Eine grosse Torte aus 10 verschiedenen Einzelkuchen
zusammenzusetzen ist schon eine Sache, die eine erfahrenen Konditorin oder
zumindest einen guten Hobbybäcker
verlangt. Schwieriger wird es, wenn während des Montagevorgangs die
Einzelkuchen auseinanderbrechen. Da braucht es eine Menge Zuckerguss,
Buttercreme, süsse Schmiermasse, um etwas Anständiges zu zaubern, Schokolade
klebt auch ganz gut.
Wenn drei befreundete Ehepaare in ein Haus ziehen, ist das
eine dufte Sache: Man kann gemeinsam kochen, feiern, quatschen, man hütet sich
gegenseitig die Kinder und im Sommer wird bis in die Puppen gegrillt, im
grossen Garten, denn die Zäune hat man gleich weggelassen. Schwieriger wird es,
wenn die drei Paare sich zerstreiten und trennen. Kann man jetzt noch bei
Jochen (der sich in den 2. Stock zurückgezogen hat) einfach in die Küche
latschen und eine Milch holen, wenn im 1. Stock Marlene lauert, die einen
hasst, weil man sich auf Jochens Seite geschlagen hat?
Sehen Sie: Genauso kommt mir Europa vor. Einerseits die
grosse Gemeinschaft, freier Handel, offene Grenzen, die Vereinigten Staaten von
Europa (USE)scheinen greifbar nahe, andererseits wollen überall Regionen mehr
Autonomie. Die Schotten wollen –zum wievielten Male? – weg von London, die
Cornish People (oder heisst es Cornwaller oder Körner?) möchten auch mehr
Unabhängigkeit, wobei sie die Abhängigkeit von den von der Themse her gezahlten housing-,
learning-, working- und tax-benifits nicht stört, die Basken, die Wallonen,
alle mäkeln an ihrem Staatsgebilde herum.
Und jetzt auch die Venetianer.
In einem unverbindlichen Votum (warum schreibt hier
eigentlich keine Zeitung „völkerrechtswidrigen“???) haben sie sich neulich für
einen eigenen Staat ausgesprochen. Da die Region sowieso bald im Meer versinkt,
ist es kein Problem, sie zu entlassen. Ausserdem sprechen sie ein schlechtes
Italienisch (wer sagt denn „bona sära“ und „stässa“?) und feiern das ganze Jahr
Karneval. Aber es wird für einen Aufschrei in Milano sorgen: Wieso denn jetzt
die? WIR sind doch die, die weg wollen, WIR wollen doch eine eigene Republicca
Lombardia, oder noch besser zu den Eidgenossen, die uns zwar nicht wollen, aber
sei’s drum. Wenn die da mit ihren komischen Glasfiguren sich behaupten können,
dann wir Lombarden mit Mode und Hightech gleich zehnmal.
Mir scheint, hier könnte das Bayern-Modell helfen. Das Bayern-Modell
ist eine Scheinselbstständigkeit, die allen Beteiligten das Gesicht wahren
hilft und harte Auseinandersetzung vermeidet. Als die Bayern 1945 überlegten,
ob sie bei Deutschland bleiben, schliesslich waren sie als letzte zum
Kaiserreich gestossen und hatten 1866 noch auf der Österreichischen Seite
gestritten, legten sie einen Katalog von Forderungen vor, deren erster Teil
anstandslos akzeptiert wurde:
·
Eigenes, mit keinem anderen kompatibles
Schulsystem· Radiosender, der nicht den linken ARD-Mist spielen muss
· Name „Freistaat“
· Eigene Partei
Der zweite Teil war schwieriger:
·
Todesstrafe· Staatsämter nur an Katholiken
· Visumpflicht bei mehrwöchigem Aufenthalt
Diesen Forderungen wurde nicht entsprochen, obwohl es gar
nicht schlimm gewesen wäre, denn Bundesrecht bricht Landesrecht, ausserdem wird
ein Protestant in Bayern eh nie gewählt und mehrere Wochen will auch niemand an
die Isar, an den Inn oder den Lech.
Die Bayern wurden also ein Freistaat, nannten ihre CDU in
CSU um, weigerten sich, den SCHEIBENWISCHER von Dieter Hildebrand zu senden und
machen jedem Kind klar, dass eine NRW-Gymnasialempfehlung in München nur für
die Hauptschule langt.Das BAYERN-MODELL zeigt also, dass man Strukturen finden muss, bei denen alle irgendwie glücklich sind. Man kann z.B. getrennte Währungen haben und die Kurse fixieren, ein X-Taler ist dann immer genau ein Y-Taler, obwohl die Bildchen drauf andere sind. Oder der Kleine Grenzverkehr, der seit Jahren zwischen Deutschland und der Schweiz läuft, man kann ja auch Zigtausende von Grenzgängern, die zur Arbeit erscheinen, nicht komplett filzen.
Die Kuchenstücke dürfen zerbrochen sein, es muss nur genügend Schokoguss draufgeklatscht werden, und man darf auch wieder zu Jochen, man muss Marlene nur immer FRAGEN, wobei sie stets ja sagt, aber GEFRAGT muss sein.
Ich freue mich auf ein buntes Europa aus 180 Einzelstaaten, die alle ihre kleinen Ticks und Rechtlein haben.
Dass das BAYERN-MODELL funktioniert, zeigt übrigens auch ein Blick auf B-W, den Südweststaat: Offiziell ist dort eine Sprache Amtssprache, die die Einwohner zwar verstehen, aber nicht sprechen können: Hochdeutsch.
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