Montag, 30. April 2012

Erfolge


Heute Morgen traf ich in der Espressobar einen Bekannten. Er sah aus wie ein Kätzchen, das man eine Weile durch den Tumbler gejagt hatte oder wie ein Seeräuber kurz vor dem Plankengang. „Was ist denn los?“, fragte ich ihn. „Wie kannst du so gucken – nach diesem Wochenende? Der FCB ist Schweizer Meister! Häni ist Deutscher Superstar!  Basler können Fussball spielen! Schweizer können singen!“ (Gut, singen kann Luca nicht, aber darauf kommt es in der Branche auch nicht mehr an, dafür sieht er ja nun wirklich schnuckelig aus mit seiner Frisur, er hat sicher schon einen Werbevertrag für TAFT in der Tasche.) Übrigens ging ein weiterer „Meistertitel“ unter: Westeuropäer wurden nach den Städten mit der höchsten Lebensqualität befragt, und Bern, Basel, Zürich und Genf sind unter den Top Five – wobei ich mich frage, ob das auch für Leute stimmt, die das nicht haben, was man in diesen Orten braucht: Money.
Mein Bekannter seufzte: „Ja, ich weiss, Luca und der FCB. Aber ich? Ich habe an diesem Wochenende wieder einmal nichts gewonnen, nichts erreicht, ich bin nicht weitergekommen, weder beruflich noch privat, weder spirituell noch sexuell. Ich bin eine Null, eine Flasche, ein Nichts. Stell dir vor, sogar beim Jassturnier am Samstag haben wir grandios verloren, weil ich zweimal aus Versehen das Nell dem Gegner zuwarf.“
Nun musste ich ihm doch die Geschichte von unserer Erfolgreichen-Party erzählen. Als meine Exfrau ihren Studienplatz bei Sigiswald Kuijken in Den Haag ergattert und ich meine Stelle in der Knabenkantorei bekommen hatte, machten wir ein Fest: Eingeladen wurden nur erfolgreiche Menschen. Allerdings, das teilten wir den Leuten bei der Einladung auch so mit, durfte jede(r) selber bestimmen, worin sein oder ihr Erfolg bestand. Die Reaktionen waren sehr unterschiedlich. Die einen motzten uns an: „Ihr A…! Ich habe keinen Erfolg wie ihr und ich werde nicht kommen. Bei mir geht alles schief.“ Die anderen kamen, gut gelaunt und aufgestellt, und verkündeten ihre Erfolge: Endlich ein Pudding ohne Klumpen, mein Hund hat begriffen, was „Sitz!“ heisst, ich habe ein Gedicht geschrieben, ich habe einen Test bestanden, ich habe einen wundervollen Stoff für mein Sofa gefunden…
Erfolg ist subjektiv, das gab ich meinem Bekannten mit. Jede Kleinigkeit kann ein grosser Erfolg sein, wenn es für DICH wichtig ist.
Und weil ich oben die Knabenkonditorei erwähnt habe: Ich hatte meine eigene kleine Meisterschaftsfeier am Freitag, meine letzte Probe. Ich bekam den gleichen Song wie der FCB – im Original heisst er „Gehe nach Westen“ und ist von den „Tierhandlungsjungen“, über Namen in der Popmusik müsste man auch einmal schreiben, Luca Häni hat da Glück, dass sein Name wie eine Schweizerflagge klingt – jedenfalls diesen Song, es waren keine 36.000 da, aber im Gegensatz zu Streller kannte ich jeden Fan persönlich. Danke Euch allen.


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