Montag, 31. März 2014

Ich ertrage nicht, wenn schwedische Schränkchen weinen


Kauf mich, sagt das pupsrote TRǾLǾBǾ®-Schränkchen, kauf mich, ich würde so gut zu deinem pupsroten Duschvorhang und zu deiner pupsroten Kloumpuschelung passen. Ich antworte TRǾLǾBǾ®, dass ich kein Badezimmerschränklein brauche. Du hast doch jetzt Platz, viel Platz, antwortet das pupsrote Kästlein. Eben, sage ich, ich habe ganz viel freie Fläche in meiner neuen Wohnung, viel freien Raum, und der freie Raum bleibt eben nur ein freier Raum, wenn er frei bleibt. Grosse Wohnungen haben so die Tendenz, Gegenstände anzuziehen und sich vollzudingen. Und ich will keine vollgedingte Wohnung, sondern eine entdingte Wohnung. Deshalb bin ich ja in das Grosse Schwedische Möbelhaus mit einer klaren Einkaufsliste gekommen: Zwei Stehlampen, vier Läufer, drei Hocker, ein Garderobenständer, punkt, fertig, aus, nix weiter.  Ich passe aber zu deiner Kloumpuschelung, flüstert TRǾLǾBǾ®, und zu deinem Duschvorhang. Ich werde lauter:  Ich brauche dich nicht! TRǾLǾBǾ® fängt an zu weinen. Das ertrage ich nicht, ich ertrage es nicht, wenn pupsrote Badezimmerkästlein in meiner Gegenwart weinen. So verlasse ich das Grosse Schwedische Möbelhaus nicht nur mit zwei LIKTAN®-Lampen, vier TRITTDRUF®-Läufern, drei BAEKWAEM®-Hockern und einem DRANHANG®-Ständer, sondern eben auch mit TRǾLǾBǾ®, dem pupsroten Badezimmermöbel, das so gut zum Restbad passt.

Ein paar Tage steht das Schränklein nur so herum. Dann finde ich die Oberfläche zu leer und kaufe eine Porzellanschale mit orientalem Potpourri, eine Glasvase mit Sandelholzstäbchen und einen sündhaft teuren Seifenspender. Ich bin zufrieden.
 TRǾLǾBǾ® nicht. Nach einer Woche fängt das Kästlein jedesmal, wenn ich am Zähneputzen oder eincremen bin, mich zu nerven. Ich bin so leer, seufzt es, ich bin so leer. Du bleibst auch leer, ich habe dir gesagt, dass ich dich eigentlich nicht brauche. Ich habe nicht vor, dich jetzt mit irgendwelchen Badartikeln, die ich ja auch gar nicht habe, vollzudingen. Die ganze Volldingerei geht mir so etwas von auf den Sack. Ich bin so leer, weint TRǾLǾBǾ®. Meine Güte, ist das eine Heulsuse, aber es heisst irgendwie auch schon so weinerlich. Jedenfalls: ich bin schluchzenden Schränken nicht gewachsen. Ich kaufe ein paar Ersatzseifen für die erste und ein Reservehandtuch für die zweite Schublade.

Für eine erste Einweihungsparty habe ich Hans und Peter eingeladen. Dummerweise habe ich letzteren eine Woche davor kurz auf meine Toilette gelassen, als wir in der Nähe meiner Wohnung etwas zu tun hatten. Hätte ich nicht machen sollen, der Schuft hat natürlich in TRǾLǾBǾ® geguckt.
Hans bringt mir eine 28schachtelige Seifenkollektion (u.a. mit Erdbeer-, Mango-, Zimt-, Schoko- und Lakritzaroma) und Peter sieben Riesenduschtücher in den Regenbogenfarben. Damit ist das pupsrote Schränkchen nicht nur voll, sondern übervoll, auch, weil ich natürlich die Alternativpotpourris und die Reservesandelhölzer irgendwo lagern muss.

Die Regenbogenduschtücher würden in BULBIG® eh besser aussehen, sagt TRǾLǾBǾ®, BULBIG®, das ebenfalls pupsrote Regal, das du auch gesehen hast, und ich wäre nicht mehr so alleine. Dieses Mal lasse ich mich auf keine Diskussion ein, ich falle eh um, wenn das verdammte Möbel wieder zu flennen anfängt. Also rase ich noch einmal ins Grosse Schwedische Möbelhaus und kaufe BULBIG®, um dann zuhause festzustellen, dass natürlich Regenbogenfarben etwas Neutrales brauchen, TRǾLǾBǾ® hat nicht arg nachgedacht, ich stelle BULBIG® mit Usambaraveilchen und Kakteen voll und kaufe noch METAAL® aus Stahldrähten und weil METAAL® so gross ist, noch sieben kleine Handtücher in rot, orange, gelb, grün, blau, indigo und violett.

