Dienstag, 30. Juli 2019

Die Herzigkeit der unbeholfenen Lügner


Auf dem neuen hellen Sofa sind hässliche rote Flecken, rote Flecken, die sich bei genauerem Hinsehen klar als Erdbeermarmelade identifizieren lassen. Dazu passt, dass in der Küche ein Teller und ein Messer in der Spüle liegen, für die Mutter ist der Fall klar: Michi (7) hat sich ein Brot gemacht und dann mit dem Sofa nicht aufgepasst. Dieser allerdings streitet ab, er wisse nicht, wie die hässlichen roten Flecken auf das helle Sofa kommen, er habe sich KEIN Marmeladenbrot gemacht und er habe auch keinen blassen Schimmer, wie das Messer und der Teller in die Spüle gekommen seien.
Es hat etwas Rührendes, es hat etwas Herziges, etwas Niedliches und Liebes, wenn Kinder so unbeholfen lügen, fast möchte man sie in den Arm nehmen und ihnen sagen, dass alles nicht schlimm sei und auch keine Strafe warte, sie mögen nur bitte, bitte, bitte, bitte ehrlich sein…

Es hat auch etwas Rührendes, es hat etwas Herziges, etwas Niedliches und Liebes, wenn das 25jährige Model, das letztes Jahr für Gucci und Chanel lief und dieses Jahr als Victoria’s Angel im Gespräch ist und das vor drei Monaten einen 83jährigen Mann geheiratet hat, beteuert, es sei ihre grosse Liebe, Liebe auf den ersten Blick, die Big Romance ihres Lebens und es spiele keine, absolut gar keine, überhaupt keine Rolle, dass der 83jährige Häuser in New York, Cannes, St. Moritz und Sidney besitzt und seine Konten am Überquellen sind (geschätzte 7,4 Milliarden). Fast möchte man das Model in den Arm nehmen und ihm sagen, dass alles nicht schlimm sei und auch keine Strafe warte, sie mögen nur bitte, bitte, bitte, bitte ehrlich sein…

Die gleiche Rührung, die gleiche Niedlichkeit, der gleiche Liebreiz und Charme umweht den Gewinner eines Radrennens, der nicht nur 5 Minuten und 34 Sekunden schneller war als der Vorjahressieger und damit auch den Tour-Rekord gebrochen hat, nein, der auch auf jeder Etappe das Trikot des Vortagessieger trug und nun klar sagt, dass a) Doping eine Schweinerei sei, b) er noch nie gedopt habe und dass er c) die 5 Minuten und 34 Sekunden, den Rekord und das Ständig-Trikot-Tragen ohne irgendeine chemische Hilfe erreicht hat. Auch ihn möchte man knuddeln, herzen und küssen, so unbeholfen und goldig ist seine Schwindelei.

Und in diese Gruppe der Goldigen Lügner, der Rührendschwindler, in die Gruppe der herzigen Betrüger und die niedlichen Abstreiter gehört auch AKK. Das Interview mit Claus Kleber kurz nach ihrer Ernennung gehört zum Lustigsten, was man in letzten Wochen im Fernsehen anschauen konnte. Kleber fragte nach, warum AKK, nachdem sie bei der Übernahme des CDU-Präsidiums klar und deutsch und deutlich gesagt hatte, dieses Amt habe absolute Priorität und sei nicht mit einem Ministeramt vereinbar, nun doch ins Kabinett wolle und AKK antwortete, dass es eine Aufwertung des Ministeriums sei, wenn die Vorsitzende selber hier Hand anlege. Sie wiederholte diesen Begriff Aufwertung, als der Topjournalist nachhakte und 3-5 Personen präsentierte, die durch ihren Background viel geeigneter gewesen seien. Nun liess Kleber aber nicht locker und stiess zur Frage vor, ob das VM nicht nur eine Trittleiter zum Kanzleramt sei. Darauf betonte AKK, wie sehr ihr die Truppe am Herzen läge und wie wichtig die Bundeswehr für sie sei. Und sie sagte noch ein paar Male
Aufwertung
Aufwertung
Aufwertung

Gespannt wartete man nun auf ihre ersten Auftritte, zum Beispiel bei der Vereidigung. Auch hier hatte es etwas Rührendes, es hat etwas Herziges, etwas Niedliches und Liebes, wie sie betonte, wie wichtig das alles für sie sei. Man hatte den Eindruck, dass schon die kleine Annegret mit Panzern und Soldaten spielte, dass sie Abziehbilder von Armeehelden sammelte, dass sie schon mit 8 Jahren verkündet habe, sie wolle Verteidigungsministerin werden. Ja man hatte den Eindruck, dass hier eine Frau am Ziel ihrer Wünsche, am Ende der langen Reise, auf dem Olymp der Politik angekommen sei und nie, nie, nie mehr wegwolle.

