Die Südseeinsel Pika-Puka hat
ein Problem. Das Problem heisst Wuwu und ist ein Vogel. Der 50 Zentimeter
grosse, silbergraue Kleinadler ist ein widerliches Biest. Sein Schrei klingt
wie ein auf Luftballon gespieltes Wagnermotiv, sein Schnabel ist spitz und
scharf und dringt auch durch Glas und Blech, sein Kot besteht vor allem aus
Säure und hat schon manchen Mantel weggeätzt. Das Gute ist, dass der Wuwu in
der Hauptstadt nicht genügend Nahrung findet, sollte er sich also wirklich
einmal nach Pika-Puka-Stadt verirren, verhungert er dort. Deshalb hat Pombo XX,
König von Pika-Puka 2010 das Wuwufüttern unter Strafe gestellt. 1 Monat bis 1
Jahr Haft sollten dem drohen, der die Vögel mit Nahrung versorgt. Es gab nämlich
doch immer wieder Leute, die die darbenden Wuwus bemitleideten und ihnen
Früchte und Brot zuwarfen.
Nun ist die Population von
Pika-Puka klein und alle sind irgendwie verwandt. Deshalb drückten die
(wenigen) Polizisten alle Augen zu. Wer verhaftet schon gerne seine Tante,
seine Nichte oder Schwiegermutter?
Pombo XX reagierte und
VERSCHÄRFTE 2012 DIE GESETZTE. Nun drohten 2 Monate bis 2 Jahre Gefängnis.
Immerhin wurde auch tatsächlich ein Mann verhaftet. Weil er allerdings
behauptete, er habe diesen Wuwu vergiften wollen, wahrscheinlich sei die Dosis
zu niedrig gewesen, weil die Polizei ihm das glaubte, und weil er der Neffe des
Oberpolizisten war, liess man ihn laufen.
Pombo rotze, Pombo tobte,
Pombo kotze und VERSCHÄRFTE 2014 die
Gesetze. Nun gab es 3 Monate bis 3 Jahre Knast für den Fütterer oder die
Fütterin. Im Sommer 2014 wurden auch sofort zwei Touristen verhaftet UND
verurteilt: Urs Blaggi und Beat Schämpli aus Uerikon (ZH) hatten am Tag vor
ihrem Abflug Wuwus gefüttert. Sie wurden zu einer bedingten Gefängnisstrafe
(für Deutsche: Bewährung) von 3 Monaten verurteilt. Nun ist es nicht schwierig,
sich an die Bewährung zu halten, wenn man eh nie mehr an den Ort zurückkommt,
und eine bedingte Vorstrafe in Pika-Puka ist jetzt nichts wirklich Bedrohliches,
eher etwas, was man schmunzelnd auf Facebook postet oder twittert.
Das Füttern wurde nicht
weniger.
Pombo erhöhte 2015 das
Strafmass auf 4 Monate bis 4 Jahre.
Das Füttern hielt an.
Und an.
Und an.
Und an.
Warum reden wir ständig
davon, dass wir Gesetze verschärfen sollten?
Weil es sich so gut anhört.
Es klingt nach Durchgreifen, nach Macht und Stärke, es klingt nach „der Staat
tut was“ und „wir lassen uns nicht alles bieten“. Verschärfte Gesetze haben den
Geruch von Effektivität und Härte, den Duft von Justiz und Handschellen.
Dabei HAT man schon so viele
Gesetze.
Aber wenn man sagt: „Wir
müssen unsere Gesetze anwenden“, gibt man ja zu, dass man das bisher NICHT
getan hat, man gesteht ein, dass Paragraphen rumliegen, die kein Mensch kennt,
kein Mensch benutzt und kein Mensch durchsetzt.
Pombo XX hätte ja kleinmütig
sagen müssen: „Liebes Volk, wir haben ein Antifütterungsgesetz, aber wir
kriegen das irgendwie nicht gebacken, dass sich die Leute daran halten.“
Wir brauchen, um Ereignisse
wie in Köln zu vermeiden, keine neuen Gesetze. Wir könnten aber mal die, die
wir haben, einfach mal anwenden.
Ich meine: Wozu hat man sonst
Paragraphen?
Könnte mal nicht mal sagen
und schreiben:
BEI UNS WIRD ES SO HEISS
GEGESSEN, WIE ES GEKOCHT WIRD?
oder
ES WERDEN KEINE AUGEN
ZUGEDRÜCKT?
2015 wurden auf Piku-Paku
übrigens nun wirklich drei Deutsche in den Knast gesteckt. Sie kamen
ausdrücklich, um sich eine Bewährungsstrafe (für den Facebook-Eintrag) zu
sichern, nachdem sie den Post von Beat und Urs gelesen hatten. Allerdings war
ihre Strafe 4 Monate unbedingt, und weil ihr Ansinnen dermassen frech war, war
auch die Botschaft der BRD machtlos.
Sofort hörte das Wuwufüttern
auf. Denn es waren ja Touristen, aber man wusste nicht so genau, ob der Richter
nicht auch Einheimische verurteilen würde, selbst wenn er mit ihnen
verwandtschwägert wäre…
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