Donnerstag, 28. November 2013

Bitte keine Koalitionsverträge in der Weihnachtszeit!


Es ist nicht zu fassen. Nun hat mir Angie meinen schönen Post für heute kaputtgemacht. Ich hatte mir so etwas Witziges zur Länge der Koalitionsverhandlungen ausgedacht, und nun unterschreiben die Heinis einfach so ihr Dokument. Hätten die nicht bis nächste Woche warten können? Wenn die Sache eh schon ewig gedauert hat, wäre es ja auf ein, zwei Tage nicht angekommen. Aber manchmal sind Politiker dann doch schneller, als man denkt.
Ich hatte vorgehabt, den unvergleichlichen Text aus Douglas Adams Das Leben, das Universum und der ganze Rest über die längste Party aller Zeiten auf die längsten Verhandlungen umzuschreiben. Verdammt, ICH HABE ALLES SCHON GESCHRIEBEN, und jetzt zücken Merkel, Steinbrück und der Bayer ihre Stifte und malen einfach ihre Kritzel aufs Papier.
Hier ein paar magere Auszüge von meinem Supertext:

Die längste und erfolgloseste Koalitionsverhandlung aller Zeiten geht jetzt in die vierte Generation und immer noch macht niemand Anstalten irgendein Dokument zu unterschreiben. Irgendjemand hat mal einen Kugelschreiber gezückt, aber das ist nun auch schon wieder elf Jahre her, und einen Nachahmer hat es nicht gegeben…

Vor kurzem hat es vor den Toren geknallt und geblitzt, und man ist der Auffassung, dass es von Schlachten herrührt, die sich Rebellen und Milizen in dem seit Jahrzehnten unregierten Land liefern…

Eines der Probleme, und zwar eines, das immer schlimmer wird, ist, dass alle Leute bei dieser Konferenz die Kinder oder Enkel oder Urenkel der Leute sind, die schon zu Anfang nicht unterschreiben wollten, und aufgrund der ganzen Chose von Zuchtwahl, regressiven Erbanlagen und so weiter heisst das, dass die Leute, die jetzt verhandeln, entweder fanatische Diskutierer sind oder Schwachsinn plappernde Idioten oder, öfter und öfter,  beides…

Die Gesamtlänge der Gespräche – Sie erinnern sich: Es wurde ja erst mit Rot UND Grün ein bisschen sondiert, dann noch einmal mit beiden sondiert, und dann endlich erst überhaupt in gültige Verhandlungen  eingestiegen – hat nun doch ein grosses Problem aufgetan:
 
Man ist zu weit in die Weihnachtszeit hineingeraten.

In der Advents- und Weihnachtszeit wird nicht nur die klare Ratio, der Verstand, das Kalkül, das Denken ausser Kraft gesetzt – ich bitte Sie, wer kann unter der konsequenten Beschallung mit Jingle Bells noch irgendeinen sinnvollen Gedanken fassen? Wer kann eine gute Entscheidung treffen, wenn vor dem Fenster zehn blaue Engel und zehn rote Nikoläuse im Sekundentakt um die Wette blinken? – die Advents- und Weihnachtszeit ist die Zeit der Grosszügigkeit, der Freude, der Liebe, des Schenkens. In diesen Tagen denkt man nicht ans Geld.
Bubi will ein Fahrrad mit Platinrahmen und 56-Gang- Schaltung? Es ist doch nur einmal Weihnachten, kriegt er halt zum Geburtstag weniger. Ein Truthahn am 24. und eine Pute am 25.? Natürlich, man gönnt sich ja sonst nichts. Einmal im Jahr will man doch nicht jeden Cent umdrehen, will man nicht ans überzogene Konto denken, einmal es sich gutgehen lassen. Und dann wird halt aus dem Parfüm für 350.- schnell ein Duft für 580.-, da wird dem Kindlein zusätzlich zu Velo und Spielkonsole noch eine Skiausrüstung gekauft. Ja, und spenden muss man natürlich auch, an CARE und BROT FÜR ALLE und an den WWF und an die AKTION MENSCH, alle bekommen auch schnell ein Zehnernötlein, denn wir sind ja gute Menschen und Christen und man zeigt damit, dass einen der Mammon nicht im Griff hat. Und irgendwann merkt man, dass das 13. Gehalt, das so genannte Weihnachtsgeld, gar nicht gereicht hat…

