Dienstag, 16. Januar 2018

Christin-Sabine Ullmann, die böse kleine Schwester



Clara-Dora Ullmann wäre eigentlich eine ganz brauchbare Person. Sie bewohnt mit ihrer Schwester das kleine Häuschen, das sie von ihren Eltern geerbt haben, führt gut Haus und Garten, arbeitet zu 80% auf einer Anwaltskanzlei, füttert und pflegt ihre drei Katzen und hat somit immer gut zu tun. Clara-Dora Ullmann kleidet sich modisch, aber nicht aufgetakelt, sie geht einmal pro Woche zum Friseur, einmal ins Schwimmbad und einmal zur Maniküre. Donnerstags geht sie abends in einen Lesekreis, der sich mit aktueller Literatur beschäftigt und sonntags in den Gottesdienst der Landeskirche. Sie hat ein Abo der örtlichen Tageszeitung, ein Abo des Verkehrsverbundes und ein Abo des Stadttheaters, sie isst viel Obst und Gemüse, ohne Veganerin zu sein, trinkt mässig Alkohol (mal ein Gläschen schon) und raucht 14 Zigaretten – im Jahr. Clara-Dora Ullmann ist also eine normale, nette Frau, ein wenig langweilig, aber OK.

Clara-Dora Ullmann wäre eigentlich eine ganz brauchbare Person, man könnte sie zu jedem Essen und zu jeder Feier einladen, man könnte sie zu Ausflügen und Reisen mitnehmen, sie würde auf keiner Vernissage, bei keinem Vortrag, sie würde bei keinem Apéro und keinem Konzert eine allzu schlechte Figur abgeben. Clara-Dora Ullmann würde man auch gerne besuchen, man würde gerne in ihrem gepflegten Haus, auf ihrer gepflegten Terrasse oder in ihrem gepflegten Garten sitzen, man würde gerne von ihren selbstgebackenen Kirsch-, Apfel-, Vanille- und Schokokuchen kosten und sich von ihr mit ihrem unvergleichlichen Gemüsegratin oder ihrer unvergleichlichen Mousse verwöhnen lassen. Man könnte es gut haben mit Clara-Dora Ullmann, wäre da nicht…

Die Schwester.
Eben diese Schwester, mit der sie das Haus teilt, die Schwester, die immer dabei ist und alles so unerträglich macht.

Christin-Sabine Ullmann ist ein Ekel. Sie vereint in einem Masse schlechte Eigenschaften auf sich, das sogar Jack the Ripper oder Graf Voldemort neidisch machen würde. Christin-Sabine Ullmann ist geizig, geldgierig, dabei verlogen, betrügerisch und korrupt bis ans Limit. Das allerdings hindert sie nicht, gleichzeitig frömmlerisch, bigott und gelegentlich fanatisch zu sein, sie ist launisch, borstig, sie ist misanthropisch und verbittert und ihre scharfe Zunge haben schon manche zu spüren bekommen. Im Gegensatz zu ihrer Schwester trägt sie altmodische, altbackene Kleider, geht nie ohne das Kopftuch aus dem Haus, das sie um ihren strenggewobenen Dutt legt. Natürlich geht sie nicht in die Landeskirche zu dem «linken» Pfarrer, sondern in eine altreligiöse Gemeinschaft, wo noch «Recht und Gebote herrschen». Wie gesagt: Diese sehr gesetzliche Haltung hindert Christin-Sabine Ullmann keineswegs daran, bei ihrem Job (75%) auf dem Bezirksamt jedem Bestechungsversuch offen zu begegnen und hemmungslos dem Meistzahlenden alle Aufträge zuzuschanzen.
Neuerdings, und das ist eine Entwicklung, die auch Clara-Dora beunruhigt, sieht man sie zusammen mit Typen, die einen nicht glücklich machen, mit Alt-, Spät-, Halb- und Vollnazis, zusammen mit Ausländerfeinden und Schwulenhassern, mit Menschen, denen ein normaler aus dem Wege geht. 

Nun ist das Dumme, dass man die grosse Schwester eben nur mit der kleinen zusammen bekommt. Lädt man Clara-Dora ein, zu einem Tee, einem Kaffee, einem schönen Abendessen, einem Glas Wein, dann wird sie Christin-Sabine mitbringen und diese wird den Nachmittag, den Abend zerstören, versauen, miesmachen, sei es, dass sie einem förmlich den Rosenkranz um die Ohren schlägt, sei es, dass sie Hetzreden führt, vielleicht verbreitet sie aber auch nur schlechte Laune. Oder sie klaut einem Geld aus dem Portemonnaie oder Schmuck aus der Schatulle.
Ginge man aber zu Ullmanns heim, zu einem Kaffee, einem Tee, zu einem Fondue in der Stube oder einer Grillade auf der Terrasse, würde das Gleiche passieren. Auch wenn Christin-Sabine Gäste eigentlich hasst, würde sie nie in ihren Räumen bleiben, nein, sie würde sich dazu setzen, und bewirken, dass jene gehen, bevor das letzte Glas und die letzte Tasse ausgetrunken sind.

Natürlich findet Clara-Dora nie einen Partner.
Wer will schon eine Schwägerin, die so ein widerlicher Mensch ist, dass sogar Stalin und Sauron ihr Platz 1 in der Bösartigkeits-Challenge einräumen? Wer will eine Schwägerin, die geizig, geldgierig, die gemein, verlogen, eine Angeheiratet, die korrupt und bestechlich, dabei bigott, frömmlerisch und fanatisch ist? Eine Person, mit der man sich nur wenige Minuten im gleichen Raum aufhalten kann, ohne Erfrierungen zu bekommen?
Bisher gingen daher Partnersuchversuche von Clara-Dora immer schief.

Die Frage, die sich jetzt jeder stellt, ist natürlich:
Warum schmeisst die grosse die kleine Schwester nicht einfach raus?
Ganz einfach: Christin-Sabine gehört das halbe Haus. Sie müsste ausbezahlt werden und das würde Clara-Dora erst einmal in einen Schuldenberg stürzen. Und selber das Feld räumen will sie auch nicht.

Clara-Dora Ullmann wäre eigentlich eine ganz umgängliche Frau.
Eine, die man einladen oder besuchen könnte.

Wäre da nicht Christin-Sabine Ullmann.
Die kleine Schwester.

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