Montag, 1. April 2013

Blutgeld II

Hubert ist freischaffender Violinist und ein politisch korrekter Mensch. Er würde nie Geld annehmen, das aus zweifelhaften Quellen stammt und nimmt seine Sache sehr genau. Aus sämtlichen frei arbeitenden Orchestern, der Sinfonietta, dem Kammerorchester Basel und dem Collegium Musicum ist er rausgeflogen, weil er keine Projekte spielt, bei denen Banken oder Pharma Kohle im Spiel haben. Daraufhin hat er ein Soloprogramm erarbeitet und ein Quartett gegründet. Beim Aquirieren von Engagements ist er akribisch: Sobald auf der Sponsorenliste ein falscher Name steht, wird dort nicht gespielt. La Poste in Visp? Fehlanzeige, da steckt die LONZA mit drin, und wer weiss schon, was die alles transportieren? Rheingau Festival? Ich bitte Sie! Da hat überall die DRESDNER BANK ihr grünes Band der Sympathie mit hineingewoben. Baden-Baden? Keinesfalls, Hubert hat den guten Alberto Vilar einmal gegoogelt, und ... au weia!
Hubert hält sich an die kleinen, alternativen Veranstalter: Klassik Hinterhaus in Zschopau, Plattenbaukonzerte in Marzahn, Kammerwupper in Elberfeld. Das einzig Blöde ist, dass diese kleinen, aber feinen Dinger kein Geld haben, und wenn es auch 300.- Euro gibt, sind die schnell weniger, wenn man sich davon zwei Tage in einer deutschen Grossstadt ernähren muss. Ausserdem spielt man auch nicht gut, wenn man nur mit Regionalzügen reist und beim Veranstalter auf der Isomatte schläft.
Geld ist nie sauber. Man kann es fast nicht verhindern, irgendwie mit Blut-, Schweiss- und Tränengeld in Berührung zu kommen. Leider sind gewisse Kompromisse unumgänglich. Selbst wenn ich gar nichts arbeite, wer zahlt dann meine Sozialhilfe? Gut, es gibt Schmerzgrenzen, ich glaube, ich würde auch nicht den Werkschor von Mauser leiten (Waffenfabrik in Oberndorf, die in alle Krisengebiete liefert, mit der Duldung des Deutschen Zolls), aber ich bin schon in Rottweil (20 km entfernt) mit Kabarett-Chanson auf der Kleinkunstbühne aufgetreten, und da ist Mauser sicher im Förderverein, ich habe da aber nicht so genau hingeschaut. Ich weiss auch nicht, wie ich reagieren würde, wenn ein Sponsor eines Chorprojektes seinen Beitrag in gebündelten Scheinen brächte...
Hubert gibt, um zu überleben, noch Geigenstunden, aber auch nur an Leute, die ihr Geld sauber verdienen, das heisst natürlich, dass er auch nicht viel verlangen kann, weil eben Biogärtner und Krankenpfleger auch nicht im Geld schwimmen. Gelegentlich macht er auch Strassenmusik, aber nicht in der Bahnhofstrasse in Zürich. Da hat er übrigens keinen Gewissenskonflikt, in der Nadelstreifenzone an der Limmat ist Musizieren sowieso strengstens, allerstrengstens verboten.

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