In dieser Atmosphäre sollte man keine Koalitionen schmieden.
Denn was da jetzt in Berlin herausgekommen ist, mutet einem an wie der Sack vom Nikolaus: Da gibt es Rente früher, Rente für Mütter, Steuererlass für Kleinhunde und Grosskatzen, Mindestlohn, natürlich Kultur- und Bildungsförderung, da gibt es Geld, Geld, Geld. Man gönnt sich ja sonst nichts, es ist nur einmal Weihnachten und an die Frage, wo das ganze Geld herkommen soll, denken wir lieber nicht. Das Volk scheint von Lebkuchenduft und Glühwein benebelt, es merkt gar nicht, dass die Weihnachtsgeschenke der Grossen Koalition nur durch Steuererhöhungen oder Schulden zu finanzieren sind. Und Schulden wollte man doch abbauen? Aber Wörter wie Ausgeglichener Haushalt gehören eben nicht ins Vokabular der Weihnachtszeit. 
Daher sollte man immer im Frühjahr wählen, damit, wenn die K-Verhandlungen doch Adamsche Ausmasse erreichen, nicht in der Zeit der offenen und grosszügigen Herzen Verträge geschmiedet werden, in denen es um die Zukunft eines Landes geht. Denn eines ist klar: Der Januar kommt bestimmt.

 

  

Montag, 25. November 2013

Das Böse bleibt


Wer war August von Kotzebue?
Sie haben 10 Sekunden  Zeit für die ausführliche Antwort, Sie können noch nicht tauschen, einen Joker einsetzen oder jemand anrufen.
Nun?
Was sagen Sie? „So’n  Dichter, wo erschossen worden ist…“ Na ja, das ist teilweise richtig. Aber arbeiten Sie einmal an Ihrem Deutsch, das Relativpronomen heisst der. Kotzebue – wurde der nicht sicher die ganze Zeit auf dem Schulhof gehänselt wegen seines Namens, ich meine, das klingt doch verdammt nach Kotzbub ? – war der meistgespielte Autor seiner Zeit, er hat ca. 50 Theaterstücke verfasst, darunter Der Rehbock, der die Vorlage zu Lortzings Wildschütz bildet.
Was uns aber immer nur einfällt, ist, dass er 1819 vom Studenten Carl Ludwig Sand erschossen wurde; und dass das irgendwie etwas mit der Deutschen Revolution zu tun hat, was, weiss ich auch nicht so genau.
Aber es ärgert mich. Weil wir nämlich damit Sand Recht geben. Der Mord, auf unzähligen Stichen, Bildern, Lithografien festgehalten, hebt beide, den schlampigen, unrasierten Jüngling, den sonst keine Sau kennen würde, und den Starautor, den heute auch niemand mehr kennen würde - er wird nicht mehr gespielt - in die Unsterblichkeit.
Böses Tun, das beiden nützt, langfristig gesehen, kurzfristig waren natürlich beide tot, Kotzbub, sorry, Kotzebue durch die Kugel und Sand durch den Strang.
Also habe ich doch auch Chancen eine gewisse Berühmtheit zu erlangen. Und zwar nicht durch etwas Schönes, Anregendes, Grossartiges, Liebes, sondern durch etwas Böses.
Und es gibt zwei Möglichkeiten.
Was?
Nein, das Quiz ist vorbei, ich werte Ihre Antwort nicht, Sie sind keine Runde weiter und haben auch keine 50.- gewonnen.
Also noch mal zu den Möglichkeiten:
1) Ich lasse mich erschiessen. (War mal ein Lied von Ideal: Komm, wir lassen uns erschiessen.) Ich werde die nächsten Wochen damit zubringen, ausländerfeindliche und  inländerfeindliche, homophile und homophobe, bigotte und antikirchliche Posts zu verfassen, ich werde alle provozieren, ich werde Neger, Eskimo und Zigeuner schreiben, und irgend jemand kommt doch dann hoffentlich auf die Idee, mir eine Kugel durch die Stirn zu jagen. Wichtig ist, dass jemand filmt und das Ganze ins Internet stellt.
2) Die zweite Möglichkeit: ich erschiesse irgendeinen Künstler, der sonst in die Bedeutungslosigkeit verschwindet. Ich werde hier keine Namen nennen, weil das als Drohung ausgelegt werden kann, aber es gäbe genug. Popmusiker, die nicht live singen können, sämtliche Skihütten-Musik-Stars, Regisseure, die nicht in die Musik der Opern reinhören und solche, die ständig aus dem Off singen lassen.
Sie finden mich heute zynisch?
Vielleicht. Aber die Welt ist zynisch. Mich ärgert einfach, dass das Böse so viel mehr Bestand hat als das Gute. Stellen Sie sich vor, jemand hätte den Altnazi Filbinger bei der Eröffnung eines Volkfestes umgelegt. Filbinger wäre heute ein Heiliger, es würden Strassen, Plätze, Schulen und Hallen nach ihm benannt. Gibt es aber irgendwo eine Corrie-ten-Boom-Strasse? Nein. Die Holländerin hat ja auch nur ein paar Juden versteckt und das KZ überlebt. Dabei hätten alle die Menschen, die unter Lebensgefahr Leben retteten, das verdient. Wann wird der nächste Grossbau Schindler-… getauft?
Also vergessen wir ab heute doch alle Namen, die nur durch das Böse tradiert werden.
Aber nicht, wenn Sie zu einem Quiz fahren.
Da könnte die 5.Frage lauten: Wer war Lee Harvey Oswald?
Richtig, der Mörder von Kennedy.

