Freitag, 31. Dezember 2021

Die Geschichte von Tom M.

Zum Jahreswechsel habe ich noch eine heikle Geschichte für Sie.

Im Jahre 2016 sprang Tom M. (37, aus H. in NRW) aus dem Fenster im 10. Stockwerk. Er hatte das Leben satt und dachte, die 10 Stockwerke würden ihn genug beschleunigen, dass der berühmte Faktor g ihn so schnell würde machen, dass sein Rückgrat es nicht aushielte. Leider hatte Tom die Rechnung ohne seinen Nachbarn gemacht, der drei Matratzen für den Sperrmüll bereitgestellt hatte, nein, nicht gestellt, gelegt, und das auch noch übereinander. Die Matratzen – Sie ahnen es längst – dämpften den Sturz so stark, dass Tom M. sich nur beide Beine und beide Arme brach. Nach 2 Monaten Spital und 3 Monaten Reha war Tom M. wiederhergestellt.

Wiederhergestellt, ja. Aber nur physisch. So schluckte Tom M. (inzwischen 38, aus H. in NRW) im Jahr 2017 eine Handvoll Pillen. Aber auch das funktionierte nicht. Nach einer halben Stunde fing Tom an zu erbrechen, und das tat er so laut, dass die Nachbarn die Rettung holten. Sein Magen wurde ausgepumpt und nach einigen Tagen Kontrolle im Spital konnte er wieder nach Hause.

Im Jahre 2018 probierte es Tom M. (inzwischen 39, und inzwischen in K. in B.-W.) mit dem Aufschneiden der Pulsadern. Es ist nicht mehr herauszufinden und dem Chronisten unbekannt, wie es hier zu einer Rettung kam. Aber es war Spitz auf Knopf, Tom hatte viel Blut verloren und mehrere Ärzte kämpften um sein Leben. Auch hier brauchte es Spital und Reha, bis er wieder auf die Beine kam.

Im Jahre 2019 wäre nun der Strick dran gewesen. Es passierte aber das Wunder: Tom M. (inzwischen 40, aus K. in B.-W.) fand einen guten Psychiater, der ihn seitdem mit Medikamenten und Therapie stabil hält.

Mir ist der Fall Tom. M. wieder in den Sinn gekommen, als ich neulich die Diskussion um ein herzkrankes Mädchen mitbekam, dessen Operation wegen grosser Spitalauslastung verschoben werden musste. «Schmeisst einen Ungeimpften raus!», twitterte jemand.
Ich frage mich, ob dieser jemand auch für Tom M. einen Ungeimpften rauswerfen wollen würde…
Denn:
Tom M. ist an allen seinen Spitalaufenthalten selbst schuld.
Er hat sich die Knochen gebrochen, er hat sich vergiftet, er hat sich das Blut aus dem Leib genommen. Die logische – und auch kostengünstige – Konsequenz wäre gewesen, dass man ihm die Todesspritze oder den Gnadenschuss gibt. Aber nein, dreimal kämpft die Medizin um ein Leben, das gar nicht mehr gewollt wird. Das gehört zum Berufsethos der Medizin.

Oder: Gehörte?
Corona hat hier eine gefährliche Diskussion angestossen. Sollen auch Ungeimpfte ein Intensivbett bekommen? Das ist ja die Frage. Aber wenn wir weiterdenken, dann kommt eine Lawine ins Rollen:
Sollen Selbstmörder wie Tom M. behandelt werden und nicht einfach getötet?
Bekommt Fritz P. aus Q., der den Tag mit einem Liter Weisswein beginnt und ihn mit drei Gläsern Whiskey abschliesst und der Bier trinkt, wenn er mal keinen Alkohol will, der sich auch Gin und Schnaps und Tequila in sich hineinschüttet, eine Spenderleber?
Wird Alexa B. aus C., die 4-5 Packungen Gauloises ohne Filter raucht, die kaum die Treppe heraufkommt und wie ein Schwein hustet, an ein Atemgerät angeschlossen?
Bekommt Heinz Z. aus Y., der mit 134 kg bei 167 cm Grösse mehr als das Doppelte seines Idealgewichtes wiegt, der aber an keiner Konditorei vorbeikommt und dessen Lebensmotto das Udo Jürgensche «Aber bitte mit Sahne» ist, eine Herzbehandlung?
Und wird man Sandra S. aus S. operieren, obwohl sie beim Boarden VOR dem Back Flip schon dachte, dass er schiefgeht und NACHHER wusste, dass er schiefgegangen war?

Liebe Leserinnen und Leser, die Diskussion ist kreuzgefährlich. Aber vielleicht muss sie geführt werden und vielleicht müssen neue Richtlinien gefunden werden.
Wahrscheinlich sogar.

In Zukunft werden im Krankenhaus nur Menschen behandelt, die folgende Kriterien ausweisen:
Sie sind gegen alle von der WHO aufgelisteten Krankheiten geimpft.
Sie haben Idealgewicht bzw. einen perfekten BMI.
Sie sind Nichtraucher, Abstinenzler und nehmen keine Drogen.
Sie betreiben Sport, aber nix Riskantes, sondern laufen oder schwimmen.
Sie fahren kein Auto und erst recht kein Motorrad.
Sie befinden sich in einer seelisch ausgeglichenen Situation.

Die Frage ist nun, warum sich solche Perfektmenschen, die geimpften Idealgewichtler, die nichtsaufenden Nichtraucher, die Breitensportler, Menschen, die aus einer Margarine- oder einer Weichspüler-, aus einer Urlaubs- oder Schüsslersalzreklame entsprungen sein könnten, überhaupt auf einer Intensivstation befinden sollen. Wahrscheinlich kommen sie nie in ein Spital.
Gut so. Wenn alle gesund leben, brauchen wir weniger Betten und können die Kapazität weiter verringern.

Tom M. (42, aus K.) ist übrigens geimpft. Und mokiert sich stark über Leute, die das Gesundheitssystem unnötig belasten. Und wenn er das tut, muss man ihm manchmal seine eigene Geschichte erzählen.

Und wie viel er die Allgemeinheit gekostet hat.

In diesem Sinne: Guten Rutsch! Und kein Feuerwerk! Wir wollen doch nicht irgendein Spital belasten...

Dienstag, 28. Dezember 2021

point - com?


