Dienstag, 20. Dezember 2016

Blogpause nutzen um die Pinnwand zu entrümpeln



Wir machen mal wieder eine Pause.
Und zwar bis zum 10.1.2017.

Wenn Sie meinen Terminkalender der letzten Wochen ansehen, ist es eh ein wahres Wunder, dass ich es geschafft habe, regelmässig zu posten. Aber jetzt ist mein Hirn irgendwie leer. Aber – wie immer – gebe ich Ihnen noch einen Tipp, was Sie mit der gewonnenen Stunde pro Woche anfangen können.

Räumen Sie doch mal Ihre Pinnwand auf.
Ja, das riesige Korkding über Ihrem Pult, in das Sie seit Jahren Papier pinnen, stecken, hängen, das Korkding, das ob seiner inzwischen sechslagigen Bepinnung, Besteckung und Behängung spätestens in zwei Monaten von der Wand krachen wird.

Vermutlich wissen Sie von 71 der 204 Zettel, die dort hängen, schon überhaupt nicht mehr, warum Sie die dort hingesteckt haben. Die Visitenkarte von Dr. Manfred Boller zum Beispiel. Wer um alles in der Welt soll das sein? Und warum hat er Ihnen das Kärtchen gegeben? Und wann? Also weg damit. Oder warum pinnt dort ein Rezept für Bananenkuchen? Sie hassen wenig Dinge so sehr wie Bananen. Also in den Papiermüll. Und warum Sie einen Stadtplan von Buxtehude unter einem Fahrplan der Moselbahn finden, gehört auch zu den grossen Rätseln. Ganz zu schweigen von Telefonnummern ohne Namen, Mailadressen wie info@g-f-j-k.ch, die keinerlei Hinweis auf Ihren Eigentümer geben und kryptische Sätze wie Glück gehabt, sagte ich. Wir haben Glück gehabt. (Offensichtlich ein Zitat, aber woraus?)

113 der Zettel sind abgelaufen, vorbei, passee, sind ungültig, verpasst und verloren. Die Uchmaski-Ausstellung bei Beyeler? Wollten Sie hin, auf jeden Fall. Herbst 2011. Il Triticco in der Wurzler-Inszenierung in München? Wollten Sie hin, auf jeden Fall. Februar 2012. Spice-World®, die Gewürzmesse in Frankfurt? Wollten Sie hin, auf jeden Fall. Letztes Jahr im Sommer. Und so weiter, und so weiter. Dazu kommen die vielen Garantiescheine, teilweise für Geräte, an deren Existenz Sie sich gar nicht mehr erinnern. Zum Beispiel für einen elektronischen Nussknacker, gültig bis 12.5.2014. Sie hatten offensichtlich einen elektronischen Nussknacker gekauft. Aber wo ist das Teil?
Die letzte Gruppe bilden die Gutscheine, die auch allesamt im Jahr 2017 nicht mehr einlösbar sein werden. Gut, die 60% Rabatt auf Rasenmäher (gültig bis 31.10.2013) kann man verschmerzen, denn Sie haben ja keinen Garten – warum haben Sie den Zettel dann überhaupt gepinnt? – aber die 35% auf Rotweine (gültig bis Ende 2015) und die 20% auf Schokolade (gültig in der Woche 21 des Jahres 2016) sind ärgerlich.

