Freitag, 2. Februar 2024

Warum schauen wir auf den Screen in den Bussen?

Wir hatten es im letzten Post von der unnötigen E-Mail zum Thema Verfrühung der DB.
Eine für die meisten Menschen genauso unnötige Sache ist der Doppelbildschirm, der in fast allen Orts- und Regionalbussen hängt. Auf der einen Seite werden die Ankunftszeiten und Anschlüsse gezeigt (die die meisten ja auswendig kennen), auf der anderen Seite kommt laufend blödes und unnötiges Zeug.
Wollen Sie Beispiele?

Eines der doofsten Dinge ist das Buchstabenrätsel.
Es könnte ja noch lustig sein, herauszufinden was sich hinter dem Durcheinander

SOSLEG

verbirgt, aber da hier keine Menschen arbeiten und denken, sondern Maschinen, kann es passieren, dass das Durcheinander selber einen Sinn ergibt und man relativ ratlos vor

NEBEL

sitzt, bis man merkt, hier sollte man zu «Leben» umformulieren. Ganz, ganz, ganz lustig war das Wort, bei dem sie neulich den ersten und dritten Buchstaben vertauscht hatten:

HUHN

Noch schlimmer als die Rätsel sind die nutzlosen Fakten. Gut, gut, gut, könnten Sie jetzt sagen, was ist so schlimm daran, dass man weiss, wie schnell ein subarktischer Schnelltiger rennen kann, dass man weiss, wo die älteste öffentliche Toilette des Kantons Solothurn steht, dass man erfährt, dass Ananas mit Pfeffer gut gegen Rheuma ist und das man weiss, dass 1873 die molwanische Sprache entwickelt wurde? Was so schlimm daran ist, dass diese verdammten Fakten einem das Hirn verstopfen, ja, verstopfen wie mit zu viel altem Papier. Wenn man weiss, wie schnell ein subarktischer Schnelltiger rennen kann, wenn man weiss, wo die älteste öffentliche Toilette des Kantons Solothurn steht, wenn man erfährt, dass Ananas mit Pfeffer gut gegen Rheuma ist und wenn weiss, dass 1873 die molwanische Sprache entwickelt wurde, hat man dann vielleicht eine wichtige Formel, einen wichtigen Termin vergessen, was richtig blöd werden kann…

Richtig aufregen tun einen die Veranstaltungshinweise. Was da dahingeschwafelt und dahingeredet wird, geht auf keine Kuhhaut. Dabei trifft den Veranstalter meist keine Schuld, ich habe das selber erlebt:
Ich war in ein Projekt des Sinfonieorchesters Basel involviert, bei dem mit Primarklassen Weihnachtslieder gesungen wurden. Auf dem Bildschirm erschien etwa nun folgender Text:

Immer wieder wundert man sich, was es mit dem «Owi» auf sich hat. Wer mehr vom «Owi», der lacht und von vielen anderen Weihnachtsliedern mitbekommen möchte, kommt am 15. Dezember ins Musical Theater Basel zum «Christmas Carols Sing Along», wenn 200 Primarschülerinnen und Primarschüler mit dem SOB Weihnachtslieder singen.

Das war jetzt wirklich saudoof. Erst einmal ist der Witz vom Owi (…Gottes Kind, o wie lacht…) nun seit meiner Jugend schon abgedroschen, dann war es aber noch richtig blöd, weil wir «O du fröhliche» und «O Tannenbaum», aber eben nicht «Stille Nacht» im Programm hatten. Als ich die Verantwortliche des SOB auf die Sache ansprach, kam heraus, dass sie gar keinen Einfluss auf den Text gehabt hatte…
Sie müssen sich das jetzt nochmal bildlich vorstellen: Sie schicken Ihre Daten (Zeit, Ort, Teilnehmende) an irgendeine dumme Agentur und die wurschtelt dann irgendeinen Text daraus.

Jetzt werden Sie natürlich fragen, woher ich die Beispiele alle kenne.
Und hier erwischen Sie mich.

Ja, die Frage ist doch wirklich, warum ich ständig auf den Doppelbildschirm glotze.
In Bern, Zürich oder Luzern habe ich eine gute Ausrede, ich muss wissen, wann meine Haltestelle kommt. Denn im Gegensatz zu Dortmund HBF (letzter Post) kann man eine Bushaltestelle in Bern, Zürich oder Luzern ja tatsächlich verpassen, zumal man einen Knopf drücken muss, damit der Bus überhaupt hält – muss man im ICE nach Dortmund nicht.
In Basel und Solothurn zieht diese Ausrede nicht, ich weiss aus dem Augenwinkel, ob der 36er erst kurz nach dem Margarethenkreisel oder schon kurz vor dem Neubad ist, ich weiss aus dem Augenwinkel, ob der 1er oder 4er oder 5er vor, über oder hinter der Aare ist.

Warum schaue ich auf den Bildschirm?
Ja, warum schaue ich auf den Screen? Das ist nun echt eine Frage, für deren Beantwortung man tief in die Psychologie und Anthropologie hineintauchen müsste. Ist es der Urmensch in mir, der jede Bewegung im Augenwinkel als entweder Nahrung (…draufspringen, töten, häuten…) oder Gefahr (…rennen, rennen, rennen…) deutet, also entweder als Kaninchen oder als Säbelzahntiger? Oder gibt es da Prägungen in der Jugend?
Ich weiss es nicht, Fakt ist, wir Menschen schauen immer irgendwo hin, obwohl es totaler Quatsch ist.

Eine für die meisten Menschen total unnötige Sache ist der Doppelscreen, der in fast allen Bussen hängt. Auf der einen Seite werden die nächsten Halte gezeigt (die die meisten ja auswendig kennen), auf der anderen Seite kommt laufend blödes und unnötiges Zeug, Buchstabenrätsel, überflüssige Fakten, Werbung.

Und obwohl ich mir jeden Tag vornehme, nicht mehr auf den Bildschirm zu schauen: Ich ertappe mich immer wieder dabei.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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