 

Donnerstag, 21. November 2013

Die glückliche Hausfrau in den Fünfzigerjahren


Das Bild der glücklichen Hausfrau, die in ihrem Fünfzigerjahrelook an ihrem nagelneuen Herd steht und ihren glücklichen Kindern (Bub, 5 J., Mädchen, 3 J.) zusieht, wie sie in ihren nagelneuen Klamotten glücklich spielen, während sie ein wohlschmeckendes und gesundes Mittagessen zubereitet.
Einige Leser und Leserinnen (!!!) sagten mir, das sei doch eigentlich ein sehr schönes Bild. Ist es  auch, ein harmonisches, nettes, idyllisches, freundliches Bild. Genauso schöne Bilder sind zum Beispiel auch Fotografien von doppelten Mondregenbögen oder Einhörnern, genauso schöne Bilder sind Fotografien von Lehrern, die vor 35 adretten, aufgestellten und hochmotivierten Schülern stehen oder Fotografien, die die sonnendurchflutete Küste von Wales zeigen: Alles Fake.
Abgesehen davon, dass die Mama (wir nennen sie jetzt mal Monika) vielleicht nicht jeden Tag AVON-präpariert und GARD-frisiert die Küche betritt, in farblich auf die Tischdecke abgestimmter Kittelschürze – für wen soll sie sich auch stylen, es sieht sie eh den ganzen Tag niemand – ich glaube, das Problem werden die Kinder sein. Nicht weil Kinder böse sind, weil sie gemein sind, weil sie alles zerstören, kaputtmachen wollen, weil sie Bestien sind, sondern weil sie Kinder sind.
Da plant man zum Beispiel einen harmonischen Sonntag, mit Echt-, Gross- und Nenntanten, Tramfahrt bis zur Endhaltestelle, kurzer Spaziergang und dann am See schöööön Kaffee und Kuchen, und der blöde Bub bekommt im Tram einfach Durchfall, ab nach Hause, den Bengel in die Badewanne und Kaffee am heimischen Esstisch, war dann auch ganz schön. (Der Bub war natürlich ich, wahre Geschichte)
So wird Monika vielleicht zusehen, wie – ach die Kleinen brauchen ja auch noch Namen – Thomas (5) und  Annika (3) sich streiten, zoffen, prügeln, wie das Geschwister halt manchmal tun. Vielleicht ist die Kleine einfach noch zu klein, um die Spielregeln von GEISTERSTUNDE zu kapieren, und zieht mit Hugo, auch wenn kein Gespenst auf dem Würfel ist, und Thomas ist aber auch noch zu klein, um zu kapieren, dass seine Schwester nicht einfach hammerblöd ist, sondern einfach zu jung. Vielleicht fegt Tommy dann die Spielsteine vom Tisch oder steckt Annika einen in die Nase, was dann nochmals Geschrei auslöst.
Vielleicht probiert Thomas aber auch aus, wie das eine Wort ankommt, das er im Kindergarten gehört hat und so klingt durch die teure, mit modernsten Schränken und Geräten designte Küche nicht nur die Stimme von Connie Francis aus dem Radio, sondern auch ganz laut:
„FICKEN“
Auf jeden Fall, die Idylle ist kaputt, Monika muss einschreiten, muss den Herd zwei Minuten verlassen, das nutzt die Milch zum Überkochen – Milch kocht leicht über, da muss man immer dabei bleiben, dies für die Männer, die nicht Teilzeit arbeiten – Monika fegt dann mit dem Hechtsprung, den sie zum Herd macht auch noch sämtliche Salate, Brote und Kaffeetassen vom Küchentisch.
Übertreibe ich?
Ich übertreibe nicht.
Hausfrau und Mutter in Reinkultur ist ein anstrengender Job.
Wenn der Job nämlich so wäre, wie die Männer es darstellen – friedliches Heim, den ganzen Tag Ruhe, kein Stress, freie Zeiteinteilung und volle Harmonie – dann würden die Männer ihn sich unter den Nagel reissen, Männer reissen sich alles unter den Nagel, was ihnen etwas bringt.
Also revidieren Sie bitte ihr Bild und stimmen Sie übermorgen für den Gegenvorschlag:
Geld vom Staat für Kinderbetreuung, wenn beide Partner je 50% arbeiten und 50% zuhause sind.

