Das Festival
Neue Musik aus fernen Ländern in Krupplingen geht in die zweite Runde.
Und dieses Mal wird sich auch die Gemeinde grosszügig beteiligen, 30.000.- hat
der Gemeinderat gesprochen, nachdem man 2018 die Sache ein wenig vorsichtig
beäugt hatte. Drei Konzerte hatte Jürgen Hoppmann, der junge Veranstalter,
damals auf den Weg gebracht, und man hatte ihm gesagt, dass vor allem die
Resonanz ein Kriterium für eine Förderung 2020 sein würde. Es war gewagt, in
einer doch eher konservativ geprägten 30.000-Einwohner-Stadt ein solch
avantgardistisches Programm anzubieten. Doch die Zuschauerbilanz war
überwältigend:
Les
Dissonances (Kammermusik aus Mali), Stadthalle 386
Plätze verkauft (von 410)
Povokatl i
Gukatl (Musiktheater aus Bolivien), Kirche 207
Plätze verkauft (von 250)
Kammerorchester
Osaka mit 5 Uraufführungen, Stadthalle ausverkauft
Es scheint,
als hätte der Stadtrat die Begeisterung der Krupplinger unterschätzt. Aber die
Besucherzahlen sprechen ja für sich.
Oder?
Oder??
Was die
Gemeinderäte nicht wissen, ist, dass Jürgen Hoppmann ein wenig getrickst hat,
er hat ein wenig «aufgefüllt», hat ein bisschen geschummelt, ein wenig
gemogelt. Zwei Wochen vor dem Festival waren 2018 nämlich noch ganz wenige
Billetts erworben worden, der gute Organisator kam nun auf die Idee, Menschen
in die Konzerte zu schleusen, die die Räume ein wenig voller machen sollten:
Schüler («Neue Musik ist immer noch besser als Mathe»), Soldaten («wir hassen
das, aber Befehl ist Befehl»), Randständige («in der Stadthalle ist es
wenigstens warm») und uralte Menschen.
So wäre nun
eine faire Bilanz für alle Konzerte:
Verkaufte
Tickets 250
Schulklassen 322
Soldaten 277
Randständige 156
Uralte 65
Gesamt 1070
Das Ganze
also ein Riesenschwindel.
Was man
Herrn Hoppmann zugutehalten muss, ist, dass er nur von einer anderen Sparte
abgeguckt hat: Dem Sport.
Im Handball,
Fussball, im Volleyball oder Hockey, in der Leichtathletik oder dem Schwimmen
ist es ja inzwischen Mode, die Wettbewerbe in arabische Länder zu geben, in
denen das Interesse der Menschen gleich null ist. So stellte sich bei der
Leichtathletik-WM ausser Temperaturen, die heisser als in der Hölle sind und
einer Luftfeuchtigkeit von gefühlten 120% auch das Problem, dass die Leute dort
andere Sportarten lieben als wir: Falkenjagd und Kamelrennen. Eine
Falkenjagd-WM oder ein internationaler Wettstreit im Kamelrennen hätte dort
also volle Ränge gezaubert, nicht aber Handball, Fussball, Volleyball oder
Hockey, nicht Leichtathletik oder Schwimmen.
Ja, und wenn
dann halt ein Turnier in Dubai, Katar oder Saudi-Arabien, im Jemen oder sonst
wo gar zu leer aussieht, dann wird schon einmal aufgefüllt. Zum Beispiel mit
Soldaten, die können sich ja nicht wehren, die werden abkommandiert und müssen
dann dort sitzen, ausserdem ist wahrscheinlich Hochsprung kucken immer noch
angenehmer als Kletterübungen.
Warum
vergibt man dann solche Veranstaltungen an die falschen Orte?
Natürlich
sind die Verantwortlichen der Sportverbände bestochen, das ist klar, da muss
man gar nicht darüber reden oder schreiben oder philosophieren, die Frage ist,
warum die Araber unbedingt eine WM wollen, wenn es zu heiss zum sporteln ist
und das Interesse in der Bevölkerung gleich null ist?
Geld? Selbst
wenn man mit einer WM etwas verdienen würde, Geld, na ja, Geld haben die
Ölscheichs genug. Ich glaube, es geht um so etwas wie Prestige, so etwas wie
«Wir sind auch wer!»
Lassen wir
doch noch einmal Jürgen Kruppmann zu Worte kommen:
«Das
Festival Neue Musik aus fernen Ländern soll zeigen, dass innovative und
gelungene neuere Klassik eben nicht nur in Donaueschingen, Witten oder
Darmstadt erklingen kann, sondern dass eben auch ein Krupplingen aus dem
Schatten anderer Städte heraustreten und dem interessierten Publikum ein unvergleichliches
Hörerlebnis bieten kann.»
(Krupplinger
Lokalradio vom 10.10.2019)
Die Katze
beisst sich in den Schwanz: Wo ist denn nun das interessierte Publikum? Wenn
wir davon ausgehen, dass viele alle drei Konzerte besuchten, dann sind das 80
Nasen. Und diese 80 Interessenasen könnte man 2020 mit zwei Luxuscars nach
Donaueschingen oder Witten fahren und ihnen dort sogar noch einen Hotelzuschuss
geben, und das würde nicht einmal 30.000.- kosten.
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