Mein Bad hat 20qm, ist somit dreimal so gross wie mein altes Badezimmer, trotzdem habe ich praktisch schon keinen Platz mehr. Der Raum ist völlig zugedingt. In den letzten Wochen, wir zählen nochmal zusammen, sammelten sich zwischen den gefliesten Wänden die Möbelstücke TRǾLǾBǾ®, BULBIG® und METAAL®, über 30 Seifen, 14 Tücher, sechs Pflanzen, vier Potpourris, eine Schale, eine Vase und 1 kg Sandelholz. Absolut zugedingt, überdingt, verdingt, dieses Bad, wir haben noch den sündhaft teuren Seifenspender vergessen.
Und alles nur, weil ich schwach werde, wenn schwedische pupsrote Kästlein weinen…

Donnerstag, 27. März 2014

Jetzt auch Venetien - die Torte zerfällt


Eine grosse Torte aus 10 verschiedenen Einzelkuchen zusammenzusetzen ist schon eine Sache, die eine erfahrenen Konditorin oder zumindest einen  guten Hobbybäcker verlangt. Schwieriger wird es, wenn während des Montagevorgangs die Einzelkuchen auseinanderbrechen. Da braucht es eine Menge Zuckerguss, Buttercreme, süsse Schmiermasse, um etwas Anständiges zu zaubern, Schokolade klebt auch ganz gut.
Wenn drei befreundete Ehepaare in ein Haus ziehen, ist das eine dufte Sache: Man kann gemeinsam kochen, feiern, quatschen, man hütet sich gegenseitig die Kinder und im Sommer wird bis in die Puppen gegrillt, im grossen Garten, denn die Zäune hat man gleich weggelassen. Schwieriger wird es, wenn die drei Paare sich zerstreiten und trennen. Kann man jetzt noch bei Jochen (der sich in den 2. Stock zurückgezogen hat) einfach in die Küche latschen und eine Milch holen, wenn im 1. Stock Marlene lauert, die einen hasst, weil man sich auf Jochens Seite geschlagen hat?

Sehen Sie: Genauso kommt mir Europa vor. Einerseits die grosse Gemeinschaft, freier Handel, offene Grenzen, die Vereinigten Staaten von Europa (USE)scheinen greifbar nahe, andererseits wollen überall Regionen mehr Autonomie. Die Schotten wollen –zum wievielten Male? – weg von London, die Cornish People (oder heisst es Cornwaller oder Körner?) möchten auch mehr Unabhängigkeit, wobei sie die Abhängigkeit  von den von der Themse her gezahlten housing-, learning-, working- und tax-benifits nicht stört, die Basken, die Wallonen, alle mäkeln an ihrem Staatsgebilde herum.

Und jetzt auch die Venetianer.

In einem unverbindlichen Votum (warum schreibt hier eigentlich keine Zeitung „völkerrechtswidrigen“???) haben sie sich neulich für einen eigenen Staat ausgesprochen. Da die Region sowieso bald im Meer versinkt, ist es kein Problem, sie zu entlassen. Ausserdem sprechen sie ein schlechtes Italienisch (wer sagt denn „bona sära“ und „stässa“?) und feiern das ganze Jahr Karneval. Aber es wird für einen Aufschrei in Milano sorgen: Wieso denn jetzt die? WIR sind doch die, die weg wollen, WIR wollen doch eine eigene Republicca Lombardia, oder noch besser zu den Eidgenossen, die uns zwar nicht wollen, aber sei’s drum. Wenn die da mit ihren komischen Glasfiguren sich behaupten können, dann wir Lombarden mit Mode und Hightech gleich zehnmal.

Mir scheint, hier könnte das Bayern-Modell helfen. Das Bayern-Modell ist eine Scheinselbstständigkeit, die allen Beteiligten das Gesicht wahren hilft und harte Auseinandersetzung vermeidet. Als die Bayern 1945 überlegten, ob sie bei Deutschland bleiben, schliesslich waren sie als letzte zum Kaiserreich gestossen und hatten 1866 noch auf der Österreichischen Seite gestritten, legten sie einen Katalog von Forderungen vor, deren erster Teil anstandslos akzeptiert wurde:
·         Eigenes, mit keinem anderen kompatibles Schulsystem
·         Radiosender, der nicht den linken ARD-Mist spielen muss
·         Name „Freistaat“
·         Eigene Partei

Der zweite Teil war schwieriger:
·         Todesstrafe
·         Staatsämter nur an Katholiken
·         Visumpflicht bei mehrwöchigem Aufenthalt

Diesen Forderungen wurde nicht entsprochen, obwohl es gar nicht schlimm gewesen wäre, denn Bundesrecht bricht Landesrecht, ausserdem wird ein Protestant in Bayern eh nie gewählt und mehrere Wochen will auch niemand an die Isar, an den Inn oder den Lech.
Die Bayern wurden also ein Freistaat, nannten ihre CDU in CSU um, weigerten sich, den SCHEIBENWISCHER von Dieter Hildebrand zu senden und machen jedem Kind klar, dass eine NRW-Gymnasialempfehlung in München nur für die Hauptschule langt.
Das BAYERN-MODELL zeigt also, dass man Strukturen finden muss, bei denen alle irgendwie glücklich sind. Man kann z.B. getrennte Währungen haben und die Kurse fixieren, ein X-Taler ist dann immer genau ein Y-Taler, obwohl die Bildchen drauf andere sind. Oder der Kleine Grenzverkehr, der seit Jahren zwischen Deutschland und der Schweiz läuft, man kann ja auch Zigtausende von Grenzgängern, die zur Arbeit erscheinen, nicht komplett filzen.
Die Kuchenstücke dürfen zerbrochen sein, es muss nur genügend Schokoguss draufgeklatscht werden, und man darf auch wieder zu Jochen, man muss Marlene nur immer FRAGEN, wobei sie stets ja sagt, aber GEFRAGT muss sein.
Ich freue mich auf ein buntes Europa aus 180 Einzelstaaten, die alle ihre kleinen Ticks und Rechtlein haben.
Dass das BAYERN-MODELL funktioniert, zeigt übrigens auch ein Blick auf B-W, den Südweststaat: Offiziell ist dort eine Sprache Amtssprache, die die Einwohner zwar verstehen, aber nicht sprechen können: Hochdeutsch.

Montag, 24. März 2014

Vögel gehören abgeknallt

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern...

Sagt man so.