Man möchte sie umarmen, die kleine Annegret. Umarmen wie den kleinen Michi mit den Marmeladeflecken, wie das (aus Liebe!) mit dem Greis verheiratete Model, umarmen wie den nicht gedopten Velofahrer, umarmen, knuddeln, knuddeln, knuddeln und ihr sagen:
«Alles nicht so schlimm, du bekommst keine Strafe, keinen Liebesentzug, keinen Hausarrest, aber bitte nicht mehr lügen. Es wird alles wieder gut.»

Aber vielleicht ist Kleber – den ich extrem schätze!!! – doch noch eine Kategorie zu weit unten. Wir alle erinnern uns, wie Lance Armstrong bei Oprah Winfrey zusammenbrach und seine Dopingsünden gestand. Und genauso würde AKK bei Oprah zusammenbrechen und unter Tränen gestehen: «Ich…will…einfach…Kanzlerin…werden…mit…allen…Mitteln…buhuhuhuhuhuh…»



Freitag, 26. Juli 2019

Der Mond


Mit vier Jahren zerrte man mich aus meinem Bett und setzte mich auf das Sofa vom Ehepaar Bolay. Tante und Onkel Bolay (wie ich sie nannte) besassen den einzigen Fernseher im Haus und man war der Meinung, in diesem Gerät erschiene etwas, was der kleine Rolf nicht verpassen dürfte. Ich starrte die ganze Zeit in das schwarzweisse Geflimmer und weinte, weinte, weil ich müde war, weil ich zurück ins Bett wollte, weinte, weil ich den Sinn dieser Aktion nicht verstand.

Erst Jahre später wurde mir klar, dass ich die Mondlandung geguckt hatte und dass wahrscheinlich die berühmten Schritte von Armstrong eine der ersten realen Erinnerungen sind, die ich habe – alle anderen, die aus den ersten Lebensjahren, sind ja keine echten. Inzwischen weine ich nicht mehr, wenn ich mir die berühmten Bilder ansehe, ich bin 54, da weint man bei anderen Sachen, ich weine nicht mehr, aber den Sinn der Aktion habe ich auch nach 50 Jahren noch nicht verstanden.

Oh, bitte! Kommen Sie mir nicht mit dem Teflon® und dem Kugelschreiber und so Sachen, mit allen den Dingen, die wir der Weltraumfahrt verdanken! Man hätte das Teflon® auch erfinden können, ohne Milliarden für eine Reise zum Erdtrabanten auszugeben; das wäre ja wie wenn jemand sich ein Ticket für die Eröffnungspremiere auf dem Grünen Hügel besorgt, damit er endlich mal zum Friseur geht und sich eine neue Hose kauft, einen Termin bei Coiffure Giacomo® kann er auch ohne Wagner machen und Hosen hat es in der Stadt genug, da muss man nicht zu Tannhäuser. Das wäre genauso, wie wenn jemand eine Reise nach Usbekistan bucht, damit er endlich seinen Pass verlängert oder wie wenn jemand den Umzugswagen bestellt, weil er sonst die Fenster putzen müsste.
Ich habe den Sinn der Mondladung nie verstanden und ich werde ihn auch nie verstehen. Ich weine nicht mehr, nein, das Flennen hat aufgehört, aber ich stehe der Aktion genauso ratlos, genauso baff, stehe ihr genauso skeptisch und zögernd gegenüber wie 1969.

Das Groteske ist, dass ja auf einmal wieder über Flüge zum Mond geredet wird, und die beiden alten Konkurrenten haben Konkurrenz bekommen: Nicht nur die USA und die Russkis wollen zu Frau Luna, nein auch Indien und (natürlich! natürlich! natürlich!) China. Habe ich jemand vergessen? Übersehen? Oder sind die Weltraumprogramme von Korea, Iran und Irak noch im Geheimen? Warum plant man eigentlich nicht ein gemeinsames Programm, wenn man schon den verrückten Gedanken einer erneuten Mondlandung pflegt? Wäre doch logisch – aber logisch ist in dieser Welt ja eh nichts.

