Wenn ein
Historiker im Jahre 100 n. Sch., also im Jahre 2118 gemäss alter Zeitrechnung,
den Wechsel im Jahre 0 (2017 a. Z.) von «vor und nach Christus» zu «vor und
nach Schulz» erläutern soll, wird vielleicht Mühe haben, zu erklären, wer
dieser Christus eigentlich war. Und selbst wenn es ihm gelänge, würden die Menschen
Mühe haben, warum man so lange bei dieser Rechnung geblieben ist, zu leuchtend
ist die Lichtgestalt, die da im Jahre 0 (2017 a. Z.) erschien, zu glänzend, zu
wunderbar ihre Werke, zu illuminat, als dass man begreifen würde, dass die Welt
vor ihm überhaupt existierte.
In den
Jahren vor Schulz, so werden die Historiker schreiben, wurde Deutschland von
einer Person namens Merkel, Angela Merkel regiert, eine Frau, die in der
Versenkung der Geschichte verschwunden wäre, wenn sie nicht – das ist die einzige
Tatsache, die man von ihr noch im Kopf hat – den Wahlkampf gegen Schulz
verloren hätte. Genauso unglaublich wie dieses Faktum, nämlich dass der Messias
überhaupt eine Gegenkandidatin hatte, ist das Faktum, dass die Partei, für die
der Auserkorene antrat, in den Jahren 10 – 1 v. Sch. eigentlich am Boden
zerstört war: Schlechte Wahlergebnisse, keinerlei Programm und dort, wo sie
regierte, regierte sie als Juniorpartner anderer Parteien.
Und dann kam
er: Martin Schulz, der Gesalbte, der Auserwählte, Schulz, der Retter, der
Messias, Schulz, der zuerst die Partei, dann Deutschland und dann die Welt
rettete. Als er mit 100% der Delegiertenstimmen zum Kanzlerkandidaten ernannt
wurde ging es wie ein Sturm durch die Partei. Etliche Genossen – so werden es
die Geschichtswissenschaftler schreiben – wollen gesehen haben, wie just zum
Zeitpunkt seiner Ernennung Feuer und Blitze, Lichtstrahlen und Auren über und
um die örtlichen Parteizentralen erschienen seien, aber das ist natürlich in
der Zunft höchst umstritten. Fakt ist, dass im Jahre 0 (2017 a. Z.) ein Run auf
die SPD einsetzte, auf einmal war alles zu wenig und zu klein, lange gab es
keine Parteibücher mehr, und als im März des Jahres 0 endlich die Nachdrucke
kamen, bildeten sich lange Schlangen, Menschen standen die ganze Nacht an, um
ja eines zu erhalten. (Hier wird Prof. Dr. Schlummi Baumhans im Jahr 100 n.
Sch. schreiben: Das Ausmass des Hypes
zeigt sich zum Beispiel am sogenannten «Bielefeld-Dilemma», bei dem am 23.
April im Jahr der Zeitenwende in der Innenstadt um 10.00 sowohl das SPD-Haus
als auch der neue NIKE®-Store öffneten. Man hatte Wetten abgeschlossen, vor
welcher Tür sich die längere Schlange bilden würde, hatte aber nicht mit dem
gerechnet: Nur ca. 50 Leute wollten die Eröffnungs-Sonderangebote (Turnschuhe
für 5.-, Muskelshirts für 6.- und Hosen für 10.- Euro) haben, dafür bildeten
die 2000, die ein Parteibuch wollten, eine Kolonne von 3 Kilometern.)
Natürlich
gewann Schulz die Wahl und machte sich sofort ans Werk. Im Jahr 3 n. Sch. war
die Arbeitslosigkeit auf 0% gesunken, im Jahr 5 n. Sch. musste jeder Deutsche
120% arbeiten, um den ganzen Aufträgen gerecht zu werden – in diesem Jahr
führten die Germanisten das Wort «Vollstbeschäftifung» ein – im Jahr 7 n. Sch.
mussten dann intensiv Arbeitskräfte in Afrika gesucht werden, die man
allerdings – Geld war ja da – in Kenia, Namibia, im Kongo oder in Ghana
persönlich abholte und auf der Reise gleich in Deutsch unterrichtete, wodurch
das seltsame Phänomen entstand, dass die Ankömmlinge oft besser die Landessprache
beherrschten als die Bewohner. (Pottler: «Ich geh nach ALDI»; Kenianer: «Zu
ALDI»; Pottler: «Wat denn zu? Is 17.30!»)
Nun war
Europa dran, alle wurden wieder einig und fröhlich. In den Jahren 10 – 20 n.
Sch. kehrten die inzwischen ausgetretenen Engländer, Niederländer und
Österreicher, kehrten die Spanier und die Portugiesen zurück und das vereinigte
Europa wurde zu einer Zone der Prosperität, des Friedens, der Liebe, wurde zu
einem Gebiet der Kultur und Wissenschaft, wurde zu einem Land der Bildung und
der Kunst. Im Jahre 11 n. Sch. stellten dann endlich die Schweizer ihren
Antrag, der aber, spät wie er kam, mit einem gewissen Widerwillen
entgegengenommen wurde. Die Eidgenossen hatten irgendwie geschlafen, und als
ärmstes Land Europas waren sie nicht mehr so willkommen wie im Jahr 5 v. Sch.
Man nahm sie dennoch.
In den
Jahren 21 – 40 n. Sch., so werden die Geschichtsschreiber schreiben und die
Historiker berichten, rettete der Auserwählte dann die Welt. Dafür musste er
gar nicht die Spree verlassen, denn alle Wichtigen der Welt kamen zu ihm um
sich seinen Rat zu holen. Fürsten und Diktatoren, Potentaten und Könige, Staatspräsidenten und Kanzler standen Schlange, wie weiland die Neumitglieder, um sich vom Auserwählten beraten zu lassen. Und der Heilige riet zu Frieden und Gerechtigkeit, zu Wohlstand und Bildung, und alle folgten seinem Willen.
Wenn
Historiker also im Jahre 100 n. Sch. den Wechsel im Jahre 0 (2017 a. Z.) von «vor und nach Christus» zu «vor und
nach Schulz» erläutern wollen, werden sie vielleicht Mühe haben, zu erklären, wer
dieser Christus eigentlich war. Aber auch, wenn es klappte, würden die Menschen
Mühe haben, warum man so lange bei dieser Rechnung geblieben ist, zu illuminat
ist die Lichtgestalt, die da im Jahre 0 (2017 a. Z.) erschien, zu exquisit, zu herrlich ihre Werke, zu leuchtend, als dass man begreifen würde, dass die Welt
vor ihm überhaupt existierte.
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