Ich war in
den diesjährigen Sommerferien ein paar Mal in Deutschland. Ich habe zwei
wunderbare Aufführungen der Münchner Opernfestspiele genossen, war dann auf der
dOCUMENTA, ich war auf einem unvergleichlichen Sommerfest in Stuttgart und bin
durch Lindau gebummelt. Und stets habe ich etwas zu meiner grossen Verwunderung
nicht angetroffen:
Den
Wahlkampf.
Müsste
nicht, dachte ich, während ich über den Viktualienmarkt schlenderte, irgendwo
ein Stand mit bunten Fähnchen, Luftballons und Zuckerwatte sein? Müssten nicht,
dachte ich, als wir vom Fredericianum zum Alten Postamt tigerten, irgendwo
Plakate hängen? Müssten nicht Menschen auf der Königsstrasse stehen und mit mir
ein Gespräch über die FDP oder SPD anfangen wollen? Müsste die CSU auf der
Lindauer Insel irgendwo präsent sein?
Überall
Fehlanzeige.
Gut, man
kann einwenden, dass die Bundestagswahl ja erst Ende September ist, man könnte
dem aber entgegnen, dass sie SCHON am 24.9. stattfindet. Es scheint so, dass
die BRD eine neue Definition von «geheimer Wahl» gefunden hat, Parteien halten
sich völlig bedeckt, man verzichtet auf Plakate, man verzichtet auf Stände, es
wird keine Zuckerwatte, werden keine Luftballons und Fähnchen verteilt,
tunlichst vermieden werden auch Diskussionsrunden und Reden. Ja, man versucht
total geheim zu halten, dass Ende September gewählt wird, nur wer es dennoch
weiss, kann an die Urne. Auch die Wahllokale werden dieses Mal sicher in
Bunkern und im Wald versteckt.
Warum tut
man das?
Weil die
Wahl auf eine markerschütternde Weise unwichtig ist. Denn eines steht fest:
Angie wird wieder gewinnen. Es müsste viel passieren, dass die CDU nicht die
Mehrheit der Stimmen bekommt. Einzig eine Sexaffäre der Kanzlerin, ihre
nachgewiesene Verstrickung in Drogengeschäfte, einzig ein Verfahren gegen
Merkel wegen Steuerhinterziehung oder Urkundenfälschung könnte Angie noch um
den Sieg bringen. Die Wahl ist so langweilig und öde wie der deutsche Fussball.
Die Kanzlerin 2017-2021 heisst A. Merkel, genauso wie der Meister 2017, 2018,
2019 und 2020 Bayern München heissen wird. Die einzig spannende Frage lautet:
Braucht die CDU einen Partner und wer könnte das sein? Man wählt also gar nicht
den Bundeskanzler, das steht fest, man wählt die Koalitionspartei; das ist
eklig öde. Das ist wie «Schweden als Reiseziel steht fest – du darfst noch den
Reiseweg aussuchen.» oder «Es gibt als Vorspeise Lachscarpaccio und als
Hauptgang Rindsfilet mit Böhnchen und Pommes – dir überlasse ich die Wahl des
Desserts.» Das ist wie «Du heiratest den Georg – den Termin darfst du
bestimmen» oder «Du machst die Lehre als Automechaniker – ob in der Garage
Müller, der Garage Meier oder der Garage Schulze entscheidest du.»
Es geht also
um nix.
Wie es bei
deutschen Bundestagswahlen seit Jahren um nix geht.
Die letzte
Wahl, bei der es wirklich um etwas ging, war die Wiederwahl von Willy Brandt.
Hier entschied das deutsche Volk, ob es den Weg der Entspannung, der Aussöhnung
mit dem Osten weitergehen oder wieder zurück in die frostigen Zeiten des Kalten
Krieges schlendern wollte. Überall wurde hier erhitzt diskutiert, in Kneipen
und Markthallen, in Bahnhöfen und an Tramstationen, vor dem Fernseher, vor dem
Radio. Familien stritten am Mittagstisch, die Jugendlichen waren für die SPD,
die Eltern für die CDU, es wurde gebrüllt und Fäuste geschüttelt. «Verrat am
deutschen Vaterland, Ausverkauf, wir spielen den Russen in die Hände, morgen
sind wir alle kommunistisch», riefen die einen, «Friede, Versöhnung, wir können
nicht ewig so weitermachen», riefen die anderen. Und am Ende entschied sich die
BRD wirklich, den Weg der Entspannung weiterzugehen, was in den ersten Jahren
dann auch wirtschaftlich viel brachte und wenn eine Partei je einen Fehler
zugestehen würde – was nicht der Fall ist – hätten die Christdemokraten
spätestens bei der Wende ihren Widerstand für falsch erklären müssen, dann
nämlich als Helmut in seiner unendlich scheusslichen Strickjacke mit Gorbi am
Lagerfeuer sass, das wäre nämlich ohne Willy – dem eigentlichen KANZLER DER
DEUTSCHEN EINIGUNG – gar nicht möglich gewesen.
Das Blöde
ist nur: Diese spannende, epochale, diese entscheidende und heissgekämpfte Wahl
war vor 40 Jahren.
Ja, damals
wurde um eine Sache gestritten, eine Sache, die durch Mark und Pfennig und Mark
und Bein ging.
Aber heute?
Es gäbe
eigentlich nur einen Grund, Wahlkampf zu machen und einen Grund wählen zu
gehen: Die AfD darf nicht in nennenswerter Zahl in den Bundestag ziehen. Alles
andere ist egal; Mutti wird den Laden auch noch einmal vier Jahre schmeissen,
so schlecht läuft der Karren ja nicht, und irgendeinen Partner wird sie schon
finden. Selbst eine Mehrheit von 52% wäre kein Desaster, Mutti ist kein Trump,
ist kein Orban, sie ist kein Erdogan und kein Putin.
Ich war in
den diesjährigen Sommerferien ein paar Mal in Deutschland. Ich habe
Aufführungen der Münchner Opernfestspiele genossen, war dann bei den abstrusen
Dingen der dOCUMENTA (wir berichteten), ich war auf einem Sommerfest in
Stuttgart und bin durch das mittelalterliche Lindau gebummelt. Und stets habe
ich etwas zu meiner grossen Verwunderung nicht angetroffen:
Den
Wahlkampf.
Nun,
vielleicht kommt er ja noch.
Ich kann ja
noch einmal nachgucken gehen.
Wenn schon kein Wahlkampof, hier hat man die Kampof Wahl: http://basteha.com/en/package/780/kampof-snack
AntwortenLöschenIch bin noch unentschieden und würde etwas mehr Meinungsmache via Gratisproben-Abgabe auf Sommerfesten unterstützen.