Das Beste für die Welt wäre es natürlich, wenn man einen Staat damit beauftragte, eine Mondfahrt zu planen, zu organisieren und durchzuführen. Dieser Staat würde in einem UNO-Mandat die Jubiläumsreise verantworten. Dieser Staat müsste ein neutraler und unverdächtiger sein – und er müsste Geld haben.
Sie ahnen, von welchem Land ich rede?
Von den Eidgenossen natürlich.
Wäre das nicht wunderschön? Die Schweizer auf dem Mond? «E chlii Schritt für e Mönsch, e grosser Schritt für d’Mönscheit»? Einziges Problem ist es, dass bevor wir die Raketenabschussrampe zwischen Eiger, Mönch und Jungfrau errichten können, die Bevölkerung noch abstimmen müsste, denn in der Eidgenossenschaft herrscht Volksdemokratie, und die Erfahrung hat gezeigt, dass die Walliser, Bündner und Tessiner, dass die Zürcher, Luzerner und Basler, dass die Aar- und Thurgauer, Genfer und Jurassier, Urner und Schwyzer Grossprojekten skeptisch gegenüber stehen. Es wäre also viel Überzeugungsarbeit nötig, um Regionen, die nicht einmal Olympia wollten, ein Raketenprogramm schmackhaft zu machen…

Vielleicht ist es aber auch anders:
Geheimdokumente belegen, dass Donald Trump auf dem Mond einen 51. Bundesstaat einrichten will, in den er Meckerer und Motzer schicken will – besser gesagt: Meckerinnen und Motzerinnen. Da man Damen, die nach seiner Ansicht «Amerika hassen», ja nicht einfach «heimschicken» kann – sie sind dummerweise US-Bürgerinnen – kann man ihnen vielleicht einen Wohnsitz im neuen Bundesstaat «Moon» nahelegen. Man müsste es nur so formulieren, dass es eine Ehre ist.     

1969 riss man mich aus meinem Bett und setzte mich auf die Couch des Ehepaars Bolay. Nenntante und Nennonkel Bolay besassen den einzigen Fernseher im Haus und man war der Ansicht, in diesem Gerät erschiene etwas, was der kleine Rolf nicht verpassen dürfte. Ich weinte die ganze Zeit, weil ich wieder in die Heia wollte, weil das Geflimmer keinen Sinn machte, weil alles so verschwommen und undeutlich war, ich weinte, weil ich müde war und nicht schlafen durfte. Ich weinte, weil ich den Sinn der Aktion nicht verstand.

Ich weine nicht mehr.

Aber ich habe den Sinn der Aktion auch nach 50 Jahren nicht verstanden. 

Dienstag, 23. Juli 2019

Recycelter Post: Warum (Ursula) Annegret unfähig ist, die Truppe zu leiten


Es gibt nichts Neues unter der Sonne und wir steigen immer wieder doch in den gleichen Fluss. 

Den untenstehenden Post habe ich geschrieben, als Frau Von der Leyen das Verteidigungsministerium übernahm. Und siehe da: Wie so oft in der Politik passt er immer noch. Man kann ihn schlicht und einfach recyceln, das ist für mich praktisch, aber auch umweltschonend und CO2-neutral. Kleine Änderungen sind angemerkt.

