Die Leitung
der Augustfestspiele in Ottenboben im Allgäu hatte für 2017 eine Superidee
gehabt. Man wollte für die 10 Konzerte im Schloss, in der Stadtkirche und in
der Zehntscheuer eine «Künstlerische Gesamtleitung». Jener «Künstlerischer
Gesamtleiter» hätte natürlich nicht da sein müssen, nur sein Name wäre auf dem
Plakat gestanden und den Festspielen Ottenboden noch mehr Glanz verliehen. Im
Kopf hatte man Dirigenten wie Barenboim, Gergiev oder Jansons, aber auch
Solisten wie Gabetta oder Sokolow. Nun musste man aber feststellen, dass
Sokolows und Barenboims, dass Gabettas und Gergievs ihre Namen nicht einfach so
hergeben. Das Namenspatronat hätte eine fünfstellige Summe gekostet. Nun begann
die Rechnerei: Bringt der tolle Name so viel mehr Einnahmen, dass sich die
Investition lohnt? Der Finanzmensch der Festivalleitung wies darauf hin, dass
eine Auslastungserhöhung kaum möglich sei, da 2016 alle Konzerte ausverkauft
gewesen seien, dass man viel mehr die Preise um 10.- erhöhen müsse, was
Besucher, die in alle 10 Abende gingen, also 100.- mehr blechten, eher
abschreckte. Das Ganze wäre also eher ein Trick 17 mit Selbstvernichtung
geworden.
Das
Namenspatronat wurde verworfen.
Dr. Heinz
Simmerli, der Bewerber für den CEO der GLAS AG in Mennzikon (ZH), den der Head
Hunter präsentiert, macht einen tollen Eindruck. Promovierter Techniker,
vernetzt auf der ganzen Welt, viersprachig, mit allen Managementwassern
gewaschen. Kleiner Schönheitsfehler: Er verlangt das Vierfache des Lohnes, mit
dem Pfeifli, der 2018 in Pension geht, zufrieden war. Auch hier geht jetzt eine
Rechnerei los, wie viel bringt die Weltweitvernetzung dem Unternehmen?
Zugegeben, die Karte der Regionen, in die GLAS AG ausliefert, hat weltweit noch
grosse Lücken, im Nordwesten der USA zum Beispiel, in grossen Zonen in Afrika,
im gesamten arabischen Raum und in Japan. Das liegt aber vor allem am Produkt,
das in Mennzikon hergestellt wird: Schnapsgläser. In Utah wird kein Schnaps
getrunken, ebenso wenig wie in islamischen Ländern, in Afrika wäre es oft zwar
religiös OK, aber es ist zu heiss, um dehydrierende Substanzen einzunehmen und
den Sake trinkt man aus Bechern. Bei aller Liebe, auch der bestvernetzte CEO
wird nicht alle Regionen der Welt erreichen, er wird das 4fache Gehalt nicht
einspielen, das Ganze war also eine Schnaps(glas)idee.
Beide
Überlegungen haben eines gemeinsam, es sind keine fachlichen, also keine
musikalischen oder technischen, sondern rein wirtschaftliche Überlegungen. Die
Fragestellung ist so klar, dass jedes Kind sie begreifen kann:
Bringt die
Mehrausgabe so viel zusätzliches Geld ein, dass sie sich rechnet?
Daher ist es
völliger Schwachsinn, angesichts von Transfersummen, die inzwischen die 200
Millione-Marke geknackt haben, zu fragen, was das noch mit Fussball zu tun
habe.
Natürlich
hat das so wenig mit Sport zu tun wie die Entscheidung für Barenboim mit Musik
oder die Entscheidung für Simmerli mit Glasblasen. Es sind rein wirtschaftliche
Überlegungen. Die schweinehohe Ablösesumme muss irgendwie rentieren, sonst
hätte St. Germain Neymar nicht eingekauft.
Punkt.
Man kann
jetzt natürlich in das Jammerlied mit einstimmen, dass alle Summen gerade ins
Astronomische abwandern. Die Spielergehälter gehen ins Astronomische, die
Kunstpreise gehen ins Astronomische, die Luxusessen-Preise gehen ins
Astronomische, aber: Wen kümmert’s?
Ich bin
sauer, wenn der Preis für einen Espresso steigt, aber einen Kicker muss ich mir
ja nicht kaufen. Genauso wenig wie einen originalen Richter oder Basquiat. Oder
einen Hamburger für 500.-
Aber wen es
beruhigt:
Solche Preisexplosionen
kommen irgendwann zum Stillstand.
Stellen Sie
sich vor, man merkt, dass eine enorme Nachfrage nach Familienbenutzern
existiert, jetzt kauft Person A hundert Benutzer für 50.- pro Stück und
verkauft sie für 60.- weiter. An Person B, die sie für 80.- weiterverkauft. Das
Spiel läuft weiter, bis Person F, die sie für 190.- erworben hat, sie für 200.-
weiterverhökern will. Und auf einmal ist eine Schallgrenze erreicht, 200.- will
niemand mehr zahlen. Person F kann die Familienbenutzer gerade noch für 192.-
das Stück veräussern, aber das Faktum spricht sich rum. Nun wollen alle so
schnell wie möglich die Tausende an Benutzern loswerden, die Preise fallen ins
Bodenlose.
Zum ersten
Mal so geschehen in der Tulpenkrise in den Niederlanden im 17. Jahrhundert.
Was regen
Sie sich also so auf, dass 222 Millionen für einen Sportler gezahlt werden?
Es ist nicht
Ihr Geld.
Aber sagen
Sie bitte nicht, man hätte ganz Afrika davon ernähren können.
Der Club St.
Germain ist ein Wirtschaftsunternehmen.
Und nicht
die Caritas.
Wie übrigens
die Festspiele Ottenhofen auch nicht Terres des Hommes sind.
So wie der HSV aktuell spielt, würde ich auch keine 500.- für einen Hamburger zahlen.
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