Und was die Spatzen pfeifen, was die Vögel singen, ist meistens wüst und ärgerlich.
Wir alle lieben die Farben des Zaunkönigs und des Rotkehlchens, wir beten das elegante Gleiten des Schwanes an, wir sind fasziniert vom Sturzflug des Milan, und die Möwen, ach die Möwen...
Dabei singen und sagen und zwitschern diese Biester die bösesten Dinge. Die Tauben vor meinem Fenster gurren die ganze Zeit: "Da schreibt er wieder an seinem Blog, der hässliche alte Kerl und macht bestimmt wieder drei Kommafehler." Meine ich zumindest, dass die das sagen. Papageien haben auch noch nie zu mir gesagt: "Hüb-scher Kerl, hüb-scher Kerl", sondern immer nur "Blöd-mann" oder "Dumm-kopf".
Bin ich paranoid?

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern.

Im Märchen und in den Sagen ist es jedenfalls so, dass die Vögel immer böse Sache Sachen pfeifen.
Ruckediguu
Ruckediguu
Blut ist im Schuh...
Und wenn die Stiefschwester des Aschenputtel ein bisschen Mumm gehabt hätte, hätte sie ihre Pumpgun gezückt und den Vogel abgeschossen, bevor er das verräterische
Die rechte Braut ist noch daheim...
hätte sagen können.
Auch Mime sollte den Waldvogel, der soviel fiese Wahrheit verrät, einfach mit einer Knarre zu Federbrei verarbeiten, bevor er Siegfried völlig infiltriert hat. Ausserdem bliebe uns dann eine Viertelstunde Wagner erspart, ca. 60 Takte Vogelgesang.

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern und sie gehören abgeknallt.

Was die Vögel zwitschern, ist gemein, fies, haltlos, bösartig und unanständig. Insofern ist es völlig klar und gerecht, dass Erdogan das Vogelgezwitscher, das Getwitter abgestellt hat. Vögel sind brutale Tiere, die über uns nur Schlechtes zwitschern. Also gehört der Vogel abgeschossen.
Ruckediguu
Blut ist im Schuh (und an den Händen und im Portemonnaie)
Muss sich ein Erdogan nicht gefallen lassen.
Und wer jetzt da lamentiert, so wegen Freiheit der Info und der Meinung, hat nicht begriffen: Autokraten sind Autokraten, weil sie autokratisch regieren und als Autokrat darf man auch autokratisch handeln.

Die Spatzen pfeifen von den Dächern und gehören abgeknallt.

Man hätte ja auch mal was Nettes über Erdy twittern können, nicht immer nur das Schlechte, vielleicht so 50% der Beiträge hätten Lobeshymnen sein sollen:
Heil dir im Siegerkranz
Herrscher des Türkenlands
Chefs sind halt heikel, die wollen auch mal gelobt werden. Wie viele MAGs (Mitarbeitergespräche - dies für die Rentner) enden mit einer schlechten Sozialnote, weil man den Boss zu wenig gebauchpinselt hat. Da wird moniert, man habe den neuen Campus zu wenig gefeiert, man bekäme ein B, und als der Kollege sagte, er finde den Campus scheusslich, gab es ein C.
Chefs sind da eigen.
Und Erdogan hat jetzt ganz zu Recht die Vöglein abgeknallt.

Die Spatzen pfeifen von den Dächern und gehören erschossen.

Und ich gehe jetzt fünfzehn Tauben in Federmatsch verwandeln. Ich lasse mir doch von den Ratten der Lüfte keine Kommafehler vorwerfen.

Donnerstag, 20. März 2014

Lieber Uli Hoeness oder Tipps für den Knast


Lieber Uli,

du wirst also deine Haftstrafe antreten und dafür hast du viel Lob und Respekt bekommen. Ich glaube zwar, du hättest mehr Lob und Respekt verdient, wenn du gar nicht straffällig geworden wärest, ich stelle mir vor, ein 18jähriger Kosovare, den man beim Ladendiebstahl – zum dreizehnten Mal – erwischt hat, verkündet, er werde nicht in die Berufung gehen und seine Tage absitzen, aber lassen wir das, Schwamm drüber.

Was wirst du machen dort im Knast, hinter den Schw(äb)edischen Gardinen, im Kittchen, im Bunker? Was wirst du anstellen die langen dreieinhalb Jahre?
So viel ich weiss, ist die Zeit des Tütenklebens vorbei, das machen heute Maschinen. Vielleicht musst du Hemden nähen oder Festplatten schrauben, denn deutsche Knackis bekommen noch weniger Lohn als die Menschen in Bangladesh, vielleicht hast du aber deine Zeit auch zur Verfügung.
Was wirst du tun?

Eine Bitte, lieber Uli: Schreib kein Buch. Es wird entweder für uns oder für dich schlimm. Denn entweder sülzt du uns eine Biografie herunter, die uns die Rührungstränen in die Augen treibt in ihrer Verlogenheit oder du packst wirklich aus: Über alle die Sportmafiosi, Beckenbauer, Rumenigge, Blatter (der hat auch Schweizer Konten!), über all das Geschiebe und Gefilze und Gemache, dann bist du auch im Knast nicht sicher. Der Arm der FIFA und der UEFA ist lang und macht vor bayrischen Gefängnistoren nicht halt. Also nicht schreiben! Ausserdem solltest du wirklich ins Lechtal kommen, da ist in der Haft schon einmal ein Schmöker entstanden und der war nicht so gut…

Bitte, lieber Uli, auch nicht malen oder bildhauern, oder  fotografieren („Impressionen aus der Haftanstalt“ – Fotoband von Uli Hoeness, wäää!) und erst recht  – da flehe ich dich als Profimusiker an – keine Musik! Bitte nicht singen, Gitarre spielen oder komponieren! Kalte Schauer treiben mir den schweissgebadeten Nacken hinunter, und meinen Jahrgangsgenossen geht es genauso, wenn ich an die singende Nationalelf von einst denke: „Ja, Fussball  ist unser Leben, ja König Fussball…“ Nein, das nie wieder, bitte, nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg und wieder singende Fussballer.