Zurzeit nehme ich den 6.28 auf Gleis 12 nach Milano. Nicht, dass ich nach Mailand wöllte, ich will nur nach Olten, aber es gibt Leute im Zug, die nach Italien wollen. (Es ist übrigens nicht die Gotthardstrecke, sondern die Simplonstrecke über Bern und Brig und Domodossola.) Diesen Leuten muss man mitteilen, dass die Einreise nach Italien erschwert ist und was sie vor dem und beim Grenzübertritt machen sollen.
Dies wird ihnen einmal bis zweimal die Woche von einem wunderbaren innerschweizer Zugchef verkündet, er tut das in Deutsch (mit innerschweizer Akzent), in Italienisch (mit innerschweizer Tonfall) und in Englisch (mit innerschweizer Färbung). Abgesehen davon, dass es erstaunt, dass erstaunlicherweise nicht auch Französisch drankommt, erstaunt ein erstaunlicher Fehler im Englischen:

www – point – sbb – point – ch

Nun ist es erstaunlich – und ich verwende das Wort jetzt zum letzten Mal – dass das Englische so viele Wörter für das deutsche Punkt kennt, Während man bei einem Wettbewerb jemand points gibt, würde man bei einem Gesprächs- oder Themenpunkt eher von item sprechen. Nach einem Satz setzt man weder einen item oder point, sondern einen full stop. Und hier, bei unserer Ansage ist weder points noch item noch full stop richtig, sondern dot.

Jedenfalls ist das Gelächter in meinem Umfeld jedes Mal richtig gross. Und während wir uns mal wieder auf die Schenkel hauen, auf dem Boden wälzen und grölen, fange ich an, mir während des Schenkelhauens, des Bodenwälzens und des Grölens die folgende Sache zu überlegen:
Es gibt nur drei Möglichkeiten: a) Jemand hat es dem innerschweizer Schaffner gesagt, und er hat es nicht kapiert. b) Jemand hat es dem innerschweizer Schaffner gesagt, und es ist ihm wurscht. c) Niemand hat es dem innerschweizer Schaffner gesagt.

zu a)
Halte ich für unwahrscheinlich. Denn inzwischen erhalten die Kondukteurinnen und Kondukteure eine richtig gute Ausbildung. Der Job bei der SBB (oder der ÖBB oder DB oder einer anderen Zuggesellschaft…) ist keine Domäne für Dumme mehr. War es doch. Bei uns hiess es früher:

Wär nex isch und wer nex kaa
Goot zur Poschd und Eysebaa
Und wär gar nex wird
wird
Wirt.

Nein, ich denke, der Unterschied zwischen dot, point, item und full stop ist für einen Schaffner oder eine Schaffnerin verstehbar.

zu b)
Halte ich für wahrscheinlicher. Es ist ja nun so, dass sich so viele falsche Ausdrücke und Wörter eingebürgert haben, weil die ersten, die sie benutzten, es falsch taten, und es ihnen egal war, wenn sie korrigiert wurden. Als am Anfang der Ausdruck ein Taliban auftauchte, wurde von arabischen Muttersprachlern und Islamwissenschaftlern noch moniert, dass Taliban der Plural und Talib der Singular sei, den Journalisten war es schlicht und einfach wurscht. Ganz egal.
Ich habe in einer Arztpraxis einmal moniert, dass das Schild

BITTE GLEICH BEIM ANMELDEN, WENN MAN DAS HAUSARTZT-MODELL HAT.

ein T zu viel habe. Die Antwort war, das Schild hinge schon so lange und niemand habe etwas gesagt (!!!), und jetzt werde man auch nix mehr ändern…

zu c)
Das ist das Wahrscheinlichste.
Und das ist jetzt richtig doof.
Denn wäre es nicht netter, wir würden dem armen innerschweizer Zugchef sagen, was er falsch macht, anstatt jedes Mal zu lachen? Es ist doch ziemlich grausam, wenn man so einen armen Teufel jeden Tag in sein Unglück rennen lässt.
Stellen Sie sich vor, ihr Boss sagt ihnen im MAG: „Das machst du übrigens seit 5 Jahren falsch und es stört mich seit 5 Jahren, aber ich kam nie dazu, es dir zu sagen.“ Da möchten Sie doch toscaesk den Brieföffner nehmen und den Boss erstechen.
Stellen Sie sich vor, ihre Frau oder ihr Mann sagt Ihnen beim 50. Hochzeitstag, dass sie oder er Gelb nicht mag und Sie lassen vor ihren Augen die Kolonne gelber Kleidung, Blumen, Schmuckstücke etc. vorbeiziehen, die Sie all die Jahre geschenkt haben…

Zurzeit nehme ich den 6.28 nach Milano. Und alle drei Tage macht der innerschweizer Zugchef diese dummen Fehler.
Und beim nächsten Mal werde ich es ihm sagen.

I will tell him.
Point.
Nein: Full stop.



  

 

Freitag, 24. Dezember 2021

Mit Engeln kämpfen

Fröhliche Weihnachten. Die Engel singen und verkünden den Hirten grosse Freude..
Ach ja, die Engel.
Da komme ich auf das Folgende:

Mein Erzengel war wieder einmal unzufrieden mit mir.
Dreimal meldete er sich per WhatsApp: (Ja, auch Engel arbeiten inzwischen elektronisch…)

„Die Anzahl der Herren in rosafarbener Badebekleidung steigt eklatant von 25% auf 50%.“ Das stimmt nicht – der Anteil steigt von 33% auf 50%.
Ich ändere das sofort im Blog.

„Denn selbstverständlich ist die Menge der Menschen im Wasser zu klein. Die Stichprobe (so der richtige Fachausdruck) war geradezu lächerlich winzig.“ Naja, eine Stichprobe von was?
Ich ändere im Blog in „Stichprobe von Menschen in Hallenbädern“.

Ich erhebe auch widerspruch gegen die these, dass keine statistischen aussagen über die sicherheit von akws möglich sind.
Ich ändere nichts.

Abgesehen davon, dass mein Erzengel scheinbar zu viel George liest (Kleinschreibung) und das wahrscheinlich, weil er bei Stefan ein paar Male vorkommt (oder zumindest das Engelhafte-Numinose):
Die dritte Kritik stört mich, das habe ich so nicht geschrieben, ich habe nur gemeint, dass bei Ländern, die wenig AKW besitzen ein einzelner Störfall statistisch sehr reinhaut. Die dritte Kritik stört mich, und nun möchte ich streiten. Ich möchte kämpfen.

