Montag, 30. Juli 2012

Dümmer als die Polizei erlaubt


Vor ein paar Jahren schrieb sich eine junge Dame Schriftzeichen von der Speisekarte eines Chinarestaurants ab, weil ihr diese so gut gefielen, und liess sie auf ein T-Shirt drucken. Irgendwann fiel ihr auf, dass allen Chinesen, denen sie begegnete, ein unglaubliches Grinsen  auf ihr Gesicht gezaubert wurde. Auf ihrer Brust stand nämlich: Dies ist eine besonders leckere und preiswerte Mahlzeit. Unvorstellbar, was passiert wäre, wenn sie die Zeichen auf einem Plakat gefunden hätte und mit Chinesen raus aus Tibet herumgelaufen wäre.
Ein junger Mann meinte, er müsse im Mea Sharim, im orthodoxen Quartier in Jerusalem ein paar Mal Jeshua ha Meschiach brüllen. Steine waren die Antwort und nach seinem zweitägigen Spitalaufenthalt fühlte der junge Herr sich als christlicher Märtyrer.
Es gibt eine Blödheit, die verboten gehört. Daher sagte man früher ja auch Dümmer als die Polizei erlaubt. Dabei geht es gar nicht darum, alles zu wissen, aber zu merken, wann, wie und wo man sich erkundigen muss. Nein, und gewisse Themen sollten einem auch geläufig sein. Man fragt einen Muttersprachler, wenn man fremde Buchstaben sich aufs Hemd schreibt, und die Tibetfrage sollte man kennen. Man sollte auch wissen, wie man sich im Mea Sharim verhält, weil jeder Reiseführer eine klare Angabe dazu macht: Man verhält sich gar nicht. Die Einwohner wollen schlicht und einfach in Ruhe gelassen werden, warum lässt man sie dann nicht einfach in Ruhe?
Wie gesagt, es gibt Formen von Blödheit, die weh machen.
In diese Kategorie fällt auch ein Sänger, der sich aus keltisch-germanisch-spiritueller Begeisterung ein Hakenkreuz auf die Brust tätowiert, es dann überstechen lässt, als man ihm sagt, es könne bei bestimmten Leuten nicht so gut ankommen (welch ein Euphemismus!), und dann damit in Bayreuth erscheint. Er singt zwar Wagner, hat sich aber weder mit Wagner noch mit der Geschichte des Grünen Hügels auseinandergesetzt. Blödheit, die schmerzt, wenn (!) seine Story so stimmt. Man lässt sich kein Tattoo stechen, wenn man Symbole und Wörter nicht vorher nach allen Seiten abgeklopft hat, man singt nicht in Bayreuth und hat sich mit Komponist und Rezeptionsgeschichte in keiner Weise beschäftigt, immerhin war Hitler ja Stammgast bei den Festspielen und wurde von den Wagnernachkommen „Onkel Wolf“ genannt.
War es richtig, ihn rauszuschmeissen? Aber absolut. Einfach, weil man so doof nicht sein darf. Den Wagner-Girls jetzt Verlogenheit vorzuwerfen, ist fies. Sie haben ja als erste Generation sich mit dem heiklen Erbe beschäftigt und sind deshalb ja etwas geschärft in dieser Hinsicht.
Die junge Dame und der junge Herr haben übrigens dazu gelernt: Sie trägt jetzt das Schriftzeichen für FRIEDE auf dem Shirt und er stellt sich aussen ans Quartier und ruft SHALOM.
Es gibt Dinge, mit denen man nirgendwo aneckt. Friede gehört dazu.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen