Freitag, 6. Juli 2012

Antje, Jean, Hannes, Simone, Bernd und Flavio


Es waren einmal sechs junge Leute, sie hiessen Antje, Jean, Hannes, Simone, Bernd und Flavio und kamen aus Alphen an de Rijn, Naumur, aus Wasserbillig und Vincennes, aus Bottrop, aus Rimini. Sie waren eine wilde, junge Bande, die irgendwann beschlossen hatte, ihre Ferien zusammen zu verbringen. Sie fuhren mit einer Ente und einem Käfer durch die Lande, zelteten oder mieteten sich Ferienhäuser, sie schwammen in Bergseen und sprangen in Meereswellen, sie wanderten durch die Felder und tranken Wein in alten Tavernen, sie besichtigten Kathedralen und verwinkelte Altstädte, sie tanzten in Discos und schlugen sich die Nächte um die Ohren, mit einem Wort: Sie hatten eine Menge Spass. Es war aber auch ganz einfach, wenn es mehrere Interessen gab, machte man halt erst das eine und dann das andere, man hatte gemeinsame Kasse, es ging immer irgendwie auf, und wenn Flavio oder Antje ein grosses Essen spendieren wollten, zickte die anderen nicht und nahmen dankbar an. Es fand sich immer jemand zum Kochen, es gab die lustigsten Menüs wie Waterzoi und Tortellini oder Kartoffelsuppe und Entrecote, und wer nicht gekocht hatte, spülte ab.
Aber dann kamen neue Leute dazu, Jack aus Stratford, Miguel aus Valencia und Ianis aus Kreta und diese brachten ihrerseits immer mehr Freunde mit.  Ab da wurde es immer komplizierter, die Autos reichten nicht mehr, man konnte sich auf keine Exkursion und keine Speisefolge mehr einigen, die Ferienhäuser waren schwieriger zu finden und auch Zeltplätze wurden rarer. Das Schlimmste aber war, dass die gemeinsame Kasse nicht mehr funktionierte, immer fühlte sich jemand übervorteilt, meinte, er zahle für die anderen, die Gruppe lebe auf seine oder ihre Kosten.
Inzwischen sind es fast dreissig Leute und die Reisen sind straff durchorganisiert: Da wird ein Busunternehmen gechartert, Vorauskasse, Quartier und Routen sind geplant, es gibt Koch- und Abwaschpläne und selten lassen vier Stunden „freier Ausgang“ Platz für ein wenig Spontanität. Natürlich sind es immer noch tolle Reisen, aber eben geregelte, der grosse Spass ist vorbei.
Und manchmal sehnen sich Antje, Jean, Hannes, Simone, Bernd und Flavio nach den Zeiten, als sie noch die kleine, wilde Gruppe waren.


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