Aber wie streitet man mit Engeln?
Wie streitet man mit Erzengeln?
Wie kämpft man mit Engeln, kämpft man mit Erzengeln?

Ich gehe in die LOTOSBLÜTE, die esoterische Buchhandlung um die Ecke. Susanne Shishoa Müller, die Buchhändlerin, die immer von einer zarten Aura umgeben ist und die immer ein wenig nach Jasmintee riecht, stutzt zunächst: Ob ich wirklich das meine, Kampf und Streit mit Engeln, immerhin seien diese Geistwesen ja unsere Ewigbeschützer, unsere Quellspender, unsere Kraftkörper und Stetsheiler, ob hier nicht ein Streit…
Aber ich beharre darauf. Susanne Shishoa Müller findet in ihrem PC drei Titel:

Klaus Kosho Peters
Mit Engeln reden – Gespräche und Anbetung / Ein Leitfaden für den Alltag mit Engeln
Ginkgo Verlag, 235 Seiten, Sfr 25,90

Johan Jupiter
Mit Erzengeln tanzen – So bringst du Schwung in deinen müden Alltag
Aquarius Verlag, 176 Seiten, Sfr 19,45

Lama Tup Poche
Mit Engeln backen – 40 Rezepte für Kraftkuchen und -kekse
Edition Regenbogen, 102 Seiten, Sfr 35,65

Klingt alles sehr spannend, ich sage aber noch einmal, dass ich nicht mit Engeln reden, tanzen oder backen will, auch nicht singen, schwimmen, joggen, auch nicht Halma oder Mühle spielen, ich will kämpfen. Und streiten.

In meinem eigenen Computer (also genauer im Netz) stosse ich mit der Eingabe „Kampf mit Engel“ schnell auf die Jabbok-Geschichte.
Der Kampf am Jabbok! Dass ich den vergessen konnte!
In der Nacht vor seinem Wiedersehen mit seinem Bruder Esau – und man muss dazusagen, dass Jakob ziemlich Schiss vor diesem Treffen hat, immerhin hat er seinen Zwillingsbruder ums Erbe betrogen – ringt Jakob am Fluss Jabbok mit „einem Mann“, er ringt mit Gott, aber wahrscheinlich einem Engel, und am Ende dieser Episode spricht er die bekannten (und oft vertonten) Worte Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn. Er wird gesegnet, er erhält einen neuen Namen (aus Jakob wird Israel), mit einem kleinen Handicap: Der Engel haut ihn auf die Hüfte, und danach hinkt er.

Will ich das? Mein Name gefällt mir eigentlich ganz gut, und eine Namensänderung bringt einen riesigen administrativen Aufwand. Und die Hüfte? Hinken müsste ich nicht, aber mit 56 eine künstliche Hüfte? Die hält, wenn es schlimm läuft, nur 15 Jahre, das heisst mit 71 die zweite und die muss dann bis Lebensende heben. Mit 86? Und wenn ich 95 werde?
Der Kampf ist keine so gute Idee.

Mein Erzengel war wieder einmal unzufrieden mit mir.
Und ich werde ihn in Ruhe lassen. Er ist eben ein Engel.

P.S. Noch ein Nachtrag: Am 15. 12. zeigte statista.com eine Statistik, bei der bestimmte Länder (z.B. Gibraltar) eine Impfquote von über 100% hatten. Vorbildlich!
Inzwischen hat statista.com das geändert… 

P.P.S.: Fröhliche Weihnachten!



















Dienstag, 21. Dezember 2021

Lauterbach muss auf einmal arbeiten

Britta Brittner ist die Sekretärin von Karl Lauterbach. Sie kann übrigens nichts für ihren komischen Namen, den hat sie per Geburt abbekommen, genauso wenig, wie Lauterbach etwas für seinen kann. Für einen Namen, der ja nicht ganz stimmig ist, denn er heisst ja wörtlich «lauterer Bach», was «heller, reiner, klarer Bach» bedeutet. Denken Sie bei Karlchen an einen klaren Quell? An ein Bächlein von sprudelndem Wasser? Denken Sie nicht vielmehr an Öl? An eine ölig aus einer Flasche schwappende Flüssigkeit? Obwohl es natürlich bei Schiller in der Bürgschaft heisst

Und horch! da sprudelt es silberhell,
Ganz nahe, wie rieselndes Rauschen,
Und stille hält er, zu lauschen,
Und sieh, aus dem Felsen, geschwätzig, schnell,
Springt murmelnd hervor ein lebendiger Quell,

Ja, bei «sprudeln», bei «rieselnd rauschen», bei «geschwätzig», bei «murmeln», da kann man schon an Karlchen denken.

Britta Brittner hat nun ein Riesenproblem. Neben Kaffeekochen und Diktat gehört es zu ihren Aufgaben, den Terminkalender Lauterbachs zu führen. (Das ist natürlich Quatsch, das klassische Diktat gibt es ja so nicht mehr, und Kaffee macht die Erpresser®-Maschine – wenn Karlchen überhaupt Kaffee trinkt, er wirkt ja mehr so wie der Kräutertee-Typ, aber wir kommen vom Thema ab…)

Der Terminkalender also. Er enthält bis Jahresende 2021
15 Auftritte in Talkshows, darunter allein fünf Male bei Markus Lanz, den kennen Sie, gell, das ist der Mensch, der im Teaser immer mindestens einmal auf seinen Spickzettel schauen muss, weil er sich die Namen seiner vier Gäste nicht merken kann, und dem man inzwischen eine Affäre mit Lauti nachsagt…
26 Interviews für Radio- und Fernsehsender, darunter auch Radio Vatikan, MTV, VOX, arte und Radio Liechtenstein
Textbeiträge für alle möglichen Zeitungen und Zeitschriften, nicht nur medizinische und politische, sondern auch Herr & Hund, Hund & Katz, Katz & Herr, Schöner Wohnen, Schöner Radfahren und Schöner Arbeiten
Gastauftritte in Zirkussen, Cabarets, Theatervorstellungen, etc., etc., etc.

Nun kommen aber, obwohl die Agenda voll ist, noch etliche Termine hinzu, denn ein Minister – und das hat Karlchen, hat Lauti sich nicht überlegt – muss ja auch noch ministerielle Arbeit erledigen:
Dienstbesprechungen im eigenen Haus
Schreibtischarbeit
Tägliches Treffen mit Wieler (Ob da auch was läuft und ob Lanz eifersüchtig ist?)
Konferenzen der Gesundheitsminister
Kabinettsitzungen
Repräsentative Aufgaben (Einweihung neuer Kliniken, ach, nee, da müssten ja welche gebaut werden…)

Britta Brittner muss nun Termine streichen. Denn ein Minister sollte ja zunächst regieren und nebenbei den Talkgast spielen. Aber dieses Gestreiche löst bei Karlchen, bei Lauti heftige Gegenwehr aus.

Kennen Sie Menschen, denen man beim Ausmisten helfen will, die aber an jedem, aber auch an wirklich jedem Gegenstand hängen und bei keinem zulassen, dass er auf den Sperrmüll oder auf den Flohmarkt kommt? Die blassblaue Vase? Unter keinen Umständen, sie ist eine Erinnerung an Venedig. Das kleine Ölbild? Nie im Leben, ein Erbstück von Tante Greta, Der schwarze Stuhl? Neeeeeeeeeeeeeein, auf dem hat man die Diplomarbeit geschrieben.

Kennen Sie Menschen, die eine Gästeliste für einen runden Geburtstag geschrieben haben und dann feststellen, dass Sie zwar 200 Bekannte haben, der Saal aber nur 100 Plätze und dass sie jetzt eigentlich die Hälfte wieder streichen müssten, dies aber nicht schaffen? Die nicht einmal das Ehepaar Müller-Mehlmann, das niemand gern gerne hat und das niemand vermissen wird, von der Liste entfernen können?

Und genau so macht es Lauti mit den Terminen und Aufgaben.
Eine Absage bei seinem Lover Lanz kommt eh nicht in Frage. Also Illner? Nein, da ist er so gerne. Maischberger? Sicher nicht.
Also versucht Brittner es mit den Witzterminen. Allein über den Jonglage-Gastauftritt beim Zirkus Montafabiolla streitet sie mit ihm eine Stunde – und schafft es doch nicht, ihm diese Showtime wegzunehmen. Zu lange hat Lauti das Jonglieren mit den 5 Bällen geübt, Sie können sich ja denken, welche Form die Bälle haben. Nicht? Oh, sind Sie phantasielos. Also gut, die Form von Corona-Viren.

Britta Brittner ist die Sekretärin von Karl Lauterbach. Sie kann übrigens nichts für ihren komischen Namen, den hat sie per Geburt abbekommen, genauso wenig, wie Lauterbach etwas für seinen kann.
Britta Brittner hat ein Riesenproblem.
Und sie löst es elegant: Sie streicht Karlchen, streicht dem Lauti Schlaf- und Essenszeiten. Er wird also in nächster Zeit übermüdet und mager aussehen.
Aber besser gesagt:
NOCH übermüdeter. 

Und NOCH magerer.




Freitag, 17. Dezember 2021

Statistik mit zu kleinen Stichproben

Ich betrete das Schwimmbad in Muttenz. In dem grossen Becken, in das ich gleich steigen werde, befinden sich drei Männer. Alle drei sind um die 30, alle drei tragen Bart, und alle drei sind mit Badeshorts bekleidet. Der eine trägt blaue, der eine rosafarbene, der andere gelbe. Ob sie zusammengehören? Ich weiss es nicht.

Auf jeden Fall, ich steige in das Wasser.
Und in diesem Moment, in just dieser Sekunde, in genau diesem Augenblick verändert sich das Geschehen fundamental: Die Anzahl der Glattrasierten steigt von 0% auf 25%. Der Anzahl der Trunkträger genauso. (ich hasse diese Badeshorts…) Die Anzahl der Herren in rosafarbener Badebekleidung steigt eklatant von 33% auf 50%. Umgekehrt sinken die Anzahl der Bärtigen (von 100% auf 75%) und die Anzahl der Badeshortsträger (von 100% auf 75%), der Altersdurschnitt steigt von ca. 30 Jahre auf ca. 37 Jahre.

Nach einer Weile verlassen der Rosabadebehoste und der Blaubadebehoste das Becken in Richtung Dusche. Nun ändert sich natürlich wieder alles eklatant.
Der Trunkanteil liegt jetzt bei 50%, ebenso halten sich behaarte Kinne und rasierte Kinne die Waage, der Anteil rosafarbener Badehosen bleibt merkwürdigerweise bei 50%, aber der Altersdurchschnitt rast auf 43.
Lustigerweise war der Frauenanteil die ganze Zeit bei 0%...

Man hätte das Beispiel noch lange so weiterspielen können.
Ein herrliches Spiel.
Ein herrliches Spiel, weil es so unsinnig ist. Denn selbstverständlich ist die Menge der Menschen im Wasser zu klein. Die Stichprobe von Menschen in Hallenbädern (so der richtige Fachausdruck) war geradezu lächerlich winzig.

Das Spiel wird gefährlich, wenn es um gefährliche Dinge geht, um Atomkraft, Flüchtlinge, um Corona, um Krieg und Macht. «Ich glaube nur Statistiken, die ich selbst gefälscht habe.» Diesen Satz sagt man Winston Churchill nach. Aber Statistiken mit zu kleinen Stichproben muss man gar nicht fälschen. Sie werden von vorneherein nix.

Wo sind die AKWs sicherer, in der Schweiz, in Schweden oder in Belgien? Wie viele Störfälle gab es je? Eine blöde Untersuchung, denn mit weit unter 10, mit 4 bis 7 AKWs ist die Stichprobe meilenweit zu klein. Wenn z.B. in Belgien einen Störfall gab, und in Schweden nicht, dann sagt das nichts aus. Tatsache ist allerdings, dass die Störfälle in Dänemark begründete 0 betragen. Dänemark hat keine AKWs.

Wie verhalten sich die Flüchtlinge in Land A? Wie in Land B? A und B, beides Kleinstaaten, haben je 40 Menschen aus Syrien aufgenommen. Auch hier ist die Stichprobe winzig. In Land A gab es x Zwischenfälle oder Probleme, in B gab es x plus 80. Was macht B falsch? B macht gar nichts falsch, B macht alles genauso wie A, kümmert sich um Spracherwerb und Integration, hat Sozialarbeiter und Helfer parat, aber trotz Spracherwerb und Integration, Sozialarbeiter und Helfer ist die Zahl zufällig grösser, die Stichprobe ist einfach zu klein.

