade mit? Auf der Zahl(zuviel)ando-Welle? Auf der Tofu-Welle? Auf der Whats-app-Welle? Auf der Entschleunigungs-Welle?
Man muss nicht alles und jedes mitmachen. Man kann auch auf eine Opernhomepage gross Garantiert Verdi- und Wagner-freie Zone schreiben.
Oder es so machen wie Fritz: Alle feiern ihren Geburtstag. Er feiert den Tag, an dem er zum ersten mal Auto gesagt hat. Und ist damit wieder überaus originell. Und seine Sag-Auto-Feten sind bei allen beliebt.

Donnerstag, 21. Februar 2013

Was macht ein Papst in Rente? VEHW

In Rom tagt zurzeit eine Taskforce in Dauersitzung. Sie hat die Aufgabe, zu klären, was ein ehemaliger Papst für Rechte und Pflichten hat, denn dieser Fall ist noch nie vorgekommen.
Bekommt ein Papst a.D. noch das gleiche Frühstück? Brioche und den Cappucino pontificale? Oder nur einen Espresso santo? Zieht der Kammerherr ihm den Ring vom Finger oder gibt  Ratzi ihn freiwillig her? Nochmals: Normalerweise ist der Pontifex tot und auf jeden Fall nicht in der Lage, irgendwelche Ringe irgendwem auszuhändigen. Darf der Papst i.R. am Konklave teilnehmen? Er bleibt ja Kardinal? Und: wie redet man einen ehemaligen Papst an? Und: Was macht er den ganzen Tag?
Ich liebe Joseph Kardinal Ratzinger, bald Pontifex Emeritus, dafür. Er, der so sehr auf die Einhaltung von Regeln und Ritualen pochte, stürzt jetzt die Kirche in eine Situation, für die es keine Regeln und Rituale gibt. Alles muss neu gedacht, improvisiert, spotan gedacht werden, und das ist sehr spannend.

Was macht aber nun ein Rentnerpapst? Für den normalen AHVler gibt es diverse Möglichkeiten, aber kommen die für Benedetto in Betracht?  Soll er in die Seniorenuni? Da wäre er - das Kompliment muss man ihm machen - einfach zu gebildet dafür. Gibt es Wandergruppen? Aquafit? Auch das, was Senioren üblicherweise die halbe Woche machen, fällt für den Expapst weg: Das Hüten von Enkelkindern.
Vielleicht bräuchte er eine Seniorenvereinigung.
Es gibt den Verein ehemaliger Novartismitarbeiter, den Verein der Postler in Pension, den Verein der Bahnrentner, es gibt die Ex-Rocheler, die Ex-Boschler, die Ex-Daimler, es gibt für alle Ehemaligen diverse Gruppen, aber es gibt keinen Verein für ehemalige Päpste, natürlich, normalerweise sind die ja tot, siehe oben.
Deshalb habe ich heute die die VEHW gegründet, die
VEREINIGUNG EHEMALIGER HOHER WÜRDENTRÄGER
Das wird lustig! Mitglied darf jede und jeder werden, der aus Alters- oder Gesundheitsgründen von einem hohen Staats-, Wirtschafts-, Verbands- oder Kirchenamt zurückgetreten ist. - Nein, Anette, du eben nicht, auch Gutti und Wulffi nicht, auch nicht irgendwelche gestürzte Diktatoren.
Das Konzept ist einfach: Jedes Mitglied bietet einmal im Jahr etwas Lustiges an. Der erste Event steht schon fest, ist aber noch ein Weilchen hin: Beatrix organisiert eine Teilnahme am Scheveninger Neujahrsschwimmen, am 1.1. stürzen sich die Holländer ja immer in die kalte Nordsee.
Nun, ob das Ratzi gut tut, wird sich zeigen, aber was nicht tötet, härtet ja ab.
Die Anreise zu den Terminen der VEHW wird selbst organisiert. Benedetto muss also fliegen oder Zug fahren, denn in diesem Punkt hat sich die Taskforce vor einigen Minuten geeinigt:
Das Papamobil steht dem Kardinal Joseph Ratzinger, seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI, seine Heiligkeit der ehemalige Pontifex (so die neue offizielle - leider sehr lange Anrede) nicht mehr zu.

