Dienstag, 17. März 2015

Lasst doch Salas und Pegis sich ruhig verkloppen



Ach, diese Demonstrationen! Das ist schon alles ziemlich komplex geworden mit dieser Rumlauferei. Da marschieren so viele Gruppen durch die Städte und wollen sich prügeln, mit dem Volk und der Polizei und natürlich untereinander. Das ist schon alles ziemlich schwierig…

Früher war das viel einfacher. Beim Mann mit dem Knebelbart durfte einfach nicht demonstriert werden, und die Berliner Polizei hat nicht nur einmal irgendwelche Internationale-singenden Meuten einfach zusammengeschossen, vorwiegend am 1.Mai. Dann kam der mit dem Schnauzbart und drehte den Spiess um: Da seine Truppe ja eine NSArbeiterP war, demonstrierte jetzt der Staat – und konnte es auch viel besser als die Kommunisten, denn wenn die Braunhemden etwas konnten, dann war es marschieren und Macht demonstrieren.

Ja, und dann kam die Demokratie und das war vielleicht ein Fehler. Man räumte dem Volk Rederecht und Demonstrationsrecht und Leserbriefschreibrecht, man schaffte ihm Versammlungs- und Meinungsfreiheit, man und frau durften nun sagen, was sie wollten, rumlaufen, wo sie wollten und Schilder halten, wo sie wollten. Das taten – was die Sache wieder einfach machte – zunächst nur die Linken, aber die taten es ausgiebig. Trotzdem waren die Anti-Pershing-Leute, die Pro-Hausbesetzer-Leute, die Legalize it-Leute und Kernkraft-nein-danke-Leute relativ einfach in Schach zu halten, die meisten waren einfach Spinner, die zu viel taz gelesen hatten, aber sie waren eigentlich friedvoll und hielten die wenigen Blödmänner, die sich an Schaufensterscheiben vergreifen wollten, selber zurück.
Und da es sehr viele Lehramtsstudenten dabei hatte, brauchte man häufig auch nur Fotografen am Routenrand: Achtung, VS! Radikalenerlass! Du fährst zu oft nach Heidelberg! Viele hatten einfach Schiss, als staatsgefährdendes Subjekt keine Assessorstelle zu bekommen. 

Im 21. Jahrhundert krochen dann auf einmal die von der anderen Seite aus dem Schoss, der noch fruchtbar war, und wollten auch, wollten auch rumlaufen und brüllen, und sie durften es, wenn es auch keinen Spass machte, wenn sie ihre genehmigte Route abliefen: Ein paar hundert Glatzköpfe, umsäumt von der halben Einwohnerschaft des Ortes, die ihnen zeigte, dass sie NICHT willkommen waren. In Freiburg kamen sie einmal gar nicht zur Laufroute, weil 10.000 Menschen ihnen den Weg versperrten und die Polizisten eigentlich, ja eigentlich den Nazis den Weg hätte freikämpfen müssen, aber es nicht taten. Den Ewiggestrigen blieb nur der Bahnhofsvorplatz.

Zurzeit ist aber die Lage komplex, sehr komplex… Da laufen Salafisten und da marschieren Pegidisten und die Ordnungsbeamten müssen die irgendwie auseinanderhalten, dass die beiden Gruppen sich gegenseitig umbringen oder zumindest eine Prügelei anfangen und dabei so en passant noch die Stadt kaputtmachen. Und dann gibt es noch die dritte Gruppe, die, die für Menschlichkeit, Friedfertigkeit und Toleranz gehen, und die wollen weder von den Salas noch von den Pegis eines auf die Nuss bekommen. Tausende Polizisten waren da neulich im Einsatz, aus der gesamten BRD, um die drei Züge auf den vorherbestimmten Gleisen zu halten.

Was aber tun, wenn in Deutschland die Polizisten ausgehen, wenn in fünf  Städten gleichzeitig der Teufel los ist? Wird dann die UNO intervenieren und die UNO-Gegner auch und werden sie mit
Panzern kommen, um für Deutschland den Frieden zu retten und wird es sich auf Europa und Afrika ausbreiten, einen Weltkrieg geben und die Menschheit nicht mehr da sein? (Für meine deutschen Leser: Manni Matter, Ich ha es Zündhölzli azündt)
Und was, wenn überall die Polizisten fehlen? Kann es dann sein, dass in Nürnberg an einem Samstag Tempo 130 herrscht, weil alle Ordnungshüter in Stuttgart sind? Kann es sein, dass ich in Mainz einen Einbrecher im Haus habe, aber die Polizisten sind in Oldenburg, um Pegis und Salas am Prügeln zu hindern? Jürgen Albrecht malt in seiner Krimikurzgeschichte Der Viertel-Coup ein solches Szenario: Im Bremer Viertel (das Quartier heisst wirklich „Viertel“) demonstrieren Tausende GEGEN DAS SCHLECHTE WETTER, aber die Initianten dieser friedlichen Spassdemo sind Gauner, die  Geschäfte ausräumen und als die ersten Meldungen kursieren, kommt weder Polizei noch Bevölkerung durch…

Nein, Leute, ich habe eine Idee, wie wir das mit Salas und Pegis und Toleranzos machen: Lasst die Innenstädte den Friedfertigen, denen, die für Respekt und Anstand sind, denen, die die Transparente mit LEBEN UND LEBEN LASSEN tragen, die schaden nichts. Schlimmstenfalls singen sie – nach alter Kirchentagsmanier – Der Himmel geht über allen auf oder Hevenu Shalom, aber das erfüllt dann höchstens den Tatbestand des Öffentlichen Ärgernisses oder des Groben Unfugs, das braucht keine 300.000 Beamten.
Die Salas und Pegis schicken wir an den Stadtrand – ohne Polizei! Sollen die sich da die Köppe einhauen, sollen sie sich prügeln, sollen sie auf einander losgehen, wen kümmert’s. Ja, die Routen werden so gelegt, dass die beiden Hitzkopfmannschaften auf einem alten Industriegelände aufeinanderprallen, und wenn dann sie dabei, um Steine zu haben, eine Fabrikhalle kleinmachen, dann ist das ein Kollateralnutzen, weil es uns die Abbruchkosten spart, und wenn die Halle denkmalgeschützt ist: Umso besser.

Nein, es ist kompliziert geworden mit der Demonstriererei. Und wenn die Innenstädte von Leuten nur so dröhnen, dann bleibe ich zuhause, ich würde eigentlich gerne bei den Toleranzos mitmachen, aber da ich so ein Schussel bin, könnte es sein, dass ich mich dem falschen Zug anschliesse…   

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