Leider hat ihn niemand formuliert.

 

Montag, 18. November 2013

Eine(r) von beiden bleibt bei den Kindern - ein Pronomenproblem


Nein, es gehe doch überhaupt nicht darum, die Frauen wieder an den Herd zu schicken. Ich verstünde alles immer falsch, sagt man mir. Es gehe überhaupt nicht darum, wenn jetzt in Deutschland und der Schweiz darüber diskutiert würde, dass man Paare, die ihre Kinder zuhause erziehen, finanziell unterstützen soll. Es ginge nicht darum, das Bild der glücklichen Hausfrau heraufzubeschwören, die in ihrem Fünfzigerjahrelook an ihrem nagelneuen Herd steht und ihren glücklichen Kindern (Bub, 5 J., Mädchen, 3 J.) zusieht, wie sie in ihren nagelneuen Klamotten glücklich spielen, während sie ein wohlschmeckendes und gesundes Mittagessen zubereitet.

Es ginge darum, dass jemand (!) bei den Kindern bleibt. Eine(r) von beiden (!) oder beide (!)  soll/sollen die Kinder betreuen, statt sie in die böse KiTa zu stecken. Abgesehen davon, dass ich nicht verstehe, warum KiTa böse ist und Schule gut, Eltern, die ihre Kinder auch später zuhause haben und sie unterrichten, bekommen kein Familiengeld, Erziehungsgeld, Betreuungspauschale, Herdprämie, sondern die Polizei auf den Hals, haben wir hier doch ein Problem, ein pronominales Problem, ein Pronomenproblem, wir kürzen das jetzt Propro ab.

Und „einer von beiden“ ist ein klassisches Propro.

Das einzige, was sicher ist, ist mein Ich. (Wenn ich nicht gerade bei Frisch bin und nicht weiss, ob ich Gantenbein oder Enderlin sein soll.) Schon bei „wir“ wird es schwierig. Wir brauchen… Wer ist „wir“? Wir Schweizer? Wir Deutschen? Wir Einwohner? Wir Christen? Wir Menschen?
Was heisst nun einer von…/jemand?
Das Propro steckt hier darin, dass man alle Möglichkeiten offen lässt, die de facto aber nicht offen sind.
„Jemand war eingeteilt“, schreibt mein Chef, als zu einem wichtigen Termin niemand von uns da ist, da aber wir zwei uns das Projekt  teilen, schiebt er mir das in die Schuhe, und ich lasse mir nicht gerne etwas in die Schuhe schieben, ausser vom Nikolaus, da beruht das auf gegenseitigem Einverständnis.
Propro.
„Jemand bleibt bei den Koffern, und ihr beide geht `was zum Essen holen“, sagte meine Mutter auf dem Heidelberger Bahnhof zu meinem Vater und mir. Entzückend. Trotz ihrer Schüchternheit brach ihre Berliner Schnauze doch manchmal durch.
Propro.
„Einer von uns soll auf diesem Platze bleiben“ war ein Spruch, den Grafen und Barone im Morgengrauen auf nebligen Wiesen sprachen, wenn die Kiste mit den Pistolen schon offen war. Dabei meinten sie doch sicher den anderen, denn wer erschiesst sich bei einem Duell schon selber? (Es sei denn, man ist ein verrückter Philosoph in einer Lungenklinik.)
Propro.
Wenn es nun heisst „eine/einer von beiden“ oder „beide“, muss doch gefragt werden:
Wer wird es denn sein?
Wie viele Hausmänner kennen sie?
Wie viele Männer, die 50% arbeiten?
Wie viele Männer, die Teilzeit arbeiten?
Wie viele Paare, bei denen beide zuhause sind?
 (Geht eh nur bei Berufserben, Lottogewinnern und Bankräubern, die nicht gefasst wurden.)
Lassen wir uns doch nicht täuschen: Es werden am Ende wieder die Frauen sein und wir marschieren zu Swing- und Schlagerklängen zurück an den Nierentisch.
Back to the Fifties!
Und wenn sie mir jetzt vorwerfen, ich würde polemisieren, kann ich nur sagen:
Tja, da hat heute wieder jemand richtig Dampf abgelassen.  

