Dienstag, 31. März 2015

Landsmannschämen oder Sepp nach Qatar ausbürgern!

Für Amerikaner ist Fussball (soccer) nicht das Wichtigste. Und für Amis ist Europa nicht das Wichtigste, nur so lässt sich erklären, dass Jack aus Idaho, den ich im Zug nach Gütersloh treffe, den wunderbaren Satz sagt: „The FIFA needs somebody new, this German is the boss now for a very long time.“
Und ich widerspreche ihm nicht.
Ich, der ich sonst die verbal Ausgebürgerten meiner Wahlheimat mit aller Wucht verteidige und wiedereinbürgere (sic).
Ich, der ich, wenn jemand vom französischen Librettisten von L’histoire du Soldat spricht, an die Decke hüpfe und schreie: „Ramuz war Schweizer!“. Ich, dem, wenn die dürren Klapperplastiken  einem Italiener zugesprochen werden, die Halsschlagader schwillt: „Bündner, Giacometti war Bündner.“ Ich, der nicht müde werde zu betonen, dass Rousseau halber Schweizer war, der ich viele, viele, viele, die man in den umliegenden Ländern ansiedelt, wieder in die Eidgenossenschaft hineinnehme.

Diesmal schweige ich.
Denn dieses Mal, dieses einzige Mal, dieses allereinzige Mal bin  ich froh. Froh, dass man diesen Blatter für einen Bundesdeutschen hält.
Denn im Gegensatz zu Rousseau und Chevrolet, zu Piccard und Frisch, zu Muschg und Erni und Hodler, zu Holliger und Dürrenmatt und Pestalozzi, zu Täubner-Arp und Del Ponte, zu Federer und Ammann kann man auf Seppi NICHT stolz sein.
Man muss sich – ja, wie sagt man da? Es ist ja eigentlich Fremdschämen, aber genauso schämt man sich ja, dass der Betreffende KEIN Fremder ist. Wäre hier Landsmannschämen richtig? Ja, ich glaube, wir nennen das Landsmannschämen.

Wir landsmannschämen uns also für diesen Koloss, der alle Skandale und Skandälchen, alle Korruptionen und Korruptiönchen, alle Kritik und Kritiker einfach aussitzt. Wir landsmannschämen uns für diesen Funktionär, dem wir die WM in einem Land verdanken, das ausser ein bisschen Öl nix hat, keine Stadien, keinen Fussball, keine Infrastruktur, doch Hitze haben sie und deshalb müssen ja sämtliche Fussballnationen ihre Spiele umlegen.
Wir landsmannschämen uns.
Blatter ist eine der wenigen wirklich peinlichen Figuren, die die Eidgenossenschaft auf das Schachbrett der Welt gestellt hat.
Blatter und ….
Das ist jetzt witzig, dass die zweitpeinlichste Gestalt fast genauso klingt.
Ist ein Name nach dem Muster BL***ER Garantie für Peinlichkeit? 

Gut, das wird jetzt ein wenig gefährlich, es gibt sicher eine Menge Blachers und Blotters, Blurmers und Bleihers, es gibt Blorrers und Blitters, die allesamt sehr anständige Leute sind, und wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit Steinen werfen: R  OLF     HE   - ergänzen Sie bitte noch Buchstaben. Sie könnten auf Rolf Herter, meinen Namen kommen, aber auch auf Rudolf Hess.
Aber witzig ist diese Blatter-Blocher-Assonanz doch.

Wenn man sich landsmannschämt, gibt es nur zwei Lösungen. Entweder der eine benimmt sich so, dass man auf ihn wieder stolz sein kann, holt z.B. irgendeinen Herkules, der die Aare, die Reuss und den Rhein, die Rhone und die Emme, Thur und Ticino durch den FIFAugiassttall schickt – ich weiss, es waren zwei Flüsse, aber bei dem Mist, den der Weltfussball angesammelt hat, braucht man sämtliche Wassermassen der Eidgenossenschaft – und tritt nach dieser Säuberung zurück und übergibt einen nichtkorrupten, nichtdopenden, nichtmogelnden Verband. Oder – das ist die andere Möglichkeit – er wird ausgebürgert, auch dann muss man sich nicht mehr landsmannschämen. Wer mir jetzt vorhält, dass man den roten Pass nicht verlieren kann und noch niemand ausgebürgert wurde, irrt, viele Frauen verloren früher die CH-Staatsbürgerschaft durch Heirat mit einem Ausländer. Und Frisch wurde von Landsmännern, denen seine Neutralität nun doch zu weit ging – die Schweiz ist neutral, aber man kritisiert nicht die USA – mehrfach brieflich aufgefordert, seinen Pass zurückzugeben.

Gut, heutzutage ist das anders, so leicht wird man Seppi nicht los, man könnte ihm aber eine zweite Staatsbürgerschaft angedeihen lassen. Zum Beispiel Qatar. Er ist ja so dicke mit den Scheichs, Emiren und Kalifen dort, mit den Ölbohrern und Millionenschefflern, dass sie ihm sicher den Quatarpass schenken.

Und dann könnte ich, wenn dieses Mal nicht Jack aus Idaho, sondern Jim aus Kentucky sagt: „The FIFA needs somebody new, this German is the boss now for a very long time“, antworten: „In fact, he’s citizen of Qatar.“
Und müsste mich nicht mehr schämen. Landsmannschämen darf ich ja eigentlich noch gar nicht.
Und ich würde mich freuen, das darf ich. An – ganz assonanziv – HOlliger, HOdler und HOnegger. Bei dem man den Trick mit HONE**ER übrigens auch nicht machen sollte.



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