Montag, 25. März 2013

Welcher Klopapiertyp sind Sie?

Ich brauchte neulich diverse Sachen für den Haushalt und begab mich in ein grosses Einkaufszentrum. Im ersten Stock entdeckte ich den HYG-SHOP, einen Spezialladen für Papier und Textilien, die man für Reinigung und Hygiene braucht. Ich ging hinein und wollte mir gerade eine grosse Packung Klopapier aus dem Regal nehmen, als ein Verkäufer auf mich zu kam. "Sie wissen, was Sie wollen, oder benötigen Sie Beratung?" Ich antwortete, ich bräuchte einfach WC-Papier. "Haben Sie sich das ganze Sortiment angesehen?", so der Angestellte, "wir haben nämlich 15 Papiersorten, zwei-, drei- und fünflagig, dazu ca. 70 verschiedene Duftnoten, wir haben laktosefreies, diätetisches und allergiearmes Papier, wir haben Papier, das mit dem Mond-, dem Merkur- und dem Majakalender harmoniert." So genau komme es nicht darauf an, so ich, es ginge einfach um Klopapier, ich hätte normalerweise gern einen sauberen Allerwertesten.  Der Verkäufer lachte: "Aber unsere Ware macht Sie doch nicht einfach sauber! Unsere Tissue macht Sie glücklich, je nach Verarbeitung und Duft belebt, beruhigt, erfrischt und verklärt Sie. Das Reinigen - auch der entfernteren Körperregionen -  hat eine psychologische, ja eine spirituelle Dimension. Vielleicht machen Sie erst einmal einen Test, welcher WC-Papier-Typ Sie sind. Wir bieten auch spezielle Seminare an, wo Sie die richtige Reinigung neu lernen und erleben können..."
Ich liess ihn stehen und ging in den Denner.
Auf der Heimfahrt musste ich nochmals über den Heini nachdenken und kam darauf, dass er - so verrückt er mir erschien - voll im Trend liegt. Ist nicht inzwischen alles, aber auch alles zum Event geworden? Früher benutzten wir Seife zum Waschen und NIVEA für die Haut, heute werden wir vom Duschgel (Limone und Mango) geweckt und aufgemuntert und von Bodylotion (Rosenblätter und Kakao) umschmeichelt und bezärtelt, kein Wunder, dass wir Stunden im Bad brauchen. Geschwind einen Kaffee? Nicht mehr möglich. Röstung? Grösse? Brühung? Coffee factory und Starbucks sind ja nicht einfach Heissbrühebuden, sie sind religiöse Orte, sie sind Tempel, Logen, Kraftorte.
Kein Werber kann mehr nur argumentieren, dass sein Produkt seinen eigentlichen Zweck erfüllt, z.B. saubererer Fussboden, sein Produkt muss glücklich machen und mit Schulterklappen versehen marschiert die Hausfrau mit strahlendem, erlöstem Blick zu den Klängen von Stars and Stripes durch die Wohnung.
Wir haben ja Karwoche und ich finde die Rituale (Zweiglein ans Kreuz stecken, Osterfeuer, Besprengen mit dem Osterwasser, Eucharistie) für mich immer noch wichtig, sie geben mir inneren Frieden. Viele halten mich deshalb für schwachsinnig, begreifen aber nicht, dass sie die kirchlichen nur durch andere Rituale ersetzt haben: Nippsachen in die Wohnung, Grillzeit, Besprengen mit BOSS-Aftershave, Schokopraline in den Mund.
Zuhause stellte ich übrigens fest, dass ich gerade das Klopapier vergessen hatte. Ich nahm mein Gruppenbild mit Dame zur Hand und begann nun endlich ernsthaft den dort beschriebenen Papierlosen Zustand zu erreichen.

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