Donnerstag, 14. November 2013

Schlupflöcher

Wie kam der Fuchs in den Hühnerstall?
Wieso vermehren sich die Karnickel wie die Karnickel trotz Karnickelkäfigen?
Wie konnte das Meerschweinchen abhauen?
Schlupflöcher!
Wie kommt das Silberfischchen in die Wohnung?
Wie schafft es die Motte in die verschlossene Packung?
Schlupflöcher!
Kein Zaun ist so fest, keine Maschen so dicht, dass man nicht durchkäme.
Schlupflöcher - im übertragenen Sinn - entstehen, wenn man bei Regeln und Gesetzen etwas übersehen hat.
So erlaubt der Inselstaat Pgischi-Poschgi seit 2007 die Verpartnerung, hat aber vergessen, den Bigamie-§ zu ändern. § 2345 des BGBPP lautet: "Es ist verboten, 2 Ehen gleichzeitig zu führen." Und bei dem neuen §4765 BGBPP heisst die Präambel "Die Verbindung zwischen 2 Personen gleichen Geschlechts heisst nicht Ehe, sondern eingetragene Partnerschaft."
So darf ein Heteromann keine zwei Frauen haben, wohl aber ein Bisexueller einen Ehemann und eine Ehefrau. Pgischi-Pogschi ist zum Bi-Paradies geworden.
Pia streicht in der Aufgabe 3 des Orthographie-Tests "Korrigiere die Sätze" die schwierigen Wörter einfach durch und ersetzt sie durch einfache. So wird aus Der Attlet springt weit nicht Der Athlet springt weit, sondern Der Sportler springt weit. Und der Lehrer muss ihr die Punkte geben. Natürlich wird der Inselstaat bald den §2345 ändern und der Lehrer von Pia seine Aufgaben besser formulieren, aber das ist immer Zukunft. Ein Schlupfloch wird immer nur entdeckt, wenn es benutzt wird. Und dann braucht es eine Weile, um es zu schliessen.
Wenn das Kind in den Brunnen...
Deutsche Banken haben den deutschen Staat um Milliarden beschissen, wahrscheinlich zu 50% unter Ausnützung legaler Schlupflöcher, zu 50% mit illegalen Mitteln.
Ja, und wenn die 1:12-Initiative durchkommt, wird man sofort nach Schlupflöchern suchen.
Da wird dann z.B. ein überteuertes Gutachten beim CEO in Auftrag gegeben. Wenn der jetzt fit ist, kopiert er irgendwas zusammen, Tabellen, Grafiken, Textbausteine und wer will denn sagen, ob Die BOGAMAG im 21.Jahrhundert wirklich 100.000.- wert ist?
Ist der CEO sehr frech, schreibt er als Zukunftsanalyse auf ein einziges Blatt:

42

oder vielleicht auch

KEINE PANIK

Was ihn als klaren Adams-Fan kennzeichnet, aber auf der Aktionärsversammlung doch ein wenig Ärger bringen könnte.
Warum aber hauen eigentlich nicht alle Tiere ab? Die Hühner zum Beispiel? Weil die wissen, innerhalb des Zaunes ist Fressen, draussen ist der Fuchs. Die wollen gar nicht in die weite Welt. Und so ist zu hoffen, dass - 1:12 hin oder her - es auch anständige Menschen gibt, die nicht alle Schlupflöcher ausnützen.
Aber vielleicht bin ich da ein Träumer.

