Jeder
Musiker kennt die Situation:
Da hat man
ein schönes Konzert gespielt, man hat getrillert und verziert, hat ritardiert
und acceleriert, man hat piano und forte gespielt und überhaupt einen
musikalischen Höhepunkt nach dem anderen geliefert und nach der letzten Zugabe
will man eigentlich nur noch seine Ruhe und dann kommt ein Mann auf einen zu,
um einem zu sagen, dass die Allemande ein weniger schneller und ein wenig
rhythmischer hätte sein müssen, und der Triller in der Sarabande mehr von oben,
und man will gerade Luft holen, um sich – trotz extremer Erschöpfung – noch zu
verteidigen, und dann holt der Konzertbesucher zum ultimativen
Totschlagargument aus und sagt:
«Wissen Sie,
meine Frau spielt Blockflöte.»
Jede
Galeristin kennt die Situation:
Man ist
schon fast am Ende einer gelungenen Vernissage, der Wein ist leer und die
Häppchen auch, und – was viel wichtiger ist – fünf Bilder haben schon den roten
Punkt, die Künstlerin strahlt, hat sie sich mit ihren strengen Linien und
wenigen Farben, mit ihrer minimalistischen Aussage und ihrem klaren
Formkonzept, mit ihrer stimmigen Komposition doch durchgesetzt, da, ja da
pirscht sich ein Herr an Künstlerin und Galeristin heran, um klarzumachen, dass
die Bilder nichts taugen, dass das Schwarz zu schwarz und die Linien zu linear
sind, dass das Weiss zu weiss und die Komposition zu komponiert ist, und
Galeristin und Malerin wollen gerade Luft holen, da kommt das Argument:
«Wissen Sie,
meine Frau malt auch.»
Muss ich
Ihnen jetzt von jenem Lyriker erzählen, der nachdem er den Bachmann-Preis, den
Peter-Huchel-preis UND die Hölderlin-Medaille erhalten hat, eine (schon im Voraus
ausgebuchte) Lesereise durch die BRD unternimmt und von Aachen bis Zwickau, von
Emden bis Berchtesgaden für seine Bände Zu
und vor im Rück und Wenn ich träume,
für seine Bücher Und mit für und Holunder im Stachel gefeiert wird? Ups,
ich tue es ja schon… Jedenfalls kommt dann irgendwann beim Signieren ein Mann
an seinen Tisch, um ihm zu erklären, dass er keine Signatur wünsche, weil die
Sonette und Epigramme, weil die Texte nichts taugen und bevor der Bachmann-,
Huchel- und Hölderlinpreisträger mucksen kann, kommt der Satz:
«Meine Frau
schreibt auch Gedichte.»
Es stellen
sich hier natürlich diverse Fragen, aber die entscheidende Frage ist doch:
Warum sind
es immer die Frauen, die hier herhalten müssen?
Ich glaube
nämlich, dass die musizierenden und malenden, dass die schreibenden und
dichtenden Gattinnen sehr wohl zwischen ihrer Kunst und der Profikunst
unterscheiden könnten. Wer jemals versucht hat, die Französische Suite Nr. 6 in
E-Dur zu spielen, weiss, dass man sie technisch sicher hinbekommt, aber 1000
Meilen von einer wirklich gültigen Interpretation entfernt ist. Wer jemals
versucht hat, 5 Linien und 6 Punkte auf einer Leinwand so zu verteilen, dass es
sich ausgleicht und «stimmt», weiss ein gelungenes Bild zu schätzen. Wer jemals
einen Nachmittag gerungen hat, ob die letzte Silbe in einem Haiku -ung oder
-heit heissen muss, weiss, wie immens schwer Lyrik ist.
Warum also
heisst es immer «…meine Frau…auch.»?
Wahrscheinlich
ist es so, dass die Manger des oberen (oder auch mittleren) Kaders gewöhnt
sind, von allem das Beste zu haben: Sie haben das grösste Auto (Chevi, Lambi,
Ferri oder Cadi), sie reisen Businessclass und checken im Hilton oder
Steigenberger ein, sie haben eine repräsentative Villa in Hamburg-Pöseldorf
(gekauft bei ENGEL & VÖLKERS®), ein Ferienhaus in Santorin (gekauft bei
ENGEL & VÖLKERS®) und ein Chalet in Schruns (gekauft bei ENGEL &
VÖLKERS®). Sie lassen sich bei … – psst, das ist Diskretionssache – eine Jacht
bauen und ihre Kleider bei einem Londoner Schneider nähen, sie sind Habitués im
Schnuder’s (3 Sterne Michelin) und im Goldenen Kreis (19
Gault&Millau-Punkte). Ihre Kinder gehen auf die besten Internate und später
nach Harvard, Yale oder Stanford, und ihre Ehefrauen machen eben die besten
Bilder, die beste Lyrik oder die beste Musik. Es KANN gar nicht anders sein.
Vielleicht
finden Sie meinen Post jetzt wahnsinnig frauenfeindlich, weil es ja auch Frauen
im oberen Kader gibt, Frauen, die sich bei ENGEL & VÖLKERS® repräsentative
Häuser kaufen und ihre Kleider bei einer Mailänder Schneiderin nähen lassen.
Aber Frauen würden nicht so dumm reagieren wie Männer, sie würden eben nicht
sagen «Mein Mann malt auch…», «Mein Mann spielt Klavier…», «Mein Mann schreibt
Gedichte…», sie würden Kunst, Musik und Texte fair und sachlich beurteilen.
Wie fanden
Sie diesen Post?
Schreiben
Sie mir.
Aber wehe,
Sie schreiben «Mein Mann/Meine Frau bloggt auch». Dann gibt es richtig Ärger.
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