Ebenso bei Covid 19. In manchen Schweizer Kantonen sind 100% der Betten belegt. Allerdings würde eine Genesung schon 25% der Betten frei geben, denn es gibt nur 4. Auch hier eine zu kleine Stichprobe. Die grosse, grosse, sehr grosse und riesengrosse Frage ist, warum ein so reiches Land wie die Schweiz nicht mehr Intensivbetten hat und warum man diese auch reduziert hat. Die zweite grosse, grosse, sehr grosse und riesengrosse Frage ist, warum man in einem Land, in dem die Putzkräfte schon fürstlich bezahlt werden, Pflegepersonal nicht päpstlich bezahlt wird.

«Ich glaube nur Statistiken, die ich selbst gefälscht habe.» Diesen Satz sagt man Winston Churchill nach. Aber Statistiken mit zu kleinen Stichproben muss man gar nicht fälschen. Sie werden von vorneherein nix.

Wie sähe es nun – um zum Ausgangspunkt zurückzukehren – aus, wenn wir nicht nur das Hallenbad Muttenz beobachten würden, sondern alle Hallenbäder der Schweiz den ganzen Tag?
Der Frauenanteil wäre sicher nicht null, sondern 50%.
Der Altersdurchschnitt lag im Jahre 2019 bei 42,64 Jahren, der wäre dann auch so. (Da lagen wir mit dem Gelbbadebehosten und mir gar nicht so verkehrt, aber das ist Zufall…)
Der Anteil der Glattrasierten wäre sicher höher, es ist schwer zu sagen, weil 25% der Männer angeben, immer und 25% der Männer angeben, gelegentlich Bart zu tragen.

Ja, es gibt da Statistiken.
Übrigens auch über Shorts- oder Trunktragen. Der Anteil der Badeshortträger ist auch in Wirklichkeit ziemlich hoch. Er sinkt, je älter die Gruppe ist, und er sinkt bei den Gebildeten. (wirklich wahr!) das macht mich ein wenig stolz. Zeige mir, welche Badehose du trägst, und ich sage dir, wer du bist.

Ich bin mit Schwimmen fertig. Als ich aus dem Wasser steige, kommt zur gleichen Zeit eine 90jährige Dame in schwarzem Badeanzug ins Becken. und die ganze Statistik kippt wieder um grosse Prozentzahlen.
Ob die Dame einen Damen-Bart trägt, kann ich aber nicht sehen…



Dienstag, 14. Dezember 2021

Update oder Upgrade?

 
Haben Sie neulich ein Upgrade bekommen?
Oder haben Sie vielleicht neulich ein Update bekommen?
Interessiert mich einfach mal…
Ach so, Sie denken, dass seien die gleichen Dinge. Nein, nein. Ganz und gar nicht. Definieren wir doch einmal:

Von einem Upgrade spricht man, wenn man etwas Besseres, etwas Hochwertigeres, etwas Schöneres oder etwas Wertvolleres bekommt. Zum Beispiel eine Suite statt einem Doppelzimmer. Oder die 1. Klasse SBB statt der 2. Klasse. Oder die Businessclass statt der Economy. Das geht eigentlich ganz einfach, man muss nur hin und etwas Besseres, etwas Hochwertigeres, etwas Schöneres oder etwas Wertvolleres verlangen. Das Blöde ist nur, dass dann das Hochwertigere und Bessere, das Wertvollere und Schönere auch viel mehr kostet. Gelegentlich geben Hotels und Verkehrsbetriebe auch kostenlose Upgrades, aber meistens nur, wenn sie ein brutal schlechtes Gewissen haben…

Von einem Update spricht man, wenn eine Sache auf den neusten Stand gebracht wird. Wir alle kennen das von Programmen wie Etzel®, Wort® und Kraftpunkt®, von Plattformen wie Hype®, Tears® und Boom®, Strike® und Wistle®, ständig wird man da informiert, dass upgedatet wird, manchmal kommt der Hinweis „Schalten Sie den Computer nicht aus“ und es geht von Etzel® 1.0 auf Etzel® 2.0, es geht von Kraftpunkt® 2.0 auf Kraftpunkt® 3.0, es geht mit Hype®, Tears®, Boom®, und Wistle® von Eins punkt Null auf Zwei punkt Null, von Zwei punkt Null auf Drei punkt Null.

Aber ein Update ist auch, wenn ich mir eine neue, modische Frisur verpassen lasse.
Ein Update ist auch, wenn ich eine neue Kaffeemaschine kaufe.
Ein Update ist auch, wenn ich mir eine neue, modische Frisur verpassen lasse.
Ein Update ist eine modische, neue Tapete.
Ein Update ist…
Ich denke, Sie haben es verstanden.

Aber ist ein Update nun immer ein Upgrade? Mitnichten.
Der Komponist Pietro Vorneone schrieb in jungen Jahren die wunderbare Sinfonische Dichtung Das Leben der Mirjam, ein herrliches Stück voller origineller Ideen, jugendlich-frischer Harmonien und schwelgender Melodien, ein frisches und anregendes Stück. In späteren Jahren hatte Vorneone dann eine eigene Musiktheorie entwickelt, die er Überschwärzung des Tonwortes nannte. Und – hätte er es nur nicht getan – er überarbeitete das Leben der Mirjam und verpasste der Sinfonischen Dichtung ein Update. Ein Upgrade war das allerdings nicht. Originelle Ideen, jugendlich-frische Harmonien und schwelgende Melodien verschwanden, aus einem frischen und anregenden Stück wurde (s.v.v.) gequirlte Scheisse.

Apropos: Das neue (upgegradete) WORD setzt mir hier eine Linie, es ist – ich habe schon darüber geschrieben – nur noch auf geschäftliche Briefe und Sachtexte ausgerichtet. Umgangssprachliche, ordinäre Begriffe moniert es genauso wie die wunderschönen Füllwörter wie «eigentlich», «ja» «doch», «natürlich» und «aber», Wörtlein, die eben die Sprache so reich und witzig machen. Ach ja, und s.v.v., sic veniat verbo, also «sei dem Wort Vergebung» gleich «man verzeihe den Ausdruck», das kennt das WORD natürlich (!) nicht.
Auch hier ist das Update kein Upgrade gewesen.