Montag, 11. November 2013

Mein Erzengel oder: Gleichbleibende Qualität

Die Erzengel haben ja gar nichts mit Erz zu tun. Der Name entstand durch eine Umbildung, die der Fachmann als Volksetymologie bezeichnet: Erzengel sind eigentlich Archengel, also Altengel, modern formuliert Senior Angels. Wenn sie nicht gerade Drachen verkünden, diese seien schwanger oder Jungfrauen die Köpfe abschlagen (oder war es umgekehrt?), wenn sie nicht gerade am Paradies die Einlasskarten kontrollieren, wenn sie nicht gerade in deutschen Dramen Unsinn verzapfen - ich bitte Sie, lesen Sie einmal den Prolog zu Faust I, ich habe über 17.000 Sonnenuntergänge erlebt und es hat nie gedonnert - wenn sie also dies alles gerade nicht tun, dann passen sie auf die kleinen Engel auf. Und kleine Engel machen ja so viel Unsinn! Schauen Sie sich mal ein barockes Fresko an: Die Hälfte von den kleinen geflügelten Knaben hat doch eindeutig ADHS. Die Erzengel oder Archangeli ermahnen nun, strafen, loben, kontrollieren und machen vor.
Es ist nun nur allzu logisch, dass mein Hauptlektor den Namen eines Erzengels trägt. Er findet jeden Fehler, jedes fehlende oder falsche Komma, jede falsche Grossschreibung, er schlägt Flüsse und Städte nach, und wenn ich eine Insel wie Pgischi-Poschgi erfinde, dann darf ich im nächsten Post nicht etwa Pogschi schreiben, mein Erzengel merkt das sofort.
Immer wieder kommt der Hinweis, der letzte Post sei nicht so gut gewesen, und ich solle doch auf gleichbleibende Qualität achten.
Gleichbleibende Qualität.
Das ist bei einer kreativen - oder darf ich sogar künstlerischen Arbeit sagen? - gar nicht so einfach. Ich kenne keinen einzigen Musiker, Maler, Schriftsteller, Architekten, Regisseur, keine einzige Komponistin, Zeichnerin, Autorin, Baumeisterin, Theaterfrau, bei dem oder der alle Arbeiten gleich gut sind. Selbst Bach und Mozart, selbst Renoir und Picasso, selbst Schiller und Mann, alle haben auch Mist abgeliefert. Nehmen wir doch gerade Schiller, sein Fiesco war so schlecht, dass bei der ersten Lesung vor den Schauspielern schon diese davonliefen, der Fiesco ist also ein Fiasko.
Wie schafft man gleichbleibende Qualität?
Eigentlich nur, indem man Prozesse standardisiert, Abläufe regelt, klare Anweisungen aufschreibt, im Grunde genommen industriell produziert. So werden eben Lindt-Pralinen immer gleich süss und Kambly-Kekse immer gleich mürbe. So ist eben jede Rolex technisch einwandfrei und jeder Mercedes gleich schnell.
Das geht aber bei Glossen nicht.
Das geht vielleicht bei Lyrik, da kommt dann so etwas heraus:

Angst
Vor...
Angst
Vor...
Angst
Vor...     

(Bitte entsprechende Wörter wie Welt, Gesellschaft, mir, dir, allen einsetzen und das Ganze drei Strophen lang)

Habe ich wirklich einmal in einem Programmheft gelesen. Und als ich mich wunderte, warum ein Dramaturg so etwas ins Programmheft nimmt, stellte ich fest, dass er der Dichter war.
Aber vielleicht liegt hier die Lösung: Immer gleich gut geht nicht, aber immer gleich schlecht geht immer. Das heisst, wo auch immer wir gleichbleibende Qualität fordern, wird das Niveau sinken, weil sich niemand mehr traut, einmal über sich hinauszuwachsen, nach den Sternen zu greifen, einen Geniestreich zu liefern, den Himmel offen zu sehen.
Sagen wir also nie einem Kind: "Das erwarte ich jetzt aber immer von dir! Hinter diese Stufe fällst du mir nicht zurück! Jetzt aber immer so gut wie heute!" Ein Kind, das immer 4,5 bringt, macht weniger Sorgen, es hat aber den gleichen Schnitt wie eines, das ständig zwischen Note 3 und 6 hin und her pendelt.
Und selbst die kleinen Engel spielen ihre Harfen nicht immer gleich gut, manchmal spielen sie auch einfach falsch. Wenn sie aufgeregt sind, weil bald Weihnachten ist, oder traurig, weil die Karwoche naht.
Nur die Erzengel, die sind perfekt. Aber dafür sind sie ja auch Erzengel.