Nicht dass du keinen Erfolg hättest mit irgendwelchen kreativen Ergüssen! Denn hättest du, deine Biografie käme sofort auf eine Auflage von 1 000 000, deine Vernissagen wären brechend voll mit der Münchner Schick-schick-schick-Schickeria, wobei das Wort „brechend voll“ noch eine ganz andere Bedeutung bekäme, deine Platte würde die Charts stürmen wie weiland Uwe Seeler das gegnerische Tor, aber alles, weil du Hoeness bist und nicht wegen irgendeiner Qualität. Deine Konzerte oder Lesungen wären gesellschaftliche Events, aber nicht mehr.

Hast du eigentlich etwas Anständiges gelernt? Mach doch eine Ausbildung. Vielleicht irgendwas mit Finanzen oder Steuern, sicher darfst du nach deiner Haft bei der Steuerfahndung als Experte anfangen so wie der Ex-Scheckgauner Frank Abignale seinerzeit beim FBI („catch me if you can“)
Ich aber würde dir das empfehlen:
Mach doch mal Sport.
Eine Stunde Schwimmen.
Zwei Stunden Kraftraum.
Eine Stunde Joggen.
Drei Stunden Mannschaftssport.
Pro Tag, versteht sich.
Da lernst du nämlich den Sport mal wieder als das kennen, was er sein kann: Eine körperbetonte, lustvolle, geistreinigende Sache, Kraft für die Gelenke und Kraft für die Muskeln, ein Training für Herz und Nieren, abends müde, aber eine schöne, friedvolle Müdigkeit, du kennst den Sport nur noch als Fabrik, als Geldmaschine, als ein Gespinnst von Intrigen und Schmiergeld. Also:
Pack die Badehose ein.
Und wenn im Herbst die Blatter (ups, das war ein Freudscher), die Blätter fallen, siehst du schon aus wie Gerd Müller in seinen besten Zeiten. Der Körper, Körper, die Haare kommen nicht wieder, dafür bist schon zu sehr im Glatzenalter und du hast sie auch ganz schön gerauft…

In diesem Sinne: Mach’s gut, Uli!

 

 

 

Dienstag, 18. März 2014

Völkerrechtskonforme Separation?

Die ab 1773 durch eine Genussmittelvernichtungsaktion völkerrechtswidrig entstandenen USA ermahnen Putin, nicht gegen das Völkerrecht zu  verstossen. In der durch drei Berghirten auf einer Seewiese ebenfalls völkerrechtswidrig ausgerufenen Schweiz ist man besorgt. Mutti, Chefin eines 1871 völkerrechtswidrig im Feindesland durch Hau-Ruck-Spiegelsaal-Aktion verkündeten Deutschland, dass hier Staats- und Völkerrecht gebrochen werde. Ähnliche Reaktionen tönen auch aus den Niederlanden (völkerrechtswidrig von Philipp II losgesagt) und Italien (völkerrechtswidrige Staatsgründung durch Garibaldi).  
Gut, alle diese Länder haben das Glück, dass es damals halt noch keine UN, keinen Völkerbund, kein Völkerrecht, keinen Sicherheitsrat und diesen ganzen Mist gab. Da zählte nur eines: Wer sich lossagt, muss seine Freiheit erkämpfen, wer einen Brocken vom Nachbarland will, muss Krieg führen. Ein Land wurde nur dann in die Autonomie entlassen, wenn es so hässlich, so unbrauchbar, wenn seine Männer so krüpplig und seine Frauen so wüst, wenn sein Boden so goldarm und seine Felder so steinreich, wenn seine Lieder so misstönend und seine Bilder ein solches Geschmier waren, dass es eh niemand wollte. (So sind die Kleinstaaten entstanden.)
Wie sähe aber nun eine völkerrechtskonforme Lösung aus? Denn die muss es ja schliesslich geben, sonst könnte man ja keinen Verstoss ahnden.
Vielleicht etwa so:
A ist ein Teilstaat von B. Da A keine Volksbefragung zum Thema Wechsel zum Staat C durchführen darf, gibt es ein folgendermassen formuliertes Plebiszit:
Wir dürfen die Bewohner des Gebietes A nicht nach Wechselwünschen befragen, und ein Wechsel des Staates ist auch staats- und völkerrechtlich nicht zulässig, aber wenn er es wäre, wie WÜRDET ihr entscheiden?

Es entsteht das hypothetische JA. Nun wird verhandelt: Wir wollen ja gar nicht weg und wir dürfen ja gar nicht weg, aber wenn wir es wollten und dürften, wie sähe das für euch aus? Nun werden Bedingungen ausgehandelt, die für den nicht vorkommenden, rein in der Phantasie existierenden Fall zuträfen. Dann stimmt das Parlament von B in ähnlicher Weise wie A ab, alles im Konjunktiv, denn man darf ja gar nicht das entscheiden, was man da eben entscheidet.
Nun gibt es nur noch zwei Hürden:  Die eine: C muss ja auch noch wollen. Will C meistens, Gebietsgewinn ist ja immer gut, es sei denn A ist ein hässlicher, armer Staat mit krüppligen Männern und wüsten Frauen oder C ist der völkerrechtswidrig entstandene Berghirten-Seewiesen-Staat, die wollen nämlich kein Land mehr. Die zweite Bedingung ist die Anerkennung durch Russland UND die Vereinigten Staaten. Das schafft man eh nicht.
So würde das also völkerrechtskonform gemacht. Besonnen, überlegt, konstruktiv. Wenn aber A und B so besonnen und konstruktiv und überlegt und  friedlich handeln, können sie auch zusammenbleiben und ein paar Sonderkonditionen aushandeln.
Nein, so schön geht das meistens eben nicht. Also hören Sie mir auf mit dem Völkerrecht.

