Freitag, 17. Dezember 2021

Statistik mit zu kleinen Stichproben

Ich betrete das Schwimmbad in Muttenz. In dem grossen Becken, in das ich gleich steigen werde, befinden sich drei Männer. Alle drei sind um die 30, alle drei tragen Bart, und alle drei sind mit Badeshorts bekleidet. Der eine trägt blaue, der eine rosafarbene, der andere gelbe. Ob sie zusammengehören? Ich weiss es nicht.

Auf jeden Fall, ich steige in das Wasser.
Und in diesem Moment, in just dieser Sekunde, in genau diesem Augenblick verändert sich das Geschehen fundamental: Die Anzahl der Glattrasierten steigt von 0% auf 25%. Der Anzahl der Trunkträger genauso. (ich hasse diese Badeshorts…) Die Anzahl der Herren in rosafarbener Badebekleidung steigt eklatant von 33% auf 50%. Umgekehrt sinken die Anzahl der Bärtigen (von 100% auf 75%) und die Anzahl der Badeshortsträger (von 100% auf 75%), der Altersdurschnitt steigt von ca. 30 Jahre auf ca. 37 Jahre.

Nach einer Weile verlassen der Rosabadebehoste und der Blaubadebehoste das Becken in Richtung Dusche. Nun ändert sich natürlich wieder alles eklatant.
Der Trunkanteil liegt jetzt bei 50%, ebenso halten sich behaarte Kinne und rasierte Kinne die Waage, der Anteil rosafarbener Badehosen bleibt merkwürdigerweise bei 50%, aber der Altersdurchschnitt rast auf 43.
Lustigerweise war der Frauenanteil die ganze Zeit bei 0%...

Man hätte das Beispiel noch lange so weiterspielen können.
Ein herrliches Spiel.
Ein herrliches Spiel, weil es so unsinnig ist. Denn selbstverständlich ist die Menge der Menschen im Wasser zu klein. Die Stichprobe von Menschen in Hallenbädern (so der richtige Fachausdruck) war geradezu lächerlich winzig.

Das Spiel wird gefährlich, wenn es um gefährliche Dinge geht, um Atomkraft, Flüchtlinge, um Corona, um Krieg und Macht. «Ich glaube nur Statistiken, die ich selbst gefälscht habe.» Diesen Satz sagt man Winston Churchill nach. Aber Statistiken mit zu kleinen Stichproben muss man gar nicht fälschen. Sie werden von vorneherein nix.

Wo sind die AKWs sicherer, in der Schweiz, in Schweden oder in Belgien? Wie viele Störfälle gab es je? Eine blöde Untersuchung, denn mit weit unter 10, mit 4 bis 7 AKWs ist die Stichprobe meilenweit zu klein. Wenn z.B. in Belgien einen Störfall gab, und in Schweden nicht, dann sagt das nichts aus. Tatsache ist allerdings, dass die Störfälle in Dänemark begründete 0 betragen. Dänemark hat keine AKWs.

Wie verhalten sich die Flüchtlinge in Land A? Wie in Land B? A und B, beides Kleinstaaten, haben je 40 Menschen aus Syrien aufgenommen. Auch hier ist die Stichprobe winzig. In Land A gab es x Zwischenfälle oder Probleme, in B gab es x plus 80. Was macht B falsch? B macht gar nichts falsch, B macht alles genauso wie A, kümmert sich um Spracherwerb und Integration, hat Sozialarbeiter und Helfer parat, aber trotz Spracherwerb und Integration, Sozialarbeiter und Helfer ist die Zahl zufällig grösser, die Stichprobe ist einfach zu klein.

Ebenso bei Covid 19. In manchen Schweizer Kantonen sind 100% der Betten belegt. Allerdings würde eine Genesung schon 25% der Betten frei geben, denn es gibt nur 4. Auch hier eine zu kleine Stichprobe. Die grosse, grosse, sehr grosse und riesengrosse Frage ist, warum ein so reiches Land wie die Schweiz nicht mehr Intensivbetten hat und warum man diese auch reduziert hat. Die zweite grosse, grosse, sehr grosse und riesengrosse Frage ist, warum man in einem Land, in dem die Putzkräfte schon fürstlich bezahlt werden, Pflegepersonal nicht päpstlich bezahlt wird.

«Ich glaube nur Statistiken, die ich selbst gefälscht habe.» Diesen Satz sagt man Winston Churchill nach. Aber Statistiken mit zu kleinen Stichproben muss man gar nicht fälschen. Sie werden von vorneherein nix.

Wie sähe es nun – um zum Ausgangspunkt zurückzukehren – aus, wenn wir nicht nur das Hallenbad Muttenz beobachten würden, sondern alle Hallenbäder der Schweiz den ganzen Tag?
Der Frauenanteil wäre sicher nicht null, sondern 50%.
Der Altersdurchschnitt lag im Jahre 2019 bei 42,64 Jahren, der wäre dann auch so. (Da lagen wir mit dem Gelbbadebehosten und mir gar nicht so verkehrt, aber das ist Zufall…)
Der Anteil der Glattrasierten wäre sicher höher, es ist schwer zu sagen, weil 25% der Männer angeben, immer und 25% der Männer angeben, gelegentlich Bart zu tragen.

Ja, es gibt da Statistiken.
Übrigens auch über Shorts- oder Trunktragen. Der Anteil der Badeshortträger ist auch in Wirklichkeit ziemlich hoch. Er sinkt, je älter die Gruppe ist, und er sinkt bei den Gebildeten. (wirklich wahr!) das macht mich ein wenig stolz. Zeige mir, welche Badehose du trägst, und ich sage dir, wer du bist.

Ich bin mit Schwimmen fertig. Als ich aus dem Wasser steige, kommt zur gleichen Zeit eine 90jährige Dame in schwarzem Badeanzug ins Becken. und die ganze Statistik kippt wieder um grosse Prozentzahlen.
Ob die Dame einen Damen-Bart trägt, kann ich aber nicht sehen…



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