Montag, 18. Februar 2013

Rücktritte - das Karussell

Sie haben sich sicher gewundert, dass ich noch nichts zu Benedetto geschrieben habe. Ich brauchte ein wenig Zeit, um zu recherchieren, was eigentlich geplant war (Eigentlich, weil nun doch einige Bosse nicht mitspielen.) Geplant war ein Karussell der besonderen Sorte, in das der Papst, Vasella, Beatrix und die Schavan verwickelt sind.
Das Ganze sollte so ablaufen:
Annette Schavan wird Königin der Niederlande. Ihre letzte Chance, noch irgendwo etwas zu werden, allerdings mit diversen Schwierigkeiten behaftet; Annette muss eine schriftliche und eine mündliche Prüfung in Nederlands ablegen. Bei der Klausur (Nooteboom ins Deutsche und Grass ins Holländische) wird sie permanent überwacht, dass sie kein Zettelchen unter ihrem Minirock oder ein paar Vokabeln an ihrer kalten Schulter angebracht hat. Beim Mündlichen kann sie eh nicht beschummeln. Allerdings muss sie hoch und heilig versprechen, keine, absolut keine Reformen im Niederländischen Schulsystem anzuregen, erstens darf sie das als konstitutionelle Monarchin sowieso nicht, und zweitens sind die Niederländer zufrieden mit ihren Schulen, Annette darf nichts ändern wie sie es nach dem Motto Anders ist besser gerne macht.
Beatrix wird Päpstin. Sie bringt alles mit, was das Amt braucht: Eloquenz, Intelligenz und Charme. Ausserdem ist sie übrigens schon die zweite Päpstin (?) und wird das URBI ET ORBI so sprechen, dass diesmal das Deutsch, Englisch und Niederländisch stimmt. Als Päpstin wird sie den Namen Johanna die Erste annehmen und das 3. Vatikanum einleiten.
Ratzinger wird Vorstandsvorsitzender von NOVARTIS. Jetzt kann er endlich das tun, was er noch nie konnte, nämlich Geld verdienen. Die katholische Kirche ist zwar steinreich, doch das meiste sind Kunstschätze und Immobilien, und ihre eigenen Mitarbeiter entlohnt sie schlecht. Hier kann Benedikt nun Geld scheffeln. Welche Qualifikationen er mitbringt? Natürlich keine, aber seit wann braucht man für ein Industriemandat irgendwelche Qualifikationen? Das Einzige, was Ratzi sich abgewöhnen muss, ist das Grosse Schuldbekenntnis (mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa). Denn ein Vorstandsvorsitzender macht keine Fehler.
Ja, und Danny wird deutscher Bildungsminister. Als solcher wird er das Schul- und Unisystem radikal reformieren: Nur das wird gelernt, was für die Wirtschaft notwendig ist, also Englisch, Technik und Naturwissenschaften, Informatik. Alles Nutzlose wie Kunst und Philosophie wird abgeschafft. Das Abitur wird nach 4 Jahren, der Master nach weiteren 3 Jahren erreicht.
So, das war geplant, ein Ringtausch der besonderen Sorte, leider machen nicht alle mit, sodass doch die üblichen Wege beschritten werden müssen: Erbfolge, Konklave, Kanzlerinnenentscheid. Wobei es auch reizvoll wäre, in Berlin eine Klausur zu veranstalten und dann weissen Rauch aufsteigen zu lassen: Habemus Ministram...

Donnerstag, 14. Februar 2013

Entsetzt euch! Entnetzt euch!

