Montag, 23. Juli 2018

Ähnlichkeit mit lebenden Personen... oder Natürlich ist das TOYOKO gemeint


Ich habe letzten Freitag über ein japanisches Hotel geschrieben, das ich KAYATAYAHAYA® genannt habe. Nun fragt mich ein Leser, ob ich eventuell die TOYOKO®-Kette damit meine.

Hm.
Nun.

Das Credo eines jeden Schreibers ist ja eigentlich:
Die Personen und die Handlung des Textes sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.
Man müsste noch ergänzen:
Die Personen und die Orte des Textes sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Orten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.

Hm.
Nun.

Also, das ist natürlich alles Quatsch. Es ist das TOYOKO®. Was kann es ausser dem TOYOKO® den anderes sein? Welche japanische Kette fasst gerade Fuss in Deutschland? Genau, das TOYOKO®. Wo kann man ohne Membercard erst um 16.00 aufs Zimmer, genau im TOYOKO®. Und wo wird mit Plastik für Shabu-Shabu geworben und die Videoüberwachung der Lifte in die Lobby übertragen?
Im TOYOKO®.

Die Präambel eines jeden Romans ist der grösste Blödsinn, der in jedem Buch steht.
Wenn man z.B. weiss, das Hera Lind sich über die Verfilmung ihres ersten Buches geärgert hat, und wenn man weiss, dass sie mit einem bestimmten Schauspieler den grössten Krach hatte, und dann kommt in ihrem dritten Buch eine Literaturverfilmung vor und eben ein Arschloch-Mime und man hirnt noch eine Weile und kommt drauf, dass Kudina (so heisst er im Buch) natürlich Kuh-Diener meint, und dann ist der weg zu Ochsen-Knecht ja nicht weit, und wenn dann vorne im Buch steht
Die Personen und die Handlung des Textes sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig,
dann ist das der pure Hohn.

Und wenn man weiss, dass alle, ja alle, sämtliche, ohneausnahmige Personen des Zauberberg mit Herrn Mann in Davos residierten, und dass sowohl Clawdia Chauchat als auch Mynheer Peeperkorn, dass Settembrini und Naphta, dass Frau Stöhr und Hofrat Behrens klare Vorbilder hatten, es fehlen nur entscheidende Briefe und Aufzeichnung des Nobelpreisträgers, dann ist auch hier das
Die Personen und die Handlung des Textes sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.
ein ganz immenser Quatsch.

Die Schreiberinnen und Scheiber wollen doch auch, dass man Orte und Zeiten, dass man Begebenheiten und Personen erkennt, sie könnten ja auch viel besser verschlüsseln, natürlich liegen viele Dinge auf der Hand.
Wenn in einer Erzählung Sylvia Gubbel auftaucht, eine alternde Politikerin die die Mundwinkel herabzieht und schlechtsitzende Kostüme trägt, dann muss man kein Politologe sein, um hier Angie zu erkennen.
Wenn in einem Roman ein 35mal gelifteter und solariumsverbrannter Alt-Popstar erscheint, der einen Gesangswettbewerb veranstaltet, um bei diesem die jungen Talente nach Strich und Faden fertigzumachen, sie zu beleidigen und zu Tränen zu zwingen, dann ist doch jedem Idioten klar, dass, auch wenn der 35mal Geliftete im Roman Herbert Zuhlen heisst, Dieter gemeint ist.

Anette Pehnt nennt den Ort in ihrer absolut entzückenden Studiums-Novelle Hier kommt Michelle (lesen! lesen! lesen!) Sommerstadt, aber es ist klar, dass Freiburg im Breisgau der Schauplatz ist.    
Loriot erwähnt in Ödipussi, jenem unglaublich erheiternden Film, bei dem sich ein 50jähriger Mamasohn-Möbelhändler in eine 50jährige Psychologin verliebt, die Herkunft der Kommode Trulleborg®, bei der stets die oberste Schublade nicht rausgeht, natürlich nicht. Aber das Wort IKEA leuchtet die ganze Zeit im Hintergrund, also nicht wirklich im Film, sondern im übertragenen Sinne.
Die Reihe der Wir-Wissen-Alle-Was-Gemeint-Ist-Stellen liesse sich unendlich fortsetzen.

Die Personen und die Handlung des Textes sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.
Quatsch.

Heinrich Böll hat in seiner Katharina Blum das besser gelöst, hier ist natürlich die ZEITUNG nichts anderes als BILD. Und so schreibt er am Anfang:
Personen und Handlung dieser Erzählung sind frei erfunden. Sollten sich bei der Schilderung gewisser journalistischer Praktiken Ähnlichkeiten mit den Praktiken der BILD-Zeitung ergeben haben, so sind diese Ähnlichkeiten weder beabsichtigt noch zufällig, sondern unvermeidlich.





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