Dienstag, 30. April 2019

Sex-Special (6 und letztes): Man darf auch normal sein!


Hans und Marga leben ein normales Leben, das, was man so als normales Leben empfindet. Hans ist Architekt, Marga Ärztin, sie haben gute Stellen und ein solides Einkommen, vor drei Jahren haben sie sich ein kleines Reihenhaus am Stadtrand gekauft, das sie mit viel Liebe und Geschmack eingerichtet haben. Am Haus hat es ein kleines Gärtchen, in dem sie Bohnen und Tomaten ziehen und viele bunte Blumen blühen lassen. Hans und Marga fahren zwei Mal im Jahr in die Ferien, meistens einmal in die Alpen und einmal auf irgendeine Insel am Meer, Abenteuerferien im Dschungel brauchen sie nicht. Die beiden lesen sehr gerne und haben ein Abo für das Städtische Theater, sie gehen in die Ausstellungen des Kunstvereins und gelegentlich ins Kino; beide treiben in Massen Sport, Hans geht zweimal die Woche ins Hallenbad und Marga zweimal die Woche laufen.

Ein normales Leben also, und die beiden finden das auch ganz in Ordnung. Was immer mehr zum Problem wird, ist ihr Sexleben, das genauso normal wie ihr anderes Leben ist. Und zwar nicht zum Problem für die beiden – der Himmel bewahre! – sondern weil die Ansprüche, die die Gesellschaft an unsere Bettkultur stellt, so immens hoch sind. Gerade bei einem so gewöhnlichen Aussenleben erwartet man doch, dass im Schlafzimmer die Post in alle Richtungen abgeht. Und genau das können die beiden nicht bieten: Hans und Marga tun es ein- bis zweimal die Woche, immer im Bett und immer in Missionarsstellung, dabei kommen meistens beide und sie haben Spass und Lust dabei. Aber darum geht es ja nicht, es geht darum, dass man so normal einfach nicht sein darf.

Nicht, dass die zwei nicht alles probiert hätten, das haben sie!
Sie haben sich das Kamasutra gekauft und fleissig geübt, aber nach mehreren Verdrehungen, Zerrungen und Quetschungen, nach Schmerzen und blauen Flecken haben sie dies wieder aufgegeben und beschlossen, dass der Schlangenmensch-Sex nichts für sie ist. Genauso ging es ihnen mit ungewöhnlichen Orten wie Küchenboden oder Schreibtisch, wie Badewanne oder Geräteschuppen, richtig gefährlich wurde es, als Hans eine Schaufel auf den Kopf flog.

Hans und Marga haben Fesselspiele und leichtes Schlagen probiert.
Und keinen Gefallen daran gefunden.
Sie haben schwule und lesbische Erfahrungen gemacht.
Und keinen Gefallen daran gefunden.
Sie haben Swingerclubs und Fetischbars besucht.
Und keinen Gefallen daran gefunden.
Es ist einfach zum Verzweifeln, aber das einzige, was ihnen beiden Spass macht, ist das, was schon ihre Eltern und ihre Grosseltern und ihre Urgrosseltern taten, langweilig und öde und völlig normal.

Seit einiger Zeit sind die beiden nun bei einem Sex- und Paartherapeuten, der sich alle Mühe gibt, Hans und Marga auf einen neuen, einen spannenden, auf einen ausgefallenen, extrovertierten, auf einen unnormalen und witzigen Weg zu bringen. Aber auch Dr. Blumsteder, so sein Name, wird irgendwann mit seinem Latein am Ende sein. Was soll man auch mit einem Paar machen, das seinen Fragebogen so ausfüllt:


Hans
Marga
Mit wem hatten Sie Ihren besten Sex?
Marga
Hans
Ihre schönste sexuelle Phantasie?
mit Marga im Bett
mit Hans im Bett
Was müsste am Partner/an der Partnerin anders sein?
nichts
nichts
An wen denken Sie beim masturbieren?
Marga
Hans

Nun sind die zwei aber auf ein Buch gestossen, das sicher zum Renner werden wird:

Dr. Gernold Schleiber / Dr. Myrtha Köbler:
RÜCKKEHR AUS EROTIKON – Warum wir ganz normal sein können
Verlag Foppler & Guppler, Zürich   
160 Seiten, gebunden – Sfr 25.- / 22.-
ISBN 786-8-432-76543-9

In diesem grandiosen Ratgeber schreiben der Arzt und die Psychologin eine klare und wissenschaftlich fundierte Streitschrift für ein Erlauben der sexuellen Gewöhnlichkeit.
«Sie müssen sich keine sexuellen Phantasien zulegen, wenn Sie keine haben. Und Sie müssen erst recht keine ausleben, wenn Sie keine haben. Sie dürfen es wo Sie wollen tun, wann Sie wollen tun, wie Sie wollen tun, also auch nachts im Bett in der Missionarsstellung.»

Und mit dieser Erkenntnis verabschieden wir uns vom Thema Sex.