Ich habe vorgestern mal wieder 248 766 Mails gelöscht und dabei festgestellt, dass ich in VERDAMMT VIELEN NETZWERKEN bin.
Dabei bin ich nicht einmal bei Facebook...Aber ich bin in diversen Verbänden, dem der Basler Deutschlehrer, dem der Nordwestschweizer Überhauptlehrer und dem der Schweizer Sekundarlehrer. Ich bin in den Netzwerken für Kirchenmusik, Schulmusik, Klaviermusik und Chormusik. Ich tummele mich auf den Plattformen der Opernfreunde, der Schauspielfreunde, der Musicalhasser, der Klassikhörer und der Jazz-Nicht-Hörer. Ich bin Internetgruppen zur Rettung der Wale, zum Schutz des Mangobaumes und des Kalksteins. Ich bin in den Netzwerken der Bahnfahrer und der Zigarettenraucher.
Ich bin total vernetzt!
Und manchmal muss ich da an die schönen kirchentagsbewegten Achtziger denken, als wir uns Wollknäule zuwarfen und dabei sangen:
Wir knüpfen aufeinander zu
Wir knüpfen aneinander an
Wir knüpfen miteinander
Shalom, ein Friedensnetz...
Der kirchliche Karrikaturist Tiki Küstenmacher hat das einmal wunderbar persifliert, als er in einer Zeichnung einen Mann aufstehen und dem Theologen einen fetten Blumenstrauss entgegenstrecken liess: "Gratuliere, Sie sind der 50. Pfarrer, bei dem ich das Wir-knüpfen-ein-Netz-Spiel mache."
Und je vernetzter ich werde, um so mehr fühle ich mich als Knoten. Ja, richtig verwurschtelt und verknotet, und ich warte auf meinen Alexander, der den Knoten sprengen wird. Denn Knoten ist man nicht gerne.
Dass wir uns richtig verstehen: Ich habe nichts gegen Beziehungen, habe nichts gegen Austausch und nichts gegen Freundschaften. Gerade letztere sind unglaublich wichtig. Aber muss man alles vernetzen? Lassen Sie mich ein Beispiel geben.
Bodo und Wolli sind beides uralte Kumpels von mir. Mit beiden kann ich über alles reden, herrliche Abende verbringen und ein wenig in Erinnerungen schwelgen. Bodo ist promovierter Volkswirt, sitzt für die CDU im Landtag und propagiert MAINZ 21, die komplette Untertunnelung der Römerstadt. Er ist verheiratet und wohnt mit seiner entzückenden Frau und zwei Söhnen in einem Frankfurter Vorort, Reihenhaus mit Kiesauffahrt. Wolli ist ein Altpunk, der in Hamburg in einer - schon sehr versifften -  Altstadt-WG lebt und sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält, bis sein grosses Projekt, ein Spielfilm nach expressionistischer Lyrik, endlich funktioniert. Obwohl ich beide seit dreissig Jahren kenne, habe ich sie nie zusammengebracht, habe sie nie "vernetzt". Es wäre schon beim ersten Treffen zur absoluten Katastrophe gekommen. Und so bin ich für beide ein guter Freund - und kein Knoten.
Gestern erreichte mich eine Mail: Ein paar Leute wollen ein Netzwerk der FEINDE DES NETWORKINGS gründen. Scheint mir sinnvoll, aber doch ein wenig paradox...

