Montag, 14. August 2017

Warum ist kein Wahlkampf in der BRD???



Ich war in den diesjährigen Sommerferien ein paar Mal in Deutschland. Ich habe zwei wunderbare Aufführungen der Münchner Opernfestspiele genossen, war dann auf der dOCUMENTA, ich war auf einem unvergleichlichen Sommerfest in Stuttgart und bin durch Lindau gebummelt. Und stets habe ich etwas zu meiner grossen Verwunderung nicht angetroffen:
Den Wahlkampf.
Müsste nicht, dachte ich, während ich über den Viktualienmarkt schlenderte, irgendwo ein Stand mit bunten Fähnchen, Luftballons und Zuckerwatte sein? Müssten nicht, dachte ich, als wir vom Fredericianum zum Alten Postamt tigerten, irgendwo Plakate hängen? Müssten nicht Menschen auf der Königsstrasse stehen und mit mir ein Gespräch über die FDP oder SPD anfangen wollen? Müsste die CSU auf der Lindauer Insel irgendwo präsent sein?
Überall Fehlanzeige.

Gut, man kann einwenden, dass die Bundestagswahl ja erst Ende September ist, man könnte dem aber entgegnen, dass sie SCHON am 24.9. stattfindet. Es scheint so, dass die BRD eine neue Definition von «geheimer Wahl» gefunden hat, Parteien halten sich völlig bedeckt, man verzichtet auf Plakate, man verzichtet auf Stände, es wird keine Zuckerwatte, werden keine Luftballons und Fähnchen verteilt, tunlichst vermieden werden auch Diskussionsrunden und Reden. Ja, man versucht total geheim zu halten, dass Ende September gewählt wird, nur wer es dennoch weiss, kann an die Urne. Auch die Wahllokale werden dieses Mal sicher in Bunkern und im Wald versteckt.

Warum tut man das?

Weil die Wahl auf eine markerschütternde Weise unwichtig ist. Denn eines steht fest: Angie wird wieder gewinnen. Es müsste viel passieren, dass die CDU nicht die Mehrheit der Stimmen bekommt. Einzig eine Sexaffäre der Kanzlerin, ihre nachgewiesene Verstrickung in Drogengeschäfte, einzig ein Verfahren gegen Merkel wegen Steuerhinterziehung oder Urkundenfälschung könnte Angie noch um den Sieg bringen. Die Wahl ist so langweilig und öde wie der deutsche Fussball. Die Kanzlerin 2017-2021 heisst A. Merkel, genauso wie der Meister 2017, 2018, 2019 und 2020 Bayern München heissen wird. Die einzig spannende Frage lautet: Braucht die CDU einen Partner und wer könnte das sein? Man wählt also gar nicht den Bundeskanzler, das steht fest, man wählt die Koalitionspartei; das ist eklig öde. Das ist wie «Schweden als Reiseziel steht fest – du darfst noch den Reiseweg aussuchen.» oder «Es gibt als Vorspeise Lachscarpaccio und als Hauptgang Rindsfilet mit Böhnchen und Pommes – dir überlasse ich die Wahl des Desserts.» Das ist wie «Du heiratest den Georg – den Termin darfst du bestimmen» oder «Du machst die Lehre als Automechaniker – ob in der Garage Müller, der Garage Meier oder der Garage Schulze entscheidest du.»

Es geht also um nix.
Wie es bei deutschen Bundestagswahlen seit Jahren um nix geht.
Die letzte Wahl, bei der es wirklich um etwas ging, war die Wiederwahl von Willy Brandt. Hier entschied das deutsche Volk, ob es den Weg der Entspannung, der Aussöhnung mit dem Osten weitergehen oder wieder zurück in die frostigen Zeiten des Kalten Krieges schlendern wollte. Überall wurde hier erhitzt diskutiert, in Kneipen und Markthallen, in Bahnhöfen und an Tramstationen, vor dem Fernseher, vor dem Radio. Familien stritten am Mittagstisch, die Jugendlichen waren für die SPD, die Eltern für die CDU, es wurde gebrüllt und Fäuste geschüttelt. «Verrat am deutschen Vaterland, Ausverkauf, wir spielen den Russen in die Hände, morgen sind wir alle kommunistisch», riefen die einen, «Friede, Versöhnung, wir können nicht ewig so weitermachen», riefen die anderen. Und am Ende entschied sich die BRD wirklich, den Weg der Entspannung weiterzugehen, was in den ersten Jahren dann auch wirtschaftlich viel brachte und wenn eine Partei je einen Fehler zugestehen würde – was nicht der Fall ist – hätten die Christdemokraten spätestens bei der Wende ihren Widerstand für falsch erklären müssen, dann nämlich als Helmut in seiner unendlich scheusslichen Strickjacke mit Gorbi am Lagerfeuer sass, das wäre nämlich ohne Willy – dem eigentlichen KANZLER DER DEUTSCHEN EINIGUNG – gar nicht möglich gewesen.
Das Blöde ist nur: Diese spannende, epochale, diese entscheidende und heissgekämpfte Wahl war vor 40 Jahren.

Ja, damals wurde um eine Sache gestritten, eine Sache, die durch Mark und Pfennig und Mark und Bein ging.
Aber heute?
Es gäbe eigentlich nur einen Grund, Wahlkampf zu machen und einen Grund wählen zu gehen: Die AfD darf nicht in nennenswerter Zahl in den Bundestag ziehen. Alles andere ist egal; Mutti wird den Laden auch noch einmal vier Jahre schmeissen, so schlecht läuft der Karren ja nicht, und irgendeinen Partner wird sie schon finden. Selbst eine Mehrheit von 52% wäre kein Desaster, Mutti ist kein Trump, ist kein Orban, sie ist kein Erdogan und kein Putin.

Ich war in den diesjährigen Sommerferien ein paar Mal in Deutschland. Ich habe Aufführungen der Münchner Opernfestspiele genossen, war dann bei den abstrusen Dingen der dOCUMENTA (wir berichteten), ich war auf einem Sommerfest in Stuttgart und bin durch das mittelalterliche Lindau gebummelt. Und stets habe ich etwas zu meiner grossen Verwunderung nicht angetroffen:
Den Wahlkampf.

Nun, vielleicht kommt er ja noch.
Ich kann ja noch einmal nachgucken gehen.




1 Kommentar:

  1. Wenn schon kein Wahlkampof, hier hat man die Kampof Wahl: http://basteha.com/en/package/780/kampof-snack

    Ich bin noch unentschieden und würde etwas mehr Meinungsmache via Gratisproben-Abgabe auf Sommerfesten unterstützen.

    AntwortenLöschen