Freitag, 29. März 2013

Blutgeld auf Zypern

Wir alle kennen die Geschichte: Der V-Mann bekommt ein schlechtes Gewissen, bringt sein Honorar zurück und nimmt sich das Leben. Die Kirchenleitung steht nun vor dem Problem, dass man die Summe nicht einfach wieder in den Opferstock stecken kann und sie kommen auf eine Lösung. Eine Immobilie, ein Grundstück wird gekauft, um das Geld zu säubern, denn es ist Blutgeld. Leider funktioniert die Waschaktion nicht, denn einige Jahre später schreiben die Publizisten Marco und Luke immer noch: Bis heute nennen die Leute das Grundstück Blutacker.
Hier setzt nun die Fortsetzung ein, die allerdings theologisch umstritten, apokryph ist und eher ins Gebiet der Legenden gehört. 50 Jahre nach der Eliminierung des Ketzers startet Gogas, ein Enkel des Kaiphas in Askalon mit einem Boot. Im Gepäck hat er den Verkaufserlös des Ackers und den Auftrag, ihn irgendwo anzulegen. Nach stürmischer Überfahrt landet Gogas nach zwei Wochen - na, wo wohl? - auf Zypern. Dort kauft er einen kleinen Bauernhof, setzt einen Pächter ein, der nun jedes Jahr seinen Überschuss nach Jerusalem schickt. Dort kommt das Geld direkt dem Tempel zugute. Gogas fährt wieder heim, offiziell ist er einen Monat siech auf seinem Lager gelegen.
Fysius, der Pächter, der rechtschaffen und sauber arbeitet, fragt sich zwar manchmal, wieso jemand in fernen Landen eine Farm kauft, aber er hat zu viel zu tun, um sich ständig Gedanken zu machen. Das Problem setzt ein, als ein Jahr später wieder ein Mann erscheint, dieses Mal ein Germane. Er heisst Hubuaker und baut eine Töpferei. Zehn Männer können dort arbeiten. Anscheinend hat sich die Insel als Anlage für Blut-, Schweiss- und Tränengeld herumgesprochen.
Nach hundert Jahren ist die Insel ein für damalige Zeiten blühendes Wirtschaftswunderland: Bauernhöfe, Töpfereien, Bergwerke, Manufakturen. Alle haben Arbeit und Brot, man leistet sich Theater, Thermen, Wasserleitungen und Bordelle. Immer wieder erscheinen Boten und holen den Gewinn ab, und man fragt eben nicht so genau, wo das Geld hingeht.
So die Legende.
Die Frage ist nun: Wer ist der Böse in der Geschichte? Kaiphas? Gogas? Fysius? Hubuaker? Die Töpfer? Die Obrigkeit von Zypern?
Es ist so leicht, die Zyprioten als kriminelle Geldwäscher zu sehen. Vor zehn Jahren wurde in Freiburg i.Br. eine Jugendstilvilla verkauft. Mit im Spiel waren eine renommierte Anwaltskanzlei in London, eine genauso angesehene in Berlin und die Freiburger Sparkasse. Der Käufer, ein Russenoligarch, bezahlte die 2000000.- in bar. - Die Story ist wahr, ehrlich! - Niemals, niemals, in keiner Zeitung, in keinem Lokalsender wurde hier das hässliche Wort Geldwäsche in den Mund genommen. Also fassen wir uns doch alle mal an die eigene Nase.
Was hätten aber Kaiphas und seine Leute mit den fünfzig Silberlingen anfangen sollen? Klare Antwort: Es den Armen geben. Ich glaube, einem Verhungernden in Jerusalem wäre es egal gewesen, ob sein Brot aus dem Judaslohn bezahlt wurde.

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