Dienstag, 27. März 2018

Blogpause in den Osterferien - Vorschläge für Ostern



Hallo liebe Leserin, hallo lieber Leser,

wir machen wieder einmal eine kleine Pause. Eine Frühlingspause, ein Lenzrasten (welch Wort!), wir machen Osterferien, machen Karunterbruch, Holda-Holyday, wir machen Passah-Sabbatical oder April-Besinnung, je nachdem ob sie christlich oder jüdisch, ob sie freidenkerisch oder pantheistisch eingestellt sind. Nicht, dass es zurzeit keine Themen gäbe, aber ich brauche mal wieder ein kleines Durchatmen.

Für diejenigen unter Ihnen, die Ostern feiern, sei dieser Post mit ein paar Tips (sic) für ein gelungenes Osterfest gewürzt:

1)
Verstecken Sie mal wieder Ostereier, aber verstecken Sie sie nicht zu gut. Es gehört zu den traumatischen Erlebnissen meiner Kindheit, stets die Hälfte der Schoko- und Marzipan-, der Trüffel- und Bonboneier nicht gefunden zu haben. Entweder wurde ich auf eine Wiese geschickt, die in ihren Ausmassen das Münchner Olympiastadion in den Schatten stellte und der gegenüber der Potsdamer Platz wie ein Vorgarten aussah, natürlich mit ungemähtem Gras, das mich um 60 cm überragte; oder es die Eier wurden – bei Regenwetter – in der Wohnung deponiert, so nach dem Motto: In eine Schachtel und die hinter das Lexikon auf dem obersten Brett des Bücherregals. Das Schreckliche und Furchtbare war nun, dass meine Eltern die nicht entdeckten Schoko- und Marzipan-, die Trüffel- und Bonboneier auch nicht mehr fanden und man ahnte, dass sie auf den olympiastadiongrossen Wiesen und hinter dem SEHR GROSSEN BROCKHAUS (immerhin 102 Bände) verrotteten. Es kostete mich 34 Therapiesitzungen, um zu merken, dass mein Putzfimmel, mein krankhafter Perfektionismus, dass meine Angstattacken und Albträume von diesen Eiersuchen herrührten, dann allerdings war die Lösung klar; Dr. Slutski liess mich Ostereier suchen – und zwar so, dass ich alle innert 15 Minuten fand. Überlegen Sie also gut, ob die Deckenlampe ein gutes Versteck für ein 20 Monate altes Kind ist.

2)
Wenn wir eben vom Verstecken geredet haben: Es gilt die Faustregel, dass Ostergeschenke, die keine Eier sind, doch versteckbare Ausmasse haben sollten. Machen Sie bitte nicht bei der Unsitte mit, Kindern und Jugendlichen Objekte grösseren Volumens (und Preises!) darzureichen. Meine Güte, es gibt schon Weihnachten und den Geburtstag, und wenn die nah aneinander liegen, dann wartet man halt. Der neue Computer für 4500.-, das neue I-Phone (sic) für 875.-, das neue Velo für 999.- sind keine Ostergeschenke, obwohl Sie das I-Phone gut verstecken könnten, aber wenn Sie selber noch mit Generation 4 telefonieren, warum braucht dann der Filius oder die Filia ein I-Phone 12?

3)
Schauen Sie sich keine Oster-Tische in Zeitschriften wie Haus&Heim, Garten&Gäste oder Liebe&Leben an; für den Beitrag Der fröhliche Ostertisch in Gelb und Blau oder den Artikel Kreative Osterdekoration auf dem Esstisch haben zwei Redakteure, vier Stylisten und sechs Fotografen eine Woche gearbeitet, sie kriegen das nicht in vernünftiger Zeit und ohne Nervenzusammenbruch hin, da mag hundertmal LEICHT GEMACHT darüberstehen. Vermeiden Sie auch Kochsendungen, das Schnell zubereitete Ostermenü sieht natürlich bei Bubi Traurigmann total easy aus, Sie wären auch so schnell, wenn Zwiebeln, Kräuter und Gewürze, wenn Gemüse, Fleisch und Fisch schon zerkleinert auf ihrer Küchenplatte stehen würden, das tun sie aber nicht. Das Rüsten kostet Sie Zeit, nicht das Anbraten.

4)
Gehen Sie mal wieder in die Kirche, das meine ich ernst, auch wenn Sie nix mit Religion am Hut haben, zu Ostern bekommen Sie in den meisten Kirchen schöne Musik. Die Chöre führen dann z.B. eine Mozart-Messe auf, wunderbar mit Orchester, mit Pauken und Trompeten und Solisten. Und wenn Sie Angst vor der Predigt haben, dann seien Sie beruhigt, den Satz «Ihr kommt in die Hölle, wenn ihr nicht glaubt», habe ich in einer LANDESKirche seit 50 Jahren nicht mehr gehört; in der Gemeinde frommer und bibeltreuer Christen mag das anders aussehen, die machen aber auch keine Mozart- oder Haydnmesse. 

5)
Machen Sie einen schönen Osterspaziergang, an den vom Eise befreiten Strömen und Bächen entlang zum Tale, wo Hoffnungsglück grünt, vielleicht zum Jägerhaus vor die Tore der Stadt, achten Sie einfach darauf, dass Ihnen keine Hunde nachlaufen! (Ich habe vor einem Jahr geschrieben, dass Sie gar nicht raussollten, aber ich möchte das relativieren.)

In diesem Sinne:
FROHE OSTERN!

Wir lesen uns (also eigentlich Sie mich) wieder am 10. April 2018.

