Ja, liebe
Leserinnen und Leser, ich habe beim letzten Mal mich einer ganz ungewöhnlichen
Textform bedient, dem karnevalistisch-paargereimten Vierzeiler mit vierhebigem
Jambus, der auch als Büttenrede bezeichnet wird und in ähnlichen Formen auch in der
Schweiz (Schnitzelbängg) auftaucht. Und während ich schrieb, dachte ich, dass
ich doch schon so viele Textformen bedient habe, aber dass mir doch auch noch
ganz schön viele fehlen.
Ich habe
schon Gedichte und Sketche geschrieben, ich habe Märchen und Essays verfasst,
ich schreibe Newsletter und Protokolle, ich schreibe Briefe und Storys, aber
ich hatte noch nie eine Büttenrede gemacht, genauso wenig wie eine Legende,
eine Gebrauchsanweisung, genauso wenig wie eine Ballade oder einen Klappentext.
Was mich
aber am meisten reizen würde, das wäre die Schaffung von neuen, noch nie
dagewesenen, von ganz frischen und ungekannten Textformen. Hier drei Beispiele:
1.) Das
Zukunftsprotokoll
Jeder gute
Protokollant, jede gute Protokollantin weiss, dass ein Sitzungsprotokoll
möglichst schnell fertiggestellt werden muss. Wenn man erst eine Woche später
drangeht, dann ist die Erinnerung schon viel zu sehr verblasst. Ein paar Male
ist es mir geglückt, ein Protokoll schon bei Sitzungsende zu versenden. Rekord!
Dummerweise ein Rekord, den man nicht überbieten kann, schliesslich kann man ja
einen Sitzungsmitschrieb nicht schon vor der Sitzung versenden. Oder doch? Und
hier kommt das Zukunftsprotokoll (ZK) ins Spiel. Da die meisten Sitzungen so
ablaufen, wie man es erwartet, könnte man das Protokoll auch schon vorher
schreiben, es ist ja oft so klar, wer dafür und wer dagegen sein wird, wer was
sagen und wer sein Ceterum Censeo schmettern wird. Ein ZK wird also
folgendermassen beginnen:
Paul wird um 19.07 die Sitzung eröffnen, weil
Hans – wie immer – zu spät gekommen sein wird.
Zu Punkt 1: Die Traktandenliste wird, weil
niemand sie wirklich bedacht haben wird, genehmigt werden.
Zu Punkt 2: Das Protokoll der letzten
Sitzung wird, weil es – wie immer – niemand gelesen haben wird, genehmigt und
verdankt werden.
usw.
usw.
2.) Der
Hilfe-Text
Ich stiess
neulich am Badischen Bahnhof in Basel auf folgendes Schild an einem
Schliessfach
Achtung!
Das Schliessfach ist defekt.
Bitte
benützen Sie ein anderes Schliessfach.
|
Es scheint
Menschen zu geben, die mit alltäglichen Situationen völlig überfordert sind.
Und nachdem zig Leute zur Aufsicht gerannt sind, weil sie nicht wussten, was
sie zu tun sollen, und dort den Hinweis bekamen, wenn das eine Fach defekt sei,
könne man einfach ein anderes gebrauchen, hat man diesen Hinweis angebracht.
Und hier kommt der Hilfe-Text ins Spiel. Er wird z. B. vor dem Betreten eines
Gebäudes den Besuchern überreicht und leitet sie wohlbehalten an ihr Ziel.
WILLKOMMEN IM BUX-CENTER
1)
Eintritt
Unser Gebäude ist mit einer elektronisch
betriebenen Schiebetür ausgestattet. Gehen Sie einfach auf die Türe zu und sie
wird sich von selber für Sie öffnen. Versuchen Sie nicht, die Türe
aufzuschieben oder aufzustossen, das bringt gar nichts. ACHTUNG! Laufen Sie
ruhig auf den Eingang zu, da der Mechanismus ein paar Sekunden Zeit benötigt.
Wenn Sie auf die Türe zusprinten, dann knallen Sie gegen das Glas.
usw.
3.) Das
Porno-Hörspiel
Auch
Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen haben ein Recht auf pornographische
Inhalte. Und hier kann man natürlich abhelfen. Es entsteht ein Hörspielformat,
das hauptsächlich aus Stöhnen besteht, in der reizvollen Vokalisierung aber
fast ein wenig an Dada erinnert.
…
A: Oooooooooo
B: Aaaaaaaaaaa
A: Ooooooaaaa
B: Aaaaaooooo
A: Aoaoaoaoao
B: Oaoaoaoaoa
usw.
Welche
Textsorte würden Sie gerne erfinden? Den/die/das ??????
Tun Sie es
doch einfach.
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