Nun wird es spannend: 204 minus 71 minus 113 ergibt 20. (Erzengel, habe ich richtig gerechnet?) Zwanzig Zettel sind also noch gültig, aktuell, von denen wissen Sie, warum die dort haften, pinnen, kleben, warum sie dort sticken und stecken, warum Sie diese dort aufgehängt haben. Sie können also bis zum Ende der Blogpause circa einen pro Tag abarbeiten.
Oder wegwerfen.
Immerhin haben Sie Entscheidungsfreiheit.
Vielleicht nehmen Sie an dem Esperanto-Kurs in Bad Ragaz (4. bis 5. Januar 2017) teil. Sie wollen zwar kein Esperanto lernen, aber der Kursleiter, den Sie im Zug nach Chiasso kennengelernt haben, war so unheimlich süss.
Vielleicht besuchen Sie am 7.1.2017 das Konzert, das das Ensemble Kreisquadratur im alten Wasserspeicher gibt. Eine Bearbeitung von Mahler VII für Vibraphon, Mundharmonika, Tuba, Blockflöte, Pferdegeige, Sitar, Dudelsack, Küchengeräte und Live-Elektronik hört sich doch ganz spannend an.
Vielleicht lesen Sie jetzt auch endlich mal die Bücher Dreck von Fridda Kejlien und Der Autor, der Titel mit Relativpronomen hasste von Ole Moffsson, immerhin haben Sie sich von diesen Titeln nicht nur Verlag, sondern auch ISBN-Buchnummer aufgeschrieben.
(Wenn schon pleonastisch, dann richtig!)
Sicher wegwerfen werden Sie die Einladung zur Vernissage am 8.1.2017 in der Galerie Büchli in Zürich. Thomas Schnitzli stellt dort grossformatige Fotos aus Aleppo aus und die Vorstellung, mit Cüpli und Schnittchen vor diesen Bildern zu stehen, löst bei Ihnen nur Kopfschütteln aus.
Genauso sicher werden Sie nicht an den Generalversammlungen der 50 Fördervereine, in denen Sie aus Versehen Mitglied geworden sind, teilnehmen. Wobei GVs immer unterhaltsam sind, aber die Gefahr, dass man Ihnen irgendeinen Posten anhängt, ist einfach zu gross.

Aber die Gutscheine werden Sie einlösen!
Rabatt ist immer gut. Ihr Keller ist ja gross genug, um Katzenfutter (DENNER, Woche 1/2017, 45%), Skiwachs (MIGROS, Woche 52/2016, 30%) und Wodka (COOP, Woche 2/2017, 50%) zu lagern, obwohl Sie eigentlich ein nichtskifahrender Blaukreuzler ohne Haustier sind.

Also ran an die Arbeit!
Wir treffen uns wieder im neuen Jahr mit spannenden Themen. (Bleibt Mutti im Amt? Wird Trump irgendwann begreifen, dass die BRD in Europa liegt?)

Bis dahin
Fröhliche Weihnachten und einen guten Rutsch
Ihr
Dienstag-Freitags-Glossist

Donnerstag, 15. Dezember 2016

Seminar "Stressfreie Weihnachten"



Ich hatte neulich im Zug eine nette Begegnung. Mein Gegenüber im IC-Restaurant entpuppte sich nicht nur als interessanter Gesprächspartner, Literaturkenner, Opernfan, sondern auch als Mensch mit sehr spannenden Geschäftsideen. Dr. Thomas Neuboldner, Psychotherapeut, Coach, Lebensberater, Dozent und Trainer, bietet Seminare zu diversen Themen an. Zurzeit reist er durch die Republik und bietet eine Veranstaltung an, die er als Anti-Weihnachts-Stress-Seminar bezeichnet, und damit ist natürlich nicht gemeint, dass er Stress macht, um damit eine Anti-Weihnachts-Stimmung zu generieren, sondern dass er daran arbeitet, den Weihnachtsstresse zu minimieren.

Die erste Stunde, so Thomas, wir waren beim Kaffee – und Grappa, ich gebe es ehrlich zu – zum Du übergegangen, müssten die Teilnehmer sich den wichtigsten Fragen stellen und die Antworten auf grosse Packpapiere schreiben:

1)      WAS WÄRE FÜR SIE EIN SCHÖNES WEIHNACHTSFEST?
2)      WAS VERHINDERT EIN GELUNGENES WEIHNACHTEN?
3)      WAS WÜRDE EIN HARMONISCHES WEIHNACHTEN ERMÖGLICHEN?
4)      WAS WÜRDEN SIE 24.12.-26.12. EIGENTLICH GERNE TUN?
5)      WARUM TUN SIE ES NICHT?

Das sei, so Thomas, schon eine grosse Herausforderung, einmal ehrlich zu sich zu sein, einmal frei von der Leber weg zu sagen, zu denken, zu meinen, was Sache sei, hier bräuchten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer (es seien aber doch zu 80% Frauen) viel Ermutigung und Unterstützung. Eine Frau in Freysenhaus-Zumpthof habe dann nach vielem Zögern folgende Antworten geschrieben:

1)      Eines ohne meine Schwägerin.
2)      Meine Schwägerin.
3)      Das Fernbleiben meiner Schwägerin.
4)      Schichter feiern, sonst Im Bett bleiben, lesen, gammeln, dösen.
5)      Weil meine Schwägerin kommt.

