Holger ist Satiriker.
Holger ist aber auch ein netter, lieber Mensch, der gerne
respektvoll und friedlich mit seinen Mitmenschen zusammenlebt, daher hat er
sich quasi eine persönliche Charta gegeben, die ihm Leitschnur und Richtlinie
bei seinen Beiträgen ist, Holger ist sozusagen seine eigene „Standard and Practises“.
Die Charta in ihren 6 Punkten:
1.)
Ich schreibe über alle Dinge mit genügend
Achtung und Respekt.
2.)
Ich bezeichne niemand als fett, dumm,
ungeschickt, ungebildet o.ä.
3.)
Ich lasse grundsätzlich die Finger von
Religionen.
4.)
Ich schiesse mich nicht auf spezielle Sachen
ein.
5.)
Ich lasse grundsätzlich die Finger von
Religionen!!!!!!
6.)
Ich kläre im Zweifelsfall ab, ob mein Text
jemanden verletzt.
Wenn Holger nun an einem schönen Abend auf der Terrasse sitzt,
bei einem guten Glas Wein und etwas Knabberzeug, dann macht er erst einmal
Brainstorming, er räumt seinen Kopf leer und schreibt eine Menge auf, dann
formuliert er ein bisschen herum und ihm fallen etliche Gags ein.
So steht dann vielleicht auf seinem Block:
In Dornach sind die
Ämter so gross, weil alle Besucher der Behörden ihren Angaben nicht auf
Formulare schreiben, sondern tanzen, sie könnten auch keine Angaben fehlerlos
schreiben, weil sie statt zu lernen, wie man BAUM schreibt, Bäume umarmt haben.
Jetzt beginnt die eigentliche Mühe:
Zeigt der Satz genügend Achtung und Respekt? Nun ja, gerade
noch. Bezeichnet der Satz jemand als fett, dumm, ungeschickt, ungebildet o.ä.?
Sicher. Wer BAUM nicht schreiben kann, ist ja schon ein bissel blöd. Also weg
mit dem zweiten Satzteil. Ist die Anthroposophie eine Religion? Nein, ist sie
zum Glück nicht. Einschiessen? Er hat noch nie etwas über Dornacher (oder
Stuttgarter, die gibt es auch, ja, das Goetheanum sollte eigentlich dort
stehen!) geschrieben.
Bleibt Punkt 6:
Holger schreibt zwei E-Mails an Kollegen, die auf der
Steiner-Schule waren. Postwendend kommt von beiden zurück: Wir fühlen uns enorm
verletzt, das ist doch eines der dämlichsten Vorurteile.
Holger streicht den Satz komplett.
Holger ist Satiriker.
Holger ist ein Satiriker, der sein Handwerk mit Anstand und
Würde ausübt.
Allerdings sind seine Beiträge erstens selten, sehr selten,
und auch immer ein wenig kraftlos.
Denn Satire hat keine Charta, Satire MUSS um sich schlagen,
nach allen Richtungen, Satire darf eben nicht respektvoll und anständig sein.
Ein Kabarettist, der ständig nachfragt, ob er das so sagen kann, ist keiner,
ein Karikaturist, der seine Zeichnungen erst bei der Menschenrechtsbehörde
einreicht, ist keiner. Satire muss beissen und nicht schlecken, sie muss
zustechen und nicht streicheln.
Insofern ist es grossartig, dass niemand, aber auch gar
niemand nach den Ereignissen in Paris meinte, die hätten halt auch unnötig
provoziert und hätten so heikle Themen einfach weglassen sollen. Nein, es ist
grossartig, dass auch Politiker, die von den Titanen und Nebelspaltern, von den
Scheibenwischern und Charlies stets nur mit Jauche überschüttet wurden, die
Satire als Teil der Meinungsfreiheit sehen und verteidigen.
Holger wird nie in Gefahr geraten.
Denn er ist ein Satiriker, der sein Handwerk mit Anstand und
Würde ausübt.
Oder anders gesagt: Er ist kein Satiriker.
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