Und wie ist es mit der Kaffeemaschine, der Frisur und der Tapete?
Mein Freund Giorgio, der vor ein paar Jahren über die Alpen kam, das meine ich jetzt natürlich bildlich, sein Möbelwagen kam durch den Gotthardtunnel, macht seinen Kaffee immer noch auf der Caffetteria, die er von seiner Oma bekam, Sie wissen, dieses Stahlding (das auch Moka heisst), das man auf den Herd stellt und das dann dampft und schnaubt. Meine Freundin Sabine, die als Rechtsanwältin ein Schweinegeld verdient, hat sich einen Glarus®-Hightech-Kaffeeautomaten gekauft, der bei jedem Gast die Aerosole analysiert und dann einen Kaffee zubereitet, der exakt auf die Person passt, die vor ihm steht.
Aber wenn Sie mich jetzt fragen, welcher Kaffee mir besser schmeckt: Natürlich der Espresso aus dem simplen Teil von Giorgios Nonna.

Über Frisur und Tapete kann man nur Kästner zitieren:

Sind sie nicht pfuiteuflisch anzuschauen?
Plötzlich färben sich die Klassefrauen,
weil es Mode ist, die Nägel rot!
Wenn es Mode wird, sie abzukauen
oder mit dem Hammer blauzuhauen,
tun sie's auch. und freuen sich halbtot.

Nein, nicht jedes modische Update ist ein Upgrade. Das kann man sicher so sagen. Wer von weisser Raufaser zu Wir-machen-wieder-70er-Jahre-Kreise updatet, geht im Grade runter, genauso, wer sich die Haare in Farben legen lässt, bei denen der Hund sich weigert, mit einem Gassi zu gehen.

Haben Sie neulich ein Upgrade bekommen?
Oder haben Sie vielleicht neulich ein Update bekommen?
Interessiert mich einfach mal…
Ach so, Sie denken, dass seien die gleichen Dinge. Nein, nein. Ganz und gar nicht.

Das haben wir gezeigt.









Freitag, 10. Dezember 2021

Herzlichen Glückwunsch, Herr Scholz, Herr Bundeskanzler Scholz!

Die Dienstag-Freitag-Glosse gratuliert Olaf Scholz zur Wahl zum Bundeskanzler.
Leute, Leute, wer hätte das gedacht. Da haben wir so viel gelästert und gemotzt, da haben wir zum Beispiel geschrieben:

Die entscheidende, wichtige, echte und wirkliche K-Frage ist auch nicht, ob Schölzlein eine Chance hat…

Da haben wir auch geschrieben:

Ach, Herr Scholz! (Wäre ich SPD-Mitglied dürfte ich Olav und du sagen, aber welcher klardenkende Mensch ist denn heutzutage noch Sozialdemokrat?)
Sie waren das arme Schwein, das die Corona-Schulden aufnehmen musste, und damit haben Sie die Schwarze Null aufgegeben, die solange der höchste Stolz der Regierung war, gut, konnten Sie nicht dafür, der WUMMS musste sein, aber was war mit Wirecard®?

Und wir haben auch geschrieben:

Jung-Olaf fand natürlich keinen schwarzen Ritter und keine böse Hexe, er fand auch keine in Ketten wimmernde Jungfrau, aber er fand Labatuga, den Drachen, also eigentlich eher ein Drächlein oder ein Drächchen, Labatuga war klein und süss und sehr brav, aber weil Jung-Olaf eben Notdurft einsetzen wollte und seinen WUMMS brauchte, tötete er Labatuga.
Labatuga, das Drächlein oder Drächchen, hielt keine Jungfrau gefangen, er hatte auch keine Schätze gehortet, das fand Jung-Olaf sehr schade, denn Geld und Gold und Schätze interessierten ihn, er wollte viel mit Geld und Gold und Schätze zu tun haben, er wollt auch da seinen WUMMS bringen, aber da war nun mal nix. Dennoch musste er den Drachen töten.

Wir waren also nicht nett zu Olaf. Wir waren gemein, gehässig und fies. Aber: Schölzlein ist das egal. Denn er liest uns nicht. Gar nicht. Und nun ist er Bundeskanzler.

Bundeskanzler.
Allen Menschen unter 20 muss man klar sagen: Ja, das Grundgesetz und alle Wahlgesetze erlauben einen Mann als Regierungschef. Deutschland wurde zwar in den letzten 16 (in Worten: sechzehn) Jahren von einer Frau regiert, aber es ist nicht verboten, dass es ein Mann macht. Wenn man historisch denkt, muss man sagen, dass die BRD eigentlich die meiste Zeit von einem Mann regiert wurde, man könnte sogar sagen, die BRD wurde IMMER von Männern regiert, Ausnahme die letzten 16 Jahre.

Ach, die Angela.
Eigentlich ist Olaf ja so etwas wie die Angie als Mann. Beide sind ruhig, nüchtern, beide sind schwer aus der Ruhe zu bringen und beide sind keine Show-Typen. Man kann sich eine Homestory, die es bei Merkel nie gegeben hat (schon dafür gebühren ihr 23 Orden!!), auch bei Olaf nicht vorstellen. Beide sind keine Schönheiten, beide haben Kleidung, die nicht über alle Zweifel erhaben ist und beide könnten mal den Friseur wechseln. Und beide sagen: Es ist uns völlig – aber nun so was von völlig – wurscht. Wir wollen ja nicht zu Heidi Klum, sondern Politik machen…

Die Dienstag-Freitag-Glosse gratuliert Olaf Scholz zur Wahl zum Bundeskanzler.

Viele werden sagen, dass Scholz kein Charisma hat.
Oh, Leute, kein Begriff ist schwieriger als dieser.
Charisma ist wie „starke Arme“ oder „gescheiter Kopf“. Alle diese drei Dinge kann man für gute oder auch eben für schlechte Dinge benutzen.
Siedler, die Städte bauten, die Äcker erschlossen und Gegenden urbar machten, hatte starke Arme, waren muskelbepackt und naturgestählt. Allerdings – auch Jack the Ripper und Fritz Haarmann hatten starke Arme, auch sie waren muskelbepackt und naturgestählt, aber sie nutzen ihre Kraft nicht zum Städte bauten, Äcker erschliessen und Gegenden urbar machen, sondern sie brachten damit Leute um.
Oft ist sogar die Gabe in der gleichen Person Fluch und Segen zugleich. Moritz Schreber (1808 – 1861) war ein intelligenter Mensch, als Arzt, Hochschullehrer und Sozialreformer war er der Vater der nach ihm benannten Schrebergärten, kleine Parzellen, in denen die Arbeiter ein kleines bisschen Landleben erleben konnten und für sich selbst gesunde Nahrung anbauten. Was er mit seinen Söhnen anstellte, war weniger gut: Er erschuf Apparate, die sie nachts am Onanieren hindern sollten, beide Söhne wurden psychisch krank.
Und Charisma?
Da gilt das Gleiche: Gandhi und Luther King hatten Charisma, aber Goebbels hatte es eben auch. Man kann, wenn die Massen einem folgen, denen Liebe und Frieden ins Hirn hämmern, aber auch den Totalen Krieg.