Es gibt einen alten Witz über die Verteilung der Ämter im Jenseits: Im Paradies übernehmen die Franzosen die Küche, die Italiener sind die Liebhaber, die Engländer die Polizisten und die Deutschen organisieren alles. In der Hölle kochen die Briten, die Deutschen sind für die Liebe zuständig, die Franzosen sind die Organisatoren und die Italiener stellen die Polizei.
Natürlich transportiert dieser Witz nur dumme Klischees, aber ein Körnchen Sinn ist dran: Man sollte Dinge tun, die man kann. So wird der Gesangsverein Frohlust einen Vorstand wählen, in dem Ueli das technische Ressort übernimmt, weil er Schreiner ist, und die Vreni, die auf der Bank schafft, die Kasse. Ich selbst mache in allen Gremien, in denen ich arbeite, irgendwas mit Schreiben. Niemand würde mich an etwas Technisches heranlassen, wenn die ganze Sache nicht in die Luft fliegen soll.
Nun sollte man denken, dass die Leitung eines Staates noch ein wenig heikler ist als die Leitung eines Gesangsvereins oder eines Fachverbandes, etwas schwieriger als eine Sekundarschule oder eine Musikkapelle, das heisst hier sollten Leute ans Werk, die ihre Sache verstehen, aber weit gefehlt. Der Schacher um Ministerposten hat mit Qualifikation so wenig zu tun wie Grossbritannien mit Küche oder Italien mit Polizei. Und dass, obwohl man – im Gegensatz zu allen Vereinsämtern – als Ministerin oder Minister auch noch Kohle kriegt, man könnte hier sogar Externe holen, die in ihrer Arbeit sich als qualifiziert erwiesen haben. Nein, nein, beim Posten-Partei-Roulette sind die Anforderungsprofile so tief gelegt, dass jeder alles machen kann:
Jeder, der schon einmal im Ausland war, kann Aussenminister werden.
Jeder, der schon einmal im Inland war, kann Innenminister werden.
Jeder, der schon einmal beim Arzt war, kann Gesundheitsminister werden.
Jeder, der schon einmal Zug gefahren ist, kann Verkehrsminister werden.
Selbst wenn man Juristen, Ärzte, Techniker und Ökonomen in der Runde der Geier, die um die Posten kreisen, hat, heisst das nicht, dass diese auch ein ihrem Sachverstand angemessenes Ressort bekommen.
Ein Beispiel?
Ich finde, wenn man das völlig unnötige Amt eines Verteidigungsministers überhaupt besetzt (Wieso eigentlich Verteidigung? Müsste es nicht Ministerium für Katastrophenschutz und Auslandseinsätze heissen? Oder Kriegsministerium, weil ja auch die grössten Wortverdreher inzwischen zugeben, dass es in Afghanistan ein Kriegseinsatz ist?) also, wenn man das Amt schon besetzt, müsste nicht die Minimalst(!)qualifikation darin bestehen, schon einmal beim Bund gewesen zu sein? Einmal eine Kaserne von innen gesehen zu haben? Wissen, wie eine Truppe funktioniert? Wissen, wo die Chancen und Probleme liegen? Vielleicht sogar über den Rekruten hinausgekommen zu sein? Insofern ist Frau von der Leyen (1) nicht ganz die optimale Person. Nicht, weil die kleine Bärin (2) eine Frau ist, sondern weil sie keine Ahnung hat, was beim Militär passiert. Sie wäre als Ärztin eine gute Gesundheitsministerin. (3)
Aber beim Schacher, beim Skat, beim Poker um Posten und Ämtli kann man auf so etwas wie Sachkenntnis eben keine Rücksicht nehmen. Da gilt der hohe Posten in der richtigen Partei und sonst nichts.
Also wandeln wir doch unseren Witz von vorher ab: In der Hölle ist ein Offizier Gesundheitsminister, der alle Kranken sowieso für Weicheier und Drückeberger hält, ein Chefarzt Verteidigungsminister, der den Soldaten alle anstrengenden Sachen aus Gesundheitsgründen verbieten wird, Sachen wie Robben, Marschieren und Kämpfen. Ein Jurist wird Verkehrsminister, worauf das Bahnfahren noch komplizierter wird und ein Verkehrsingenieur übernimmt die Justizbehörden, die daraufhin neue Rolltreppen und Fahrstühle bekommen.
Wir haben also vier Jahre Hölle vor uns.

(1) Frau Kramp-Karrenbauer
(2) Ursula = kleine Bärin; Annegret = (HALTEN SIE SICH FEST!) anmutige Perle
Bemerkung: Wenn irgendeine Person, die zurzeit in Berlin agiert, keinerlei Anmut besitzt, dann ist es AKK – Perle stimmt vielleicht, denn im Inneren einer Perle sitzt etwas ganz Schädliches, Hässliches, Gefährliches
(3) AKK ist Politikwissenschaftlerin und Juristin (öffentliches Recht) und sie wäre in keinem Ministerium gut, in keinem.
(4) ein paar Monate, niemand glaubt daran, dass die GroKo bis 2021 durchhält. Und wenn doch: AKK will natürlich niemals über eine längere Zeit die Truppe übernehmen, obwohl sie so sehr betont, dass diese ihr am Herzen läge –  

sie will ins Kanzleramt.