Freitag, 13. April 2012

Apulien 2: Sonnenbrand

"I open my eyes, I try to see, but I’m blinded by the white light.“
Diese Liedzeile geht mir durch den Kopf, als ich am Strand nach einem kurzen Mittagsschläfchen die Augen öffne. Der Typ auf der Liege neben mir ist blass, nein, blass wäre ein Euphemismus, er ist weiss, schaumolweiss, was ja, wie wir von Frau Blöhmeyer wissen, weisser als weiss ist, er sieht aus, als hätte man ihn bei 90 Grad mit Persil gewaschen. Er sollte wirklich nicht mittags um zwei in der Sonne liegen. Als hätte er meine Gedanken erraten, setzt er sich auf und streckt mir eine Flasche AUWEA Sonnenmilch entgegen, Lichtschutzfaktor 30. „Nit dass de denkst, isch hab nit vorjesorgt.“ Hörbar ein Bewohner des Dreiecks Köln – Solingen – Remscheid. Ich kann es mir nun nicht verkneifen, doch den Klugscheisser herauszuhängen. Der Lichtschutzfaktor, so doziere ich, verlängere die Zeit, die man ohne Schaden in der Sonne sein könne, bei ihm also 5 Minuten, er dürfe also pro Tag zweieinhalb Stunden sich dem UV-Licht aussetzen, durch erneutes Auftragen sei das nicht zu verbessern. „Isch kann ja nit blass heemkomme, glaubt mir ja niemand de Ferie.“ Gut,
ich habe vielleicht gut reden, im August werde ich mit einem Blick auf meine Schokoladenfarbe stets gefragt, wo ich gewesen sei  und könnte alle tropischen, subtropischen, Karibischen und Subkaribischen Inseln als Reiseort angeben, dabei stammt meine Bräune vom Joggeli, dennoch schlage ich ihm vor, wenn er seinen Urlaub beweisen müsse – wieso muss man Ferien eigentlich nachweisen? – sich Flugticket und Voucher an sein Hemd zu nähen. Könne man fälschen, so er, Bräune nicht. Bräune? ?? Bestenfalls wird sich sein Körperrot in eine schwarze, verkohlte Farbe wandeln, denn ein Sonnenbrand ist – medizinisch gesehen – eine Verbrennung ersten Grades.
Wieso neigen wir eigentlich dazu, bei der kleinsten Erkältung zum Arzt zu rennen, aber andere pathologische Befunde sprachlich zu verharmlosen? Wenn wir sagen würden, ich habe eine Verbrennung erlitten, klänge das nicht mehr so nett. Genau wie „Muskelkater“, der eigentlich auch eine Beschädigung der Muskelfasern darstellt. Aber Sonnenbrand und Muskelkater sind die einkalkulierten Kollateralschäden unseres Outdoor-Urlaubs, wir joggen, beachen, klettern, was das Zeug hält, natürlich nur in Shorts und mit nacktem Oberkörper, um dann nach zwei Wochen als durchtrainierter, braungebrannter Modeltyp im Büro zu erscheinen.
Was meistens nicht klappt.
Besser als Apulien wäre daher für das Körperformen ein exotisches Land, wo uns nicht Pasta und Panna einen Strich durch die Rechnung machen, sondern ein Darmvirus uns die Pfunde vom Leib hält.
Einige Zeit ist vergangen und mein Nachbar betrachtet seine Arme: „Isch hab schon Farb jekriege.“ Ja, aber die falsche. Ich hätte ein Kreuz mit dicken Balken auf seinen Rücken legen sollen, dann könnte ich ihn am 1.August aus dem Fenster hängen.


















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