Nicht, dass das gut wäre was der Wodkaprinz macht!!!

Es ist - wie der Papst sagte, der sich BEWUSST versprochen hat, er kann Italienisch - cazzo, Scheisse, aber das Völkerrecht ist wie die Bibel, der Koran oder Marx, man kann sie immer hochhalten und schreien: "Aber da steht!" 
Wie völkerrechtskonform waren denn die ganzen Hau-ruck-und-zuck-Actions des durch die völkerrechtswidrige Nahrungsmittelvernichtung entstandenen Staates? 
So Golfkrieg und so?
Warum hat man den Kosovo gleich anerkannt?
Zustimmen kann man dem, was Angie heute sagte: "Das Verhalten Russlands entspricht nicht dem, was man im 21. Jahrhundert in Mitteleuropa macht." Also: Was so nah an Deutschland liegt, da sollte man doch bitte völkerrechtskonform handeln. Sonst wo auf der Welt, da ist es egal.
Wenn hinten, weit in ... die Völker aufeinander schlagen...


    


Freitag, 14. März 2014

Die ganze und die halbe Wahrheit oder 3 oder 27, Herr Hoeness?


„Mama, ich muss dir was beichten. Fräulein Wurmholz wird dich nachher anrufen…“, Kevin schluchzt und wischt sich mit dem Ärmel Rotz und Tränen aus dem Gesicht, „ich war frech.“ Die Mama blickt ihren Filius streng an und fragt, was er denn Böses gesagt habe. „Ich…“, erneuter Tränenschub, erneutes Ärmelwischen, „ich habe gesagt, Sie soll den Mund halten.“ Die Mutter streicht Kevin übers Haar und meint, so etwas dürfe man wirklich nicht sagen, aber es könne einem ja mal rausrutschen und sie werde das mit Fräulein Wurmholz klären. Etwas erstaunt vernimmt dann die Mama von der Klassenlehrerin die komplette Version: Wörtlich hat der Bub „Halt’s Maul, du dumme Fotze“ geschrien und zur Unterstreichung seiner Worte einen Stuhl  nach ihr geworfen, einen Stuhl, der sie doch empfindlich an der Schulter getroffen habe.
Der Zorn der Mutter ist episch, sogar epischer als er ohne Geständnis gewesen wäre. Schuldanzeigen sollten eben vollständig sein.
„Schatz, ich muss dir was beichten“, spricht zitternd die junge Ehefrau Bea und beichtet unter Tränen, dass sie nach der letzten Betriebsfeier vor einem halben Jahr, sie hätten alle schon viel zu viel getrunken gehabt und nicht mehr genau gewusst, wo oben und unten gewesen sei, sich mit dem Kollegen Rudi in den Park verzogen hätte, und dort…auch Tränen über Tränen, Bea benutzt allerdings im Gegensatz zu Kevin Papiertaschentücher, dort hätten sie miteinander geschlafen. Robi, der junge Ehemann verzeiht grossmütig und wird vom gleichen epischen Zorn wie die Mama oben gepackt, als er von anderen erfährt, dass Bea und Kollege Max sich nach der Parkgeschichte noch ca. dreissigmal getroffen und auch im nüchternen Zustand den Freuden der Venus hingegeben haben, davon viermal in Max und Beas Ehebett – und Robi dachte noch, es riecht nach einem komischen Aftershave!
Schuldanzeigen sollten vollständig sein.
„Das Auto hat einen kleinen Kratzer.“ Er ist ca. 4 qm gross, ausserdem hat der Unterboden einen Riss und der Auspuff fehlt.
„Der Bericht wird nicht ganz vollständig sein.“ Er wird ausser Inhalt, Einleitung, Schlusswort gar nix enthalten, weil alle Unterlagen verschludert sind.
Wenn schon sagen, dann alles sagen, dann keine Teilbeichten.
Hunderte von Politikern sind mit solchen schon auf die Fresse gefallen.

Und so hat ein Münchner Gericht eben auch die Selbstanzeige über 3 Millionen nicht als schuldmindernd anerkannt, weil es halt nun eben 27 Millionen waren. Man kann sagen, hier wird um Kleinigkeiten gestritten, ob 3 oder 13 oder 27 oder 100, spielt das eine Rolle, wichtig ist doch die Ehrlichkeit, aber siehe oben, die 24 fehlenden Milliönchen sind wie die „Fotze“, wie der geworfene Stuhl, wie der Sex ohne Betriebsfeieralkohol im Ehebett, sind wie der fehlende Auspuff, es macht es fast schlimmer, dass man scheinheilig den Grossteil verschweigt.
„Eine ungültige  Selbstanzeige ist ungültig.“ So der Staatsanwalt – er scheint seine Gertrude Stein gelesen zu haben.