Freitag, 26. April 2019

Sex-Special (5): Die faire Lösung


Bert (25) hat endlich eine Wohnung gefunden – in der beliebten Studentenstadt kein leichtes Unterfangen. Er kann bei Robert (72) die Einliegerwohnung haben, und zwar ohne Miete, dafür «hilft er ein wenig in Haus und Garten». Nach einigen Monaten stellen aber komischerweise beide fest, dass das Arrangement für sie unbefriedigend ist; Bert hat das Gefühl etliche hundert Stunden Holz gehackt, Rasen gemäht, Wände gestrichen und Dachrinnen gereinigt zu haben, da mussten die Fenster geputzt, die Blumen gegossen und der Boden gewischt werden, er hat den Hund Gassi geführt und den Abwasch gemacht.
Robert hat aber umgekehrt das Gefühl, der Nichtsnutz habe für die schöne 40qm-Bude «absolut nix, aber auch gar nix getan.»

Lore (50) pflegt ihre Grosstante Hannelore (89), dafür bekommt sie einmal das «ganze Erbe». Auch diese eine Sache, die auf beiden Seiten nur Frust erzeugt und irgendwann einmal im Desaster enden wird. Schon als neulich die alte Frau ein neues Bett wollte, schwelten dunkle Wolken in der Wohnung, hing der Haussegen schief, Lore sah nicht ein, dass das Sparbuch, das ja schliesslich mal ihres werden sollte, wofür wusch und cremte, badete und frisierte sie die Verwandte, das jenes Sparbuch um 25’000.- geschmälert werden sollte, Hannelore fand, dass das Bett, in dem sie dann einmal sterben sollte, kein altes und vergammeltes, sondern ein bequemes und schönes sein sollte und dass ja immerhin noch 440'000.- auf der Bank blieben.

Lex (19) ist bei seinem Partner Alexander (53) eingezogen, wenn man bei einem solchen Altersunterschied überhaupt von Partnerschaft reden kann. Lex hat ein schönes Zimmer mit Licht und Aussicht, teure Klamotten werden angeschafft und Schmuck wird gekauft, man geht immer wieder schick essen und auch Ferien auf Gomera oder eine Woche Skifahren in St. Moritz liegt drin. Dennoch ist Lex nicht zufrieden, weil Alexander das natürlich nicht nur aus purer Nächstenliebe tut, er ist weder Mutter Theresa noch St. Martin, er möchte natürlich mit seinem jungen Lover möglichst viel Spass haben; und so kommt es auch hier zu Unstimmigkeiten und Dissonanzen, weil man sich über die Häufigkeit nicht einigen kann (Lex: «Viermal pro Tag ist einfach zu viel, selbst wenn ich wieder mal eine Hugo Boss-Jacke bekommen habe.» Alexander: «Ich behänge den mit Juwelen und dann will er drei Tage nicht.»)

In allen drei Fällen wären professionelle Lösungen angesagt.
Robert müsste für Haushalt und Garten jemanden anstellen, der korrekt abrechnet, Bert müsste Miete zahlen, könnte aber in der gewonnenen Zeit einem Job nachgehen, der auch wiederum korrekt bezahlt wäre.
Hannelore müsste von einem Pflegedienst gepflegt werden, damit Lore das, was sie ihrer Tante gerne Gutes tun möchte, aus freien Stücken tun könnte. Natürlich würde es das Erbe schmälern, aber auch Lore könnte ja die gewonnenen 20 Stunden für einen bezahlten Job nutzen (sie ist Pflegefachkraft.)
Und Alexander sollte…

«Nein!», schreien Sie auf.
Das kann er jetzt nicht schreiben.

Und dennoch schreibe ich es: Für Alexander wäre ein Callboy die richtige Lösung. Lex ist ja eigentlich eh schon so was Ähnliches, aber eben mit völlig unklaren Bedingungen. Es wäre ehrlicher und fairer, es wäre sauberer und anständiger, jemand für die Dienste korrekt zu bezahlen.
Sie holen Luft?
Ich weiss, mit welchen Argumenten Sie nun kommen werden. Mit den osteuropäischen Mädchen z.B., die mit falschen Angaben zu uns gelockt und dann in den Zwangsdienst geschickt werden, die ein Leben führen, das nur von Schrecken und Demütigung geprägt wird. Aber bei der Haus- und der Pflegearbeit kommen Sie ja auch nicht mit dem Argument, dass das irgendwo auf der Welt von Arbeitssklaven ausgeführt wird. Es gibt hier einen riesigen Unterschied: Auf der einen Seite die Zwangsprostitution ohne Rechte und wahre Existenz, auf der anderen Seite emanzipierte Menschen, die für gesetzliche Regelungen und soziale Absicherungen kämpfen.
Ich weiss auch, dass etliche Prominente von Strichern getötet wurden, es ist sicher nicht die beste Methode, sich die Leute auf der Strasse aufzulesen, die wahrscheinlich noch drogensüchtig sind, einen erwürgen und dann einem die Bude ausräumen.

Wenn Alexander aber einfach ein paar Mal pro Woche zu Billy (23) gehen würde, der in der Mutzengasse ein Studio gemietet hat, dann wäre das eine reelle und korrekte Lösung.   
 














