Montag, 22. April 2013

Belieber?

Ich habe neulich geschrieben, dass wir alle Egozentriker sind.
Nun gibt es da aber auch Abstufungen. Wer im Anne Frank-Huis ins Gästebuch schreibt, das jüdische Mädchen wäre heute eine Belieberin (für Uneingeweihte: Fan von J.B.), ist schon ein ganz, ganz grosser. Justin Bieber ist sicher in den TopTen der Egozentries. So wie er in den TopTen der unnötigsten Persönlichkeiten, den TopTwenty der schlechten Popmusiker und in den TopFive der Leute ist, die man überflüssigerweise von der Strasse geholt hat. Nicht was Sie denken, er war Strassenmusiker.
Wie ist das aber nun abgelaufen? Hier die ganze Wahrheit über die Sache an der Prinsengracht:
Auf dem Tourneeprogramm von Justin steht Amsterdam. Jetzt müssen wir wissen, Justin ist immer noch ein Teenager, und was denken Teenager, wenn Amsterdam auf dem Programm steht? Richtig: Party, Saufen, Drogen, Redlight, Kiffen, Hausboot, Chillen, Shoppen usw. Sie denken sicher nicht an Sonnenblumen - wieso nicht Tulpen?, ich meine die von Van Gogh - oder irgendwelche Männer, die in der Nacht mit irgendwelchen Laternen und Lanzen rumstehen. Das PR-Management findet nun aber, Justin muss nach so vielen pubertären Entgleisungen endlich etwas Seriöses machen. Und die PR-Leute fordern das ungewöhnlich heftig und schrill. Also verkünden sie: Zwei Stunden Anne Frank-Huis. Bieber mault, Bieber meckert, Bieberlein will in die Geschäfte und Geld ausgeben, er will saufen und eine Tüte bauen, er will an den Kanälen rumhängen, keine Chance, die PR bleibt hart, J.B. muss in Het Achterhuis.
Nun beginnt die schwere Aufgabe für die Bodyguards Toki, Loki, Boki und Moki: Aufpassen, dass sich unser Melobubi zwei Stunden lang ordentlich benimmt. In manchen Fällen schützen ja die Personenschützer nicht den Star vor der Umwelt, sondern die Umwelt vor dem Star. Zwei Stunden lang kontrollieren sie, dass Justin nichts anfasst, dass er auch die Tafeln liest, dass er keinen Kaugummi irgendwo hinklebt, dass er andächtigt nickt, dass er nicht abhaut, dass er keine blöden Sprüche macht und einigermassen seriös wirkt. Und dann, kurz vor Schluss passiert es, sie sind einen Moment lang unaufmerksam, und Bieber schreibt den Mist ins Gästebuch.
Was lernen wir aus der Geschichte?
Dass PR-Aktionen meistens schiefgehen.
Hätte man vor vierzig Jahren dem Grossmütterschwarm Heintje (Oma so lieb, Oma so nett...) gesagt, er müsse in eine Disco, um ein bisschen seine Jugendlichkeit zu pflegen, er hätte sich zunächst an der Bar einen Orangensaft (!!!) geholt und dann später eine junge Dame mit Verbeugung aufgefordert: "Darf ich Sie zu einem Foxtrott bitten?". Genauso peinlich.
Noch peinlicher ist es, wenn Firmenbosse nach Bayreuth müssen, wenn irgendwelche Society-Schnepfen einen Tag lang einen Rollstuhl schieben, wenn sich Dieter Bohlen mit einem Adorno-Buch ablichten lässt, wenn Angela Merkel mit dem Fahrrad fährt. Und alles nur, weil die PR-Berater meinen, ihr Schützling müsse mehr kulturell, mehr sozial, mehr gebildet, mehr sportlich wirken.
Das Anne Frank-Huis selber reagierte übrigens gelassen: Anne habe immer aktuelle Musik gemocht...
Die Holländer nehmen ja viel mit Humor.
Aber wahrscheinlich hat die PR-Abteilung der Prinsengracht gemeint, man solle hier eher amüsiert und heiter wirken und ein Bannfluch Richtung Justin sei schlechte PR.


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