Dienstag, 26. März 2019

Softwarepannen 2


Die Softwarepannen und Softwarekatastrophen sind so zahlreich und aber auch so schön, dass gerade noch einmal eine zweite Runde kommt:

Auf besagter Jugend-Bewerbungs-Homepage können die potentiellen Lehrlinge ein Profil anlegen, in dem sie u. a. ihr Geburtsdatum eintragen. Dreimal müssen sie wählen, den Tag aus einer Liste von 1 bis 31 (logisch), den Monat aus einer Liste von Januar bis Dezember (logisch) und das Jahr aus einer Liste von 1919 – 2019.
Hä?
Das ist wohl völlig absurd. Ein am 3. Mai 2018 geborenes Kind würde vielleicht im Sommer 2032 seine Lehre beginnen und – mal ganz ehrlich! – welcher Betrieb kann so lange planen? Umgekehrt kenne ich Rentner, die noch ein Studium beginnen, die noch den Doktor erwerben oder sich privat mit diversen Sachen beschäftigen. Ich kenne aber keinen Fall, in dem eine 65jährige Frau oder ein 60jähriger Mann noch eine Ausbildung zum Gärtner/zur Gärtnerin oder zum Fliesenleger/zur Fliesenlegerin gemacht hat.
Hier wurde eine Jahresliste hineingenommen, die auf dieser Homepage keinen Sinn macht.

Schön auch, wenn Sie auf der Website eines grossen deutschen Opernhauses vor dem eigentlichen Vorverkauf Tickets bestellen möchten. Sie kommen dann nicht in den Saalplan, sondern können zwischen Preisstufe 1, Preisstufe 2, Preisstufe 3, Preisstufe 4 und Preisstufe 5 auswählen. Nirgends aber gibt es Hinweis, was diese Stufen bedeuten. Ist 1 der Preis eines Einfamilienhauses so wie in Zürich? Oder entspricht 1 einem Schnitzel mit Pommes und Salat so wie in Freiburg i. Br.? Sie suchen 80 Minuten nach einer Preistabelle, aber Sie finden nichts.
Grandios.

Auf einer anderen deutschen Website weist man mich beim Drücken des WEITER-Buttons darauf hin, dass ich meine Postleitzahl vergessen hätte. Ich scrolle hoch und sehe, dass ich 4051 geschrieben habe. Noch einmal den WEITER-Button und wieder der Hinweis:
Bitte geben Sie eine gültige Postleitzahl ein!
Die Seite akzeptiert nur 5stellige Zahlen, aber ich kann ja schlecht zu meiner vierstelligen Basler Nummer noch eine dazuerfinden. Ich probiere CH 4051 – und das geht! Wäre da nicht ein Hinweis wie ausländische PLZ mit Länderkennzeichen angebracht?

Und dann die AGB!
Ich lüge nicht gerne, ich lüge mit grösstem Widerwillen und ich lüge eigentlich fast nie. Umso mehr stellen sich mir ehrlicher Haut alle Nackenhaare auf, wenn ich an die Stelle komme, wo es heisst:
Ich habe die AGB gelesen und bin damit einverstanden.
Ich will nicht lügen, also drücke auf den schon erwähnten WEITER-Button und erhalte die Antwort
Bitte akzeptieren Sie die AGB
Man will, dass ich freiwillig die AGB akzeptiere und lässt mich aber nicht weiter, wenn ich es nicht tue. Das ist eine reizende, eine schöne, das ist eine liebliche Freiwilligkeit. Das ist so wie die Auswahl, die dem Gefangenen in Mr. & Mrs. Smith von Brad Pitt präsentiert wird: «You have three possibilities: A – You talk, no pain, B – You don’t talk and it will hurt, C – I’m not going in details, but in the end you are dead.” Worauf der junge Mann um ein Glas Wasser bittet, Angelina Jolie ihm ein Telefon auf den Kopf schlägt und er jammert: «A, A, I take A!!».
Es wäre viel einfacher, einen Satz wie
Mit der Bestellung akzeptieren Sie die AGB
zu schreiben. Das tun Sie z. B. bei jedem Fahrkartenkauf. Steht hinten auf jedem Fahrschein drauf, nur dass es Allgemeine Beförderungsbedingungen statt Allgemeine Geschäftsbedingungen heisst. Oder haben Sie an einem Ticketautomaten schon einmal einen AGB-Knopf gesehen?
Na also.

Was ist also zu tun? Im Falle des Theaters (Lüften wir das Geheimnis: Es sind die Württembergischen Staatstheater Stuttgart) half nur ein Anruf, bei dem ich den Preis erfuhr und meine Bitte loswerden konnte, die Preistabelle doch bitte, bitte, bitte in die Homepage einzupflegen. Was mir die Kassendame in breitestem Schwäbisch auch versprach. («Des könne mir schoa mache») Auch in den anderen Fällen kann man mailen, schreiben, anrufen etc.

Denn Websites kann man ändern, und zwar sehr schnell.
Alle späteren Nutzer werden sich freuen.