Wenn man aber gestern Radio gehört hat, konnte man einige „Stimmen von der Strasse“ vernehmen, die blankes Entsetzen ausdrückten (neben anderen, die meinten „recht so“). Das könne man nicht machen, so eine Frau, das sei furchtbar, eine andere, ein Mann fast tränenerstickt, der arme Uli täte ihm so leid. Jeder ist natürlich damit einverstanden, dass Selbstanzeigen vollständig sein sollten und Steuerhinterziehung strafbar ist – aber Gefängnis? Für einen Gott, einen Fussballgott, für jemand, der so viel Gutes getan hat? Für eine Ikone, deren Heiligsprechung kurz bevorstand? Für Hoeness, den Allmächtigen, Gnädigen, Weisen? Hoeness, der irgendwo zwischen Zoroaster, Gandhi und Karl dem Grossen zu suchen ist? Für Uli den Ersten, König von Bayern München und Fürst von eigenen Gnaden?
Vor dem Gesetz sind alle gleich, aber erst seit gestern wissen wir, dass das auch für Sportfunktionäre gilt.
„Er hat es doch zugegeben!“ Nein, gute Frau, nein, hat er eben nicht.
Kevin erhält übrigens zwei Wochen Taschengeldentzug und drei Tage Hausarrest. Er wird aber, wenn Papa heimkommt, sich diesem sofort weinend an die Brust werfen, Rotz und Wasser produzieren kann er ja, und Papa wird vielleicht, ganz vielleicht das Urteil aufheben, oder mildern…

Zum Glück gibt es ja die Zweitinstanz.

Und hier entpuppt sich nun Uli als heldenhaft, im Gegensatz  zur Memme Kevin. Er geht in den Knast. Dazu am Dienstag mehr.

Dienstag, 11. März 2014

Ohne Zahnstocher und in Badehose durch den Flughafenscanner - wozu?


Sie alle sind sicher schon einmal geflogen. Ich meine nicht von der Schule oder vom Velo, sondern so richtig, mit einem Flugzeug. Und Sie alle kennen das Prozedere, das man durchläuft, bevor man endlich an Bord einer Maschine darf.
Ca. dreissigmal werden Ihre Bordkarte und Ihr Pass angeschaut, beziehungsweise beim Einchecken Ihr Flugticket und Ihr Personaldokument. Weh Ihnen, wehe, wehe, wenn hier schon eine Kleinigkeit nicht stimmt! Heissen Sie etwa Harald und alle nennen Sie Harry und Ihr Stammreisebüro hat das Ticket auf Harry ausgestellt? Schlecht, ganz schlecht, ebenso, wenn Sie mit einem Zettel mit Ann-Marie daher kommen, denn eigentlich steht im Pass Anna Maria, was nur noch Ihre Taufpaten wissen. Ganz blöd erging es meiner Exfrau: In Den Haag bei Sigiswald Kuijken studierend, durfte Sie mit La Petite Band auf Tournee. Nun gibt es in den Niederlanden keine matrimoniale Namensänderung, sie wurde durchweg mit ihrem Geburtsnamen geführt und im Pass war natürlich der  geänderte Nachname, also Herter…
Wenn also Pass und Ticket und Bordkarte OK sind, geht es ans Untersuchen: Sie haben doch nicht etwa noch irgendeine Flüssigkeit im Handgepäck, irgendein Duschgel oder ein Getränk? Geht schon gar nicht. Ebenso Mist ist es, wenn man im Handgepäck einen langen, scharfen oder spitzen Gegenstand entdeckt, wie einen Kugelschreiber, einen Zahnstocher oder ein Mikadostäbchen. Einmal behauptete der Beamte, es wäre nur ein Feuerzeug pro Person erlaubt und nahm uns alle Reservefeuerzeuge ab. Ein anderes Mal hatte ich, ich hatte den Tag zuvor ein Picknick gemacht, ein Messer, eine Gabel und einen Löffel in meiner Sporttasche vergessen. Musste ich in Frankfurt einlagern lassen.  Umso erstaunter war ich, dass wir just auf diesem Flug unseren Lunch („Chicken or beef?“  Laut Dobelli die meistgestellte Frage auf diesem Planeten.) mit ECHTEM Besteck bekamen. Noch erstaunter war ich dann, als ich bei der Ankunft mein Essgerät wiederhaben wollte. Die Ausgabe war im anderen Terminal, was mich eine Stunde kostete, und dann wollten Sie noch 2 Euro pro Tag fürs Aufbewahren. Habe ich natürlich nicht berappt, sondern gesagt, sie sollen sich Messer, Löffel und Gabel sonstwohin schieben…
Ja, und wenn das Gepäck in Ordnung ist, kommt die Durchlauferei. Eins, zwei, los…PIEP. Noch einmal zurück, auf Geheiss der Uniformierten die Ringe ausgezogen. „The rings are not the problem, they never were. It’s not my first flight.” “No discussions, please.” Eins, zwei, los…PIEP. Abtasten.
Ich bin nie bis zur Leibesvisitation gekommen, wobei ich meinen durchtrainierten Körper und meine schicke Unterhose eigentlich gerne zur Schau stellen würde. Was ich nicht weiss: Müsste ich meine Boss-Boxers auch ausziehen? Würde ich dann auch noch rektal kontrolliert? Schliesslich kann man auch im Hintern noch TNT transportieren.
Was einen dann, wenn man alle diese Strapazen bedenkt, so stutzig macht, ist die Tatsache, dass es offensichtlich alles nix bringt. Wenn ich jetzt lese, dass ein ganzes Flugzeug wahrscheinlich gesprengt wurde, macht mich das rasend. Wozu muss ich meinen Kuli abgeben, wenn andere Massen an Detonationsmitteln an Bord schleppen? Wozu das Theater mit Harald oder Harry, wenn scheinbar die Verdächtigen mit gestohlenen Pässen unterwegs waren? Ich bitte Sie, nicht gefälschte oder abgelaufene, sondern geklaute!
Wenn das ganze Personal sowieso nicht draufschaut, wieso zeige ich dann dreissigmal meine Papiere? Wieso setzt man nicht an einer Stelle gelernte Zöllner ein, die jede Fälschung erkennen, sondern nur Saftschubsen, die für die Luft zu faltig geworden sind und nicht botoxen wollen? Ein geschulter Zollbeamter sieht alles, ich habe erlebt, wie einer einen gefälschten Pass von Zaire in der Hand hatte und zum Kollegen sprach: „Der ist ein wenig zu gelb.“ Er war eine Fälschung und der Besitzer sehr schnell verhaftet. Zöllner haben auch so etwas wie Menschenkenntnis, sie winken die harmlosen durch und erkennen die Schweine, sie können noch so harmlos aussehen, wie die Geschäftsfrau neben mir im ICE, die, Businesskostüm und Laptop, in ihrer GUCCI-Tasche 1 kg Koks beförderte, die Grenzer schnappten sie.
Solche Leute braucht es und nicht ein Bodenpersonal, das sich aus den abgehalfterten Luftleuten rekrutiert.
Noch einmal: Ich habe nichts gegen Kontrollen, aber sie müssen was bringen. Ich bin gerne bereit, vor jedem Flug eine DNA-Probe abzugeben, im Flugi auf Kreuzworträtsel zu verzichten (Kugelschreiber!)  und in der Badehose durch den Piepser zu stolzieren, nur: Es muss einen Sinn machen.   

