Diejenigen
meiner Leserinnen und Leser, die mit dem Buch Ready for English jene Fremdsprache erlernt haben, werden sich
eventuell noch an folgende Übung erinnern:
a) London / Zürich (big) b)
a train / a bike (fast)
c) a dance party / a movie (exiting) d) a bus driver’s job /
a teacher’s job (dangerous)
Hier sollten
die beiden verschiedenen Steigerungsformen des Englischen geübt werden, die dem
Deutschen ähnliche auf -er und -est und die den Romanischen Sprachen
ähnliche mit more und most.
Die Beispiele
a) und b) waren nun leicht zu lösen:
a) London is bigger than Zürich.
b) A Train is faster than a bike.
Selbst wenn
man bei der Limmatstadt die Agglo dazurechnet und bei der Themsestadt nicht, ob
man von Fläche ausgeht oder von Einwohnern, wie man es dreht oder wendet, wie
man es sieht oder anschaut: London ist stets grösser als Zürich, da beisst
keine Maus einen Faden ab, da gibt es keinen Diskussionsbedarf. Genauso beim
Verkehrsmittel, selbst wenn man einen Regionalbummelzug nimmt (und nicht den
TGV oder ICE) und das Velo von einem schwergedopten Tour de France-Teilnehmer
(gibt es eigentlich andere?) fahren lässt, auch hier ist die Lösung eindeutig.
c) und d)
sind da schwieriger.
Von was für
einer Tanzveranstaltung und von was für einem Film gehen wir aus? Reden wir von
der Summer Pool Party im Badecenter, wo sich knackige Körper in Badehosen in
Schaum und Wasserstrahl tummeln, von einer Ü 40-Neue Deutsche-Welle-Party oder
vom «Tanz in den Mai» in Worgingen (AR)? Und welchem Film stellen wir das
gegenüber, einem polnischen Autorenfilm oder einem Action-Thriller, und schauen
wir den Film allein an oder in der Gruppe?
Die ersten
beiden Partys wären für mich übrigens klar more
exiting, die Wasserschaumplanschveranstaltung zum Gucken und der NDW-Abend
zum Mitdancen und Mitgrölen, bevor ich allerdings am 30.4. in die
Mehrzweckhalle nach Worgingen gehe, schaue ich mir lieber einen James Bond an.
d) ist nun
extrem kompliziert, weil man so genau weiss, was das Lösungsbuch vorschlagen
wird:
A bus driver’s job is more dangerous than a teacher’s job.
Und man
selber aber genau weiss, dass es umgekehrt ist:
A teacher’s job is more dangerous than a bus driver’s job.
Stellen Sie
sich vor, sie machen als Deutschlehrer einen unangesagten Test über die Kapitel
1-3 der aktuellen Klassenlektüre, das erste Kapitel ist bereits besprochen, die
Kapitel 2 und 3 waren als Hausaufgabe zu lesen. Sie stellen ganz einfache
Fragen, so z.B. die nach dem Namen der Hauptperson und dem Ort des Geschehens;
dennoch sind 80% der Klasse schwer ungenügend, einfach weil sie die Kapitel
nicht gelesen haben und in der Stunde, in der man das erste besprach,
schliefen. Nun kommt es darauf an, WO Sie unterrichten; lehren Sie in einem
Dorf in der Innerschweiz oder auf der Schwäbischen Alb, werden Ihre
Schülerinnen und Schüler die Schuld bei sich suchen und Ihnen nicht grollen, in
Basel oder Freiburg wird es schon einen gewissen Unmut geben, dass Sie sich so
etwas Fieses wie eine Kontrolle ausgedacht haben.
Schwieriger
wird es in Grossstädten, vor allem in bestimmten Bezirken, hier fliegen dann
Beschimpfungen und Drohungen durch das Klassenzimmer, hier werden Fäuste
geballt und auf die Tische gehauen. Sollten Sie das Pech haben, in Neukölln zu
lehren, dann müsste man Ihnen empfehlen, nur mit Personenschutz nach Hause zu
gehen, zu viele Kollegen sind in ähnlichen Fällen verprügelt oder mit Messern
attackiert worden.
All das ist
bekannt; was neuer scheint, ist die Gewalt, die inzwischen von Eltern ausgeht.
Der Filius
bekommt keine Gymnasiumsempfehlung? Das wollen wir doch mal sehen, mit einer
platten Nase und mit zwei Zähnen weniger denkt die Lehrperson vielleicht anders
– es könnte ja auch noch die Ohren und zwei weitere Beisserchen treffen.
Die Lehrerin
hat die Tochter an der Tafel abgefragt? Das hat sie sicher zum letzten Mal
getan, ein ausgekugelter Arm wird ihr das schon klar machen.
Der Pädagoge
schickt die Kinder vom Schullager heim, weil sie Alkohol getrunken haben? Er
wird sein blaues Wunder erleben…
Das
Schreckliche ist, dass diese Schlägereltern, dass diese Gewaltfamilien bei der
Bevölkerung eine ganz kleine, eine ganz winzige, eine nur zu 5% vorhandene,
aber eben doch daseiende Zustimmung finden. «Man kann ja schon verstehen, dass
die Müllers ausgerastet sind, so wie der Klassenlehrer den Bernd auf dem Kieker
hatte und…»
Nein.
Kann man
nicht.
Lehrer
schlagen geht gar nicht.
London is much bigger than Zürich.
A train is much faster than a bike.
The Bourne Identity is much more exiting than
the Tanz in den Mai in Worgingen.
A teacher's job is much, much, much more dangerous than a
bus driver's job.
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