Übrigens:
Das mit der PLZ-Geschichte waren auch die Stuttgarter.  

   


Freitag, 22. März 2019

Software-Pannen


Jedes Mal, wenn ich online bei der Deutschen Bahn Tickets kaufe, regt mich ein Sachverhalt wahnsinnig auf: Bei der Länderauswahl muss ich die Schweiz aus einer langen Liste sämtlicher Länder herausfiltern. Es wäre ja möglich, die Nachbarländer der Bundesrepublik gesondert an den Anfang zu stellen, aber nein, die Eidgenossenschaft steht zwischen Schweden und dem Senegal. Mal ehrlich: Aus welchem Land werden die meisten Tickets bei bahn.de bestellt – ausser Deutschland? Natürlich aus dem südlichen Nachbarstaat. Wie viele Senegalesen ordern Fahrkarten bei der Deutschen Bundesbahn?

Ich hatte neulich das Problem, bei agoda.com eine Hotelbuchung zu ändern, ich hatte extra eine Buchung getätigt, die eine solche Änderung erlaubte. Als ich versuchte, die Reisedaten von 28.2.-3.3. auf 1.3.-3.3. zu reduzieren, erschien ein Button VERFÜGBARKEIT PRÜFEN, verstand ich zwar nicht ganz, klickte aber trotzdem an. Sehr merkwürdig war, dass agoda.com nun keine weiteren Zimmer fand, der Raum war ja vorhanden, ich wollte ja nur eine Nacht weniger. Das ist ein wenig so, wie wenn man dem Ober sagt, man möchte seinen Salat ohne Zwiebeln und er kommt aus der Küche und sagt, die Zwiebeln seien ausgegangen und deshalb könne man die Speise nicht servieren.

Schön auch die Seite, bei der sich Schüler von mir für eine Lehrstelle bewerben können: Das Unternehmen hat hier ausser für Zeugnisse, für Lebenslauf und für Motivationsschreiben, für Schnupperberichte und für Multicheck auch eine Stelle für Arbeitszeugnisse gelassen, die unbedingt gefüllt werden muss. Nun haben Lehrlinge noch keine Arbeitsstelle gehabt, aber das System ist unerbittlich: Es will irgendetwas haben, sonst kommt der schöne Hinweis: DIE GEKENNZEICHNETEN FELDER SIND PFLICHTFELDER. Und wenn Sie dreimal probieren, das Feld freizulassen, dann schmeisst die Seite alle bisher eingetragenen Daten fort, und wenn ich sage alle, meine ich alle, das heisst, Sie können ganz von vorne anfangen.

Es gibt noch Hunderte von Beispielen:
Warum muss man bei einer Ticket-Bestellung die gewünschte Reihe angeben, wenn doch bei der Veranstaltung freie Platzwahl herrscht?
Warum bietet mir die BVB-Fahrplan-App wenn ich «Au…» eingebe ausser Augst auch Augsburg an?
Warum bekomme ich eine Mahnung, weil ich meinen Krankenkassen-Dauerauftrag nicht rechtzeitig umgestellt habe (es fehlen 5,70.-) mit einer Mahngebühr von 10.-?
Warum…?
Warum…?
Warum…?

Ich habe einmal behauptet, in den Softwarefirmen sässen nur misanthropische, menschenfeindliche, sässen nur sadistische und gemeine Leute, die sich den ganzen Tag überlegen, wie sie die Menschheit ärgern können, ich glaube das nicht mehr. Ich glaube viel mehr, dass viel zu viel Standard-Software übernommen und geschaltet wird.
Für einen international arbeitenden Paketdienst mag die Länderauswahl von A bis Z mit der Abfolge Schweden, Schweiz, Senegal Sinn machen, die Deutsche Bahn müsste hier eine eigene Software-Lösung finden. In bestimmten Fällen mag der Befehl «stets Verfügbarkeit prüfen» Sinn machen, im Fall einer Reduktion der Reisetage nicht. Und Lehr- und Arbeitsstellensuche über die gleiche Schiene laufen zu lassen, ist natürlich auch Quatsch.

Es wird hier alles über einen Leisten geschlagen.
Wissen Sie eigentlich noch, was das heisst? Früher hatte der Schuhmacher von jeder Kundin und jedem Kunden einen Leisten, das heisst ein hölzernes Schuhmodel, auf den er das Leder fügte. Wenn man nun für jeden Schuhbrauchenden den gleichen Leisten verwendet, gibt es keine wirklich passenden Schuhe. Sie erinnern sich sicher noch an das Lied:
Suse, liebe Suse, was raschelt im Stroh?
Das sind die lieben Gänschen, die haben kein’ Schuh’.
Der Schuster hat’s Leder, kein Leisten dazu.
Darum sind die Gänschen barfuss und haben kein’ Schuh’.

Und genauso geht es den Leuten, die eine Website betreiben, auf der man eintragen muss, bestellen will, ordern kann, auf der man Dateien hochladen oder Angaben ausfüllen will. Sie sind wie Leute, die in zu grossen oder zu kleinen Schuhen herumeinanderlaufen (sic). Da wird gestolpert und gestrauchelt, da wird Fuss- und Zehenschmerz erzeugt.
Warum also nicht massgeschneiderte Lösungen?
Weil die Geld kosten würden.