Donnerstag, 6. März 2014

Geräte nicht duzen!

In Holland gibt es im ÖV keine Fahrscheine mehr, sondern das Fahrgeld wird von einer Chipkarte abgebucht. Dabei zieht man das Kärtchen beim Einsteigen an einem Leser vorbei und der Automat nimmt einen Maximalbetrag, beim Aussteigen bzw. Auschecken wir der Rest wieder draufgebucht, und zwar zahlt man genau die Kilometer, die man gefahren ist. Der Vorgang hat den Sinn, dass man das Auschecken nicht vergisst. Insofern war ich an der Haltestelle Badhuiskade etwas nervös, als der Apparat nicht sofort ansprang. "Wat is er? Wat makt u? Waarom werkt u niet?"schrie ich ihn an. Alsobald funktionierte das Gerät und zeigte mir an, dass ich 1,34 Euro verfahren und noch 56,78 Euro Guthaben hätte. Prima, dachte ich die Maschinen im Königreich der Niederlande sind besser als bei uns. Dann bemerkte ich aber die Wortwahl: Ich hatte "u" gesagt, die Niederländische Höflichkeitsform, die Entsprechung zum deutschen "Sie". Apparate wollen scheinbar nicht geduzt, sie wollen gesiezt werden.
Sie finden das pervers, zu Maschinen zu sprechen?
Ach, kommen Sie, Sie reden auch ständig zu ihrem Auto, ihrem Laptop, ihrem Drucker, ihrem Kühlschrank, ihrer Mikrowelle. Und sie duzen sie.
Welche Gründe kann man haben, einen Apparat mit "du" anzusprechen? Gründe für das Duzen wären:
Sie sind unsere Sklaven.
Sie sind Kinder.
Sie sind unsere Freunde.

Alles trifft nicht zu.
Die Apparate sind nicht unsere Sklaven, sie sind unsere Herren. So wie Coronius zum Medicus rennen muss, wenn sein Dominus Flavius Fieber hat, aber Flavius umgekehrt den Medicus erst holt, wenn Coronius kurz vor dem Exitus steht, schliesslich hat der Sklave Geld gekostet, so tragen wir unseren Computer zum Reparieren, selbst mit 39° Fieber, aber unserem Laptop ist es sehr egal, ob wir krank sind. Wer bestimmt, was wir wann machen? Unser Computer und unser Handy sagen es uns. Wer bestimmt, wann wir ins Bett gehen? Unser Fernseher, selbst wenn er kaputt ist, Loriot hat es vorgemacht. ("Ich gehe nach den Spätnachrichten ins Bett") Wer bestimmt, was es zum und wann es Essen gibt? Kühlschrank und Mikrowelle. Nein, unsere Geräte sind nicht unsere Diener und sollten deshalb nicht geduzt werden.
Unsere Maschinen sind keine Kinder. Gut, sie haben oft Kinderkrankheiten, sie stecken manchmal in den Kinderschuhen, aber das trifft für Bügeleisen und Kühlschrank nicht zu. Wenn Geräte Kinder wären, würden sie spielen, spielen für sich und ganz in aller Ruhe vertieft. Haben Sie jemals erlebt, dass das Bügeleisen rauf und runter heizt und sich am Geblinke freut? Na also. Haben Sie jemals erlebt, dass der Eiskasten sich selber abtaut und das Wasser dann staut und Rinnsale fliessen lässt? Na bitte.
Und zu guter Letzt: Unsere Laptops, PCs, CD-Player und Drucker sind nicht unsere Freunde. Freunde, ich meine echte Freunde, gehen überall mit hin. Gut, meine Geräte tun das auch, aber sie streiken, wenn es keinen Strom gibt. Oder wenn es ein Funkloch hat. Wahre Freunde - so heisst es im entzückenden, wirklich tollen Kinderbuch Freunde von Helme Heine - träumen von einander. Hat mein Handy je von mir geträumt? Und wenn meine Geräte mit mir reden, siezen sie mich. Würden Freunde mich nicht duzen, "Bitte gib dein Passwort ein."? oder "Bitte lege einen Datenträger in Laufwerk D ein"?
Ich werde also in Zukunft zu meinen Apparaten auf eine professionelle Distanz gehen. Kein Duzen mehr, sondern wenn mein Drucker streikt, werden sie mich sagen hören: "Entschuldigung, das ist wohl ein Papierstau, ich muss kurz Ihr Hinterteil öffnen."

