Immer wieder
lese ich von einem Politiker oder einer Politikerin, er oder sie habe sich
positioniert oder müsse sich positionieren, oder ich lese er oder
sie könne sich hier positionieren oder wolle sich sicher hier
positionieren.
positionieren
Der Duden
bestimmt dieses Verb folgendermassen: «in eine bestimmte Position, Stellung
bringen; einordnen».
Also in eine
Position bringen.
Jetzt stellt
sich die Frage, ob man eine Position nicht eigentlich schon haben
sollte. Eigentlich sollte doch eine Politikerin, ein Politiker vor der
Wahl schon mal irgendwie gesagt haben, wo sie oder er steht. Ist sie/er für
oder gegen eine offene Flüchtlingspolitik? Ist sie/er für oder gegen einen
schnellen Ausstieg aus der Atomenergie? Ist sie/er für oder gegen eine
Reichensteuer? Ist sie/er für oder gegen die Homoehe?
Macht man
aber nicht, man lässt alles so schwammig wie möglich, und dann muss man sich nach
der Wahl ständig irgendwo positionieren.
Hat man vor
der Wahl geschwafelt: «Deutschland muss die Internationalen Konventionen klar
erfüllen, was nicht heisst, dass beliebig viele Leute kommen können», ist man nach
der Wahl klar der Meinung: Grenzen zu.
Hat man vor
der Wahl behauptet: «Mit mir wird es bis 2080 keinen Ausstieg aus der
Kernenergie geben», ist man nach der Wahl klar der Meinung: 2027 sind
alle Anlagen vom Netz.
War man vor
dem Urnengang für eine 70%-Vermögenssteuer, ist man nach dem Urnengang
dafür, die Milliardäre in Ruhe zu lassen, war man vor dem Urnengang klar
für eine Ehe für alle, billigt man Schwulen und Lesben eine solche Ehe nach
der Abstimmung nicht mehr zu.
Positionieren.
Es ist ein
bisschen wie beim Mühlespiel: Am Anfang darf man frei setzen, dann wird
gezogen, und am Ende, dann, wenn man nur noch drei Steine hat, also am Verlieren, am Abnippeln, wenn man kurz vorm Untergang und kurz vor dem Ende ist,
dann darf man sich wieder «positionieren».
Wissen Sie,
wer die absolute Ultra-Positioniererin ist?
Annegret Kramp-Karrenbauer.
Sie ist die
ungekrönte Königin des Positionierens, die «Queen of Positioning», die
Deutschland- und wahrscheinlich auch Europameisterin dieser Disziplin, sie ist
die Cleopatra und die Helena, die Dietrich und die Callas des Positionierens.
Es ist aber allerdings
zu befürchten, dass sie schon in der 3-Steine-Phase ist.
Ihre
Positionierung als Schafferin einer internationalen Schutzzone in Syrien war
eine Positionierungs-Meisterleistung. Die Idee war zwar absolut wischi-waschi, angesichts
der gleichzeitigen Einigung Russland/Türkei auch völlig unnötig, es löste auch
ziemliches Unverständnis bei der NATO aus, aber darum geht es beim
Positionieren auch gar nicht. Wichtig waren zwei Dinge:
a)
Sie hat die CDU wieder hinter sich. (Was sollte
die Partei auch anderes machen?)
b)
Sie ging in klare Grenzziehung zum Koalitionspartner.
(der per SMS informiert wurde, auch das wäre ja fast schon wieder einen Post
wert…)
Natürlich
wäre eigentlich gar nicht die NATO, sondern die UNO zuständig, aber dann hätte
man die ja die Idee zunächst Herrn Maas vortragen müssen, denn UNO ist
Aussenminister-Sache, und gerade das wollte AKK ja nicht, sie wollte ja keinen
Jubel für die SPD, und vor allem keine Aufmerksamkeit, sie wollte die für sich.
Sie wollte
sich…
Ja, genau.
Positionieren.
Wann hat das
eigentlich angefangen, dass Leute in Schwierigkeiten kommen, weil sie ständig
Positionen verkünden, und wann hat das aufgehört, dass Leute in Schwierigkeiten
kommen, weil sie klare Positionen haben und von denen nicht weichen wollen?
In der Geschichte
haben wir wunderschöne Beispiele von klaren Positionen. Kopernikus und Galilei
haben die ganze Welt in neuer Position gesehen und Martin Luther gab auf dem
Reichstag zu Worms eine deutliche Position bekannt:
Hier
stehe ich. Ich kann nicht anders.
Gott
helfe mir.
Amen.
Johannes
XXIII wird unterstellt auf dem Vatikanum II gesagt zu haben:
Hier
sitze ich. Ich kann noch ganz anders.
Gott
helfe euch.
Amen.
Und AKK? Bei
ihr müsste es heissen:
Hier
stelle ich mich mal hin. Ich könnte eigentlich auch anders.
Auch Gott
kann mir nicht mehr helfen.
Amen.
Und wenn Sie
mir jetzt unterstellen, ich hätte mich mit diesem Post positioniert,
muss ich widersprechen, meine Position gegenüber AKK war vom ersten Moment
klar:
Daumen
runter.
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