Dienstag, 12. Februar 2013

Der gute Lehrer

Der Gute Lehrer springt morgens aus seinem Bett und freut sich. Er freut sich auf die 4F, die gerade so toll die Indirekte Rede kapieren, auf die 1B, die ganz wild aufs Französischschreiben ist und auf die 3D, mit der er englische Sketsche übt. Er freut sich auf Daniel, Noa und Timmy, er freut sich auf Janine und Lea, ja sogar auf Darinn, der - vorsichtig ausgedrückt - eine etwas anstrengende Phase durchmacht. Schnell trinkt der Gute Lehrer seinen Kaffee und hüpft geschwind unter die Dusche, denn er will ja nicht zu spät kommen, ja, er kommt nie zu spät, er ist sogar 10 Minuten vor Unterrichtsbeginn im Klassenzimmer, für Fragen und Sorgen seiner Schützlinge. Der Gute Lehrer packt seine perfekten Präparationen ein und verlässt das Haus. Seine Präps sind deshalb so grandios, weil er über eine immense Allgemeinbildung verfügt und einen IQ von 180 hat. Nebenbei ist er durch zahlreiche Fortbildungen immer didaktisch up-to-date, kann mit Gruppen- und Partnerarbeiten, Werkstätten, Binnendifferenzierung, Spielelementen, IT-Einsatz jonglieren wie mit Bällen. Der Gute Lehrer hat immer Ruhe im Klassenzimmer, denn er ist streng, dabei aber fair. Die Schülerinnen und Schüler lieben ihn, denn er ist nicht nur Fachlehrer, er kann Kuchen backen und Feuer machen, Gitarre spielen und Witze erzählen. Beim Fuss-, Hand-, Basket oder Volleyball macht ihm niemand etwas vor.
Der Gute Lehrer hat nur einen Nachteil:
Es gibt ihn nicht.
Oh, bitte, glauben Sie doch keinen Zeitungsartikeln (wie vor drei Wochen in der NZZ)! Der Journalist hat EINE Stunde bei diesem tollen Pädagogen gesehen. Ich hasse solche Schreiberei, denn sie macht die Eltern hier nur neidisch: "Warum hat mein Kind nicht diesen Guten Lehrer?"
Jeder Lehrer hat seine Stärken und Schwächen, jeder hat sein Gutes und seine Macke. Warum? Weil er ein Mensch ist, und Menschen sind halt so.
Ich glaube, die Misere hat darin ihren Ursprung, dass wir von einem Lehrer immer alles wollen. Und das war früher anders.
Ich wäre niemals auf die Idee gekommen, mit dem klassischen Philologen, der die gesamte Lateinische Literatur im Kopf hatte und mühelos jede Grammatikfinesse erklären konnte, dabei aber ein wenig altbacken und verschroben war, Fussball spielen zu gehen.
Ich wäre niemals auf die Idee gekommen, dem Klassenlehrer, der ein Superkumpel war und uns in spannende Ausflüge und Lager begleitete, vorzuwerfen, er habe nicht alle Englischvokabeln im Kopf. Es kam - und kommt - immer auf die Zusammensetzung des Teams, auf die Kombination an.
Inzwischen ist der Gute Lehrer in der Schule angekommen und hat seinen Unterricht begonnen, während seine Klasse an einem Schreibauftrag (Limericks, macht total Spass) arbeitet, sucht er das Prüfungsheft von Mrjasch (4E), das er ihm nachher zurückgeben will. Er sucht verzweifelt, denn er hat eine Schwäche: Er ist ein Riesenschlamper.
Siehste.

Freitag, 8. Februar 2013

Böcke als Gärtner

Den Bock zum Gärtner machen...
Eine Redensart, die durchaus negativ gemeint ist. Doch das ist verkehrt, denn es gibt kaum einen besseren Gärtner als einen Bock. Er weiss, was Ziegen und Geissen am liebsten fressen und was nicht, er kennt die Tricks der Tiere und wie man sich davor schützt, er kann als Insider den Garten optimal bewachen.
Das FBI hatte kaum jemals einen treffsichereren Mitarbeiter in der Betrugsabteilung als den Hochstapler und Scheckbetrüger Frank W. Abagnale, der statt in Sing Sing zu schmoren die Beamten beriet. (Wunderbar verfilmt in Catch me if you can mit DiCaprio und Hanks) Der gute Mann, der Millionen sich mit täuschend echten Barschecks erschwindelt hatte, roch förmlich ein falsches Dokument.
Und wenn ich König von Deutschland wär, würde ich mein Kabinett genauso aufbauen:
Fritz Dagobert Scheffler, CEO eines Grossunternehmens, der 3 000 000.- am Fiskus vorbei in die Schweiz, auf die Sechellen und nach Monaco geschleppt hat, wird Finanzminister. An ihm kommt kein Steuerhinterzieher vorbei, Fritz kennt alle Tricks.
Kalle "Eisenfaust" Brubbi hole ich aus der JVA Popelhausen, wo er im Hochsicherheitstrakt sitzt. Er kommt auf Bewährung raus und wird Justizminister. Sein Projekt wird eine grosse Reform des Strafvollzugs ("Besseres Essen - mittwochs nicht immer Kohlroulade")
Gesundheitsminister wird Prof. Dr. Dr. Gerhard Counst-Väler, Chefarzt am Kreisspital in Hibbenheim. Kaum jemand kennt die Probleme des Spitalwesens so wie er; er ist eines der grössten. 2007 setzte er eine Spenderniere als Leber ein, 2009 eine Leber als Lunge, mehrfach amputierte er das falsche Bein und regelmässig lässt er sein Operationsbesteck im Patienten liegen.
Den Verkehrsminister kenne ich noch nicht mit Namen, aber es wird ein notorischer Stubenhocker, der als erste Parole Wir bleiben jetzt zuhause ausgibt.
Ja, und Aussenminister? Pjotr Denissow, der sich bis 2012 Fred Müller nannte, da wurde er als hochkarätiger Spion der Russen enttarnt. Zu ihm wird man im Ausland Vertrauen haben. Zumindest Ich-habe-keinen-Humor-aber-Gerard-Putin, und der ist ja wichtig.
Böcke sind die besten Gärtner, da beisst keine Ziege einen Grashalm ab.
Und als Bildungsministerin nehme ich eine, die die Misere der deutschen Erziehungs- und Wissenschaftseinrichtungen kennt, die weiss, wo mangelnde Kontrolle herrscht, weiss, wo geschlampt wird, weiss, wo Regeln und Ordnungen zu schwammig sind.
Oh... die habe ich ja schon. Anette darf bleiben.