Montag, 3. März 2014

Oscar und Olympia (beide vorbei, zum Glück...)

So, jetzt haben wir nach Olympia auch die Oscar-Nacht hinter uns. Gut so. Nun ist nämlich mal Schluss mit Preisen, Siegern, Trophäen, nun ist wieder mal ein bisschen Ruhe vor: „The winner is…“ und „Gold, Gold, Gold! Wir fassen es nicht, das sind 2 Hundertstel schneller als…“, nun ist bis zum Song Contest  ein wenig spannungsarme Zeit, brauchen wir ja auch. Man kann da die ganzen Freudentränen und Freudenseufzer, alle die Umarmungen und Danksagungen schon nicht mehr verkraften.
Die einzige gute Oscar-Rede aller Zeiten hat übrigens Shirley McLaine gehalten, die, als sie für ihren x-ten Film („Zeit der Zärtlichkeit) endlich den Oscar bekam, weder ihrem Mann, ihrem Vater, ihrem Manager, ihrem Produzenten, ihrem Hund oder ihrer Katze dankte, sondern die Goldstatuette in die Höhe streckte und rief: „I’ve  really earned it!“ - Den habe ich redlich verdient!
Wir sind so übersättigt mit Bestleistungen und Preisen, dass wir den Sieger anschauen, ihm kurz zunicken und zur Tagesordnung, sprich zum nächsten Preis übergehen. Könnte irgendjemand die Oscargewinner für Besten Film, Beste Regie und Beste(r) Schauspiele(rin) von 2013 sagen? Weiss noch jemand die Literatur- und Friedensnobelpreisträger des letzten Jahres? Kennen Sie einen Nobelpreisträger einer anderen Kategorie, ich meine aus jüngster Zeit, Marie Curie ist ja schon ein kleines bisschen her? Wissen Sie überhaupt die Kategorien? Können Sie mit Bestimmtheit sagen, ob Soziologie und Psychologie dabei sind, und mit Bestimmtheit meine ich, würden Sie 1000 Franken wetten? Kennen Sie noch irgendeinen Goldmedaillisten der letzten Olympiade?
Sehen Sie. Können und kennen Sie nicht.
Vom Grand Prix d’Eurovision (für die Spätgeborenen: Eurovision Song Contest) ganz zu schweigen. Gut, ABBA. Und sonst? Lys Assia, kennen Sie aber auch nur aus den Schweizer Kreuzworträtseln. Und wenn sie gerade 90 wird, was dieser Tage wirklich der Fall ist. Sie sieht auf den Fotos übrigens auch aus wie 90, was sie wiederum wohltuend von den gelifteten und gebotoxten Hollywood-Celibrities unterscheidet.
50% der Gewinner hatten überhaupt keinen, und ich meine null Profit davon, die bekamen schon ihre zweite Platte nicht verkauft und verkaufen heute Würstchen an irgendeinem Strand oder Tabakwaren auf einem Grossstadtbahnhof und strahlen wie die Honigkuchenpferde, wenn alle zwei Jahre mal jemand fragt: Sind Sie nicht …? Haben Sie nicht mal den Grand Prix…?
Trotzdem sind wir süchtig, nach Konkurrenzen, Wettbewerben und Trophäen. Selbst wenn sie scheisse aussehen, was Oscar und die Medaillen ja tun. Ich bitte Sie, der Oscar sieht aus wie ein Koloss, der vor dem Eingang einer Protzhalle der NS-Zeit steht und die Gold-, Silber- und Bronzetaler muss ein Grafiker vor dem Frühstück designt haben, weil er nach dem Frühstück ein bisschen angeln gehen wollte.  
Wann hat das eigentlich angefangen mit der ganzen Medaillen- und Trophäenverleiherei?
Schon in der Antike, Sie erinnern sich: Der berühmte GOLDENE APFEL sollte „der Schönsten“ verliehen werden, dummerweise hatte man sich in der Wahl der Jury etwas vertan, ein Mann, und zwar nicht mal ein Schwuler, der das ja hätte entscheiden können, nein ein heterosexueller Pampaprinz, der mit der Aufgabe überfordert war. Zudem war er bestechlich, er gab den GOLDENEN APFEL der Göttin, die das beste Angebot machte und entschied sich für Liebe statt für Macht oder Weisheit – schön blöd. Die Folge war ein zehnjähriger Krieg.
Zum Glück sind heute IOC und Academy kompetent und unbestechlich. Doch, doch, doch, das IOC ist nicht korrupt bei der Vergabe von Medaillen, es ist korrupt bei der Vergabe des Austragungsortes, aber das ist ja etwas ganz Anderes.
Später gab es dann noch den Sängerkrieg auf der Wartburg, bei dem die Heilige Elisabeth Rosen verteilte und Martin Luther mit einem Tintenfass warf, weil sein Song „Ein feste Burg“ keinen Preis bekommen hatte. Und wer gewann damals in Thüringen?
Wissen se nich.
Sach ich doch die ganze Zeit, dass se sowas nich mehr wissen.
Olympia 2014 liegt hinter uns. Der Academy Award 2014 ist Geschichte. Und wir freuen uns auf den Song Contest und diverse andere Wettbewerbe um mit den Teilnehmern zu zittern, um mit Spannung auf das Ergebnis zu warten und die Sieger zu feiern.
Und sie dann blitzartig zu vergessen.