Freitag, 23. März 2018

Lieber Kellner im 13.32 ab Olten


Lieber 13.32 ab Olten-Kellner

ich kenne deinen Namen nicht, ich will ihn auch gar nicht kennen, für mich bist du der 13.32 ab Olten-Kellner und wirst auch immer der 13.32 ab Olten-Kellner bleiben.
Ich schreibe dir heute, weil ich zu schüchtern bin, live und vor allen Leuten einen Aufstand zu machen, ich aber doch ein paar Dinge loswerden muss.

Dir ist sicher aufgefallen, dass ich dir das Geld für meinen Espresso Doppio immer passend auf das Tischtuch lege, und zwar die exakte Summe, fünf Franken siebzig, einen Fünfliber, eine 50 Rappen-Münze und eine 20 Rappen-Münze; und du hast dir wahrscheinlich deine Gedanken gemacht, warum das so ist. Und jetzt muss ich dir leider sagen, dass deine beiden Erklärungsmodelle für dieses Verhalten falsch sind.
Du hast gedacht, ich wüsste vielleicht nicht, dass normale Menschen die Summe von 5,70.- auf sechs Franken aufrunden, gell? Doch, ich weiss das, ich tue das auch sonst immer.
Oder du hältst mich für einen hoffnungslosen Geizhals.
Auch das bin ich nicht, ich bin spendabel und grosszügig und meine Trinkgelder bewegen sich sonst eher im oberen Bereich.

Lieber 13.32 ab Olten-Kellner, du bekommst die exakte Summe von 5.70.-, weil du ein mieser Kellner bist, das ist die ganze und schlichte Wahrheit.
Jedes Mal, wenn ich mich gerade hingesetzt habe, fegst du von Tisch zu Tisch, um die Franken-Speisekarten einzusammeln und die Euro-Speisekarten hinzulegen. (Das hätte auch noch kurz vor Basel Zeit, aber das ist eine andere Geschichte.) Wenn du nun bei mir bist, greifst du energisch über mich drüber, stösst ein «Tschschschschschuldigungggg» hervor und wechselst die Karten aus, so als ob da niemand sässe. Dann bist du sofort wieder weggefegt, ohne die geringste Chance bei dir den Wunsch nach einem Doppelten Espresso deponiert haben zu können.
Als nächstes gehst du zu irgendeiner Person in der Nähe und legst dieser die Rechnung hin, wie um mir zu signalisieren: «Bursche, komm ja nicht auf die abstruse Idee, noch eine Bestellung aufgeben zu wollen, ich bin schon am Abkassieren.» Und ich muss etwas tun, was ich sehr ungern mache, ich muss dir, bevor du wieder in deine Küche rennen kannst, den Weg versperren und meinen Wunsch nach einem Espresso Doppio formulieren.
Jetzt schaust du mich jedes Mal mit einem Blick an, der mir zeigen soll, ich hätte gerade einen sehr obszönen, sehr widerlichen und sehr gemeinen Wunsch geäussert. So, als hätte ich etwas verlangt, was man von anständigen Menschen nicht fordert, als hätte ich dich gefragt, ob ich dich in deinen A… f… darf oder etwas Ähnliches.

Aber ich habe gewonnen.
Ich bekomme mein Heissgetränk und du später deinen abgezählten Betrag, fünf Franken siebzig, einen Fünfliber, eine 50 Rappen-Münze und eine 20 Rappen-Münze.

Lieber 13.32 ab Olten-Kellner
Weisst du aber, was das wirklich Schlimme ist?
Du kommst aus dem gleichen Land wie ich. Du bist ein Deutscher, zwar aus deutlich nördlicheren Breiten wie ich selbst, du bist eindeutig über der Maingrenze, über dem Weisswust-Äquator zuhause, aber wir beide sind Teutonen, Urenkel Barbarossas und Kinder von Angie.
Deutsche, die in der Eidgenossenschaft leben, müssen stets gegen ein Klischee ankämpfen, das Klischee vom unfreundlichen, ruppigen, vom schlecht gelaunten und miesäpfligen Deutschen, gegen das Klischee, dass Deutsche eben nicht im Service oder in der Dienstleistung arbeiten sollten.
Du bist ein KE.
Ein Klischee-Erfüller. Und das ist etwas ganz, ganz Schlimmes.  
Ein KE ist ein Pole, der Autos stiehlt.
ein Ire, der literweise Alkohol säuft
ein Holländer, der kifft
ein Syrer, der die Meinung vertritt, dass alle, die nicht an Allah glauben, abgeschlachtet gehören
ein Italiener, der unorganisiert und schlampig arbeitet und seine Wohnung nicht putzt

KEs machen jahrelange Überzeugungsarbeit zunichte: Wenn wir gerade kapiert haben, dass nicht alle Polen Autos klauen dann stiehlt Pjotr Slakowitsch unseren Mercedes. Wenn wir gerade gecheckt haben, dass der Islam eigentlich eine vernünftige und liberale Religion ist, dann stolpern wir über Achmed BinTabuls Hasspredigt.
Und wenn wir gerade die Meinung entwickelt haben, dass Deutsche sehr nett und charmant sein können…
Dann…
Ja dann sitzen wir im IC nach Basel und werden von dir, dem 13.32 ab Olten-Kellner bedient.

Deshalb wirst du solange deine abgezählten Münzen, 5 Franken, 50 Rappen, 20 Rappen bekommen, bist du deine Speisekarten erst in Muttenz auswechselst, oder wenn es schon sein muss, zumindest ein «Guten Tag, bin gleich für Sie da» sprichst, bis du erst mich bedienst und dann die Nachbarin abkassierst, bis du mir meinen Doppio Espresso VOR Liestal bringst, kurz, bis du mich wie einen GAST behandelst.