Als Eilmeldung erreicht uns noch gerade, dass der Hessische Integrationsminister sich nicht klar ist, ob unsere Gesellschaft schon einen asiatisch aussehenden Vizekanzler ertrüge. Auch er passt als Oberbock wunderbar in mein Kabinett.

Dienstag, 5. Februar 2013

Immer zu alt oder jung

Ich hatte neulich endlich meinen Traumberuf gefunden: Flugbegleiter. Ich war so begeistert davon, dass ich regelmässig in meinem Wohnzimmer stand und das Stewardessenballett übte:
The plane has 6 emergency exits.
2 in the front - Arme gestreckt nach vorne
2 in the middle - Arme zur Seite
2 in the rear - Arme gestreckt nach hinten
Als ich nun mich bei SWISS, KLM und easy jet erkundigte, meine Vorzüge pries, mehrere Fremdsprachen, Charme, Belastbarkeit, Freundlichkeit, ganz zu schweigen von meinem blendenden Aussehen, meiner Adonisstatur und meiner Alabasterhaut (Lacht da jemand?), bekam ich die vernichtende Auskunft: Zu alt.
Zu alt, auf einmal ist man zu alt. Ich bin übrigens nicht nur für die KLM und die SWISS, ich bin für alle Berufe, die mich interessieren, zu alt: Steward, Geheimagent, Soldat, Trapezkünstler, Model, Entertainer, Callboy, Tennisprofi, Fussballspieler. Daraufhin habe ich einen AHV-Antrag gestellt. Jetzt war ich zu jung, um in Rente zu gehen...
Man ist irgendwie immer im falschen Alter. Man war zu alt für Bambi und zu jung für den Exorzisten. Man war zu jung für Wodka, später war man zu alt, um sich die Nächte um die Ohren zu saufen. Man ist zu alt für Interrail, aber man bekommt noch kein Seniorenticket. Man darf sich, wenn man wenig Hunger hat, keinen Kinderteller mehr bestellen, aber für eine Seniorenportion ist man dann auch zu jung.
Wenn ich ins Schwimmbad gehe, sind immer zwei Bahnen abgeteilt, eine für die Hamplerinnen und Stramplerinnen (nennt sich, glaube ich, Aquafit) und eine für die zwanzigjährigen kraulenden Muskelprotze, die mich einfach wegpflügen würden. Für das eine bin ich zu jung und für das andere zu alt. Also muss ich in das Allgemeinbecken.
Ach ja, und Urlaub: Für das langersehnte Trecking durch die Wüste Gobi bin ich inzwischen zu alt. Und für den Kurlaub mit Thermalwasser in Bad Stümpen bin ich nun wirklich zu jung.
Wieso ist der Mensch immer im falschen Alter?
Ist er natürlich nicht, man fühlt sich im falschen Alter, für die meisten Dinge hat man genau das richtige. Dass es uns aber manchmal anders vorkommt hat zwei Gründe:
Ungeduld und Eitelkeit.
Wenn ich lese, dass Senioren in die Klimtkitsch-Ausstellung umsonst hineinkommen, will ich diese Vergünstigung auch, und ich will sie JETZT. Wenn es irgendwas billiger für Greise gibt, will ich auf einmal 90 sein.
Ich habe nie vorgehabt, meinen Körper zu verkaufen, aber es verletzt meine Eitelkeit, dass auch niemand mehr für eine Nacht mit meinem Körper etwas zahlen würde. Ich habe den Wehrdienst verweigert und wollte nie in ein Krisengebiet, aber es kränkt mich trotzdem, dass mich keine Armee der Welt in ein solches mehr schicken würde.
Der Mensch ist ein komisches Wesen.
Ich übe das Saftschubsenballett übrigens dennoch weiter, vielleicht gibt es einmal eine Rentnerfluglinie mit Rentnerpersonal, für die ich jetzt...
noch zu jung bin.

