Dienstag, 3. Juni 2014

FIFA 2022 oder: Mich erstaunt das Erstaunen


Die Berufung des Rockmusikers Bully Belly zum stellvertretenden Kapellmeister am Opernhaus Münster löste unlängst ein wenig Erstaunen aus. Der Intendant gab bekannt, dass man durch eine Person, die eigentlich aus einem anderen Metier komme, ein wenig frischen Wind in die Sache bringen wolle und dass Bully sich die Sachen, die er nicht könne, mühelos draufschaffen werde.
Dazu gehören solche Details wie die Kenntnis der Notenschrift, die dirigentische Schlagtechnik, Instrumentenkunde und das Wissen über Opern schlechthin. So ist für ihn TOSCA das Parfüm seiner Grossmutter (die Grufties werden sich noch erinnern: Mit Tosca kam die Zärtlichkeit) und Da-da-da-damdadaa ist für ihn die Musik einer Schokocornflakespraline.
Grosse Bestürzung löste dann die Meldung aus, dass Bully Belly der Stiefneffe des Oberbürgermeisters ist.

Mich bestürzt eigentlich eher die Bestürzung als die Tatsache.

Die Berufung des Mikrobiologen Prof. Dr. Hubert Schmand zum Chef der Uniklinik Giessen löste unlängst eine ähnliche Verwunderung aus. Der Mann, ein hochkarätiger Wissenschaftler, hatte ausser dem Nobelpreis schon alle wichtigen Auszeichnungen abgeräumt und galt als Koryphäe auf dem Gebiet der Zellkunde. Was ihm fehlte, war das gesamte Wissen um Diagnose, Therapie, Physiologie, Pharmazeutik. Kurz: Er hatte bei der Geburt seiner Tochter vor vier Jahren zum letzten Mal ein Spital von innen gesehen. Wozu braucht jemand wie er noch den Chefarzttitel? Keiner weiss es, aber es wurde relativ schnell klar, dass er einige Leute kräftig geschmiert hatte. Als es herauskam, waren alle verwundert.

Mich verwundert die Verwunderung, ja, mich erstaunt das Erstaunen, mich bestürzt das Bestürzen und mich verblüfft die Verblüffung.

Wenn eine völlig unlogische Entscheidung getroffen wird, von der eine bestimmte Person oder bestimmte Institution profitiert, die von Tuten und Blasen keine Ahnung hat, (ein Dirigent UND ein Arzt müssen nämlich Ahnung von Blasen haben), dann ist entweder Vitamin B im Spiel oder es ist Geld geflossen. Oder: Es wurden sexuelle Dienste gewährt, im Theater und beim Film spricht man daher von der Besetzungscouch.

Das ist doch logisch, oder.
Warum tut man dann so erstaunt?

Wenn ein Land, in dem nicht Fussball gespielt wird, in dem bei den dortigen 50° C auch gar nicht gespielt werden kann, ein Land, das keine Stadien hat und noch nie an einer WM einen Blumentopf gewonnen hat, die FIFA WM 2022 ausgetragen werden soll, dann kann das nicht mit rechten Dingen zugehen. Alle tun jetzt so, als ob niemand damit gerechnet hat, dass da Pinke, Kohle, Knete, Mäuse, Zaster den Besitzer gewechselt hat.

Das war doch völlig klar, oder?
Mich verwundert die Verwunderung, ja, mich erstaunt das Erstaunen, mich bestürzt das Bestürzen und mich verblüfft die Verblüffung.

Die FIFA, der korrupteste und geldgierigste Verein auf diesem Planeten, soll hier eine Sachentscheidung getroffen haben?
Wer hat das wirklich geglaubt?
Blatter, der korrupteste und geldgierigste Funktionär auf diesem Planeten, soll hier nach Fakten geurteilt haben?
Wer hat das wirklich geglaubt?

Natürlich ist hier viel, viel, viel Geld durch die Ölpipelines gegangen.
Oder der Scheich von Katar ist der Cousin des Schweizers Blatter. Oder er hat mit ihm geschlafen. Halte ich beides für unwahrscheinlich.

Belly wurde übrigens mit einer Abfindung gar nicht an seinen Posten gelassen und der 2. Kapellmeister von Wuppertal bekam den Posten – nach einer glanzvollen Rigoletto-Vorstellung, denn er konnte das da-da-da-dadadam nicht nur in diese Oper einordnen, sondern es auch dirigieren. Chefarzt in Giessen wurde ein Internist.

Und die WM 2020 wird neu vergeben werden müssen.
Alles nicht erstaunlich.
Also: Hört auf euch zu wundern, wenn Geld, Sex und Klüngel  die Welt regieren.
Es ist seit Jahrtausenden so.

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