Donnerstag, 7. November 2013

E-Mail-Terror


Ach, diese E-Mails ständig, kaum hat man einen halben Tag nicht den PC angehabt, ist schon wieder alles voll! Hier mal eine Ladung, die nur gestern von 15.00-17.00 reingekommen ist:

info@theater-aachen.de                           Newsletter III/2013
info@theater-luebeck.de                           Newsletter IV/2013
info@theater-muenchen.de                       Newsletter III/2013
kundendienst@medipharm.com               So ejakulieren Sie wieder einen Meter weit
haaber@ifolor.ch                                       Herr Herter, jetzt Kalender für 2014 machen
Huber@sbb.ch                                           Planen Sie jetzt Ihre Schulreise, Herr Herter
hiber@hotel.com                                        Herr Herter, jetzt nach Berlin oder Bonn
info@pharmimed.com                                Einen Meter weit und viel mehr Sperma
grindel@sek-allschwil.ch                            Vertretung Französischstunden
tubel@sek-allschwil.ch                               RE: Vertretung Französischstunden
fobel@sek-allschwil.ch                             RE: Vertretung Französischstunden
grindel@sek-allschwil.ch                          AW:RE: Vertretung Französischstunden
vertrieb@pharmadok.ch                           zwei Stunden Erektion
studentenbüro@unibas.com                   Neue Öffnungszeiten
studentenbüro@muhotross.de                Neue Öffnungszeiten
studentenbüro@unifrbg.de                      Neue Öffnungszeiten
verkauf@marphidem.com                        2 Std. Erektion, 1m Ejakulation, viel Sperma

Das ist zum Mäusemelken, da wird der Hund in der Pfanne verrückt, da wird man wahnsinnig, da könnte man die Wände hochgehen, das schlägt dem Fass die Krone ins Gesicht.
Aber wenn wir die Ganze einmal genau durchgehen: Ich bin selbst schuld.
Alle die Newsletter, Werbesachen, Infos, Prospekte habe ich irgendwann einmal bestellt. Oder nicht abbestellt, was auf das Gleiche hinausläuft. Es gibt da nämlich so Dinger zum Anklicken, man findet sie nicht sofort, aber sie sind da, da kann man sagen: Nein, ich möchte nichts mehr von euch hören. Wenn man gedankenlos einfach bestellt, ist das, wie wenn man gefragt wird: "Milch in den Kaffee" und schlecht zuhörend ja sagt, und sich dann wundert, warum der Kaffee so beigefarben ist.
Den Studentenbüros an allen Unis, an denen ich einmal war und die laufend irgendwelches Zeug schicken, müsste ich halt mal mitteilen, dass ich dort nicht mehr studiere. Wobei es schon erstaunt, wie ich in den Verteiler von Freiburg geraten bin. In meinem Examensjahr 1992 lief noch nix über die Elektronikpost.
Und die zweideutigen Angebote? Oder viel mehr eindeutigen? Also die eindeutig zweideutigen? (Kleiner Exkurs: sagt man in der Polizeisprache wirklich, Sie wurden in einer eindeutig zweideutigen Situation angetroffen.) Der Ramsch zeigt, dass mein Spamfilter nicht funktioniert, denn solch zweideutige, oder eindeutige oder eindeutig zweideutige Vokabeln muss er erkennen. Ein schlechter Spamfilter ist wie eine abgeschlossene Tür, neben der ein Schlüssel hängt oder ein Wachhund, der den Einbrecher anwedelt und ihm die Hand schleckt. Und niemand kann den Spamfilter auswechseln oder verbessern ausser: Genau, ich selber, moi, I myself.
Schwieriger wird es mit den Kollegen, die noch nicht begriffen haben, dass man bei der Kommunikation gezielt vorgeht und auswählt. Denn eigentlich würde es genügen, wenn die Fachgruppe Französisch sich mit der Vertretungsfrage befasst. Und man muss auch nicht allen immer antworten. Hier hilft nur geduldiges Erklären, Ermahnen, Ermuntern, aber wenn ich mich nicht drum kümmere, schickt der Kollege weiterhin immer alles an die ganze Welt.
Es taucht noch die Frage auf, ob Französisch nicht auch im Filter hängenbleiben sollte.
Aber das ist ein anderes Paar Stiefel.
Hören wir also auf zu jammern, dass wir sooooooooooo viele E-Mails bekommen. Gehen wir ans Abbestellen, schlüpfen wir aus den Verteilern und sagen wir allen Kollegen, Freunden und Verwandten: Man muss nicht immer allen antworten.