Wir waren nicht immer nett zu Olaf…
Aber nun:
Herzlichen Glückwunsch, Herr Bundeskanzler Scholz!

Dienstag, 7. Dezember 2021

Manchmal muss ich Dinge nachschlagen

Wissen Sie, was ich mit Günter Jauch gemeinsam habe?
Nein, ich meine nicht das gute Aussehen oder die deutsche Herkunft. Auch nicht den Jahrgang, nein, der ist nicht gleich, Jauch hat 1956 und ich 1965, das ist ein Unterschied von 11 Jahren, ja, ich bin jünger, warum ich dann so weissgraue Haare habe? Günti färbt, aber wir kommen vom Thema ab. Was habe ich mit Günti gemeinsam?
Man hält uns für klüger, intelligenter und gebildeter als wir sind.

Es gibt wirklich Menschen, die denken, wenn Günti die Frage stellt

WER ERFAND DEN DETEKTIV DUPIN UND DAMIT DEN DETEKTIVROMAN IN HEUTIGER FORM?
A Edgar Allen Poe
B Nathaniel Hawthorne
C Mark Twain
D James Fenimore Cooper

dann weiss er sofort, dass es A ist, weil er es weiss, er weiss es aber, weil auf seinem – und natürlich nur auf seinem – Bildschirm die Antwort farbig unterlegt ist. Zugegeben, Jauch weiss viel, er nimmt ja auch selbst an Quizshows teil, aber er weiss eben nicht alles.

Und mir geht es genauso. Immer wieder sprechen mich Leute an, was ich nicht alles wüsste, welche Zitate ich kenne und welche Sprichwörter, in was ich alles bewandert sei, aber bei mir ist es wie bei Günti. Nein, natürlich unterlegt sich da nix farbig, nein, ich bin ja beim Schreiben meist online und dann googele ich. (Nein, das stimmt schon, ich bin MEIST online, da ich nicht direkt in den Blog schreibe, sondern erst einmal auf WORD und dann reinkopiere…)

So habe ich im letzten Post ein paar Dinge nachsehen müssen, vor allem, weil ich ja einen Erzengel habe, einen Erzengel, der alles weiss und alles kennt, na ja, fast alles, aber auch Erzengel sind inzwischen meist online. Und wegen des Engels kann ich mir eben keine Fehler erlauben, die würde er mir sofort aufs Brot schmieren.
So musste ich mich nochmals vergewissern, dass es Pissarro und Seurat und nicht etwa Pisarro und Seurrat oder Pisaro und Seuratt heisst. Ich musste die drei jüngsten Kinder von Mann nachschlagen, klar, Erika, Klaus und Golo kennt jeder, aber hätten Sie Monika, Elisabeth und Michael gewusst? (Mein Erzengel hätte es, er arbeitet gerade (auch) über Mann…) Und beim Schillerzitat habe ich stets im Kopf, es sei aus Wilhelm Tell, aber es ist eben aus der Braut von Messina.

Und dann habe ich gegoogelt.

Jetzt sind Sie enttäuscht, nicht wahr?
Sie haben mich für den intelligentesten, klügsten und gebildetsten Menschen gehalten.
Wobei: Das sind ja eigentlich ganz verschiedene Paar Stiefel, da muss man differenzieren und aufpassen, dass man nicht Äpfel mit Birnen vergleicht.
Intelligenz ist – laut Wikipedia – vor allem die Fähigkeit, die Gesamtheit unterschiedlich ausgeprägter kognitiver Fähigkeiten zur Lösung eines logischen, sprachlichen, mathematischen oder sinnorientierten Problems einzusetzen. Fähigkeit! Das hat noch nichts mit Bildung zu tun. Ja, auswendig lernen kann auch ein dummer Mensch, alle Hauptstädte der Welt in sich reinschaufeln, das geht mit einem IQ von 67 oder mit einem IQ 167. Sie können mit einem IQ von 80 sich merken, dass es Pissarro und Seurat heisst. Sie können mit einem IQ von 36 eine Nacht lang die sechs Vornamen pauken, und sich das Zitat einbläuen, das geht mit 90 und mit 130.

Aber wie ist es mit der Klugheit?
Die scheint ja fast in diametralem Gegensatz zu Intelligenz UND zu Bildung stehen.
Stellen Sie sich vor, Sie haben genug Intelligenz, um den zentralen Computer des Verteidigungsministeriums zu hacken, und sie haben auch die Bildung (Sie sind nämlich studierte(r) Infomatikergendergapin.) Aber ist es KLUG, dieses Vorhaben auch in die Tat umzusetzen? Ist es nicht. Wenn Sie erwischt werden, warten die Schwedischen Gardinen auf Sie, möglicherweise sogar lebenslang.
Stellen Sie sich vor, Sie haben die Bildung und Intelligenz, Sotheby’s einen weiteren Leonardo anzubieten, allerdings haben Sie Salvator Coeli nirgendwo gefunden, sondern selbst gemalt. Aber ist es klug? Ist es nicht, es ist strafbar, und es wird Sie ächten, Sie werden z.B. zu keinen Vernissagen mehr eingeladen, und das wäre ja schrecklich.
Ich halte mich für einigermassen klug, zumindest habe ich deshalb noch keine Verbrechen verübt.

Wissen Sie, was ich mit Günter Jauch gemeinsam habe?
Nein, ich meine nicht das tolle Aussehen oder die Herkunft. Auch nicht den Jahrgang, nein, der ist nicht gleich, ich habe 1965, Jauch hat 1956, das ist ein Unterschied, ja, ich bin jünger, warum ich dann so weissgraue Haare habe? Günti färbt. Was habe ich mit Günti gemeinsam?
Man hält uns für klüger, intelligenter und gebildeter als wir sind.

