Etwas Vergleichbares habe ich jetzt in einem Reiseführer für die Stadt München gesehen. Dort wird dem Tourist und der Touristin die Handhabung eines Fahrkartenautomaten erklärt. Der – hier frei zitierte – Text, den man unter der Rubrik Transport und unter der Unterrubrik Öffentlicher Verkehr findet, lautet folgendermassen:
Bitte wählen Sie ein
Fahrtziel oder eine Tarifverbundszone. Im Sichtfenster auf Augenhöhe wird der
zu zahlende Betrag angezeigt. Werfen Sie nun Münzen in den dafür vorgesehenen
Schlitz. Der Betrag verringert sich, bis alles gezahlt ist und 0,00 im
Sichtfenster erscheint. Dann wird der Fahrschein oder allenfalls das Restgeld
im Ausgabefach ausgegeben.
Der Reiseführer scheint seine Leserinnen und Leser für ganz
schön doof zu halten. Abgesehen davon, dass die unlösbare Aufgabe ja die Wahl
des richtigen Fahrscheines ist (Zone 1 oder 2 oder 3 oder XXL oder doch GANZES
TARIFGEBIET???), geht er wohl davon aus, dass noch niemand einen Automaten
bedient hat. Die meisten haben aber ja schon irgendwann eine solche Kiste
bedient, sei es einen Kaffee-, einen Park-, einen Schleckzeug- oder einen
Gepäckaufbewahrungsautomaten. Natürlich, ganz gelegentlich verirren sich
Aborigines in die Metropole, die dann ohne Hilfe hilflos wären, aber sind die
nicht eh illiterat oder können zu mindestens kein Deutsch?
Wer glaubt wirklich, dass die im Fenster erscheinende Zahl
eine Uhrzeit oder ein Datum ist? Wer versucht wirklich, in den Schlitz
zusammengefaltete Scheine statt Münzen zu stopfen und wer kann, wenn beim
Einwurf von 2 Euro die Schrift von 3,20 auf 1,20 sackt, die Korrelation nicht
herstellen?
Wer ist wirklich so blöd?Gehören die Leserinnen und Leser des München-Guides auch im Irrenhaus eingesperrt und müssten sie ihr Leben ausserhalb des Blickfeldes von Wonko fristen?
Darum geht es aber gar nicht.
Der Münchenführer möchte die Reisenden vor einer Spezies
schützen, die ich als Hilfsbereite Klugscheisser bezeichne und mit HKS abkürze.
Manchmal braucht man nämlich 1,2,3 oder 4 Sekunden um eine Sache anzusehen und
eventuell auch das zu tun, was man als „try and error“ bezeichnet: Halt, so
geht es nicht, aber so geht es. Hier kommt einem der HKS meistens zuvor. Bevor
man begriffen hat, dass man Zone 2 benötigt, ist der HKS schon herbeigesprungen und hat die Taste gedrückt. Bevor man den Schlitz suchen konnte, hat
der HKS einem die Münze aus der hand gewunden und eingeworfen. Bevor man den
Aufreissfaden einer Packung orten konnte, hat einem der HKS das Plastik aus der
Hand gerissen und geöffnet. Bevor man irgendetwas tun konnte, hat es der HKS
erledigt. Er tut das IMMER mit dem Bewusstsein zu helfen, aber auch mit dem
Bewusstsein der Klügere zu sein und IMMER, IMMER, IMMER mit einem hämischen
Grinsen. Er oder sie reisst einem Flaschen, Dosen, Speisekarten, Wanderkarten,
Handys und Tablets aus der Hand und macht es selber. Er oder sie entreisst
Ihnen das Kochgerät und macht weiter, dabei ist es egal, dass sie die Speise
schon 100mal gemacht haben und auch noch der Gastgeber sind. (So geschehen an
meinem 50. Geburtstag)
Um es klar zu stellen: ich habe nix gegen Hilfsbereitschaft.
Ich finde hilfsbereite Leute das Tollste von der Welt. Der HSK ist aber nun
gerade nicht hilfsbereit im engeren Sinne. Vor schwerem Tragen, sperrigen
Sachen, vor Schweiss, Blut, Tränen und Anstrengung hütet er sich wie der Teufel
vor dem Weihwasser. Er wird gerade nicht die schwere Kommode beim Umzug tragen,
er wird leichte Tüten nehmen, aber den Trägern nebenbei erklären, wie man es zu
machen hat. Er wird der alten Frau nicht ihre Einkäufe nach Hause bringen, aber
er wird erläutern, wie es ergonomisch am geschicktesten geht. Wenn es um Hilfe
geht, die Mühe macht, ist der HKS weit, weit, weit weg.
So wie Wonko in seinem Haus und das Beruhigende ist: Auch
die HKS sind INNERHALB DES IRRENHAUSES.
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