Die Schwägerin entlarvte sich als das, was man als «widerlich perfekt» bezeichnen könnte. Sie kennen solche Menschen: Sie haben alles im Griff, haben nirgends Probleme und alles ist gut und edel und schön. Die Gattin des Bruders jener Frau habe, so die Teilnehmerin, einen Lehrstuhl, für Romanistik, zwei wohlerzogene, adrett gekleidete und hübsche Buben, die nicht einmal wissen, was ein Game ist, geschweige denn auf ihren Handys spielen, sie selbst trage stets die neueste Mode und scheine immer gerade von Friseur, Maniküre und Kosmetikerin zu kommen. Besuche man sie, strahle das ganze Haus und auf dem Tisch, der mühelos das Titelbild von HEIM & GARTEN bilden könnte, steht ein selbstgebackener Kuchen, natürlich mit Beeren aus dem Garten und Bio, versteht sich von selbst.
Das Schreckliche sei nun aber, dass jene Schwägerin einen so heftig spüren lasse, dass bei einem selber eben NICHTS stimme, NICHTS perfekt sei, man selber eigentlich die letzte Schlampe sei. Die Blicke, die man bekomme, wenn man es am 23.12. eben nicht zum Coiffeur geschafft habe, wenn die eigenen Jungs bei Tisch versuchen zu gamen, die Blicke, mit denen Tischdekoration, Essen, Kaffee, mit denen Weihnachtsbaum und Kerzen, mit denen Plätzchen und Boden bedacht werden, gingen einem durch Mark und Bein.

Nun stiegen sie, so Thomas beim zweiten Kaffee – und vierten Grappa, ich bin ja geständig – in ein Rollenspiel ein. Eine Teilnehmerin mime die Schwägerin und besagte Frau müsse ihr mitteilen, dass sie an Weihnachten nicht willkommen sei, ein gleiches Gespräch müsse mit dem Bruder geführt werden. Das brauche nun viele Anläufe, Versuche, da müsse man die richtigen Worte finden und lernen, sich auszudrücken.
Thomas gab einen kleinen Auszug zum Besten:

Frau:                   Du lässt nie ein gutes Haar an mir…
Schwägerin:       Ich habe nie etwas gesagt.
Frau:                   Aber du guckst…
Schwägerin:       Ich gucke?
Frau:                   Du guckst. Es ist die Art, wie du im Zimmer herumschaust und alles, was nicht so
                           Perfekt wie bei dir ist, mit diesen kleinen Seufzern belegst.
Schwägerin:       Na ja, die Servietten z.B. sind ja auch nie ordentlich gefaltet.
Frau:                   NA UND? Sie werden nach 23 Sekunden entfaltet. Ich scheisse auf gefaltete
                           Servietten!

Hier werde, so Thomas, viel Energie frei, auch Wut, Zorn, und das sei auch gut so.
Andere Antworten auf seine 5 Fragen brächten natürlich wieder ganz andere Themen und auch Strategien aufs Tapet.
Ich hoffe, dass einige von Ihnen es noch schaffen, den weihnachtlichen Stress zu minimieren. Wer sich für Thomas Neuboldner und seine Seminare interessiert:

oder
                                

Montag, 12. Dezember 2016

Wichteln?????



Liebe Onliner,

Sie kennen das wahrscheinlich alle: Man plant eine Weihnachtsfeier, im Kollegenkreis, im Verein, man plant ein Raclette oder ein Fondue, man will vor den Winterferien noch einmal gemütlich zusammensitzen, will noch einmal nett essen und trinken, vielleicht sogar viel essen und viel trinken, auf jeden Fall will man es noch einmal richtig schön haben, und dann erhebt irgendjemand die Stimme und sagt jene unheilvollen Worte, jene Worte, die so viele Raclette, so viele Fondue, so viele Feiern vernichtet haben, er oder sie sagt:

«Man könnte doch wichteln…»

Wenn jetzt nicht eingegriffen wird, sofort eingegriffen wird, derjenige oder diejenige sofort mundtot gemacht wird, gefesselt, geknebelt, mit den verbundenen Füssen in den See geworfen wird, wenn die unheilvolle Idee, die jetzt im Raum schwebt, nicht sofort totgeschlagen wird, vernichtet, gekillt, dann ist die Bescherung da, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Hier muss gehandelt, agiert werden, und zwar am besten schon beim Atemholen des oder der Betreffenden, besser noch bevor gesagt wird:

«Man könnte doch wichteln…»