Günti hat seinen Bildschirm.
Und ich habe Google®. – Ok, Jauch vielleicht auch.
Oh, schon wieder ein Gedicht, wie neulich beim Habemus-Post:

Ich weiss der Dinge nicht all.
Ich googele in manchem Fall.
Günter Jauch.
Tut es auch.

 

   

Freitag, 3. Dezember 2021

Überkreuzmenschen

Beim Impfen begegnet man immer wieder dem Phänomen der Überkreuzmenschen.

Sie wissen sicher nicht oder nur ungefähr, was ich mit Überkreuzmenschen meine. Ich meine damit nicht, dass Leute ständig überkreuz laufen oder überkreuz liegen oder überkreuz stehen, so ganz materiell, ich meine auch nicht, dass sie mit Sachen nicht klarkommen, also mit gewissen Dingen – wie man so sagt – überkreuz sind. Überkreuzmenschen sind auch nicht Fromme, die müssten ja UNTER dem Kreuz sein und nicht darüber, Überkreuzmenschen funktionieren nach folgendem Schema:
Man ist A oder man ist B, zu A gehört eigentlich 1 und zu B gehört 2. A-1 und B-2 wären also Normalmenschen, A-2 und B-1 wären Überkreuzmenschen.
Wollen Sie ein Beispiel?

Man würde denken, dass Kunstliebhaber auf Vernissagen gehen und Kunsthasser NICHT.
Das ist sicher auch normal. Nun gibt es aber z.B. Holger. Holger ist 56, langzeitarbeitslos und finanziell sehr geschwächt, ach, nennen wir es ruhig beim Namen, Holger ist Hartz-IV.
Nun hat Hollerbaum, wo er wohnt, vor zwei Jahren HARTZ-IV-Empfängern den Eintritt in die Städtische Galerie erlassen. Eine Geste, die ungeheuer sozial ist und die Stadt nichts kostet, denn HARTZ-IV-Empfänger gehen nicht ins Museum.
Ausser Holger.
Er ist zu einem wahren Kunstexperten geworden, er würde nie mehr einen Pissarro mit einem Seurat oder einen Klee mit einem Miró verwechseln. Zu gerne würde er auch einmal in eine der Galerien Hollerbaums zu einer Vernissage eingeladen werden. Aber das passiert nicht, denn HARTZ-IV-Empfänger lädt man zu keiner Vernissage ein. Wohl aber Dr. Hoppel, CEO der HUPAMAG, der nichts so hasst wie Kunst, Künstler und Künstlerinnen, der aber regelmässig auf Vernissagen geht, denn sie sind gesellschaftliche (und damit geschäftsrelevante) Ereignisse. Holger und Dr. Hoppel sind Überkreuzmenschen.

Man würde – Sie gestatten mir ein zweites Beispiel – denken, dass Schwule mit Männern schlafen und Heteromänner mit Frauen.
Ja.
Im Normalfall.
Aber wenn die gute Katia Mann, geborene Pringsheim nicht ständig fremdgegangen ist, dann sind Erika, Klaus, Golo, Monika, Elisabeth und Michael von Thomas, und das heisst, der Literaturnobelpreisträger muss zur Produktion von Erika, Klaus, Golo, Monika, Elisabeth und Michael mit seiner Frau geschlafen haben. Oder haben sie einfach Findelkinder aufgelesen? Dafür sehen aber Klaus und Golo (übrigens wiederum beide schwul…) ihrem Vater verdammt ähnlich.
Gut, das Phänomen des verheirateten Schwulen ist sicher gar nicht selten, man sagt ja nicht umsonst «ein gutaussehender Mann um die 50 ist entweder verheiratet oder schwul – oder beides…». Aber gibt es auch das umgekehrte Ding? Yes, Sir, in der Pornoindustrie, dort findet man sehr häufig die Einstellung «gay for pay».

Und wie ist das jetzt mit dem Impfen?
A-1 ist der geimpfte Impfbefürworter. B-2 ist der nichtgeimpfte Impfgegner. A-2 ist der nichtgeimpfte Impfbefürworter. B-1 ist der geimpfte Impfgegner.
Wenn man über diese Typen nachdenkt, wenn man sie diskutiert und erörtert, dann fällt auf, dass viele Leute B-1 viel abstruser finden, als A-2, ein geimpfter Impfgegner, das ist ja eine Condradictio in Adiecto, das ist ja völliger Quatsch, völliger Blödsinn, aber einen Impfbefürworter, der «einfach noch nicht dazu gekommen ist», den kann man verstehen.
Nein.
Nein.
Nein, und nochmals nein.
Warum soll ein Impfgegner sich nicht dem Druck beugen, dem Zwang und – wie Schiller es in seiner Braut von Messina schreibt – der Not gehorchen und nicht dem eignen Triebe? Es gibt Menschen, die sind gegen Steuern und zahlen sie doch, es gibt Menschen, die finden 50 km/h innerorts Nonsens und halten sich dennoch dran, ich finde zum Beispiel, dass der ÖV – Klima lässt grüssen – gratis sein sollte. Trotzdem zahle ich meine Zugfahrten.
Aber nichtgeimpfte Impfbefürworter?
Entschuldigung, man braucht keine Einladung, kein Time-Slot, man kann einfach hinlaufen, der Impfbus kommt und wartet auf einen, Impfangebote noch und nöcher und nöcher und am nöchersten und es absolut unverständlich, dass es irgendjemand «noch nicht geschafft hat».
So kann ich A-1 und B-1 und B-2 begreifen, aber A-2 nicht.
Und: Nichtgeimpfte Impfbefürworter füllen die Spitäler, geimpfte Impfgegner, motzen und stänkern zwar die ganze Zeit, aber sie sind virologisch ungefährlicher.

Nun wissen Sie, was ich mit Überkreuzmenschen meinte. Ich meinte damit nicht, dass Leute ständig überkreuz stolpern und schlendern, so ganz materiell, ich meinte auch nicht, dass sie mit Sachen nicht zurechtkommen, also mit Dingen – wie man so sagt – überkreuz sind. Überkreuzmenschen sind auch nicht Fromme, die müssten ja darunter sein…
Überkreuzler sind fleischessende Veganer und gemüseessende Fleischfanatiker, an die Wiedergeburt glaubende Muslime und monotheistische Buddhisten.
Und geimpfte Impfgegner.
Und nicht nichtgeimpfte Impfbefürworter.
Und nur letztere sind problematisch.