Freitag, 1. Februar 2013

St.Martins-Prinzip

Ich habe jetzt das Geheimnis von Steinbrück herausgefunden.
Wenn man sich die ganzen Peinlichkeiten, Fettnäpfe, ja Fettwannen, ja Fettbassins anschaut, wenn man sich seine verbalen Entgleisungen ansieht - wobei Entgleisung ja bedeutet, dass einer von einer Spur abkommt, Steinbrück fährt seit Monaten übers freie Feld, Hasen und Hirsche ummähend - wenn man die vielen unbedachten, unüberlegten, unausgegorenen Redeschwälle und Wortkotzereien anhört, muss man zu dem Schluss kommen:
Peer will eigentlich gar nicht Kanzler werden, er kann es nicht wollen, sonst würde er doch nicht so viel Mist bauen. Den hat die Partei oder Mami gezwungen. Der möchte eigentlich lieber irgendwo sitzen, Wein trinken und eine gutes oder auch schlechtes Buch lesen (Wahrscheinlich liest er Gabi Hauptmann)
Ja, liebe Leser, und das, das, genau das macht ihn wieder wählbar.
Wir lieben nämlich Menschen, die ein Amt nicht wollen und setzen sie in das Amt.
Ich nenne das das St.Martins-Prinzip.
Der heilige Martinus wollte nicht Bischof werden und versteckte sich. Dummerweise verrieten in die Gänse und er wurde gefunden. Deshalb werden sie auch jedes Jahr am Martinstag bestraft und gegessen, eine köstliche Strafe, allerdings nicht für die Federtiere. Was ich mich aber immer mehr frage, ist: Wieso versteckt sich der gute Martin zwischen Vögeln, von denen man doch weiss, dass sie nicht ruhig sein können? Weshalb verbirgt er sich nicht im Lesesaal einer Bibliothek oder in einem Postamt? Weshalb nicht in der Badewanne? Insgeheim wollte er gefunden werden.
Adrian Plass lässt den Sohn Gerald im Tagebuch eines frommen Chaoten sagen, dass er eigentlich nicht auf Ruhm und Geld aus sei, aber wenn Gott ihn und seine Rockband Bad News for the Devil - die sein Vater wegen ihrer Qualität als Good News for... bezeichnet - in eine internationale Karriere führen wolle, er bereit sei, er werde dann auch Tausende von Pfund und Titelseitenfotos in Kauf nehmen.
Das Prinzip lässt sich auch nachträglich anwenden. Wie viele CEOs, Präsidenten und Filmschauspieler wollten eigentlich gar nicht, aber man hat sie halt so gedrängt...
Und dann ist das ich will doch gar nicht auch der beste Wahlkampf.
Steinbrück hat nun das St.Martins-Prinzip zu einer neuen Dimension geführt:
Der Politiker sagt nicht offen, dass er gar nicht will, er benimmt sich so, dass man denkt, jemand der so viel Scheiss baut, kann ja gar nicht wollen, und damit werden ihn alle wählen.
Aber, lieber Peer, wir sind dir auf die Schliche gekommen. Du hast keine Chance.
Du hast eh keine Chance, denn im Herbst gibt es Schwarz-Grün. Das funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip: Wenn Merkel sagt: "Grün ist keine Option" und Roth sagt: "Eine Koalition mit der CDU kommt nicht in Betracht", heisst das, man denkt intensiv drüber nach. (Würde zur Zeit auch satt klappen: schwarzgelb 40%, rotgrün 40%, schwarzgrün 55%)
Also, werter Herr Steinbrück, wie wäre es mit ein paar sinnvollen Äusserungen, nicht wegen Kanzler oder so, wirst du sowieso nicht, aber einfach um dich in guter Erinnerung zu behalten.
Zwei Vorschläge:
Wir wollen mehr Demokratie wagen.
Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen.
Sagen nichts aus, kamen aber gut an.
Diskutiere das mal mit deinen PR-Beratern.
Obwohl, angesichts der letzten Wochen solltest du deine PR-Berater, glaube ich ziemlich brutal massakrieren und neue anheuern.
Ich bin übrigens gerade zu haben.