Die harmloseste Variante ist hier noch das Schrottwichteln. Hier tut jede(r) einen Gegenstand in den Sack, der von milder oder herber Scheusslichkeit ist, eine Sache, die er oder sie nicht mehr haben will oder nie haben wollte. Alle ziehen dann aus dem Sack und sind gespannt, welches (Un)ding sie da in der Hand halten. Findet man das Präsent genauso furchtbar wie die Person, die es hineintat, so ist nichts verloren, manchmal aber sind die Geschmäcker eben so verschieden, dass man sich extrem freut. Es kann ja sein, dass die Meditations-CD Gesänge der Koalas, die einem nun seit einem Jahr das CD-Regal verpestet, von einem eher esoterischen Menschen mit Freude ausgepackt wird. Es kann ja sein, dass der aufblasbare Bauchmuskel-Trainer, den Sie nie benutzt haben, vom Kollegen Meyer dann doch jeden Tag verwendet wird. Es kann sein, dass die Diddl-Tasse (gibt’s eigentlich noch Diddl-Produkte??) die Tochter der Kollegin Schroeter zu wahren Freudenschreien führen wird.

 «Man könnte doch wichteln…»

Die schlimmere Variante ist das normale Zufallswichteln. Sie funktioniert wie das Schrottwichteln, aber mit Dingen, über die sich der Zieher oder die Zieherin freuen sollte. Was um alles in der Welt tut man jetzt in den Sack? Welches Geschenk ist so formschön, praktisch, abwaschbar und vollkommen zweckfrei, dass es jeder und jedem gefällt? (Natürlich, der Familienbenutzer, aber den gibt es ja nicht…) Alkoholika fallen weg, es gibt immer mehr Abstinenzler, ebenso Süssigkeiten, 50% der Menschen, die ich kenne, sind gerade auf Diät. Ein schöner Duft? Müsste dann aber unisex und relativ neutral sein. Eine Rolle Klebstreifen? Das können nun wirklich alle gebrauchen, aber so etwas schenkt man eben nicht. (Warum eigentlich nicht?) Und wer jetzt meint, ein nettes Buch mit weihnachtlichen Texten, ein Weihnachtsbuch, eine Weihnachts-Anthologie, der oder die hat meinen letzten Post nicht gelesen.

«Man könnte doch wichteln…»

Die allerschlimmste Variante, jene Variante, die schon viele Menschen entzweit hat, die Firmen in Krisen und Vereine in Aus befördert hat, jene Variante, vor der allen graut, jene Variante, die wie die pandorische Büchse, wie die Dose der Götter Unfrieden, Krieg, Seuchen und Katastrophen über die Menschheit brachte, ist das Wir-Losen-Eine(n)-Partner(in)-Aus-Wichteln. Hier zieht man jemand, den man mit einem Präsent glücklich machen darf. Der oder die Arme weiss nicht, von wem das Geschenk kommt, muss aber beim Auspacken in Freudenstürme ausbrechen, weil man ja davon ausgeht, der/die Schenkerin habe sich was gedacht. Gut ist, wenn man den anderen, die andere mag, dann kann man gemäss seinen Hobbys, seinen Vorlieben schenken und ihm wirklich eine Freude machen. Hobbys und Vorlieben sind ja nun seit Facebook, seit Instagram, seit LinkedIn und Twitter, seit der ganzen Sozialmedia kein Geheimnis mehr. Hasst man die Person, hat man zwei Möglichkeiten: Etwas zu geben, was er/sie hasst oder – ganz tückisch und in Mobbing-Betrieben sehr verbreitet – etwas in den Sack zu legen, was ihn/sie entlarvt. So legt man z.B. für den nichtgeouteten, verheirateten Kollegen Schmitz den Kalender Men and Boys 2017 hinein und freut sich auf seine Ehekrise. Oder der Kollegin Suter GARD® Colour Nice Black und stellt damit klar, dass die Achsojunggebliebene eben doch ihre Haare tönt.

So sollten Sie, wenn Sie eine Weihnachtsfeier planen, ein Raclette, ein Fondue, wenn Sie mal gemütlich zusammensitzen wollen, das Jahr noch einmal revue passieren lassen, noch einmal nett essen und trinken, vielleicht sogar viel essen und viel trinken, auf jeden Fall noch einmal richtig schön haben, vorn vorherein die Worte sprechen:

«ES WIRD NICHT GEWICHTELT!»