Um die Verzehnfachung der Einwohnerschaft aufzufangen,
musste man natürlich ein paar Häuser bauen, das ist jetzt ein Euphemismus, man
musste bauen wie bescheuert: Riesige Stadtteile wurden aus dem Boden gestampft,
Häuser schossen in die Höhe, Wald wurde gerodet, viel Wald, Beton wurde
gespritzt und Metall verlegt. Die neuen Quartiere New Bloom East, New Bloom
West, New Bloom North und New Bloom South, sowie Upper Outside, Lower Outside
und Middle Outside – die Stadtplaner von Bloom City sind nicht sehr kreativ,
was die Nomenklatura anbelangt – frassen sich in die Landschaft wie Maden in
einen Apfel und vertrieben Hirsche, Rehe, Hasen, aber auch Wölfe und Bären in
weite Ferne.
Das war aber alles nicht so schlimm, denn Bloom City liegt
im Norden jener Republik, die den Ahorn im Wappen hat. Dort hat es von allem
genug: Genug Wald, genug, Landschaft, genug Platz und genug Bären, weshalb die
Bauleute fröhlich den alten Schlager sangen:
Wir bauen uns ein
Häuschen, ein Chalet in Kanada,
Wir jagen dort nach
Bären, denn es sind so viele da.
1.) Die Wohnfläche hat von 1985 bis 2009 um 44% zugenommen.
2.) Nicht die Zuwanderung ist schuld, sondern die Singlehaushalte und der Wunsch nach immer mehr Wohnfläche.
Na, Prost Mahlzeit! Ich bin also Schuld, ich wohne allein, ich habe Platz, ich bin ein Singlehaushalt in 80qm, wegen mir geht die Landschaft kaputt.
Pater peccavi, mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa...
Was bin ich auch für ein Böser. Warum wohne ich nicht in einer WG? Die Antwort ist einfach: Weil ich schlicht und einfach WG-untauglich bin, mein Bedürfnis nach Aufgeräumtheit und Meister- Propper-Flächen, nach Staubfreiheit und Fettfleckenabwesenheit schrecken jede(n) potentielle(n) Mitbewohner(in) ab, bei einer Wohnungsbesichtigung würde jede und jeder denken: "Da traue ich mich ja nicht mal, die Küche oder das Bad zu betreten, geschweige denn eine Suppe zu kochen oder mich zu duschen." Ich könnte also nur mit Putzteufeln zusammen wohnen, mit Leuten, für die der Grossputz das einzige Hobby, das singuläre Steckenpferd ist, das geht aber nicht, weil ich eben kein Putzteufel bin, ich putze nicht gern, ich habe es nur gerne sauber, so wie Sie auch nicht gerne zum Dr.dent. gehen, sondern einfach nur gerne gute Beisser haben...
Pater peccavi, mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa...
Aber jetzt Stopp!!! (sic)
Nicht nur ICH bin WG-untauglich, meine Wohnung ist es ja auch. Von den 80qm entfallen 2/3 auf ein riesengrosses Zimmer, das, obwohl es eine grosse Sitzgruppe, meinen Esstisch mit vier Stühlen und meine Küche beherbergt, immer noch genügend Platz hat, um ein 80.000 Teile-Puzzle zu legen, Federball zu spielen oder Cha-Cha-Cha zu tanzen. Den Rest teilen sich mein Schlafzimmer, Flur, Bad und Balkon. Diese Bude IST eine Singlebude par excellence.
Warum werden für solche Bauten überhaupt Baugenehmigungen erteilt? Warum darf man solche Luxusappartements errichten, während man ganze Viertel, in denen bezahlbare Wohnungen mit vielen kleinen Zimmern angeboten werden, verfallen lässt? Warum bekommt man das OK vom Raumplanungsamt, wenn man Wände einreisst und so WG-Wohnungen zu Singlewohnungen macht?
Es ist also nicht allein meine Schuld, das beruhigt mich, ich könnte auf 20qm verzichten, das aber nutzt niemand, ich werde niemand finden, der in einen Container zieht, den ich auf der Cha-Cha-, der Federball- oder Puzzlefläche errichten würde.
Die Politik ist also gefragt: Wir brauchen eine vernünftige Wohnraumplanung, bevor wir auf den Singles rumhacken. Vielleicht könnte auch ein Teil der Bewohner auswandern, zum Beispiel nach Bloom City, in New Bloom East soll angeblich gerade eine Eidgenössische Kolonie entstehen, angeblich gibt es schon einen Schwingerclub, ein Hornussen-Spielfeld, ein Alphornensemble und eine Rösti-Beiz...
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