Montag, 4. November 2013

48.000 im Monat


Sind 48.000.- im Monat ein guter Lohn? Wie man es nimmt. Mit 48.000 Franken kann man sich eine schöne Wohnung kaufen, kann Reisen machen, man muss seine Klamotten nicht am Wühltisch aufsammeln und kann sicher auch mal deliziös essen gehen. Man ist in der Lage, sich ein Auto zu kaufen, und weil man ja umweltbewusst ist, leistet man sich auch noch ein Generalabonnement 1.Klasse. Vielleicht sind in der Wohnung keine Marmorsäulen und goldene Türklinken drin, aber dafür muss man Bischof sein. Vielleicht ist auch die Reise zur Pgischi-Poschgi-Insel (geht nur mit Sonderflug samt Mietpilot) nicht jedes Jahr drin, aber: Wer will schon jedes Jahr nach Pgischi-Poschgi?
48.000.- sind ein anständiges Gehalt, da kann man jetzt nicht dran rumdeuteln. Wie ich auf 48.000 komme? Nun, die 1:12-Initiative will, dass der Höchstlohn im Unternehmen nur das Zwölffache des tiefsten Lohnes betragen darf, und das wäre bei einem Mindestlohn von 4.000 eben die genannte Summe.
Aber wenn ich jetzt so dran rumüberlege, kommen mir Bedenken.
Achtundvierzigtausend sind das Sechsfache meines Monatslohnes. Und „mal 6“, das kann ich mir irgendwie vorstellen, das ist irgendwie im Bereich des Denkbaren. 6 Schnitzel auf einem Teller, 6 Tafeln Schokolade, 6 Jeansjacken, 6 Bücher, das gibt noch ein Bild, das gibt ein Foto, z.B. 100 kann ich nicht überschauen, nicht abzählen, nicht begreifen. Und damit rückt die Summe, die ein CEO absahnt, in den Bereich des Vorstellbaren, des Normalen. Und genau das will natürlich keiner aus der Teppichetage.
Wir sind oben nämlich von falschen Voraussetzungen ausgegangen: Wir haben postuliert, man bräuchte Geld um ein ordentliches Leben zu führen.  Man braucht Geld für viele andere Dinge, aber vor allem ist ein Statussymbol. Und um den Abstand zu einem Normalo wie mich herzustellen, ist das Sechsfache meines Lohnes schlicht und einfach zu wenig. Da braucht es schon das Dreihundertfache, das Vierhundertfache, das Fünfhundertfache. Da müssen es eben Marmorsäulen sein, und zwar aus dem  gleichen, mit dem Michelangelo gearbeitet hat. (Das ist ja das Problem mit unserem Limburger,  er hat nicht begriffen, dass ein kirchliches Amt schon genügend Status ist, so dass man keine Symbole mehr braucht. Oder anders formuliert: Das Statussymbol sollte das goldene Kreuz, nicht die goldene Türklinke sein.)  
Eine Reise nach Pgischi-Poschgi erfüllt auch nicht den Zweck, zu zeigen, wer man ist, da muss man schon die ganze Insel kaufen, aber das ist mit lumpigen 48.000 auch nicht drin. Man benötigt schlicht und einfach immer das Teuerste. Kleinwagen? Wäre gar nicht unpraktisch, wenn man im Grossraum Zürich arbeitet (Parkplatz!), statussymbolistisch ist aber ein Cadillac. Rolex? Trägt heutzutage schon jeder Droschkenkutscher, statussymbolistisch ist eine Audemars Piquet. Essen gehen im „Schwanen“ in Hummiswil, wo unglaublich lecker, dazu saisonal und regional gekocht wird? Hat der einen Stern, hat der einen Punkt? Nee? Also vergessen wir’s.
Die 1:12-Geschichte wird dazu führen, dass niemand mehr den Job eines CEO machen will. Denn wozu nimmt man den ganzen Stress auf sich, wenn nicht dazu, ein Vermögen in der Garage oder am Handgelenk zu haben. Und wenn niemand mehr den CEO-Posten belegt, kommen Leute an die Macht, denen es egal ist, was sie für einen Status haben, die lebensnah, pragmatisch, bescheiden und unkompliziert sind, und – ich bitte Sie! – das würde ja die ganze Wirtschaft umkrempeln.
Sind 48.000.- ein guter Monatslohn? Wie man es nimmt.