Ich bin – wie alle meine Mitbürgerinnen und Mitbürger – ein
absolut chemiehöriger Mensch. Steht auf einer Tube OHNE …, dann gehe ich davon
aus, dass hier giftige, gärende und gallige Sachen weggelassen wurden und bin
dem Hersteller sehr dankbar dafür. Steht auf einer Packung MIT …, dann gehe ich
davon aus, dass hier gesunde, gute, glatte und grossartige Dinge hineingetan
wurden und bin dem Hersteller wiederum sehr verbunden.
Ahnung habe ich keine.Es könnte ja sein, dass ALUMINIUMSALZE etwas ganz, ganz Notwendiges sind und der Waschlotionsproduzent sie einfach vergass und jetzt den Spiess hinterlistig umdreht, genauso, wie man bei der falschen Hinzufügung von etwas hinterher behaupten könnte, das gehört so. Abgesehen davon, dass gewisse Stoffe zuerst gepriesen, dann verteufelt wurden, so stand bis 1980 stolz MIT AMONIAK auf den Schrubbemitteleimern und dann auf einmal, die Stinkechemikalie war auf den Index gesetzt worden, OHNE AMONIAK.
Wie chemiehörig ist der Mensch?
Machen wir den Test.
Ich betrete das Vegan-Makrobiotische Restaurant MAISKORN in
Freiburg-Wiehre. Ich bestelle einen Grüntee, etwas Rüben-Ingwer-Suppe und einen
Tofu-Lauch-Erdbeer-Auflauf. Beiläufig frage ich den Kellner im
sanskritbedruckten Batikshirt: „Ist da Natriumchlorid in dem Auflauf?“ „Wo
denkst du hin?“ (im MAISKORN wird man geduzt, dazu zu einem späteren Zeitpunkt mehr) „natürlich nicht.“
Ich gehe später zu MUSTAFAS'S' DÖNER (man beachte die gekonnte Falschschreibung, die Mustafa allerdings von deutschen Kollegen abgeschaut hat), bestelle ein Dürüm mit allem und mit scharf und frage beiläufig, ob sich im Essen Wasserstoffoxid befinden könnte. „Niemals, da achten wir sehr genau darauf“, sagt Mustafa, „du kannst da ganz sicher sein.“
Mein dritter Besuch gilt einer USA-Fastfoodkette, wo die
junge Dame im einheitlichen Schürzchen-Häubchen-Dress auf meine Frage, ob
eventuell, möglicherweise oder vielleicht ins Essen Kohlenstoffverbindungen
hineingeraten sein könnten, sofort kreischt: „Wir sind ein 1A-Restaurant und
werden aus den USA 1A kontrolliert und unsere Speisen sind 1A und die Getränke
auch 1A und natürlich ist da kein Kohlenstoff drin.“
Experiment geglückt. Denn, wenn die Serviceleute recht hätten, würde ja im Vegantempel nicht nur völlig salzlos gekocht, sondern auch allem Gemüse das eigene Restsalz entzogen, Natriumchlorid ist Kochsalz. Dann würde Mustafa sein Rindfleisch und sein Grillgemüse so dörrtrocknen, dass sich keinerlei Wasser in den Speisen befände, denn Wasser ist EINE Art des Wasserstoffoxids. Und bei USA-Fastfood hat man oft das Gefühl, dass es sich um Plastik handelt, aber eben nur das Gefühl. Ich glaube nicht, dass im Dresschen-Schürzchen-Häubchen-Etablissement nichts von Tier oder Pflanze kommt, überall da ist Carboneum drin.
Nein, alle die Leute sind hereingefallen. Wenn ich leicht
pikiert frage, ob die oder eine andere Chemikalie im Essen ist, dann denkt man
nicht mehr nach. Kann ja nur Bäh sein.
Umgekehrt fallen wir auf Dutzende von Mango-, Gurken-,
Tomaten-, auf Senf- und Orangen-, auf Pflaumen- und Litschiextrakte herein, von
denen wir glauben, sie würden etwas bewirken.
Ich gehe in den nächsten Supermarkt und kaufe mir, nein
nicht die Lotion OHNE ALUMINIUMSALZE, die kaufe ich erst, wenn ich weiss, was
ALUMINIUMSALZE überhaupt sind, ich kaufe mir eine Dose Ölsardinen.
Eine Dose
Sardinen, auf deren Packung gross OHNE JEGLICHE KONSERVIERUNGSTOFFE steht.
Was nun auch wieder ein herrlicher Quatsch ist, denn das Öl
um die Fische soll ja konservieren. Und Natriumchlorid wird wahrscheinlich auch drin sein.
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