  

Dienstag, 19. März 2019

Wa man alles über die Mitmenschen erfährt


Hallo, Michael aus Wangen!
Geht es deinem Fuss besser, sprich, ist er endlich in Ordnung?

Hallo, Katrin aus Laufen!
Hast du es endlich geschafft mit diesem Scheisstyp Schluss zu machen?

Hallo, Ralph aus Luterbach!
Hast du den neuen Supermixer gekauft?

Nun werdet ihr euch wundern, wo ich dieses Detail aufgeschnappt habe. Um zu beweisen, dass ich nicht nur ein Detail weiss, hier die ganzen Fakten:

Michael, dein rechter Fuss wurde im April letzten Jahres bei einem Velounfall gequetscht und der grosse Zeh gebrochen. Im Kantonsspital Olten wurdest du am 27. 4. vom Oberarzt Dr. Meier-Schlottheim operiert, er machte seine Sache gut, aber dennoch gab es Komplikationen. Bis in den Oktober hinein klagtest du über Schmerzen, konntest nicht richtig laufen und warst ziemlich beeinträchtigt. Im November wurdest du noch einmal operiert und bekamst eine Reha bewilligt. Auch das brachte noch nicht den gewünschten Erfolg. Ende des Jahres 2018 stellte man nun endlich fest, dass eine angeborene chronische Muskelschwäche in den Füssen die Genesung verhinderte, diese sogenannte Aplofedistie wird nun seit Januar behandelt.

Katrin, dein Freund Karl, den du vor drei Jahren auf einer Reise nach Italien kennengelernt hast, ist ein verlogener und schwanzgesteuerter Mann. Er hat dich, seit ihr zusammenseid, mit so ungefähr allen Weibern betrogen, die ihm über den Weg gelaufen sind. Er ist mit seiner Nachbarin Barbara ins Bett (du nennst sie «blonde Ratte»), er hat auf der Betriebsweihnachtsfeier seine Kollegin Sina gevögelt (du nennst sie «fette Schlampe») und er trifft sich zurzeit mit einer dir noch nicht namentlich bekannten Frau mit violetten Haaren. Das nur die, die du herausgefunden hast, die Dunkelziffer ist wahrscheinlich höher. Trotz all der Demütigungen und Erniedrigungen, trotz aller Tränen und Schreikrämpfe, trotz Weinen und Jammern und Zähnemalmen bist du die ganze Zeit bei ihm geblieben.   

Du, Ralph, bist begeisterter Hobbykoch, du köchelst und probierst und brutzelst seit Jahren feine Dinge, machst Soufflés und Gratins, machst Gulasch und Schnitzel, da werden Rüebli zu feinen Suppen und Pilze zu feinen Saucen, da wird blanchiert und tranchiert, da wird filetiert und mariniert, das es eine wahre Freude ist, Nun hast du neulich den MegaMix 775 ® entdeckt, ein Wahnsinnsgerät der Firma GASTROTECH, ein Wunderwerk, das z. B. Karotten nicht nur raspelt, sondern auch vorher schält, und das Ganze auch elektronisch vorprogrammiert zu einer bestimmten Zeit, es macht komplette Kuchenteige und komplette Eintöpfe.

Jetzt hirnt ihr.
Ihr hirnt und hirnt und hirnt.
Ihr hirnt, ob ihr das auf Facebook geschrieben habt oder auf Instagram, ob ihr diese Fakten auf irgendeinem sozialen Netzwerk hinterlegtet; ihr kontrolliert eure Accounts und findet aber nichts…
Ich will es euch verraten:
Ihr habt alle diese Dinge auf Fahrten mit der SBB so laut in eure Smartphones gebrüllt, dass es unumgänglich war, dass ich sie hörte.

Ich weiss übrigens noch viel mehr:
Ich weiss, dass Beat aus Oberdorf seine Erbschaft über 50000.- nicht bei der Steuer angeben wird, sondern sie nächste Woche ins Fürstentum Liechtenstein schaffen wird.
Ich weiss, dass Sylvia aus Olten sich überlegt, für den Nationalrat zu kandidieren, dies aber ihrem Mann nicht erzählen will, der letzten Mal deutlich nicht gewählt wurde.
Ich weiss, dass Anton aus Solothurn, der bei den Schneuzer-Werken als IT-Chef arbeitet, nächste Woche seinen Job künden wird.
Ich weiss…
Ich weiss…
Ich weiss…
Alles live von den Betroffenen in Zügen der SBB erzählt.

Alle Geheimdienste der Welt, die Steuerbehörden, die Polizisten, die Wirtschaftskriminalität bekämpfen, der Verfassungsschutz und der Zoll sollten sich also schleunigst Leute zulegen, die nichts anderes tun als Zug fahren.
Und zuhören. 

Ich biete mich gerne an.