Dienstag, 23. April 2019

Sex-Special (4): Wie heisst das männliche Pendent zu Domina?


Eine Schülerin fragte mich tatsächlich, was die männliche Form von Domina sei, «Dominus» oder «Domino» oder ein ganz anderer Name? Ich musste ein wenig grübeln, kam aber dann auf die Antwort, dass es so etwas nicht gebe. Natürlich tauchte jetzt die Frage auf, warum dem so sei. Ich gab eine leicht sarkastische Antwort: «Die meisten Frauen müssen nicht extra jemand bestellen und dafür zahlen, dass sie geschlagen werden, das bekommen sie zuhause gratis.»

Das ist so natürlich falsch, die Mehrzahl der Frauen im Land werden von ihren Ehemännern nicht verprügelt und das ist auch gut so. (Vor 100 Jahren war das wahrscheinlich anders.)

Aber ein Körnchen Wahrheit steckt in meiner Antwort doch. Die Domina-Kultur mit Lederdress und Netzstrümpfen, mit Gerte und Klatsche und Peitsche, das Domina-Gehabe mit «Warst du ein böser Bube?» und «Soll ich dich bestrafen?» entsteht aus dem Wunsch der Freier nach Kontrollverlust und Wehrlosigkeit. Es sind also Männer, die es bis zum Umfallen geniessen auch einmal die Schwachen zu sein, also Kerle, die sich sonst stark und mächtig fühlen. Niemals würde ein Mann, der stets das Opfer, der Schwache, der immer der Geplagte und Gemobbte ist, sich eine Domina bestellen.

Und hier sind wir beim Punkt: Es hat noch zu wenig Frauen, die in wirklichen Machtpositionen sind, die die Kontrolle haben, die stark und einflussreich sind, dass sich eine Dominus/Domino/anderer Name-Kultur wirklich lohnen würde. Und bei den mächtigen Frauen der Welt kann ich es mir beim besten Willen nicht vorstellen. Imaginieren Sie einmal Mutti mit einem jungen, muskulösen Adonis im Lederoutfit, der der Bundeskanzlerin mit einer Klatsche auf den nackten Hintern haut. Geht nicht.
Ich kann mir auch weder die AKK noch die Frau Nahles, ich kann mir weder Frau von der Leyen noch Frau Amherd hier ausmalen. Auch bei gekrönten Häuptern versagt meine Phantasie. Stellen sich mal vor die Queen, die bekäme mit ihren über 90 doch beim ersten Hieb einen Herzinfarkt.

Die einzige, wo meine Phantasie funktioniert, ist Theresa May. Komischerweise, denn die gute Frau hat ja nun genügend Kontrollverlust und Machtlosigkeit erlebt. Aber vielleicht sind ja die Brüssel-Gespräche für die nette Lady so etwas wie für andere der Besuch im SM-Studio, jedes NEIN von Juncker jagt ihr eine sexuelle Lust durch den Körper:
«We could…» «No!» «Aaaaaaaaaaaaa!»
«We should…» «No!» «Aaaaaaaaaaaa!»
«We would…» «No!» «Aaaaaaaaaaa!”

Eventuell noch die Wagenknecht, nun ja warum nicht, das ginge in meine Phantasie hinein.

Nein, es gibt den Beruf des Dominus/Domino/anderer Name nicht, weil Kontrolle und Macht immer noch zu sehr in Männerhand sind und es zu wenig Frauen gibt, die das geile Gefühl eines Macht- und Kontrollverlustes schätzen würden, da beisst keine Maus keinen Faden ab. Solange nicht 50% der DAX-Unternehmen, 50% der Verlage und 50% der Firmen, die Hälfte der Kommunen, der Gerichte und Kanzleien, solange nicht die Hälfte der Behörden und Ämter, 50% der Hotels und Restaurants von Frauen geleitet werden, haben Magister keine Chance.

So.
Jetzt haben wir dem Guten mal einen Namen gegeben.

Denn Sie werden mit Recht und Fug und Fug und Recht sagen, es gebe doch die Begriffe Master und Slave, aber das ist etwas ganz anderes. Die Master&Slave-Spiele sind Spiele meist unter Gleichgesinnten und Gleichaltrigen, die in SM-Studios stattfinden und haben mit der Domina, die man sich nach Hause bestellt, nichts zu tun.
So übersetzen wir den Begriff Master zurück in seinen Ursprung und erhalten den Job des Magisters. Der Magister ist jung, knackig, er ist muskulös und enthaart, er ist ein in Leder und Gummi gehüllter Brutalo-Schönling, der Frauen mit Peitsche und Klatsche, mit Gerte und Wedel traktiert und ihnen einen wunderbaren Kontrollverlust beschert.
Und die bald zu gründende Magister-Bundesvereinigung wird sich vehement für die Einrichtung und Beibehaltung einer Frauenquote einsetzen.

Denn – so paradox das für manchen klingt – sie brauchen taffe, starke Frauen.