Freitag, 23. Februar 2024

Frühlingsreise (3): Von Schweizer Türmen und griechischem Alkohol

Und hier noch die drei letzten Punkte meiner Woche in Hamburg, meiner Tage an Elbe und Alster, wie gesagt, kein Reiseführer, sondern persönliche Eindrücke und Erlebnisse.

Die Elbphilharmonie

Ich muss hier ein wenig Abbitte leisten. Im Jahr 2017 habe ich im Post «Was teuer war, muss gut sein» zynisch geschrieben:

Oder nehmen wir doch mal den Elphi-Hype. Was so lange nicht fertig wurde, was solche Unsummen verschlungen hat, was die Stadt dermassen in den Ruin trieb und 45 Nervenzusammenbrüche (in Politik wie im Handwerk) verschuldet hat, was so lange auf Messers Schneide stand und mehr umgebaut wurde als das Forum Romanum seit der Antike, ja das kann nur grossartig sein. Finden alle, und alle müssen hin.
Dabei sieht das Ding von aussen überhaupt nicht schön aus, mal ehrlich; wie ein Zirkuszelt, das die besoffenen Roadies nicht richtig aufgebaut haben, wie ein zusammenfallendes Nachthemd hockt es da vor den Speichern der Hafenstadt, zu denen es passt wie die Faust aufs Auge, ein Spermafleck auf dem Brautkleid oder die Heilsarmee in den Swingerclub. (Danke an «Fräulein Emmy und Herr Wilnowski» für die Bereitstellung dieser wunderbaren Vergleiche.)
Ja, da kann die Broschüre zigmal von «reizvollem Kontrast» reden, Leuten, die Kontraste per se reizvoll finden, möchte ich gerne einmal Bratkartoffeln mit Konfitüre reichen, während ich ihnen die Platte «Sido rappt Hölderlin» vorspiele, bei denen würde ich gerne einmal in Shorts und Tanktop zur Gala erscheinen und einen «reizvollen Kontrast» zu den übrigen Gästen bilden.

Wie ich im Sommer St. Blasien (Sie erinnern sich) eine Möglichkeit der Rehabilitation gegeben habe, hat jetzt auch die Elphi eine solche Chance bekommen. Und ich muss zugeben: Das Ding war seine 850 Millionen wert, es ist ein Wunderwerk von innen und aussen. Ich durfte 90 Minuten während einer Führung in ihr herumstolzieren und ich war begeistert. Und bin es noch.
Das heisst jetzt nicht, dass ich ein Fan von HDM geworden bin, dafür haben sie zu viele scheussliche Bauten gemacht. Das, was sie in Berlin als Museum hinstellen, und was wie eine Scheune aussieht, ist ja zurecht in der Kritik.
Nein.
Die Elbphilharmonie ist ein Wurf.
Aber vieles von HDM ist es nicht.

Alles in Schweizer Hand

Der Wasserturm ist eine Art Wahrzeichen des Ortes, an dem die Elbe wirklich mündet. Sonst – also ausser dem Hafen, der Fähre und einem bisschen Strand – hat Cuxhaven nichts zu bieten. Aber nun der Wasserturm. Wenn man sich ihm nähert, fällt einem sofort die Flagge auf: Weisses Kreuz auf rotem Grund. Denn der Wasserturm ist in Schweizer Hand.
Das ehrwürdige und sehr dekorative Gemäuer ist von einem Ehepaar aus dem Emmental gekauft und sehr sorgfältig und sehr schön renoviert worden; und nun betreiben sie dort ein Café, ein Café, in dem unter anderem Bündner Nusstorte serviert wird, eine sehr gute, ich habe – das muss ich sehr hart sagen – in Graubünden kaum eine so gute gegessen. Nun ist das sowieso für die Nordlichter, die Fischköpfe und Deichgrafen alles eines. Ob Emmental oder Bündnerland, irgendwie alles Schweiz.

Aber das Kuddelmuddel ging noch weiter:
Im Café Gnosa, unserer Frühstücksstelle für eine Woche, arbeitet ein Kellner, der auch irgendwie mit den Eidgenossen verbandelt ist, er kommt vom deutschen Ufer des Bodensees und hatte eine Tante in St. Gallen, ausserdem war er als junger Schwuler, wie er sagt, viel in Zürich (zu was wohl?). Und auch unser Nachbar beim vorletzten Frühstück gibt irgendwann zu verstehen, dass er unsere Unterhaltung versteht, er hat eine lange Zeit in Luzern als Banker gearbeitet.

Und über allem thront das Monument der Basler Architekten…

Das Griechische Restaurant mit Alkohol

Das Lokal fast neben unserem Hotel ist einer der besten Griechen, die ich kennengelernt habe. Superzarte Dolmadakia, eine herrliche Moussaka und ein würziger Kaffee, einziger Wehrmutstropfen, dass nach den superzarten Dolmadakia, der herrlichen Moussaka und würzigem Kaffee ein Ouzo angeboten wurde, den ich ablehnen musste. Und kaum abwehren konnte. Der Kellner hatte noch nie davon gehört, dass ein Mensch nach superzarten Dolmadakia, herrlicher Moussaka und würzigem Kaffee nicht ein klein wenig («ein klein bisschen») Alkohol verträgt. Dass Leute, die ein Alkoholproblem gelöst haben, nicht auch nur den kleinsten Tropfen trinken sollten, war noch nie zu seinen Ohren gelangt. Es fragt sich, warum in der Ausbildung zur Servierkraft nicht auch solche Dinge Thema sind.

Vielleicht liegt aber der Grund für dieses Ouzo-Problem am Stammgast dieses Restaurants. Es ist Udo Lindenberg, davon zeugen ein paar Bilder an der Wand, die er seiner Lieblingsbeize gestiftet hat. Udo – das muss man jetzt so knallhart sagen – sagt dort sicher zu keinem Ouzo nein. Es sei denn, es ist der fünfzehnte und es gab schon Sekt zum Aperitif und viel Wein zum Essen…

So viel von unserer Reise. Ab Dienstag wieder der Alltag.

 

  

 

 

 

 

 

 

 

   

 

 

 

 

 

 

 

 

                         

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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