Dienstag, 27. Februar 2024

Boomer

Ich mag eigentlich keine permanenten Anglizismen.
Wenn ich eine neue Badehose brauche, dann gehe ich in ein Sportgeschäft und schaue, ob es eine kastenförmige Hose vielleicht im Sonderangebot gibt, vielleicht sogar von einer von mir bevorzugten Marke.
Ich suche keine «Pants» oder «Trunks» in einem «Sportshop» und hoffe auf einen «Sale» in einem tollen «Brand».
Ich mag eigentlich keine Anglizismen.

Aber in einem, nur in einem Punkt finde ich den englischen Ausdruck nun doch toll: Die «Boomer». Die «Boomer», abgeleitet von «Baby-Boom», hiessen früher «geburtenstarke Jahrgänge».
Während nun in dem Wort «Boom» ja die Idee von Aufschwung, von Welle, von Explosion, von Anstieg, ja von Knall mitschwingt, und hier richtig toll ist klingt «geburtenstarker Jahrgang» eher wie ein statistischer Ausrutscher, eine Panne in der Planung.

Und tatsächlich ist es auch so.
In meiner Jugend, als es noch «geburtenstarker Jahrgang» hiess, da lag immer ein stummer Vorwurf in der Luft: Wir waren einfach zu viele. Wir waren Massen. Wir waren eine Legion. Alles war zu klein. Die Geburtskliniken waren zu klein, die Kindergärten waren zu klein, die Schulen waren zu klein und die weiteren Ausbildungsstätten auch. Wir waren zu viele. Was nun ein bisschen komisch war, dass man uns das vorwarf, wir hatten uns selbst ja nicht geplant und in die Welt gesetzt. WIR konnten ja nichts dafür, dass man 6 Parallelklassen mit 35 Schülerinnen und Schülern brauchte und dass wir mit 250 Kindern in einem Schwimmbad trainierten. WIR hatten uns das nicht überlegt.
«Ihr wart so viele», trotzdem haben alle Geburtenstarken/Boomer das immer noch im Ohr.

Ich mag eigentlich keine Anglizismen.
Aber mit der Umbenennung in «Boomer» ging eine völlige Umbewertung einher: Denn jetzt gerade schmeissen wir den Laden, stehen aber kurz vor der Rente. Jetzt heisst es nicht mehr, wir seien zu viel, nein, man schätzt und preist uns.
Ich lese im ZEIT-Magazin, die Boomer seien die «beste Generation» aller Zeiten gewesen. In anderen Quellen lese ich:
Keine Generation war klüger als die Boomer.
Keine Generation war fleissiger als die Boomer.
Keine Generation war intelligenter als die Boomer.
Keine Generation war innovativer als die Boomer.
Keine Generation war lösungsorientierter als die Boomer.
Keine Generation war optimistischer als die Boomer.
Keine Generation war schöner als die Boomer.

Man könnte das jetzt unendlich fortführen. Ehrlich gesagt: Das geht runter wie Öl. Das umschmeichelt wie ein weiches Kissen. Das stärkt das Ego dermassen, dass ich den ganzen Tag mit Krawatte herumlaufen möchte. Dass ich mich vor den Spiegel stellen will und mir einen Lorbeerkranz aufsetzen.

Dabei hat die Lobhudelei doch nur einen Sinn:
Die wollen, dass wir länger bleiben.

Es herrscht die nackte Angst; wenn die Zigtausende von Boomern gehen werden, dann reissen sie ein riesiges Loch in den eh schon durchlöcherten Arbeitsmarkt. Es herrscht die nackte Angst, denn es wird eine übergrosse Summe an Fachkräften fehlen. Und Deutschland rast auf der Welt herum und sucht Menschen, die man in die BRD schaffen kann und ausbilden. Dabei – Nebenbemerkung – erstaunt einen immer wieder die völlige Ignoranz der Verhältnisse dort, wenn nur, wenn nur, wenn nur 100000000 Menschen sagen würden: Wir kommen ins gelobte Deutschland und lösen die Boomer ab.
Nettes Beispiel ist Marokko: Ein streng islamisches Land, in dem fast alle Frauen Hidschab tragen, aber wir werden diese Frauen in die BRD holen (und uns dann beklagen, dass sie das Kopftuch nicht ablegen…)

Die Boomer.
Die beste, schönste, intelligenteste, fleissigste und innovativste Generation aller Zeiten. Wird sie bleiben? Weiter arbeiten?
Klare Antwort:
Nein.
Die Generationen X und Y und Z schauen ja seit Jahren scheel auf uns Boomer und meinen, sie könnten alles besser. Gut, dann mal ran, ihr könnt zeigen, was ihr draufhabt. Und los geht’s…

Ich mag eigentlich keine permanenten Anglizismen.
Wenn ich eine neue Badehose brauche, dann gehe ich in ein Sportgeschäft und schaue, ob es eine kastenförmige Hose vielleicht im Sonderangebot gibt, vielleicht sogar von einer von mir bevorzugten Marke.
Ich suche keine «Pants» oder «Trunks» in einem «Sportshop» und hoffe auf einen «Sale» in einem tollen «Brand».
Ich mag eigentlich keine Anglizismen.

Aber in einem Punkt finde ich das Englische toll: Ich bin kein «Geburtenstarker» mehr.
Ich bin ein «Boomer».
Und das ist klasse.







 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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