Die Reise
Erster Klasse durch England war super. Man hat Beinfreiheit, hat einen
riesengrossen Tisch zum Patiencen legen, man bekommt gratis Mineralwasser und
Kaffee und hat ein exzellentes WIFI. Für die Rückreise allerdings wollte ich
doch lieber 2nd Class fahren und mir das Zuvielgezahlte (sic)
aushändigen lassen. Ich ging also an den Counter und brachte meine Bitte vor,
da ja hier offensichtlich ein Systemfehler der East Midland Trains vorliege
(siehe letzter Post)
Die Antwort
des Schalterbeamten war ernüchternd: Ein Upgrade sei immer drin, ein Downgrade
sei leider nicht vorgesehen.
Nun müssen
wir kurz noch eine Begriffsklärung vornehmen: Es gibt Update und Upgrade. Zwei
diametral entgegengesetzte Sachen.
Ein Upgrade
kostet Geld – ein Update ist meist gratis, kostet aber unendlich Zeit und
Nerven, Sie kennen das, 3456 Updates
werden verarbeitet – Schalten Sie den Computer nicht aus, und das immer
genau dann, wenn man den Laptop zusammenpacken und loswill.
Ein Upgrade
müssen Sie verlangen – zu einem Update werden Sie gezwungen, oder es wird viel
mehr hinter ihrem Rücken gesucht, gefunden und installiert, ich werde immer
wahnsinnig, wenn ich daran denke, was mein PC alles macht, während ich mich im
Internet tummele, warum muss er ständig nach Updates suchen statt mit mir
zusammen einfach auf YouTube Ladykracher
gucken?
Ein Upgrade
verbessert den Status Quo um 100%, ein Update kann ihn verbessern, aber auch
brutal verschlechtern (Bessere Auflösung, dafür geht kein Internet mehr; Word
öffnet 20 Sekunden schneller, Excel dafür 4 Minuten langsamer, alle Fotos
werden besser aufgelöst, dafür sind alle Power Points in Blau-Weiss etc., etc.)
Hier geht es
also um Up- und Downgrades. (Downdates gibt es übrigens gar nicht – wäre aber
‘ne Supersache; wir freuen uns jetzt und hier schon auf den Kommentar von Josi,
meinem Hauptkommentator, der hier und jetzt einmal herzlich gegrüsst sein soll:
Josi, merci für deine unglaublich netten Notizen!)
Wir waren
aber bei den Down-Grades
Und die eine
Frage stellt sich doch nun:
Warum sieht
ein System wie das der Bahnfahrkarten kein Downgrade vor? Warum gibt es
überhaupt so wenig Downgrades?
Manchmal
kommt einem doch irgendwie etwas dazwischen, können Pläne sich ändern, können
Dinge anders laufen. Wenn ich im Hotel Waldhof das Weekend-Komplett-Paket
gebucht und mir eine Zerrung zugezogen habe, warum kann ich dann nicht vom
Komplett-Paket (Zimmer, Essen, Sportbereich 450.-) auf das Weekend-Genuss-Paket
(Zimmer + Essen 390.-) umbuchen? Warum kann ich nicht, wenn der Kollege, der unbedingt,
absolut unbedingt Businessclass fliegen wollte, nun gar nicht mitkommt, auf
Economy downgraden? Warum kann ich nicht, wenn ich gemerkt habe, dass die
dritte Reihe im Theater bei gewissen Inszenierungen gar nicht so toll ist, weil
sie so arg schreien, weil Gegenstände fliegen, Blut spritzt oder man mit
Fäkalien beworfen wird, auf ein Abo Kategorie II wechseln? (Randbemerkung:
Letzteres machte Vinge an der Volksbühne, aber da gibt es kein Abo.)
Warum kann
ich nicht…
Warum…
Die Antwort
ist denkbar einfach: Gezahltes Geld bekommt man nicht zurück. Jeder Hotelier,
jede Fluggesellschaft, jedes Theater und jeder Sportverein, alle, die etwas
verkaufen, alle, die mit etwas handeln, machen es nach dem gleichen Motto:
Wir haben
dein Geld bekommen.
Du kriegst
dafür einigermassen viel.
Wenn du
weniger nimmst:
Dein Pech.
Ich aber
fordere hier alle Hoteliers, alle Fluggesellschaften und Bahnunternehmen, alle
Theater, Kinos und Sportstätten auf:
Lasst auch mal Downgrades zu!
Nicht immer,
aber bei dem armen hinkenden Teufel, der den ganzen Fitnessbereich nicht nutzen
kann, bei dem armen Teufel, der jetzt allein in der Businessclass sitzt, bei
dem armen Teufel, der es leid ist bei jeder Premiere Sand, Wasser, Blut und
Erde (nicht Boden!) ins Gesicht zu kriegen, und bei den armen Teufeln, denen
die East Midland Trains nur Tickets Erster Klasse verkaufen. (wie z.B. mir)
Als der
Schalterbeamte mir verkündet hatte, dass ein Downgrade nicht möglich sei,
stellte er noch eine interessante Frage: «Did you travel 1st class?» Meine erste Antwort war ein
heftiges Stirnrunzeln, meine zweite Antwort ein klares Ja. Oh, meinte der Mann
am Counter, der mein Stirnrunzeln natürlich gesehen hatte, das sei gar nicht so
selbstverständlich, es gebe Leute, die dann trotzdem in die Zweite Klasse
hocken, weil sie sich in die Erste nicht trauen.
Es gibt
scheinbar immer noch Leute, die eine Tatsache noch nicht geschluckt haben,
nämlich die Tatsache, dass die Klassenschranken aufgehoben sind und schlicht
und einfach das Geld zählt. Wieso meint man, dass man in der 1. Klasse verkehrt
sei? Es gibt dort weder einen Intelligenztest noch einen Dresscode, der einzige
Zugangsbeweis ist ein Ticket der Ersten Klasse, das man ja in Händen hält. Ob
man das Billett aus Versehen gekauft hat, ob man es auf dem Boden gefunden hat,
ob es einem – wie in meinem Fall – aufgezwungen wurde oder ob man es in der
Lotterie gewonnen hat, ob man es von einem Freund geschenkt bekam oder ob es
vom Himmel fiel, mit diesem Papier darf man dort sitzen, darf man lesen und aus
dem Fenster schauen, darf man die Beine ausstrecken und es sich wohl sein
lassen. Was haben die anderen Passagiere mir voraus?
Nichts
ausser Geld.
Also hören
wir auf, zu denken, jemand, der einen 1999er Château Trefitte rumstehen hat, sei
unbedingt ein Weinkenner. Er hat vor allem Knete.
Hören wir
auf zu meinen, wer 8000.- am Leib trägt, hat Geschmack, man kann auch mit
teuerster Couture unglaublich mies aussehen.
Und gehen
wir fröhlich in die 1st Class, wenn wir ein Ticket haben!
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