Donnerstag, 26. März 2015

Bloom City oder: Die Singles sind schuld am Raummangel

Bloom City ist in den letzten Jahren von 200.000 auf 2.000.000 Einwohner angeschwollen, sagen wir das besser in Worten: Von Zweihunderttausend auf zwei Millionen. Dies lag nicht nur an dem bisschen Öl, das man in der Umgebung fand, sondern auch daran, dass einige internationale Konzerne ihren Hauptsitz dorthin verlegten. Wegen – wie sie bekanntgaben – des gesunden Klimas, der schönen Landschaft, der guten Verkehrsanbindung (Bloom City hat drei Airports) und des kulturellen Angebots, der Gewerbesteuerfuss von 5% spiele da keine Rolle.
Um die Verzehnfachung der Einwohnerschaft aufzufangen, musste man natürlich ein paar Häuser bauen, das ist jetzt ein Euphemismus, man musste bauen wie bescheuert: Riesige Stadtteile wurden aus dem Boden gestampft, Häuser schossen in die Höhe, Wald wurde gerodet, viel Wald, Beton wurde gespritzt und Metall verlegt. Die neuen Quartiere New Bloom East, New Bloom West, New Bloom North und New Bloom South, sowie Upper Outside, Lower Outside und Middle Outside – die Stadtplaner von Bloom City sind nicht sehr kreativ, was die Nomenklatura anbelangt – frassen sich in die Landschaft wie Maden in einen Apfel und vertrieben Hirsche, Rehe, Hasen, aber auch Wölfe und Bären in weite Ferne.
Das war aber alles nicht so schlimm, denn Bloom City liegt im Norden jener Republik, die den Ahorn im Wappen hat. Dort hat es von allem genug: Genug Wald, genug, Landschaft, genug Platz und genug Bären, weshalb die Bauleute fröhlich den alten Schlager sangen:

Wir bauen uns ein Häuschen, ein Chalet in Kanada,
Wir jagen dort nach Bären, denn es sind so viele da.

 In der Schweiz sieht die Sache nun ein wenig anders aus. Wenn z.B. Zürich seine Fläche verzehnfachen würde, läge Zurich Outside North - ich traue den Zürchern nicht mehr Phantasie zu wie den Bloomern - schon bei den Schwaben, in Zurich Outside South wüchsen schon Palmen, Z.O. West wäre in der Franche Comte und Z.O. East kurz vor dem Arlberg. Es ist in diesem kleinen Land einfach zu wenig Platz: Im Norden thront der Jura und im Süden die Alpen und in der Mitte, wo man so herrlich bauen könnte, ist alles voller hässlicher, unpraktischer und störender Wasserlachen, dem Zürichsee, dem 4waldstättersee, dem Bieler und dem Neuenburger-, dem Sempacher und dem Halwilersee, und vielen anderen, die ebenso nur aus H2O bestehen. Lange gab es verschiedenste Meinungen zum Eidgenössischen Bautrieb, die von Ist doch alles gar nicht so schlimm, die Bebauung dünkt uns grösser als sie ist, es ist noch viel Raum da bis zu Die Schweiz ist voll, Ausländer raus, dann gibt es genug Platz reichten. Nun gibt uns eine Statistik des zuständigen Bundesamtes Klarheit, und es sind zwei Fakten, die wichtig sind:

1.) Die Wohnfläche hat von 1985 bis 2009 um 44% zugenommen.
2.) Nicht die Zuwanderung ist schuld, sondern die Singlehaushalte und der Wunsch nach immer mehr Wohnfläche.

Na, Prost Mahlzeit! Ich bin also Schuld, ich wohne allein, ich habe Platz, ich bin ein Singlehaushalt in 80qm, wegen mir geht die Landschaft kaputt.

Pater peccavi, mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa...

Was bin ich auch für ein Böser. Warum wohne ich nicht in einer WG? Die Antwort ist einfach: Weil ich schlicht und einfach WG-untauglich bin, mein Bedürfnis nach Aufgeräumtheit und Meister- Propper-Flächen, nach Staubfreiheit und Fettfleckenabwesenheit schrecken jede(n) potentielle(n) Mitbewohner(in) ab, bei einer Wohnungsbesichtigung würde jede und jeder denken: "Da traue ich mich ja nicht mal, die Küche oder das Bad zu betreten, geschweige denn eine Suppe zu kochen oder mich zu duschen." Ich könnte also nur mit Putzteufeln zusammen wohnen, mit Leuten, für die der Grossputz das einzige Hobby, das singuläre Steckenpferd ist, das geht aber nicht, weil ich eben kein Putzteufel bin, ich putze nicht gern, ich habe es nur gerne sauber, so wie Sie auch nicht gerne zum Dr.dent. gehen, sondern einfach nur gerne gute Beisser haben...

Pater peccavi, mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa...

Aber jetzt Stopp!!! (sic)
Nicht nur ICH bin WG-untauglich, meine Wohnung ist es ja auch. Von den 80qm entfallen 2/3 auf ein riesengrosses Zimmer, das, obwohl es eine grosse Sitzgruppe, meinen Esstisch mit vier Stühlen und meine Küche beherbergt, immer noch genügend Platz hat, um ein 80.000 Teile-Puzzle zu legen, Federball zu spielen oder Cha-Cha-Cha zu tanzen. Den Rest teilen sich mein Schlafzimmer, Flur, Bad und Balkon. Diese Bude IST eine Singlebude par excellence.
Warum werden für solche Bauten überhaupt Baugenehmigungen erteilt? Warum darf man solche Luxusappartements errichten, während man ganze Viertel, in denen bezahlbare Wohnungen mit vielen kleinen Zimmern angeboten werden, verfallen lässt? Warum bekommt man das OK vom Raumplanungsamt, wenn man Wände einreisst und so WG-Wohnungen zu Singlewohnungen macht?
Es ist also nicht allein meine Schuld, das beruhigt mich, ich könnte auf 20qm verzichten, das aber nutzt niemand, ich werde niemand finden, der in einen Container zieht, den ich auf der Cha-Cha-, der Federball- oder Puzzlefläche errichten würde.

Die Politik ist also gefragt: Wir brauchen eine vernünftige Wohnraumplanung, bevor wir auf den Singles rumhacken. Vielleicht könnte auch ein Teil der Bewohner auswandern, zum Beispiel nach Bloom City, in New Bloom East soll angeblich gerade eine Eidgenössische Kolonie entstehen, angeblich gibt es schon einen Schwingerclub, ein Hornussen-Spielfeld, ein Alphornensemble und eine Rösti-Beiz...

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