Dienstag, 13. Juni 2017

Britischer Trick 17 mit Selbstver(arsch)nichtung



Die Menschen meiner Generation, also die schon etwas Älteren, oder die, die man so schön als «mittlere» Generation bezeichnen könnte, Menschen also in den «besten Jahren», oder, wenn wir es doch in konkreten Zahlen ausdrücken wollen, Männer und Frauen über 50 werden sich noch an einen Ausdruck erinnern, den wir ständig im Munde führten und von dort auch rausliessen:
Trick 17 mit Selbstvernichtung
oder, wenn man sich ein wenig salopper und burschikoser, ein wenig derber und frecher ausdrücken wollte
Trick 17 mit Selbstverarschung

Um der jüngeren Generation, also denjenigen, die unter 40 sind, die noch als «jung» durchgehen könnten, die noch am Anfang stehen und nicht in der Mitte, also Männern und Frauen in den noch nicht so guten Jahren begreiflich zu machen, wann dieser Ausdruck verwendet wurde, verweist man am besten auf die Millionen von Videoclips, die als FAIL OF THE DAY, FAIL OF THE WEEK, die als FAIL OF THE MONTH oder sogar als FAIL OF THE YEAR im Internet kursieren: Da will ein Skater einen besonders schönen Trick vorführen, also einen von diesen, die so schöne englische Namen haben, und fällt voll auf die (s.v.v.) Fresse, da will eine junge Dame zeigen, wie weit sie im Poledance gekommen ist, und haut sich die Stange an den Kopf. Da wird beim Mountainbiken, beim Turmspringen, da wird beim Snowboarden, da wird bei der Gymnastik gestürzt und gefallen, da werden Arme, Beine, Hände, da werden Nasen und Ohren so geschürft und gequetscht, dass es nur so eine Freude ist.

Trick 17 mit Selbstvernichtung
Trick 17 mit Selbstverarschung

Eigentlich, das muss man jetzt zugeben, ist ein Trick 17 eine besonders geglückte Variante, und wenn diese schiefgeht, spricht man von einem Trick 17 mit Selbstüberlistung. Was natürlich nur halb so schön wie die obigen Variationen klingt. Zur Herkunft des Begriffes Trick 17 bietet Wikipedia – wie immer – ca. 35 Möglichkeiten, die einem alle mehr oder minder abstrus vorkommen. Am nettesten finde ich noch die Ableitung von der 17 Eck-Konstruktion des Mathematikers Gauss, aber als plausiblen Vorschlag kann ich auch das nicht werten. 

Von einem Trick 17 mit Selbstvernichtung / Trick 17 mit Selbstverarschung redete und sprach man aber nicht nur bei Fällen und Stürzen, sondern auch, wenn der Pfannkuchen, den man elegant und graziös in die Luft geworfen hatte, auf dem Boden landete, auf einem Boden, der natürlich nicht sauber und rein, sondern ziemlich verschmutzt war; man sprach von einem Trick 17 mit Selbstvernichtung / Trick 17 mit Selbstverarschung, wenn der Spieler 4 beim Monopoly konsequent der Meinung war, dass seine neue Strategie, deren Kernstück es war, die Schlossstrasse NICHT zu kaufen, allen anderen Strategien haushoch überlegen sei und dann relativ schnell durch die Zahlungen für Schlosstrassenbesuch mit 4 Hotels zu Boden ging. Der Klassiker eines Trick 17 mit Selbstvernichtung / Trick 17 mit Selbstverarschung war der Tischtuchtrick: Man wollte die Trägheit der Dinge nutzen und zog das Tischtuch unter den Tellern und Gläsern weg, die sich dann meist samt Inhalt elegant auf Boden, Decke und Wände verteilten.

Betrachtet man die Gesamtheit der unter Trick 17 mit Selbstvernichtung / Trick 17 mit Selbstverarschung aufführbaren Sachen, dann kann man zwei Grundsätze feststellen. Einerseits gehört ein «man könnte es auch anders machen» dazu, niemand würde bei einem Rettungssprung aus einem brennenden Haus, bei dem sich der oder die Springende verletzt von einem Trick 17 reden, wohl aber bei einem Juxsprung. Andererseits ist immer eine gesunde (oder eher ungesunde) Portion Hybris mit dabei.

Wir haben in den letzten Tagen ein unglaublich schönes und witziges, ein klassisches und exemplarisches, wir haben ein herrliches und wunderbares Beispiel eines Trick 17 mit Selbstvernichtung / Trick 17 mit Selbstverarschung erlebt, mit genau den Faktoren, von denen ich vorher sprach. Da hat eine Politikerin eine gute, wenn auch knappe Mehrheit. Nun meint sie, wenn sie die anstehenden Verhandlungen führen will, braucht sie noch mehr Mehrheit, eine sattere, eine deutlichere. Dies zum Thema «man könnte es auch anders machen», denn die Neuwahlen auf der Insel waren so unnötig wie ein Poledancevideo oder ein Snowboardsprung. Nun aber zeigt sich die Hybris; man denkt, die Leute sind so begeistert von mir, dass alle, die einem das letzte Mal die Stimme gegeben haben, es auch dieses Mal tun, alle plus noch 10%. Wie kann man das so selbstherrlich annehmen? Man weiss es genauso wenig, wie man weiss, wo der Pfannkuchen landet, wie man weiss, dass man NICHT auf der Parkallee mit 5 Hotels zu stehen kommt. May hat uns ein so schönes Beispiel eines Trick 17 mit Selbstvernichtung / Trick 17 mit Selbstverarschung geliefert, dass jedem Glossisten und jedem Kabarettisten die Freudesröte – ja, die gibt es auch – ins Gesicht schiesst. «Schaut her, ich kann das und ich kann das gut, schaut her, wir wählen jetzt nochmal und dann habe ich statt ein paar Prozentlein mehr eine 2/3-Mehrheit.» Das ist Grössenwahn.

Trick 17 mit Selbstvernichtung / Trick 17 mit Selbstverarschung

Wahrscheinlich hat May einen Teil ihrer Jugend auf den Inneren oder Äusseren Hybriden verbracht. (sic veniat ioco verborum)






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