Dienstag, 20. Februar 2024

Frühlingsreise (2): Von Fussgängern und Kunsthallenlabyrinthen


Und weiter geht es mit Impressionen von unserem Haupturlaubsziel Hamburg.

Hamburg, wir kennen dich ?

Über Hamburg müsste man eigentlich nichts schreiben, denn alle Menschen kennen irgendwie die Stadt. Oder meinen, Sie zu kennen. Was fällt Ihnen zu Hamburg ein? Die Reeperbahn? St. Pauli? Der Blick vom Meer aus auf die Stadt? Der Hafen? Die Elbphilharmonie? Der Michel?
Viel also im Kopf.
Um es gleich einmal von Anfang an klarzustellen: Hamburg liegt nicht am Meer. Hamburg liegt an der Elbe. Und auch der Sprachgebrauch «Elbmündung» trifft die Sache nicht ganz, denn die Elbe mündet über 100 Kilometer weiter in Cuxhaven – von dem ich noch berichte. Der Blick, den Sie kennen ist also ein Elbblick, und der Hafen ein Elbhafen. Vielleicht haben Sie aber sogar ein Alsterbild vor Augen, die Promis wohnen an der Alster, nicht an der Elbe.

Und dann natürlich St. Pauli, die bekannteste Strasse Hamburgs – und das unterscheidet Hamburg von Berlin, wo alle Unter den Linden langlaufen – ist die Strasse, die niemand besucht. Was sollte ich auch auf der Reeperbahn? Nackte Frauen interessieren mich nicht, und wenn ich einen schönen nackten Mann sehen möchte, stelle ich mich vor den Spiegel. Nein, auf der Reeperbahn waren wir nicht, schon gar nicht nachts um halb Eins…

Hamburg kennt man nun also irgendwie, deshalb wird es in den Beiträgen eher um kleine Randsachen gehen.

Fussgehen in Hamburg

An Elbe und Alster geht man nicht zu Fuss. Man fährt mit dem (fantastisch ausgebauten) ÖV. Man fährt Auto. Man fährt Rad, gern und viel. Zu Fuss geht man nicht. Sollte jemand doch auf die perverse Idee kommen, eine Strecke per Pedes zurücklegen zu wollen, hat man vier Massnahmen getroffen:
Erstens:
Es regnet. Es regnet ständig und immerfort, nein, das ist jetzt falsch, das stimmt nicht, es gibt kurze sonnige Perioden, und genau in diesen kurzen Zeitspannen fällt man herein und lässt den Schirm daheim, aber kaum ist man 200 Meter gelaufen, dann prasselt es los.
Zweitens:
Die Fusswege sind nicht befestigt. Der Flaneur hat drei Arten des Belages zur Auswahl, nämlich Kopfsteinpflaster (in der Speicherstadt), schiefe und lose Platten (in den meisten Stadtteilen) und Matsch- und Schlammwege (an der Alster). Das ist besonders nett, weil neben einem die Radfahrer auf asphaltierten Wegen rasen…
Drittens:
Die Ampelphasen Hamburgs sind die kürzesten Europas. Für einen normalen Menschen ist es unmöglich, eine vierspurige Strasse zu überqueren, ohne in der Mitte Halt zu machen. Wenn die Lichtanlage auf Grün springt, dann bleibt sie ca. 10 Sekunden in dieser Phase, und niemand hat es je geschafft, die andere Seite bei Grün zu erreichen.
Doch. Angeblich schaffte es 2013 ein Sportler – er hiess Usain Bolt.
Viertens:
Die Strassen haben unaussprechliche Namen, ich brauchte mehrere Tage, um mir zu merken, ob die Strasse, in der unser Hotel lag Schmilinskystrasse, Schliminskystrasse, Schirminskystrasse oder Schrilinskystrasse hiess. (Das erste ist korrekt.)

So zwingt man an der Elbe die Menschen auf Auto, Fahrrad oder ÖV umzusteigen; dabei wäre die Stadt mit ihren Wassern und Grünflächen so zum Flanieren geeignet.

Labyrinth Kunsthalle

Ich fand die Staatsgalerie Stuttgart immer schwierig zum Orientieren, und ich musste mich auch in Basel kurz neu einloten, als der Neubau kam, aber die Kunsthalle Hamburg toppt alles. Sie ist ein Steingewordener Logistikalbtraum, sie ist ein Labyrinth, das ohne Ariadnefaden nicht zu bewältigen ist.

Da war zunächst ein Bau aus dem 19. Jahrhundert, dann setzte man einen Quasi-Bauhaus-Bau daneben (1912 – 1921) und ergänzte nach dem Krieg noch mit einem White Cube. Unten, im Keller, im Orkus verband man die drei Teile.

Nun wäre es einfach, wenn z. B. im Altbau die Sammlung, im Neubau eine Ausstellung 1 und im White Cube eine Ausstellung 2 wäre. Aber scheinbar wäre das zu einfach, zu simpel, zu wenig Challenge, nein, man macht die Ausstellungen jeweils in mehrere Trakte verteilt über alle drei Gebäude, und da Ausstellung 1 mit Timeslots – in unserem Fall Caspar David Friedrich – andere Tickets hat, schafft man ein perfektes Chaos.

Und um bei dem antiken Beispiel zu bleiben, man bräuchte als Theseus eben eine Ariadne mit Faden, man bräuchte einen Lotsen, aber weit gefehlt. An dem Tag, an dem wir in der Kunsthalle waren, waren die Hälfte der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auch neu, teils den ersten Tag da. Hunderte von Besuchern wuselten nun durch die Gänge und versuchten, sich irgendwie zurechtzufinden: «Teil 2?» «Teil 2 ist da.» «Nein, nicht Teil 2 vom Friedrich, Teil 2 der Reliefausstellung..» «Ach so.»

Angeblich soll sich 2019 ein Kunstbegeisterter in der Kunsthalle verirrt haben und am Abend kam er nicht mehr heraus. Auch die nächsten Wochen nicht, dann kam Corona. Bei der Einrichtung der C. D. F.-Schau fand man – so sagt man – sein Skelett. Aber vielleicht ist das auch ein Gerücht.

So viel für heute. Am Freitag dann der dritte und letzte Teil mit Beiträgen über Emmentaler im Wasserturm, die Elbphilharmonie und das Lieblingsrestaurant von Udo Lindenberg.

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