Das war natürlich gelogen mit dem Nacktschreiben.
Ich schreibe im Zug oder am Schreibtisch. Und bin immer
angezogen dabei, im Zug etwas seriöser, am Schreibtisch meistens etwas legerer,
so Sporthose und T-Shirt und so. Nackt habe ich noch nie geschrieben.
Ich bin überhaupt nicht so der Nackte, auch nicht mehr beim
Schwimmen, das Einzige, was ich ungewöhnlich textilarm tue, ist Putzen – im
Sommer natürlich. Wenn die Temperaturen auf tropische 65° klettern (gefühlt)
und schon am Morgen die Sonne auf den kahlen Scheitel brennt, putze ich in der
Badehose, ich bin also mein eigener Nacktputzer. Nein, ich bin nicht zu buchen,
weder überhaupt zum Putzen noch zur Wohnungsreinigung im Badedress, ehrlich
gesagt, wenn Sie einen Nacktputzer brauchen, holen Sie sich was Jüngeres, mit
fast 50 ist halt alles nicht mehr so straff wie mit 20.
Aber wir kommen vom Thema ab: Nacktschreiben.
Ich meine, wieso eigentlich nicht? Es gibt ja fast alles als
Nacktvariante. Wer erinnert sich nicht an die Nacktwanderer im Alpstein? Wer
erinnert sich nicht an den Freiburger Nacktjogger, der gezwungen wurde eine
Penishülle zu tragen, die den Blick tausendmal mehr auf seinen Schniedel lenkt
als das beim reinen Adamskostüm der Fall wäre? Sport wurde ja früher immer
nackt gemacht, auch die Fussballmeisterschaften waren textilfrei, und wenn jetzt
jemand sagt, Fussball sei doch…dann verweise ich auf das legendäre Spiel
Griechenland – Persien 7:0 in Issos 333 v.Chr. (drei,drei, drei gabs in Issos
Keilerei, also war auch die Fankultur schon da.) Nein, der textile Fussball
wurde erst mit dem Trikottausch eingeführt, jener magische Moment, der für die
Nichtfussballfans, die Ahnungslosen, die Soccerdeppen die Belohnung ist, ein
ganzen Spiel ausgeharrt zu haben, für 50% der Frauen und die Schwulen also.
Was kann man sonst noch nackt tun? Nicht, was Sie denken. Da
wäre es wahrscheinlich haarsträubend, wenn man wüsste, wie viele Leute da noch was
anhaben. Nein, man kann sicher nackt schreinern und malen, man kann schrauben
und hämmern, sicher gibt es Nacktinstallateure, Nacktmetzger, Nackttapezierer
und Nacktbodenleger. OTTO erzählt eine wunderbare Story von einem
Nudistenbäcker, wobei er mit den Begriffen Nacktbackverbot und Nachtbadeverbot
spielt…
Nacktdachdecker und Nacktförster halte ich für genauso
unwahrscheinlich wie Nacktlandschaftsgärtner.
Und Nacktautoren?
Terry Jones schrieb immer nackt und er führte auch immer nackt Regie. Wer ihn nicht
kennt, das ist der Schweigeeremit, der eben dieses Schweigen bricht, als ihm
Brian auf den Fuss tritt. Natürlich ist er in der Rolle nackt.
Aber andere Schriftsteller?
Über das Verhältnis von Schreibsituation und Schreibprodukt
hat die Germanistik, die sich ja sonst über jeden noch so grossen Blödsinn
Gedanken macht, viel zu wenig gehandelt. Sind Texte aus der Ebene eher flach,
wird ein am Meer geschriebener Roman flüssiger, gar wässrig oder fischig? Sind
Bücher, die in einem Zug geschrieben wurden, auch in einem Zug? Und haben im
Tram geschriebene Machwerke mehr Stopps?
Hatte Anais Nin beim Schreiben Reizwäsche an? Wer schrieb im
Anzug, wer im Bademantel? Schrieb Böll im Liegen und Brecht im Sitzen oder
umgekehrt? Und wie sieht man das an den Texten?
Und wer schrieb in der Badehose?
Ich werde also im einen Versuch machen: Einen meiner Posts
werde ich WIRKLICH komplett nackt schreiben, aber nicht auf dem Balkon, da
sieht man mich nämlich. Ich sage Ihnen aber nicht, welchen. Wenn Sie ihn
erkennen, hat meine Blösse sich auf den Stil ausgewirkt.
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