Montag, 29. April 2013

Ich tue es für mich selbst

Vor etlichen Jahren wurde ich Zeuge einer etwas peinlichen Szene. Am FKK-Strand des Freiburger Flückingersees hatte sich ein offensichtlich gestörter Mann hinter eine Gruppe Frauen gesetzt und - na, ja, wie soll ich das jetzt vornehm ausdrücken - sich Lust bereitet. Es kam zu Geschrei und einigen fliegenden Gegenständen und schliesslich holten wir die Polizei. Tatbestand: Öffentliches Ärgernis.
Die Geschichte ist übrigens wirklich wahr.
Man tut also solche Dinge nicht in der Öffentlichkeit. Und das ist gut so.
Was soll man aber von Leuten halten, die eigentlich das Gleiche tun, nur auf einer anderen Ebene?
Da gehe ich in ein Konzert, in dem ein junger, hübscher Geiger eine Beethovensonate versaut, weil er jeden Triller, jedes Glissando, jede Phrase so gestaltet, dass er sich toll findet, dass er sich zeigt, was für ein immens guter Musiker er ist, ganz egal ob das zum Stück passt, ganz egal ob er den Zuhörern etwas Schönes bietet. Das ist künstlerische Selbstbefriedigung. Und man sollte die Polizei holen.
Da malt die Rentnerin Nelli Bugger Blumenstilleben in Öl. Eine Beschäftigung, die ihr Vergnügen macht und ihre langen Nachmittage ausfüllt. Das ist völlig OK, aber muss sie diese Schinken dann in der Sparkasse ausstellen? Muss ich armer Kunde mir diese epigonalen Sonnenblumenklecksereien ansehen, nur weil die gute Frau sich daran ergötzt?
Das Schlimmste ist aber die Verbale Masturbation, kurz V.B. Man hat nichts zu sagen, man teilt nichts mit, es geht nicht um den anderen, ich bereite mir Lust, indem ich quassele.
Ja, und ich schlage mir dreimal auf die Brust (Sie kennen es inzwischen: mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa...), ich bin da auch nicht ganz frei davon.
Aber das Gute ist: VM hat klare Vorzeichen, und man kann sie verhindern. Das ist, wie wenn der Gestörte anfängt, an seinem Hosenlatz zu nesteln.
Das gehört jetzt eigentlich nicht zum Thema...
Wenn es nicht zum Thema gehört, dann lasse es weg und schweige!
Man gestatte mir einen kleinen Exkurs...
Ein notwendiger Exkurs, wie zum Beispiel ein paar Worte zu Ludwig II innerhalb eines Wagnervortrags, muss nicht gestattet werden, er ist unabdingbar, einen unnötigen Exkurs gestatten wir nicht!
Besonders schön sind "Hörer fragen Experten"-Sendungen:
Ich habe keine Frage, sondern eine Ergänzung...
Dann mach die Leitung frei, du Affe, hier sitzt jemand, der sich wirklich auskennt, und viele Hörer kommen wegen dir nicht durch!
Oder auf einem Elternabend 1. Klasse:
Mich würde interessieren, ob sie Tonika-Do oder Solfege unterrichten...
Ja, aber nur dich, und sämtliche anderen Eltern haben keine Ahnung, wovon wir sprechen, es gibt nach der Veranstaltung noch ein Glas Wein, warum kommst du nicht dann zu mir?
VM, wohin das Auge schaut.
Es kam am See übrigens wirklich zu einer Anzeige. Und das sollte man bei allen anderen Situationen, bei denen jemand etwas tut, das alle stört und nur ihm Vergnügen bereitet, auch tun.
Oder lieber nicht, wahrscheinlich sässe ich dann schon längst im Knast.

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